UFS RV/0356-L/05

UFSRV/0356-L/058.3.2007

Abzugsfähigkeit der im Zusammenhang mit einem Auslandsstudium der Tochter entrichteten Studiengebühren als außergewöhnliche Belastung

 

Entscheidungstext

 

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Dr. TD, T, vertreten durch EM, Wirtschaftstreuhänder, L, vom 10. Dezember 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 11. November 2004 betreffend Einkommensteuer 2003 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber ist Arzt. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 machte er Aufwendungen aus dem Titel der außergewöhnlichen Belastung in Folge auswärtiger Berufsausbildung von drei Kindern (für die er bzw. seine Gattin laut Erklärung im Jahr 2003 auch Familienbeihilfe bezogen hatten) geltend, wobei diese auswärtige Berufsausbildung bei seinen beiden in Wien studierenden Kindern über den gesamten Veranlagungszeitraum währte, während die Berufsausbildung seiner Tochter Theresa (geb. 2.5.1985) in London laut Erklärung erst mit September 2003 begonnen hatte. Zusätzlich machte der Pflichtige - ebenfalls als außergewöhnliche Belastung - die für seine Tochter an die M University in London entrichteten Studiengebühren in Höhe von 16.770,85 € geltend, die er im weiteren Veranlagungsverfahren auch belegmäßig nachwies.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 11. November 2004 anerkannte das Finanzamt die Kosten der auswärtigen Berufsausbildung für die Kinder des Berufungswerbers in Form des Pauschbetrages in Höhe von 3.080,00 € (2 x 12 x 110,00 € für zwei Kinder/Wien sowie 4 x 110,00 € für Tochter Theresa/Studium London). Hinsichtlich der zusätzlich beantragten außergewöhnlichen Belastung (16.770,85 €) wurde darauf hingewiesen, dass diese Unterhaltsleistungen für die Tochter Theresa bereits durch den Bezug der Familienbeihilfe bzw. des Kinderabsetzbetrages abgegolten wären und daher nicht berücksichtigt werden könnten.

Dagegen ist das Berufungsbegehren gerichtet. In seiner Berufungsschrift bekräftigte der Pflichtige, dass es sich bei den Aufwendungen in Höhe von 16.770,85 € um reine Studiengebühren für seine Tochter Theresa an der M University in London gehandelt habe. Sie absolviere dort ein Tanzstudium (kein Ballett) mit akademischem Abschluss für die spätere Berufsausübung. Für dieses Studium gäbe es sonst keine gleichwertige Ausbildungsmöglichkeit. Die Studiengebühr an österreichischen Universitäten betrage derzeit rund 378,00 €. Im Vergleich zu diesem Betrag seien die Aufwendungen für die Studiengebühren in Höhe von 16.770,85 € für den Abgabepflichtigen wesentlich größer als für die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. Dezember 2004 wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, dass Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung von Kindern nur mit dem Pauschbetrag von 110,00 € pro Studienmonat berücksichtigt werden könnten und der Ansatz höherer tatsächlicher Aufwendungen nicht möglich wäre. Die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung wären im Erstbescheid ohnehin in Höhe dieses vorgesehenen Pauschbetrages berücksichtigt worden. Mehraufwendungen aus Anlass eines Auslandsstudiums hätte der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf einschlägige Erkenntnisse) stets die Zwangsläufigkeit abgesprochen.

Mit Schreiben vom 24. Jänner 2005 beantragte der steuerliche Vertreter des Berufungswerbers in dessen Vertretung die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es wurde abermals darauf hingewiesen, dass es sich bei dem beantragten Betrag von 16.770,85 € um reine Studiengebühren gehandelt hätte, die im Zusammenhang mit einem Tanzstudium (kein Ballett) mit akademischem Abschluss für die spätere Berufsausbildung angefallen wären. Die M University in London sei europaweit die einzige Universität, die dieses Studium anbiete. Im Vergleich zu den Studiengebühren an den österreichischen Universitäten (378,00 €) seien die Aufwendungen von 16.770,85 € für den Abgabepflichtigen ein erheblich höherer Betrag als für die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Die Unterhaltsleistungen für die Tochter Theresa (Wohnung, Lebenshaltungskosten) würden zusätzlich bezahlt und wären mit dem Pauschalbetrag für die auswärtige Berufsausbildung im Erstbescheid berücksichtigt. Die Zwangsläufigkeit eines Aufwandes sei stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen.

Mit Vorlagebericht vom 8. April 2005 wurde die gegenständliche Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen sein sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Weiters darf sie weder Betriebsausgaben oder Werbungskosten noch Sonderausgaben darstellen.

Im gegenständlichen Fall stand in Streit, inwieweit Aufwendungen für die Berufsausbildung der Tochter des Berufungswerbers an einer ausländischen Universität (London) eine außergewöhnliche Belastung beim unterhaltsverpflichteten Vater darstellen.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten "Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt."

Diese Gesetzesbestimmung kommt nur zum Tragen, wenn die Berufsausbildung des Kindes auswärtig (also außerhalb des Einzugsgebietes des Wohnortes) stattfindet.

Der Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 soll vor allem Unterbringungskosten oder höhere Fahrtkosten, nicht aber die Entrichtung des Schuldgeldes abdecken (VwGH 20.12.1994, 94/14/0087) und kann gemäß Abs. 6 der zitierten Gesetzesstelle ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Zwischen den Parteien des Berufungsverfahrens bestand Einigkeit darüber, dass der Berufungswerber jedenfalls Anspruch auf Anerkennung dieses Pauschbetrages gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 hatte, da es im Einzugsgebiet des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit gab.

Im angefochtenen Erstbescheid wurde daher - wie beantragt - (zusätzlich zu den ganzjährigen Pauschbeträgen für die beiden in Wien studierenden Kinder!) ab September 2003 auch der monatliche Pauschbetrag von 110 € (insgesamt also 440 € für vier Monate) für die in London studierende Tochter Theresa gewährt.

Darüber hinaus begehrte der Berufungswerber aber zusätzlich die Anerkennung der gegenüber den österreichischen wesentlich höheren ausländischen Studiengebühren in Höhe von 16.770,85 € als außergewöhnliche Belastung, was jedoch vom Finanzamt verweigert wurde.

Hiezu ist Folgendes auszuführen:

Literatur und Judikatur sind sich darin einig, dass die Kosten der Berufsausbildung von Kindern als Unterhaltsverpflichtung in ihrer Gesamtheit grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG 1988 angesehen werden können, da diese dem Unterhaltsverpflichteten auf Grund seiner gesetzlichen Verpflichtung nach § 140 Abs. 1 ABGB zwangsläufig erwachsen, durch den Abfluss dieser Geldbeträge beziehungsweise Naturalleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entsprechend der zivilrechtlichen Judikatur wesentlich gemindert wird und im Verhältnis zu anderen Steuerpflichtigen, welche keine Unterhaltsverpflichtungen zu tragen haben, diese Ausgaben außergewöhnlich sind (Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Tz 62ff zu § 34 und die dort zit. Jud.).

Insofern konnte der Argumentation des Berufungswerbers, dass seine Aufwendungen sowohl außergewöhnlich als auch zwangsläufig erwachsen sind, gefolgt werden.

Es konnte ihm auch darin beigepflichtet werden, dass - wie bereits oben ausgeführt - mit dem Pauschbetrag des § 34 Abs. 8 EStG 1988 das Schulgeld grundsätzlich nicht abgegolten ist (Doralt, a.a.O., Tz 63 zu § 34).

Allerdings hat der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit gerade jener außergewöhnlichen Belastungen, die aus Unterhaltsverpflichtungen resultieren (Unterhaltsleistungen), in § 34 Abs. 7 EStG 1988 drastisch eingeschränkt:

So sind gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 zunächst " Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c abgegolten , und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm gemeinsam im Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat", und kommt dafür keine weitere Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung in Betracht (zur bestätigenden Verfassungskonformität dieser Regelung siehe Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.6.2001, B 1285/00-8).

Dass der Berufungswerber bzw. dessen Gattin für ihre Tochter Theresa im berufungsgegenständlichen Zeitraum sowohl Familienbeihilfe als auch Kinderabsetzbetrag bezogen hatten, stand im gegenständlichen Verfahren außer Streit. Auf Grund der zitierten Gesetzesstelle des § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 mussten daher auch bei ihm die grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen zu qualifizierenden Unterhaltsaufwendungen als abgegolten erachtet werden.

Darüber hinaus können Unterhaltsleistungen nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 "nur insoweit abzugsfähig sein, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden".

Eine spezielle Bestimmung gleich der des § 34 Abs. 8 EStG 1988 für Unterbringungs- und höhere Fahrtkosten, die zwischen höherem Schuldgeld für eine ausländische Bildungseinrichtung und inländischem Schulgeld unterscheiden würde, hat der Gesetzgeber nicht eingefügt.

Die Möglichkeit der zusätzlichen Berücksichtigung des Schulgeldes als außergewöhnliche Belastung war daher nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 Abs. 1 sowie Abs. 7 Z 1 und 4 (Z 2, 3 und 5 betreffen im gegenständlichen Verfahren nicht in Frage stehende Unterhaltsleistungen für nicht haushaltszugehörige Kinder, (Ehe)Partner und volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe bezahlt wird) zu prüfen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 18.2.1999, 97/15/0047, ausgeführt hat, entspricht die Bezahlung des Schuldgeldes (dieses umfasst u.a. die Kosten der Ausbildungseinrichtung) für ein Kind einer Unterhaltsleistung. Die Entrichtung der Studiengebühren für die Tochter durch den Berufungswerber war daher - gleichwohl, ob es sich um österreichische oder (wie im gegenständlichen Fall wesentlich höhere) ausländische Gebühren handelte - jedenfalls als Leistung des Unterhaltes zu betrachten.

Kosten der Berufsausbildung würden aber - wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis ebenfalls ausgeführt hat - beim Unterhaltsberechtigten, wäre er der Steuerpflichtige, grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung darstellen, erfolgt die Ausbildung doch kraft freien Entschlusses. Sie erwachsen daher nicht zwangsläufig und sind auch nicht außergewöhnlich (siehe VwGH 20.12.1994, 94/14/0087).

Eine außergewöhnliche Belastung könnte nur vorliegen, wenn dem Steuerpflichtigen die Existenzgrundlage ohne sein Verschulden entzogen und die Berufsausbildung zur künftigen Existenzsicherung notwendig wäre, oder, wenn die (neuerliche) Berufsausbildung durch Krankheit, Verletzung u.ä. erforderlich wäre (VwGH 16.10.2002, 98/13/0179; VwGH 23.11.2000, 95/15/0203). Berufsausbildungskosten für nahe Angehörige wären nur dann eine außergewöhnliche Belastung, wenn sie unter Bedingungen erfolgten, die auch beim Steuerpflichtigen selbst zu einer außergewöhnlichen Belastung geführt hätten (vgl. auch VwGH 20.12.1994, 94/14/0087). Ein derartiger Ausnahmefall lag im gegenständlichen Verfahren nicht vor bzw. wurde auch kein diesen Ausnahmefällen entsprechender Sachverhalt jemals behauptet.

Da die Kosten der Berufsausbildung bzw. damit die Entrichtung der höheren Studiengebühren sohin beim Unterhaltsberechtigten selbst aber keine außergewöhnliche Belastung dargestellt hätten, musste ihnen gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 auch eine Anerkennung in Form einer Unterhaltsleistung für die Tochter verwehrt werden. Für die Prüfung einer weiteren außergewöhnlichen Belastung im Sinne einer außergewöhnlich hohen Belastung durch die Entrichtung höherer ausländischer Studiengebühren lässt die zitierte Bestimmung keinen Raum.

Die Berücksichtigung der Aufwendungen für die entrichteten Studiengebühren als (weitere) außergewöhnliche Belastungen war daher auf Grund der durch Bestimmungen der § 34 Abs. 7 Z 1 und 4 EStG 1988 normierten Gesetzeslage nicht möglich und die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Linz, am 8. März 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

außergewöhnliche Belastung, Kosten der Berufsausbildung, Auslandsstudium, Studiengebühren, Schulgeld, Unterhaltsleistungen, auswärtige Berufsausbildung, Pauschbetrag

Stichworte