Investitionszuwachsprämie für Mieterinvestitionen in ein Gebäude
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/13/0191 eingebracht. Mit Erk. v. 18.4.2007 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder Oberrätin Aloisia Bergauer, Walter Bilek und Prokurist Peter Falle am 17. Oktober 2006 über die Berufung der Bw., vertreten durch Prof. Dr. Franz Weiler, Mag. Dr. Harald Weiler, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 1. und 23. Bezirk, vertreten durch Oberrätin Mag. Christa Dürr, betreffend Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 nach in Wien durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. ist eine Offene Erwerbsgesellschaft und besteht seit 16. Juli 1991. Am 19. Februar 2004 reichte die Bw. die Abgabenerklärungen für das Jahr 2002 samt Beilagen beim Finanzamt ein. Am 25. Februar 2004 erging der Bescheid betreffend Festsetzung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2002.
Mit der am 27. Februar 2004 beim Finanzamt eingelangten Erklärung zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 beantragte die Bw. eine Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 in Höhe von Euro 20.280,40. Das Finanzamt schrieb am 19. April 2005 die Investitionszuwachsprämie erklärungsgemäß am Abgabenkonto der Bw. gut. Anlässlich einer vom Finanzamt durchgeführten Nachschau traf das Finanzamt hinsichtlich der Investitionszuwachsprämie folgende, in der Niederschrift vom 7. Dezember 2004 festgehaltene, Feststellung:
Die von der Bw. genutzten Kanzleiräumlichkeiten seien im Jahr 2002 durch die Anmietung einer Wohnung erweitert worden. Dabei sei ein genereller Umbau dieser Wohnung (veränderte Zwischenwände, Türdurchbrüche, Einbau von Heizungen und Sanitäreinheiten, etc.) und die Verbindung mit den bereits bestehenden Kanzleiräumlichkeiten durch Mauerdurchbrüche und Verbindungsstiegen vorgenommen worden. Gebäude seien gemäß § 108e EStG keine prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter. Darunter seien auch selbständig zu aktivierende Herstellungskosten auf ein angemietetes Gebäude, so genannte Mieterinvestitionen, zu subsumieren (vgl. Rz 8220 der Einkommensteuerrichtlinien 2000). Die von der Bw. aktivierten Kosten für den Umbau der Kanzlei seien daher keine prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter im Sinne des § 108e EStG 1988, weshalb die geltend gemachte Investitionszuwachsprämie in Höhe von € 20.280,40 nicht anzuerkennen sei.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 setzte das Finanzamt die Investitionsprämie 2002 mit € 0,00 fest.
Mit Schreiben vom 13. Jänner 2005 erhob die Bw. Berufung gegen diesen Bescheid und führte aus, dass nach dem Gesetzeswortlaut ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens begünstigt seien. Die Investitionen der Bw. in die angemieteten Kanzleiräumlichkeiten hätten neue Einheiten und Nutzungsmöglichkeiten geschaffen. Auch wenn diese Investitionen zivilrechtlich in das Eigentum des Bestandsgebers übergehen, seien sie ein Wirtschaftsgut des Bestandnehmers und daher dem steuerlichen Betriebsvermögen des Mieters zuzurechnen. Die Investitionen seien daher im Anlagevermögen der Bw. erfasst und würden auf die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt abgeschrieben.
Unstrittig sei, dass die Investitionen in ein Gebäude erfolgt seien, der Gebäudebegriff treffe jedoch nur aus Sicht des Bestandgebers zu, der mangels wirtschaftlichen Eigentums die Investitionszuwachsprämie selbst nicht geltend machen könne. Die Bw. selbst besitze kein Gebäude, sondern sei nur Mieter und daher von vornherein in ihrer Rechtstellung einem Gebäudeeigentümer nicht gleichgestellt. Die dem § 108e EStG 1988 entnehmbare Absicht des Gesetzgebers, Liegenschaftseigentum von der Begünstigung auszuschließen, werde daher nicht verletzt. Es bestehe auch keine sachliche Rechtfertigung dafür, die Investitionen der Bw. anders zu beurteilen, als andere bewegliche Investitionen mit längerer Nutzungsdauer. Tatsächlich sei die Mieterinvestition wirtschaftlich und von der Nutzung her mit einer beweglichen Investition in sonstige Sachgüter zu vergleichen. Wenn es dem Gesetzgeber auf das (sachlich nicht begründbare) Merkmal der Beweglichkeit der Investitionen angekommen wäre, hätte er dies auch legistisch festgehalten. Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid vom 10. Dezember 2004 aufzuheben.
Am 1. August 2005 wurde die Berufung zur Entscheidung an den unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.
Im Verfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat wurde das Finanzamt um Stellungnahme hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Einreichung der Erklärung zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 ersucht. Das Finanzamt teilte mit Schreiben vom 27. Jänner 2006 mit, dass eine Erklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie bis zum Ergehen (Zustellung) des das jeweilige Jahr betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides geltend gemacht werde könne. Die Erklärung zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie sei am 27. Februar 2004 beim Finanzamt eingelangt. Die Veranlagungsbescheide seien am 25. Februar 2004 ergangen, wobei die Zustellung ohne Zustellnachweis erfolgt sei. Nach § 26 Abs. 2 Zustellgesetz wäre drei Tage später der Zustellzeitpunkt anzunehmen, sodass von einer rechtzeitigen Einbringung der Erklärung zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie auszugehen sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 108e EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung BGBl. Nr. 155/2002 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.
Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind gemäß Abs. 2 leg. cit. ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütersn zählen Gebäude.
Gemäß § 108e Abs. 4 EStG 1988 ist der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen. Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung.
Die Einreichung des Verzeichnisses ist mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Abgabenerklärungen explizit befristet, wobei diese Bindung an die Steuererklärungen offenbar die verwaltungsökonomische Bearbeitung des Prämienantrages im Rahmen der Bearbeitung der Abgabenerklärungen bezweckt (vgl. SWK 17/2004, S 584). Auch von der Lehre wird die zitierte Regelung in diesem Sinne verstanden (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 7 zu § 108e EStG 1988 und Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz. 15 zu § 108e EStG 1988, wonach die Geltendmachung der Investitionsprämie gleichzeitig mit der Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt zu erfolgen hat).
In einer Information des Bundesministeriums für Finanzen vom 22. Juli 2003 in SWK 22/2003, S 545) hat dieses den Finanzämtern mitgeteilt, dass keine Bedenken bestünden, wenn die Investitionszuwachsprämien jeweils bis zum Ergehen des das jeweilige Jahr betreffenden Veranlagungsbescheides geltend gemacht werden. Am 4. Mai 2004 hat das Bundesministerium für Finanzen ausgeführt, dass eine Geltendmachung der Prämie durch Einreichung des Formulars E 108a auch noch nach Ergehen des Körperschaftsteuerbescheides zulässig sein soll, wenn aus der Körperschaftsteuererklärung 2002 die Inanspruchnahme einer Investitionszuwachsprämie hervorgeht. Der mit Steuerreformgesetz 2005, BGBl. Nr. 57/2004, geänderte und gemäß § 124b Z 105 EStG 1988 erstmals für das Kalenderjahr 2004 betreffend Investitionszuwachsprämien anzuwendende § 108e EStG 1988 lässt die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des jeweiligen Bescheides zu.
Die Bw. hat den Antrag zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 ebenso wie das erforderliche Verzeichnis erst nach Einreichung der Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht, weshalb grundsätzlich bereits aus diesem Grund die begehrte (Selbstberechnung) der Investitionszuwachsprämie rechtswidrig ist. Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates bestehen jedoch im Hinblick auf die vom Bundesministerium für Finanzen zum Vorteil der Abgabenpflichtigen getroffene und in der Verwaltungspraxis umgesetzte Regelung, wonach das Verzeichnis zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie bis zum Ergehen (Zustellung) des Veranlagungsbescheides eingereicht werden kann, im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise keine Bedenken, im vorliegenden Fall von der Rechtzeitigkeit der Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 auszugehen.
Gemäß § 108e Abs. 2 EStG 1988 sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter. Unter den Wirtschaftsgütern, für die eine Investitionszuwachsprämie ausdrücklich ausgeschlossen ist, sind im Gesetz unter anderem Gebäude, aber nicht Mieterinvestitionen in ein Gebäude genannt. Daraus ergibt sich nach Ansicht der Bw., dass Mieterinvestitionen prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter seien.
Bei den von der Bw. getätigten Investitionen hat es sich unbestritten um aktivierungspflichtige Aufwendungen auf ein Gebäude gehandelt. Hätte diese Investitionen der Eigentümer des Gebäudes getätigt, wäre die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie zweifellos ausgeschlossen gewesen. Auch wenn diese Investitionen der Mieter vornimmt, ändert dies nichts daran, dass es Investitionen in ein Gebäude sind. Der Umstand, dass steuerlich ein selbstständiges Wirtschaftsgut ("Mieterinvestition") entsteht, ändert daran nichts. Aus den gesetzlichen Bestimmungen lässt sich für den Anspruch auf die Investitionszuwachsprämie eine Differenzierung danach, ob eine Investition vom Eigentümer oder vom Mieter des Gebäudes getätigt wird, nicht ableiten. Die Nichtanerkennung der von der Bw. für das Jahr 2002 in Höhe von Euro 20.280,40 geltend gemachten Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 ist daher zu Recht erfolgt.
Die Berufung war daher, wie aus dem Spruch ersichtlich, als unbegründet abzuweisen.
Wien, 20. Oktober 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Investitionszuwachsprämie für Mieterinvestitionen in ein Gebäude |