Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer als Umschulungsmaßnahme
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes F betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2004 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) ist ausgebildeter Schlosser und bezieht als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2004 machte er Kosten der Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer im Betrag von insgesamt 2,640,90 € als Werbungskosten ("Fortbildungskosten") geltend. In einer der Erklärung angeschlossenen Beilage gliederte er diese Kosten auf und merkte dazu an, er werde "in den Wintermonaten der folgenden Jahre als ausgebildeter und geprüfter Landesschilehrer arbeiten und daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen".
Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2004 wurden die erklärten Ausgaben vom Finanzamt nicht als Werbungskosten anerkannt; dies mit der Begründung, dass es sich nicht um berufsspezifische Fortbildungskosten, sondern um Ausbildungskosten handle.
In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 erhobenen Berufung wendete der Bw. ein, die Ausgaben in Zusammenhang mit der Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer würden einen "Berufswandel" einleiten und seien als Werbungskosten absetzbar.
In der abweislichen Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Bw. vor, die geltend gemachten Kosten seien Aufwendungen für eine Sportausübung, bei denen eine private Mitveranlassung nahe liege. Sie seien daher gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 insgesamt nicht abzugsfähig.
Dagegen brachte der Bw. im Vorlageantrag vor, er habe im Jahr 2004 die Eignungsprüfung, Ausbildungslehrgänge und Prüfungen nach dem Tiroler Schischulgesetz und der dazu ergangenen Ausbildungsverordnung absolviert. Der Inhalt dieser Lehrgänge habe mit dem vom Finanzamt unterstellten "Erholungsschilauf" nichts gemeinsam.
Im Verfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz legte der Bw. das Prüfungszeugnis vom 7. Mai 2004 über die erfolgreiche Ablegung der Landesschilehrerprüfung vor und teilte mit Schreiben vom 10. April 2006 mit, er habe sich im Jahr 1999 dazu entschlossen, die aus mehreren Teilstufen bestehende Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer zu beginnen. Der Schilehrerberuf habe in der Familie des Bw. bereits Tradition, sei doch sein Vater (Jahrgang 1949) seit mehr als 35 Jahren regelmäßig jeden Winter als ausgebildeter Landesschilehrer in der größten Schischule der Schiregion X tätig. Um diese Tradition fortzusetzen, werde der Bw. seinem Vater spätestens nach dessen Pensionsantritt in der gleichen Schischule nachfolgen. Derzeit arbeite der Bw. noch nicht als Schilehrer. Im Jahr 1999 habe er mit der Ausbildung und Prüfung zum Schilehreranwärter begonnen, weil sein damaliger Arbeitgeber den Betrieb zu verkaufen beabsichtigte und damals keinesfalls gesichert gewesen sei, ob der Erwerber des Betriebes den Bw. als langjährigen Mitarbeiter zu gleichen Bedingungen übernehmen werde. Die Bedingungen für die Fortsetzung des Dienstverhältnisses als Schlosser beim neuen Arbeitgeber hätten sich jedoch als annehmbar erwiesen, sodass der Bw. in diesem erlernten Beruf weitergearbeitet habe. Andernfalls hätte er bereits damals die Schilehrerausbildung vorgezogen und in den Wintermonaten als Schilehrer zu arbeiten begonnen. Die im Jahr 1999 begonnene Schilehrerausbildung habe der Bw. im Herbst 2003 fortgesetzt und im Frühjahr 2004 mit der erfolgreichen Ablegung der Prüfung beendet. Die Tätigkeit als Schilehrer in der Wintersaison lasse sich mit dem Hauptberuf des Bw. als Schlosser vereinbaren, weil in der Baubranche in den Wintermonaten ohnedies weniger Arbeit anfalle. Wenn der Bw. in spätestens drei Jahren (mit der Pensionierung des Vaters) mit einer Schilehrertätigkeit beginne, könne er mit seinem nunmehrigen Arbeitgeber ohne weiteres vereinbaren, dass die Beschäftigung als Schlosser auf den Zeitraum von Mitte April bis Mitte Dezember eines jeden Jahres eingeschränkt werde.
Ergänzend teilte der Bw. am 25. April 2006 telefonisch mit, er habe bereits mit seinem Arbeitgeber darüber gesprochen, dass er allenfalls in den Wintermonaten als Schilehrer arbeiten wolle, womit der Arbeitgeber auch einverstanden wäre. Der Bw. wisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nicht, ob und wann er tatsächlich den Schilehrerberuf ausüben und seinen Beruf als Schlosser zeitlich einschränken werde. Nachdem ihm sein Arbeitgeber vor ca. zwei Jahren die Möglichkeit zur Spezialisierung auf die Sparte "automatische Türanlagen" geboten habe, sei der Bw. nämlich mit seinem derzeitigen Beruf vollauf zufrieden. Der Bw. sehe keinerlei Schwierigkeit, dass er als Schilehrer (auch jetzt schon) eine Anstellung an einer Schischule finde. Mit der Pensionierung des Vaters bestehe zusätzlich die Möglichkeit, dass der Bw. dessen Gesellschaftsbeteiligung an der im Schreiben vom 10. April 2006 erwähnten Schischule übernehme.
Das Finanzamt nahm zu dem ihm zur Kenntnis gebrachten Sachverhaltsvorbringen des Bw. am 26. Mai 2006 dahin Stellung, dass Umschulungsmaßnahmen auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen müssten. Nach den Aussagen des Bw. bestehe aber bloß die Möglichkeit, dass er in den kommenden Jahren einen Beruf als Schilehrer ausüben werde, zumal sich die Rahmenbedingungen in seinem derzeitigen Beruf positiv verändert hätten. Auch sei die konkrete Art einer Tätigkeit als Schilehrer - als Dienstnehmer oder in Form einer Beteiligung als Gesellschafter - noch nicht absehbar. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die Berufung daher abzuweisen, doch sei eine spätere Änderung des Bescheides nach § 295a BAO möglich.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung zählen dazu auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die strittigen Ausgaben deswegen nicht als Werbungskosten anerkannt, weil es sich nicht um berufsspezifische Fortbildungskosten handelte. Dabei hat das Finanzamt auf die dargestellte, durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 155/2002 und BGBl. I Nr. 180/2004 geschaffene Rechtslage nicht Bedacht genommen: Die Kosten der Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer kamen zwar nicht als Fortbildungskosten im Rahmen des vom Bw. ausgeübten Schlosserberufes (und auch nicht als Ausbildungskosten im Zusammenhang mit einer damit verwandten Tätigkeit) in Betracht. Bei der nach den Vorschriften des Tiroler Schischulgesetzes, LGBl. Nr. 15/1995, und der Verordnung LGBl. Nr. 67/1996 (Tiroler Schilehrerverordnung) absolvierten Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer handelte es sich jedoch um eine Umschulungsmaßnahme, weil der Bw. auf Grund dieser Ausbildung einen neuen Beruf ausüben könnte (zum Begriff der "umfassenden" Umschulungsmaßnahme siehe Doralt, Einkommensteuergesetz, 4. Auflage, Tz 329/1 zu § 4). Nach dem Gesetzeszweck sind als Umschulungsmaßnahmen auch nicht nur Aufwendungen abzugsfähig, die auf einen (gänzlichen) Berufswechsel ausgerichtet sind, sondern ebenso Aufwendungen, die auf eine anders geartete Nebentätigkeit abzielen (Doralt, Einkommensteuergesetz, 4. Auflage, Tz 203/4/2 zu § 16). Eine private Mitveranlassung der vom Bw. im Streitjahr absolvierten Kurse (Alpinkurs und Schneesportlehrerkurs) ist nach dem vorgelegten Schulungsprogramm in Verbindung mit der auf Grund des Tiroler Schischulgesetzes ergangenen Ausbildungsverordnung LGBl. Nr. 67/1996 nicht zu erkennen.
Bei den "Umschulungsmaßnahmen" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 handelt es sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem bisher noch nicht ausgeübten Beruf, also um vorweggenommene Werbungskosten. Solche Aufwendungen müssen - wie das Finanzamt in seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2006 zutreffend ausführt - die tatsächliche Ausübung eines neuen Berufes bezwecken. Die bloße Absichtserklärung des Steuerpflichtigen, Einkünfte aus dem neuen Beruf erzielen zu wollen, reicht nicht aus; es müssen vielmehr Umstände vorliegen, die objektiv auf die ernsthafte und konkrete Absicht zur Einkünfteerzielung schließen lassen.
Obwohl der Bw. in der Wintersaison durchaus eine Stelle als angestellter Schilehrer finden könnte und einer zeitlichen Einschränkung seines Hauptberufes als Schlosser nichts im Wege steht, hat er nach erfolgreichem Abschluss der im Jahr 1999 begonnenen und (nach Unterbrechung) im Herbst 2003 fortgesetzten Ausbildung zum Tiroler Landesschilehrer (Prüfungszeugnis vom 7. Mai 2004) eine Tätigkeit im neuen Beruf bis jetzt nicht aufgenommen. Nachdem er sein Dienstverhältnis als Schlosser auch beim neuen Arbeitgeber zu annehmbaren Bedingungen fortsetzen und zudem eine Verbesserung seiner beruflichen Situation (Spezialisierung auf die Sparte "automatische Türanlagen") erreichen konnte, bleibt es ungewiss, ob und wann er diese Berufstätigkeit einschränken und in den Wintermonaten als Schilehrer arbeiten wird. Bei dieser Sachlage ist ein hinreichender Zusammenhang der Ausbildungskosten mit künftigen Einnahmen als Schilehrer, wie er für den Abzug vorweggenommener Werbungskosten Voraussetzung wäre, nicht erkennbar.
Dem Finanzamt ist daher Recht zu geben, wenn es in seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2006 die gesetzlichen Voraussetzungen für den vom Bw. beantragten Werbungskostenabzug auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes als nicht gegeben erachtet. Für den Fall, dass der Bw. in der Zukunft steuerlich relevante Einkünfte als Schilehrer erzielen sollte, hat das Finanzamt auf die Möglichkeit einer Bescheidänderung gemäß § 295a BAO hingewiesen.
Innsbruck, am 1. Juni 2006
Ergeht auch an: Finanzamt als Amtspartei
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Umschulung, Schilehrer, Landesschilehrer, vorweggenommene Werbungskosten |