UFS RV/0279-I/05

UFSRV/0279-I/052.1.2006

Aufwendungen für Familienheimfahrten nach Bosnien-Herzegowina - Abweisung mangels Nachweisführung

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0111 eingebracht. Mit Erk. v. 26.7.2007 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Weihburggasse 20, vom 3. Juni 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom 26. und 28. April 2005 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2003 und 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber beantragte mit Erklärungen vom 11.2.2005 die Durchführung von Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2003 und 2004 und begehrte dabei die Berücksichtigung von Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten in Höhe von 2.100 € (2003) bzw. 2.421 € (2004). Den Anträgen legte der Berufungswerber folgende Dokumente bei:

Hiermit wird von Seiten dieses Organs bestätigt, dass R.M., aus G.G. (im Folgenden G.G.), Gemeinde M.-G., ausschließlich in der Landwirtschaft tätig ist und landwirtschaftlichen Boden bearbeitet, welcher im Kataster der Gemeinde M.-G. auf den Namen ihres Gatten geführt wird und dass M. 5 Kühe, 2 Pferde, 50 Schafe, 20 Hühner und 3 Schweine besitzt, von welchen sie durch ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft einen jährlichen Ertrag in Höhe von 2.300 Euro erzielt.

Diese Bestätigung wird auf Antrag des Genannten und aufgrund der Anhörung der Zeugen P.R. (im Folgenden: P.R.) und M.Z. (im Folgenden: M.Z.), beide aus M.-G. ausgestellt und dient dem Antragsteller zur Verwirklichung von Rechten zur Rückerstattung von Reisekosten beim zuständigen Organ des Staates Österreich, für die Relation Innsbruck, Österreich, bis G.G. , BiH und zurück, und kann zu keinem anderen Zweck verwendet werden.

Die Abgabenbehörde erster Instanz veranlagte den Berufungswerber mit Bescheiden vom 26. (2004) und 28. (2003) April 2005, wobei die beantragten Kosten für Familienheimfahrten nicht berücksichtigt wurden. Zur Begründung der Ablehnung des Antrages verwies die Behörde darauf, dass die Einkünfte der Gattin in Bezug auf das gesamte Familieneinkommen von untergeordneter Bedeutung seien.

Der - rechtsanwaltlich vertretene - Berufungswerber erhob gegen beide Einkommensteuerbescheide mit Schriftsätzen vom 3.6.2005 das Rechtsmittel der Berufung und führte gleichlautend aus, dass die von der Gattin bewirtschaftete Kleinlandwirtschaft zwar keine nennenswerte monetäre Einkommensquelle darstelle, aber für den Unterhalt der Familie eine bedeutsame Ernährungsbasis bilde, sodass die berufliche Veranlassung der Beibehaltung des Familienwohnsitzes bzw. die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes sehr wohl anzunehmen seien. Weiters brachte der Vertreter des Berufungswerbers unter Bezugnahme auf den Erlass des BMF vom 26.6.2003 vor, dass der Berufungswerber in einem Firmenquartier des Dienstgebers untergebracht sei, weshalb die Familienheimfahrten bereits aus diesem Grund steuerlich zu berücksichtigen seien.

Die Abgabenbehörde erster Instanz legte daraufhin das Rechtsmittel mit Bericht vom 13.6.2005 ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung über die Berufung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Hingegen dürfen nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden: 1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. 2.a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Insoweit darnach Kosten für Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) abzugsfähig sind, werden sie in § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c leg. cit. angeführten Betrag begrenzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (E. v. 18.10.2005, 2005/14/0046; 28.9.2004, 2001/14/0178) ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht jener Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch diese Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursache auch in weiteren Erwerbstätigkeiten des Steuerpflichtigen haben. Eine einkünftemindernde Berücksichtigung von Heimfahrtkosten ist nach den in der Judikatur entwickelten Grundsätzen weiters dann möglich, wenn die Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes unzumutbar ist, weil keine die Begründung eines Familienwohnsitzes rechtfertigende dauernde Arbeitsstelle vorliegt oder weil der Ehegatte am Ort des Familienwohnsitzes selbst berufstätig ist und steuerlich relevante Einkünfte erzielt (vgl. VwGH 17.2.1999, 95/14/0059 oder VwGH 27.2.2002, 98/13/0122).

Grundsätzliche Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung von Werbungskosten jeglicher Art ist jedoch, dass Mehraufwendungen aus dem behaupteten Veranlassungszusammenhang überhaupt angefallen sind. Dem Abgabepflichtigen obliegt es hierbei, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt darzutun und die geltend gemachten Kosten dem Grunde und der Höhe nach zu belegen oder zumindest durch geeignetes Vorbringen und zweckdienliche Unterlagen glaubhaft zu machen. Nach § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind nämlich die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. In diesem Zusammenhang sieht § 138 Abs. 1 BAO vor, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen haben. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. § 138 Abs. 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde. Zudem handelt es sich im streitgegenständlichen Fall um Sachverhaltselemente, die ihre Wurzeln im Ausland haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung ausführt, besteht in solchen Fällen eine erhöhte Mitwirkungs-, Beweismittelbeschaffungs- und Beweisvorsorgepflicht (vgl. Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, 3. Auflage, Rz. 10 ff. zu § 115 und die dort angeführte Rspr.).

Der Berufungswerber führte in der zutreffenden Zeile der Erklärungen lediglich den jeweiligen nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 zulässigen Höchstbetrag für Familienheimfahrtskosten an. Weder in den Erklärungen noch in einer Beilage schlüsselte der Berufungswerber die Zusammensetzung der Kosten auf. Seinen Eingaben war nur zu entnehmen, dass es sich hierbei um Kosten im Zusammenhang mit einem Familienwohnsitz in Bosnien und Herzegowina handeln sollte, worin diese Kosten jedoch bestanden, ob, wann und wie sie angefallen sind, konnte daraus nicht abgeleitet werden. Damit blieb aber schon die Frage nach dem Vorliegen von als Werbungskosten aus dem Titel der Familienheimfahrten anzusehenden Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach unbeantwortet.

Ebenso wenig konnte mittels der beigebrachten Bestätigung des Gemeindevorstandes der Nachweis dafür erbracht werden, dass die nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen einer steuerlich zu berücksichtigenden auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung gegeben sind. Es handelt sich zwar um eine Bescheinigung, welche von einer öffentlichen Behörde ausgestellt wurde, doch führt das Organ ausdrücklich an, dass als Erkenntnisquelle für die getroffenen Angaben die Aussagen zweier namentlich genannter, aber hinsichtlich der Beziehung zum Berufungswerber nicht näher bezeichneter, Zeugen dienten. Dies, obwohl Sachverhaltselemente wie die Einkommensverhältnisse durchaus mittels Bescheinigungen von zutreffenden Stellen authentischer bezeugt hätten werden können.

Der Unabhängige Finanzsenat hat daher an den Berufungswerber mit Schriftsatz vom 12.8.2005 folgenden Bedenkenvorhalt gerichtet:

1) "In welchem (Verwandtschafts-)Verhältnis stehen jene in der Bestätigung der Gemeinde M.-G. vom 25.2.2005 angeführten Zeugen P.R. und M.Z. zum Berufungswerber und dessen Gattin?

2) Wo sind die genannten Zeugen wohnhaft?

3) Aufgrund welcher Umstände und / oder Eigenschaften sind die genannten Zeugen in der Lage, über die Einkünfte der Gattin des Berufungswerbers genaue Auskunft zu geben?

4) Worauf gründet sich die benannte Größenordnung der Einkünfte (Belege, Dokumente, Schätzung, etc.) und mit welcher Berechnung erfolgte die Umrechnung in Euro? Wenn die angegebene Größe im Schätzungswege ermittelt wurde, wird um Bekanntgabe dieser Ermittlung im Detail ersucht.

5) Es wird um Vorlage der Umsatz- und/oder der Einkommensteuererklärung oder einer anderen Erklärung gebeten, welche die aus der in der Bestätigung benannten Landwirtschaft erzielten Einnahmen und Einkünfte zum Gegenstand haben und von der Gattin des Berufungswerbers an die dortige Steuerbehörde gelegt wurden, sowie um die Übermittlung der hierzu ergangenen Steuerbescheide.

6) Es wird weiters gebeten, ein vollständiges Gutbestandsblatt (Katasteramtsbescheinigung) betreffend die in der Bescheinigung benannte Landwirtschaft beizubringen, aus dem hervorgeht:

7) Gemeindebestätigung (Melderegister oder vergleichbare Behörde/Abteilung) darüber, an welcher genauen Adresse sich der Wohnsitz des Berufungswerbers und dessen Gattin befindet, welche Personen - mit Angabe des (Verwandtschafts-)Verhältnisses - außerdem an diesem Wohnsitz / diesen Wohnsitzen wohnhaft oder aufhältig ist und ob diese Personen eigene Einkünfte aus welchem Titel / welcher Tätigkeit beziehen.

8) Es wird um detaillierte Darlegung der Einzelpositionen, aus denen sich die geltend gemachten Kosten für die Familienheimfahrten zusammensetzen, und um deren belegmäßigen Nachweis gebeten, wobei insbesondere folgende Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen sind:

gebeten.

9) Wann wurden an den Berufungswerber welche Bewilligungen betreffend Aufenthalt und Niederlassung mit welchen Befristungen erteilt?"

Der steuerliche Vertreter beantragte daraufhin eine Verlängerung der mit vier Wochen festgesetzten First zur Beantwortung des Bedenkenvorhaltes "zunächst um zumindest drei Monate", da es sich beim Berufungswerber um einen lediglich einfach strukturierten Bauarbeiter handle, der der deutschen Schriftsprache kaum mächtig sei. Zugleich legte er eine Bescheinigung des Dienstgebers des Berufungswerbers über dessen Unterbringung in einer Firmenunterkunft bei. Zum Ende der mit Bescheid vom 21.9.2005 bis 26.11.2005 verlängerten Frist teilte der Rechtsvertreter mit, dass er trotz Übersetzung des Vorhaltes in die bosnische Sprache von seinem Klienten noch keine Rückantwort erhalten habe. Schließlich brachte der Rechtsvertreter das Schreiben vom 16.12.2005 ein. Darin erklärte er, dass seiner Kanzlei seitens des Berufungswerbers bislang keine weiteren Unterlagen bzw. Informationen zugegangen seien.

Der Bedenkenvorhalt hatte zum überwiegenden Teil die Anforderung von Belegen, welche bereits vorhanden sein müssten und mit deren Anforderung zu rechnen war, sowie die Beantwortung von Fragen über konkrete, persönliche Sachverhalte bei Bestehen einer der Muttersprache des Berufungswerbers mächtigen anwaltlichen Vertretung zum Gegenstand. Dennoch wurde vom Berufungswerber innerhalb eines Zeitraumes von mehr als vier Monaten keine einzige der Fragen beantwortet und konnte nicht einmal eine Aufstellung über die tatsächlich und konkret angefallenen Kosten beigebracht werden. Belege zum Nachweis dafür, dass dem Berufungswerber überhaupt Aufwendungen aus dem bezeichneten Titel erwachsen seien und diese den absetzbaren Höchstbetrag erreichten, wurden ebenfalls nicht vorgelegt.

Wie bereits vorstehend ausgeführt, wäre es aber Sache des Berufungswerbers gewesen, Beweismittel für die Aufhellung des - zudem auslandsbezogenen - Sachverhaltes beizubringen. Da der Bw. dieser Nachweispflicht nicht nachgekommen ist, kann ein Abzug des geltend gemachten Betrages für Familienheimfahrten als Werbungskosten nicht in Betracht kommen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 2. Jänner 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Familienheimfahrten, Bosnien Herzegowina, Landwirtschaft

Verweise:

VwGH 28.09.2004, 2001/14/0178

Stichworte