Antrag auf Aufhebung bei Vorlage eines Gutachtens
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Breinbauer & Partner Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungs GmbH, 4021 Linz, Bockgasse 2b, vom 11. Mai 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, vertreten durch HR Dr. Helmut Pichler, vom 6. April 2004 betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend die Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Aufgrund des Prüfungs- und Nachschauauftrages vom 8. Mai 2002 führte das Finanzamt beim Berufungswerber hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2000 und die Umsatzsteuer für die Jahre 1998 bis 2000 eine abgabenbehördliche Prüfung durch. In Zusammenhang mit der Vermietung des Gebäudes in der X-Straße 10 wurde seitens der Betriebsprüfung festgestellt, dass eine nicht marktkonforme, privat bedingte Vermietung zu bloßen Anerkennungsmieten vorliege. Das Gebäude werde daher nicht zu unternehmerischen Einnahmenserzielung, sondern zur Befriedigung privater Wohnbedürfnisse genutzt. Der Weg der steuerlichen Vermietung samt Geltendmachung von Vorsteuern stelle nach Ansicht der Betriebsprüfung einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar. Der Betriebsprüfer hat am 5. März 2002 das Vermietungsobjekt besichtigt. Dazu wurde festgestellt, dass sich das Gebäude in bester Lage befindet und aus einem Haupthaus (Nr. 10) und einem 1999 zugebauten, optisch gleichwertigen Nebenhaus (10a), welches an die Tochter Katharina vermietet ist, bestehe. Nach Aussage des für den Berufungswerber anwesenden Herrn F. hätte der Berufungswerber beschlossen, dass seine Töchter ab dem Alter von 27 Jahren Miete bezahlen sollten. Seit 2001 bzw. 2000 werde im Haupthaus ein Umbau des Obergeschosses vorgenommen, wo nach Abschluss der drei Bauetappen eine abgeschlossene Wohnung an die zweite Tochter des Berufungswerbers, Frau Julia M. vermietet werden soll. Die vorgeführten Räumlichkeiten würden offensichtlich schon bisher von der Tochter als Wohnraum im Haushalt der Eltern genutzt. Derzeit sei eine Trennung von Privatwohnbereich des Berufungswerbers nicht ersichtlich. Erst mit Umbau des Eingangsbereiches bzw. Stiegenhauses werde dies realisiert.
Dem Betriebsprüfer wurde eine Vereinbarung vom 25. August 1987 abgeschlossen zwischen dem Berufungswerber und seiner Ehegattin über die Einräumung des Wohnungsrechtes im Haus X-Straße 10 zu Gunsten der Ehegattin des Berufungswerbers vorgelegt. Weiters wurde dem Betriebsprüfer der Mietvertrag vom 31. August 1999, abgeschlossen zwischen dem Berufungswerber und seiner Tochter Katharina M. vorgelegt. Mietobjekt ist die Wohnung Top 2 im Hause G., X-Straße 10, bestehend im Erdgeschoss aus einer Nutzfläche von 168,26 m² (Wohnzimmer (55 m²), Küche (8,73 m²), Diele (14,7 m²), Abstellraum (2,04 m²), Bad (8,15 m²), WC (1,87 m²), Schlafzimmer (13,83 m²), Schrankraum (4,7 m²), Stiege Vorraum (7,28 m²), Büro (14,33 m²), Kinderzimmer (33,42 m²), Bad (2,67 m²), WC (1,54 m²)) und im Kellergeschoss aus einer Nutzfläche von 103,92 m² (PKW Stellplätze (86,86 m², Abstellraum 4,7 m²), Kellerraum (8,2 m²), Stiege Vorraum (4,16 m²)). Das Mietverhältnis begann am 1. September 1999 und wurde auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Als monatlicher Mietzins wurde ein Betrag von brutto 8.800,00 S (639,52 €) vereinbart. Weiters wurde vereinbart, dass die Mieterin sämtliche auf das Bestandsobjekt entfallenen Betriebskosten sowie die anteilige Grundsteuer übernimmt und sich verpflichtet, monatlich einen Pauschalbetrag von 2.200,00 S (159,88 €) auf das Hausverwaltungskonto zu überweisen. Die endgültige Abrechnung der Betriebskosten erfolge jährlich im Nachhinein.
Der Betriebsprüfung wurden auch Anbote zur Miete von Herrn Helmut N.bezüglich der Mietwohnung Top 1 bestehend aus einer Wohnnutzfläche von 168,28 m² vorgelegt. Daraus geht hervor, das der Anbotssteller bereit gewesen wäre, eine Miete von 8.800,00 S bzw. ein Betriebskostenakonto von 2.200,00 S, sohin insgesamt 11.000,00 S monatlich für die Wohnung Top 1 zu bezahlen. Ähnliche Angebote liegen auch von Herrn Johann Christoph W. und der Tochter des Berufungswerbers Frau Katharina M. vor. Nur mit der Tochter des Berufungswerbers wurde der oben genannte Mietvertrag abgeschlossen.
Aus dem vom Betriebsprüfer am 25. Februar 2002 erstellten Grundbuchsauszug zur Einlagezahl 495, Grundbuch T. geht hervor, dass zu Gunsten der Katharina M. mit der Vereinbarung vom 25. August 1987 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt wurde. Weiters geht hervor, dass zu Gunsten der Frau Marie Therese M. mit Notariatsakt vom 12. August 1988 ein Wohnungsrecht am Objekt X-Straße 10 bzw. X-Straße 10a eingeräumt wurde.
Weiters lag der Betriebsprüfung ein Parafizierungsgutachten des Ing. L. vom 5. Dezember 2000 samt Bestätigung nach § 12 Wohnungseigentumsgesetz hinsichtlich des Wohnhauses in der X-Straße 10 vor. Der Betriebsprüfung wurde auch eine Prognoserechnung vom 9. April 2002 vorgelegt. Nach dieser Prognoserechnung sei ein Gesamtüberschuss zu erwarten.
Im Bericht der Betriebsprüfung vom 7. Jänner 2003 wurde in TZ 15 zur Vermietung des Objektes X-Straße 10/10a folgendes festgehalten:
"Der Pfl. hat im Jahr 1999 mit umfangreichen Um- und Ausbauarbeiten auf dem ihm allein gehörigen Grundstück in V., X-Straße 10 begonnen. Dabei wurde an das dort befindliche Privatwohnhaus eine weitere Wohneinheit in Form eines selbstständigen Nebengebäudes angebaut. Die fertiggestellte Wohnung (Ausmaß der Wohnfläche ca. 168 m²) wird seit Herbst 1999 an die Tochter Katharina M. um ATS 8.000 netto monatlich vermietet. In der Folge wurde im Obergeschoss des Hauptgebäudes mit dem Umbau in eine abgetrennte Wohneinheit begonnen, die Arbeiten sind bis dato noch nicht abgeschlossen. Es wurde erklärt, dass eine Vermietung an die zweite Tochter, Frau Julia M., welche schon bisher die betreffenden Räumlichkeiten benutzt hat, geplant ist. Die Mieteinnahmen der Tochter Katharina sowie alle Aufwendungen wurden im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung umsatz- und ertragssteuerlich erklärt, die Vorsteuern aus den Errichtungskosten wurden geltend gemacht.
Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes liegt nach Ansicht der BP eine nicht marktkomforme, privat bedingte Vermietung zu bloßen Anerkennungsmieten vor. Das Gebäude wird nicht zur unternehmerischen Einnahmenerzielung, sondern zur Befriedigung privater Wohnbedürfnisse innerhalb der Familie genutzt. Weder die vorgelegten "Anbote" fremder Dritter auf Anmietung zu den selben Konditionen noch eine in ungewisser Zukunft mögliche Fremdvermietung lassen eine steuerliche Anerkennung als unternehmerische Tätigkeit und Einkunftsquelle zu. Auch das zu Gunsten der Tochter Katharina bestehende Belastungs- und Veräußerungsverbot auf dem Grundstück widerspricht einem fremdüblichen Mietverhältnis. Der Weg der steuerlichen Vermietung samt Geltendmachung von Vorsteuern stellt daher nach Ansicht der BP einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar. In Konsequenz werden die Einnahmen umsatz- und ertragssteuerlich nicht erfasst, Werbungskosten und Vorsteuern steuerlich nicht anerkannt."
Mit Bescheid vom 9. Jänner 2003 wurde das Verfahren hinsichtlich der Festsetzung der Umsatzsteuer für 1999 gemäß § 303 Abs. 4 der BAO wieder aufgenommen. Weiters wurde mit den Bescheiden vom 9. Jänner 2003 die Umsatzsteuer für 1999 und 2000 wie folgt festgesetzt. Diese Bescheide wurden nach Angabe des Berufungswerbers am 13. Jänner 2003 zugestellt.
Die Umsatzsteuer wurde für das Jahr 1999 mit 1.051,50 € festgesetzt. Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen und Eigenverbrauch) waren für den Normalsteuersatz (20 %) 177.390,87 S (12.891,50 €) und für den ermäßigten Steuersatz (10 %) 616.572,69 S (44.808,08 €), sowie der Gesamtbetrag der Vorsteuern in Höhe von 82.666,74 S (6.007,63 €). Die Umsatzsteuer wurde für das Jahr 2000 mit - 4.510,29 € festgesetzt. Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen und Eigenverbrauch) waren für den Normalsteuersatz (20 %) 179.836,04 S (13.069,19 €) und für den ermäßigten Steuersatz (10 %) 547.981,79 S (39.823,39 €), sowie der Gesamtbetrag der Vorsteuern in Höhe von 152.828,80 S (11.106,50 €).
Der Berufungswerber brachte mit dem Schriftsatz vom 8. Jänner 2004 den Antrag ein, die Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 gemäß § 299 der Bundesabgabenordnung (BAO) aufzuheben. Zur Rechtswidrigkeit dieser Bescheide führte er folgendes aus:
"Im Zuge der Betriebsprüfung, die diesen Bescheiden voraus gegangen war, kam das Finanzamt Gmunden gemäß Punkt 4 des Besprechungsprogrammes zum Schluss, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der X-Straße 10 steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen seien, da Herr Ing. M. eine nicht marktkomforme, privatbedingte Vermietung zu bloßen Anerkennungsmieten durchführen würde. Das Gebäude sei daher nicht zur unternehmerischen Einnahmenerzielung sondern zur Befriedigung privater Wohnbedürfnisse genutzt.
Die Begründung der Finanzverwaltung kann nunmehr, wie sich anlässlich einer Überprüfung der Miete herausstellte, als unrichtig festgestellt werden.
Wir dürfen auf das Gutachten vom 22.12.2003 durch den Sachverständigen Herrn Dipl. Ing. Walter H. über die Fremdüblichkeit der Miete des gegenständlichen Objektes verweisen. Dieses Gutachten bestätigt, dass die Vermietungstätigkeit und der Mietvertrag, welcher der Finanzverwaltung ohnedies bereits vorgelegt wurde, als angemessen und fremdüblich zu betrachten ist.
Wir stellen daher den Antrag, die Bescheide entsprechend aufzuheben und im Zuge der Wiederaufnahme die unternehmerische Tätigkeit der Vermietungstätigkeit X-Straße 10 umsatzsteuerrechtlich und ertragssteuerrechtlich anzuerkennen."
Aus den beigelegten Gutachten des Herrn Dipl. Ing. Walter H. vom 22. Dezember 2003 geht Folgendes hervor: Der Auftrag ist von Herrn Ing. Franz M., Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft vom 15. Dezember 2003 mündlich erteilt worden. Zweck des Gutachtens sei die Angemessenheit bzw. Fremdüblichkeit der Miete für Top 2 festzustellen. Bewertungsstichtag sei der 1. September 1999 (Beginn der Vermietung). In der Zusammenfassung des Gutachtens wurde angeführt, dass für die im Befund geschilderte Wohnung Top 2, X-Straße 10 ein Mietzins von netto 3,77 € pro m² pro Monat als marktüblich zu bezeichnen sei. Es sei daher die an die Tochter des Eigentümers tatsächlich verrechnete Nettomiete von 3,46 € (Differenz 0,31 = ca. 8,2 % weniger) also als fremdüblich zu bezeichnen, da ein schonender Umgang mit den Mietobjekt gewährleistet sei, aufgrund der Dauer des Mietverhältnisses das Mietausfallswagnis entfalle (2 % des Rohertrages), die Instandhaltung des Mietobjektes zu (0,5-1,5 % der Herstellungskosten) zu Lasten des Mieters gehe und keine Verwaltungskosten anfallen würden (3- 8 % des Rohertrages). Das Gutachten enthält insbesondere die Beschreibung des Grundstückes und des Gebäudes und die Ermittlung von Vergleichsmieten.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. April 2004 wurde der Antrag vom 8. Jänner 2004 auf Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt nach Darstellung des Sachverhaltes Folgendes aus:
"Verträge zwischen nahen Angehörigen müssen einen eindeutigen und klaren Inhalt haben und nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen. (Publizität) Sie unterliegen der strengen, in der Rechtssprechung und im Abgabenrecht verankerten Überprüfung hinsichtlich des so genannten Fremdvergleiches, d. h. sie können nur dann anzuerkennende Gültigkeit erlangen, wenn sie - objektiv betrachtet - auch zwischen fremden Vertragspartnern - unter gleichen Bedingungen geschlossen worden wären. Eine allfällige zivilrechtliche Wirksamkeit bzw. Gültigkeit hindert die Anwendung des Fremdvergleiches nicht. Dass unter gleichartigen Bedingungen ein Fremder in den Genuss eines solchen Wohnobjektes kommen könnte oder würde, konnte im Entscheidungszeitpunkt nicht ersehen werden und wurde vom Abgabepflichtigen im Betriebsprüfungsverfahren auch nicht dargetan. ....
....Auf Grund der angeführten Gründe und der umfangreich ergangenen Rechtssprechung dazu konnte im Betriebsprüfungsverfahren die vorliegende Tätigkeit der Wohnungsvermietung an die Töchter Katharina und Julia M. nicht als den unternehmerischen Bereich im Sinne des EStG und UStG zugeordnet werden. Das Finanzamt Gmunden, nun mehr Gmunden-Vöcklabruck gelangte unter Wahrung des Parteiengehörs nach sorgfältig durchgeführtem Ermittlungsverfahren im Rahmen freier Beweiswürdigung zu dem Schluss, dass die an die Tochter Katharina vermietete Wohnung unter gleichen Bedingungen nicht an eine fremde Person vermietet worden wäre, und somit eine Fremdüblichkeit nicht gegeben ist.
Wenn das Finanzamt bzw. die Betriebsprüfung unter gehöriger Beachtung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen unter Anstellung von durchwegs schlüssigen Erwägungen in Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des VwGH zum verfahrensentscheidenden Punkt des "Fremdvergleiches" zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorgefundenen Verhältnisse diesem nicht standhalten, dann belastet sie den Bescheid eben nicht mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die jedoch die Voraussetzung dafür wäre, dass § 299 BAO zur Anwendung kommen könnte.
Soweit sie nach dem Betriebsprüfungsverfahren nun mehr ein Gutachten vorgelegt haben, kann dies schon deshalb nicht zum Durchbruch verhelfen, weil es Aufgabe des Gutachters ist, der Behörde auf Grund eines sachverständigen Wissens bei der Ermittlung des Sachverhaltes zu helfen, wäre dies die ausschließliche Aufgabe der Behörde, die Rechtsfrage zu beurteilen.
Die Ermittlung der von Ihnen angesprochene ortsüblichen Miete ist eine Frage der Sachverhaltsfeststellung und der Beweiswürdigung, und somit eine verfahrensrechtliche und keine rechtliche. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit ist aber Voraussetzung dafür, dass ein Bescheid gemäß § 299 BAO aufgehoben werden kann.
Dass das Verfahren gemäß § 299 BAO gegenüber einem normalen Berufungsverfahren eingeschränkt ist, liegt auf der Hand und nicht jeder allfällige Berufungsgrund kann zu einem Verfahren § 299 BAO führen, weshalb der Antrag als unbegründet abzuweisen war."
In der Berufung vom 11. Mai 2004 führte der Berufungswerber zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes Folgendes aus:
"Der Inhalt eines Bescheides ist rechtswidrig, wenn der Spruch des Bescheides rechtswidrig ist, sei es, dass er gegen Gesetze, gegen Verordnungen oder gegen Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union verstößt. Der Bescheidspruch ist aber nicht nur bei unzutreffender Auslegung von Rechtsvorschriften inhaltlich rechtswidrig. Er ist auch rechtswidrig, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt wurden; dies auch dann, wenn die nicht Berücksichtigung auf mangelnde Kenntnis der Abgabenbehörde, selbst wenn dies Folge einer mangelnden Offenlegung durch die Partei selbst verursacht sein sollte, zurückzuführen ist. Ein Sachverständigengutachten zur entscheidungserheblichen Frage ist als Beweismittel zu beurteilen. Bei Berücksichtigung dieses Beweismittels würde der Bescheidspruch anders lauten. Weiters ist festzustellen, dass die Unrichtigkeit des Bescheidspruches nicht offensichtlich im Sinne des § 293 BAO sein muss. Diese Rechtsauffassung entspricht den Richtlinien zur Aufhebung gemäß § 299 BAO vom Bundesministerium für Finanzen vom 3.2.2003. Wenn die Behörde auf Ritz; Abhandlungen zu § 299 BAO verweist, so gehen wir mit der Interpretation dieser Ausführungen durch die Behörde nicht konform. Im Artikel Aufhebungen gemäß §§ 299 und 300 BAO, RdW 11/2002, Seite 693, schreibt Dr. Ritz "Aufhebungsgrund ist nur mehr die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides." und weiter "Aufhebungen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setzen...grundsätzlich die Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus." Dass zwei nahe Angehörige des Vermieters im Mietobjekt gewohnt haben, ist Teil des geklärten Sachverhaltes. Ob aber die Rechtsgeschäfte zwischen nahen Angehörigen fremdüblich sind oder nicht ist keine Rechtsfrage sondern eine Sachfrage, nämlich eine Würdigung des Sachverhaltes, die um zu einem steuerlichen Urteil zu kommen vorweg als Sachfrage zu klären ist. Der Schlussfolgerung, dass der Bescheid nicht gemäß § 299 BAO aufgehoben werden kann, weil eine inhaltliche Rechtswidrigkeit Voraussetzung dafür sei, kann nicht gefolgt werden. Selbst der zitierte Ritz schreibt in ÖStZ 2003/240: "Ein Bescheid ist überdies inhaltlich rechtswidrig, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt wurden; dies auch dann, wenn die nicht Berücksichtigung auf mangelnde Kenntnis der Abgabenbehörde ... zurückzuführen ist." Wenn durch das Vorliegen des Gutachtens nun ein Beweismittel vorliegt mit dessen Hilfe sich herausstellt, dass entscheidungserhebliche Sachfragen unrichtig berücksichtigt worden sind, so ist der Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Weiters sei auf die Änderung des § 299 Abs. 1 BAO aufgrund des AbgÄG 2003, BGBl I 2003/124 verwiesen, durch welches die Wortfolge "wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben" durch die Wortfolge "aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist" ersetzt. Das Abzielen auf die Unrichtigkeit ist wesentlich weiter gefasst, als die bloße Rechtswidrigkeit (die nach oben zitierter Auffassung des BMF ohnehin weit zu sehen war)."
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 299 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Aufhebungsgrund ist, wenn sich der Bescheid im Spruch als nicht richtig erweist, also der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. § 299 Abs. 1 BAO gilt auch für "dynamische", also erst später erweisliche Unrichtigkeiten (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 299 Tz. 10). Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden noch die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Voraussetzung ist jedoch die Gewissheit der Rechtswidrigkeit. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 299 Tz. 13). Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Verbindungsgebot nach § 299 Abs. 2 BAO.
Im gegenständlichen Fall wurde vom Finanzamt die Fremdüblichkeit eines Mietverhältnisses zwischen dem Berufungswerber und seiner Tochter auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung steuerlich nicht anerkannt. Der Umstand, dass das Finanzamt die Fremdüblichkeit dieses Mietverhältnisses steuerlich nicht anerkannt hat, ist das Ergebnis einer freien Beweiswürdigung. Dabei wurden jene Beweise, die im Betriebsprüfungsverfahren aufgenommen wurden und Gegenstand des Parteiengehörs waren, entsprechend gewürdigt. Die freie Beweiswürdigung gilt auch bei so genannten "Familienverträgen" (vgl. Beiser, FJ 1990, 12) und war in diesem Zusammenhang daher auch geboten. Die freie Beweiswürdigung obliegt ausschließlich der entscheidenden Behörde. Diese ist gemäß § 167 Abs. 2 BAO grundsätzlich an keine Beweisregeln gebunden. Vielmehr sind alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 167 Tz. 6).
Wesen der freien Beweiswürdigung ist, dass weitere Beweise nicht mehr aufgenommen werden müssen, wenn die Behörde sich auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte. Wenn nun nach § 167 Abs. 2 BAO die Abgabenbehörde nach "freier Überzeugung" zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, so bedeutet "Überzeugung" nicht eine jeden Zweifel oder jede Möglichkeit des Gegenteiles ausschließende Gewissheit, sondern ein jeden vernünftigen Zweifel ausschließender Grad von Wahrscheinlichkeit. Die absolute Wahrheit ist der menschlichen Erkenntnis verschlossen. Anstelle der Wahrheit tritt ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, dass er nach der Lebenserfahrung der Gewissheit gleichkommt (vgl. Stoll in JBl 1985, 1).
Das Gutachten eines Sachverständigen besteht in der fachmännischen Beurteilung von Tatsachen. Aus den Tatsachen zieht der Sachverständige auf Grund besonderer Fachkundigkeit Schlussfolgerungen (Gutachten), er gibt ein fachliches Urteil darüber ab, welche Tatsachen aus dem Befund erschlossen werden können (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 177 Tz. 1). Privatgutachten haben keine geringere Beweiskraft als Gutachten eines Amtssachverständigen. Sie unterliegen jedoch auch der freien Beweiswürdigung (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 177 Tz. 3). Demnach kann aus der Vorlage eines Gutachtens noch nicht der Schluss gezogen werden, dass bestimmte Tatsachen als erwiesen anzusehen sind. Die Schlussfolgerungen des Gutachters, der im gegenständlichen Fall von einer Fremdüblichkeit der Vermietung ausgegangen ist, ist auch nichts anderes als das Ergebnis der Würdigung der vom Gutachter ermittelten Beweise durch den Gutachter und gibt daher bloß dessen Überzeugung wieder. Das Gutachten kann jedenfalls für sich nicht den Anspruch erheben, die absolute Wahrheit darzulegen, da diese der menschlichen Erkenntnis verschlossen ist (vgl. die obigen Ausführungen). Somit ist diese Erkenntnis auch dem Gutachter verschlossen.
Voraussetzung für die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO ist die Gewissheit der Rechtswidrigkeit. Diese Gewissheit der Rechtswidrigkeit liegt jedoch noch nicht vor, wenn zu einer Sachverhaltsfrage ein Gutachten vorgelegt wird, das noch der freien Beweiswürdigung durch die Abgabenbehörde unterliegt. Ein Gutachten, in dem selbst eindeutige Aussagen zum Sachverhalt getroffen werden, ersetzt die Beweiswürdigung durch die entscheidende Behörde nicht. Vielmehr obliegt die Beweiswürdigung wiederum der zur Entscheidung berufenen Abgabenbehörde. Diese hätte sich dann auf Grund des Gesamtbildes der nunmehr vorhandenen Beweise (Feststellungen der Betriebsprüfung und Gutachten), sowie allenfalls weiterer erforderlicher Ermittlungen eine neue Überzeugung von den tatsächlichen Verhältnissen zu bilden. Dabei ist jedenfalls ungewiss, ob diese Überzeugung von den tatsächlichen Verhältnissen von jenem Bild abweicht, das sich in den Sprüchen der Bescheide, deren Aufhebung begehrt wurde, widerspiegelt. Somit ergibt sich aus dem vom Berufungswerber vorgelegten Gutachten noch nicht die Gewissheit, dass sich die Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 als nicht richtig erweisen. Vielmehr besteht lediglich die Möglichkeit, dass diese Bescheide im Spruch nicht richtig sein könnten, was aber für eine Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO nicht ausreicht.
Somit ist die Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 nicht rechtswidrig gewesen.
Linz, am 24. März 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Gutachten, Beweiswürdigung, Aufhebungsgrund, unrichtiger Spruch |