UFS RV/0114-S/04

UFSRV/0114-S/0424.8.2006

Verfügung der Wiederveranlagung in neue Letter ist Einkommensverwendung

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0310 eingebracht. Mit Erk. v. 29.7.2010 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 28. Dezember 1998 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom 18. November 1998 betreffend Einkommensteuer 1994 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind der Berufungsvorentscheidung vom 20.Juni 2003 zu entnehmen.

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Auswertung von Kontrollmaterial, das auf Grund von Ermittlungen durch die Großbetriebsprüfung beim European Kings Club (in der Folge EKC) aufgefunden wurde, stellte das Finanzamt fest, dass der Berufungswerber (Bw) insgesamt 98 von der Gesellschaft ausgegebene sogenannte "Letter" zum Stückpreis von S 9.800,- erworben habe. Im Letter verpflichtete sich der EKC, beginnend innerhalb des zweiten Monats nach Einzahlung durch den Anleger, durch einen Zeitraum von zwölf Monaten jeweils zum siebten jeden Monats S 1.400,- an den Anleger zu bezahlen. Die ersten sieben Monate dienten dabei der Kapitaltilgung, die restlichen fünf Zahlungen stellten Zinsen dar, was zu einer versprochenen Rendite von rund 70 % führen sollte.

Im Zuge der Einkommensteuerveranlagung 1994 rechnete das Finanzamt dem Bw. daraus resultierend Zinsen im Gesamtbetrag von S 147.000,- als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu. Begründend ausgeführt wurde hiezu, dass die den Kapitaleinsatz übersteigenden Rückflüsse auch in Fällen der Reinvestition Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten.

Dagegen wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass dem Bw. diese Einkünfte niemals zugeflossen seien und überdies beim Verwaltungsgerichtshof bereits ein Verfahren in einem gleich gelagerten Fall anhängig sei, dessen Ausgang abzuwarten wäre.

Mit Schriftsatz vom 25.März 2003 teilte der Unabhängige Finanzsenat dem Bw mit, dass der Verwaltungsgerichtshof am 25.November 2002 in seinem Erkenntnis Zl. 97/14/0094, im Erwerb eines vom EKC begebenen Letters weder die Teilnahme an einem Glücks- noch an einem Pyramidenspiel gesehen und entschieden habe, dass die dem Anleger über das zurückgezahlte Kapital hinaus ausbezahlten Erträge (in der Regel ab der achten Ratenzahlung) Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen. Es sei klargestellt worden, dass der Verlust des einbezahlten Kapitals steuerlich unbeachtlich sei. Das Finanzamt stellte daher fest, dass es steuerlich irrelevant sei, ob diese Beträge tatsächlich zur Auszahlung gelangten oder zum Erwerb neuer Letter verwendet würden, da dies als Einkommensteuerverwendung zu qualifizieren sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 20.Juni 2003 wurde die Berufung einer Erledigung zugeführt, wobei das Finanzamt in Abänderung des bekämpften Einkommensteuerbescheides die steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus dem Erwerb von 10 Letter am 21.10.1993 und 21 Letter am 12.11.1993 nunmehr wie folgt berechnete und in Ansatz brachte:

Erwerb

Stück

Auszahlung ab Monat

8.Rate ab Monat

Auszahlungsmonate bis 9/94

Einkünfte bis 9/94S 1.400,-/Letter

21.10.1993

10

12/93

7/94

3

42.000,-

12.11.1993

21

1/94

8/94

2

58.800,-

Summe:

    

100.800,-

errichtete Verwaltungsgebühr

    

-700,-

Einkünfte aus Kapitalvermögen 1994:

    

100.100,-

In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Bw unter Bezugnahme auf das zwischenzeitlich ergangene und in der Berufungsvorentscheidung zitierte Erkenntnis des VwGH, Zl. 97/14/0094 vom 25.11.2002 vor, er behaupte nicht an einem Pyramiden- oder Glückspiel teil genommen, sondern Investitionen durch seinen Betreuer MF bei der R-GmbH getätigt zu haben. Die Gelder sollten vereinbarungsgemäß für CD-Produktionen, Reiseunternehmen, Immobilienkauf, Bankbeteiligungen, sowie Überbrückungskredite in der Hochfinanz für Firmen in Zahlungsschwierigkeiten usw. verwendet werden. Der Bw sei getäuscht und durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Kauf von "Lettern" bewogen worden. Er beantrage die detaillierte Zeugeneinvernahme seines Betreuers MF , welcher inbesondere zu den Investitionen und Wechseln befragt werden solle. Dass schon im Oktober bis Dezember 1994 keine Letterauszahlungen mehr durchgeführt worden wären, da kein Geld mehr vorhanden gewesen sei und man "allen" empfohlen hätte in Letter zu "reinvestieren" werde durch den zur Vorlage gebrachten Schriftsatz des Betreuers MF vom 8.4.2004 bestätigt.

Über Anregung des Bw vom 18.3.2004 wurde gegenständliches Berufungsverfahren betreffend Einkommensteuer 1994 gemäß § 281 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zu GZ 2003/15/0128 schwebenden Verfahrens ausgesetzt.

Dieses Verfahren, das Anlass zur Aussetzung gemäß § 281 Abs.1 BAO gegeben hat, wurde zwischenzeitlich mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 6.Juli 2006 durch Abweisung der Beschwerde rechtskräftig beendet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob Zinsen im Sinne des § 19 Abs.1 EStG tatsächlich zugeflossen sind und somit einkommensteuerpflichtige Kapitaleinkünfte vorliegen.

Gemäß § 27 Abs.1 Z 4 EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art.

Der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen errechnen sich nach § 2 Abs.4 Z 2 EStG 1988 als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.

Nach § 19 Abs.1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem erstangeführten Erkenntnis vom 25.November 2002 ausgesprochen hat, stellen die einem Erwerber eines sogenannten "Letters" des EKC (in der Regel ab der achten Ratenzahlung) über das zurückgezahlte Kapital iSd.§ 19 Abs.1 EStG 1988 zugeflossenen Beträge Einkünfte gemäß § 27 Abs.1 Z 4 leg.cit.dar .

Einnahmen gelten bei einem Steuerpflichtigen grundsätzlich dann als zugeflossen im Sinne des § 19 EStG 1988, wenn er über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in seinem am 6.Juli 2006, Zl 2003/15/0128 erlassenen Erkenntnis neuerlich bestätigt, verfügt der Gläubiger über einen Geldbetrag, wenn die Auszahlung des Geldbetrages auf Wunsch des Gläubigers verschoben wird, obwohl der Schuldner zahlungswillig ist, da der Zufluss damit bereits in diesem Zeitpunkt erfolgt. Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet der Gläubiger aber - wenn auch nach Überredung durch den Schuldner - die fälligen Erträge wieder zu veranlagen, so ist der Zufluss im Sinne des § 19 EStG 1988 durch die Verfügung der Wiederveranlagung in diesem Zeitpunkt erfolgt. Der wiederveranlagte Ertrag bildet eine neue Einkunftsquelle (Kapital), deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge steuerlich keine Auswirkung hat. Ein nachfolgender Verlust des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich.

Laut Eingabe des Bw vom 30.5.1997 sei sein "Verlust deshalb eingetreten, weil durch eine geschickte Wiederveranlagungsstrategie die tatsächlichen Auszahlungen verhindert und später durch Geldmangel faktisch unmöglich gemacht" worden seien. Die Wiederveranlagung wäre beispielsweise durch Argumente des Betreuers MF , "er müsse auf die Bank gehen, weil er nicht so viel Geld in seinem Büro aufbewahren könne, uä. erfolgt. Diese Argumente habe man dazu verwendet die Auszahlungen zu verhindern. Auf Grund der angesprochenen Schwierigkeiten sei eine Wiederveranlagung vereinbart worden. Lediglich bei den ersten Auszahungen habe man Geld bzw.die Auszahlung angeboten. Vorgelegt wurde auch ein Schreiben des Betreuers MF s in dem dieser bestätigt, dass ab Oktober 1994 keine Auszahlungen mehr erfolgt seien.

Diesem Vorbringen wurde bereits mit Berufungsvorentscheidung vom 20.Juni 2003 insofern Rechnung getragen, als in Abänderung des bekämpften Erstbescheides nur mehr die bis September 1994 fälligen Zinsen der Besteuerung unterworfen wurden. Dem Argument des letztlich erlittenen Verlustes hingegen ist zu entgegnen, dass laut Vertragslage kein Letterkäufer verpflichtet war, weitere Letter zu kaufen. Die Wiederveranlagung in zusätzliche Letter stellt laut Erkenntnissen des VwGH vom 25.November 2002, 97/14/0094 und 6.Juli 2006, Zl.2003/15/0128 jedenfalls solange eine steuerliche unbeachtliche Einkommensverwendung dar, als Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft gegeben ist, was nach Aktenlage jedenfalls bis Oktober 1994 der Fall ist.

Somit konnte bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung unbedenklich von einem Zufluss im Sinne des § 19 Abs.1 EStG 1988 der bis einschließlich September 1994 fälligen Zinsen in Höhe von S 100.100,- ausgegangen werden.

Mangels Entscheidungsrelevanz Abstand genommnen wurde von der beantragten Zeugeneinvernahme MF s, als einerseits ein Beweisthema, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch die angebotene Zeugeneinvernahme hätten erwiesen werden sollen, nicht genannt wurde und andererseits ohnehin in Würdigung der schriftlichen Bestätigung des Betreuers MF eine Zurechnung von Kapitaleinkünfetn nur bis einschließlich September 1994 erfolgte.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass gegenständliches Berufungsverfahren nach rechtskräftiger Beendigung des Verwaltungsgerichtshofverfahrens, Zl.2003/15/0128, das Anlass zur Aussetzung gegeben hatte, gemäß § 281 Abs.2 zweiter Satz BAO von Amts wegen fortzusetzen und abzuschließen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich der rechnerischen Darstellung tritt keine Änderung zur Berufungsvorentscheidung vom 20.Juni 2003 ein.

 

Salzburg, am 24. August 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Wiederveranlagung, Zufluss, EKC

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