1. Verluste aus der Veräußerung griechischer Staatsanleihen2. Aufteilungsmethode betreffend Aufwendungen für Kurssicherung (Optionsentgelte)
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/13/0114 eingebracht. Mit Erk. v. 17.12.2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Six, Mag. Barbara Baumgartner und Walter Bilek über die Berufungen der A, Adresse, vertreten durch B, vom 22. November 1999 und 29. März 2001 gegen die Bescheide des Finanzamtes für Körperschaften vom 28. Oktober 1999 und 7. März 2001 betreffend Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend Körperschaftsteuer 1996 bis 1998 sowie Körperschaftsteuer 1996 bis 1998 nach der am 7. Dezember 2005 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufungen gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend Körperschaftsteuer 1996 bis 1998 werden als unbegründet abgewiesen.
Der Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1996 und 1997 wird teilweise Folge gegeben und diese Bescheide werden wie folgt abgeändert: Die Körperschaftsteuer für 1996 wird festgesetzt mit € 308.797,77 (~ATS 4.249.150,-) Die Körperschaftsteuer für 1997 wird festgesetzt mit € 612.053,37 (~ATS 8.422.038,-)
Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 1998 wird abgewiesen und der Bescheid wie folgt abgeändert: Die Körperschaftsteuer für 1998 wird festgesetzt mit € 540.279,35 (~ATS 7.434.406,-)
Die Bemessungsgrundlagen sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
Entscheidungsgründe
Die A (im folgenden Bw.) hat in den Jahren 1996 bis 1998 griechische Staatsanleihen erworben, wobei jeweils Put-Optionen vereinbart wurden, mit denen der Bw. der Ankauf der Anleihen zu einem bestimmten Stichtag zu einem bestimmten Wertpapierkurs garantiert wurde. Unter einem schloss die Bw. zur Kurssicherung der griechischen Drachme Devisentermingeschäfte ab.
Die aus den Wertpapiergeschäften und den Devisentermingeschäften resultierenden Verluste sowie die Optionsprämien machte die Bw. aufwandswirksam geltend. Die aus den Wertpapiergeschäften resultierenden Zinsen erklärte die Berufungswerberin hingegen als aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Griechenland als steuerfrei.
Im Zuge von abgabenbehördlichen Prüfungen rechnete der Prüfer die aus den Wertpapiergeschäften und den Devisentermingeschäften resultierenden Verluste dem steuerlichen Ergebnis wiederum hinzu, sodass im Ergebnis nur die mit den Aufwendungen saldierten Zinserträge als steuerfrei behandelt wurden.
In den beiden Prüfungsberichten vom 7. Oktober 1999 (1996 und 1997) sowie vom 28. Februar 2001 (1998) führte der Prüfer folgendes aus:
"In den Jahren 1996 und 1997 erwarb das geprüfte Unternehmen Griechische Staatsanleihen, deren Zinserträge gem. Art. 11 Abs. 2 des DBA Griechenland-Österreich nicht der Besteuerung in Griechenland unterliegen. Beim jeweiligen Erwerb handelte es sich um "Put-Optionen", wobei der Rückkaufswert der Anleihe zum Zeitpunkt des Erwerbes bereits feststand. Das geprüfte Unternehmen behandelte die angefallenen Zinserträge als steuerfrei und erklärte die Differenz zwischen Erwerbs- und Rückkaufswert der Anleihen als " Abschreibung auf Wertpapiere des Umlaufvermögens."
Die Steuerfreiheit der Zinserträge aus der griechischen Staatsanleihe hat zur Folge, daß alle mit der Zinserzielung in einem erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen aus der inländischen Besteuerungsgrundlage auszuscheiden sind, da bereits bei Eingehen der Putoption der Verlust aus der Veräußerung der Staatsanleihe mitkalkuliert war. Der ökonomisch-betriebswirtschaftliche Erfolg bei Eingehen der Putoption war von Anfang an als Einheit von Zinsertrag und Verlust aus dem Anleiheverkauf geplant und somit eine wirtschaftliche Einheit, die als Summe den um den Veräußerungsverlust gekürzten steuerfreien Zinsertrag übrig ließ. Der als wirtschaftliche Einheit kalkulierte (um den Veräußerungsverlust verminderte) Zinsertrag bildet somit auch den steuerfreien Zinsenanteil.
Die als steuerfrei behandelten Erträge aus den griechischen Staatsanleihen vermindern sich wie folgt:
1996 | ATS | 1.701.706,- |
1997 | ATS | 2.283.298,- |
1998 | ATS | 2.527.792,-" |
Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1996 bis 1998 dementsprechende neue Sachbescheide. Die Körperschaftsteuer wurde wie folgt festgesetzt:
1996 | ATS | 4.288.216,- |
1997 | ATS | 8.741.808,- |
1998 | ATS | 7.261.686,- |
In der Begründung der Bescheide wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht verwiesen. In den beiden Prüfungsberichten vom 7. Oktober 1999 (1996 und 1997) sowie vom 28. Februar 2001 (1998) wurde hinsichtlich der Wiederaufnahmsgründe auf die Feststellungen der Tz 22-25 (1996 und 1997) sowie 14 (1998) verwiesen. Hinsichltlich des Ermessensgebrauches wurde ausgeführt, dass die Wiederaufnahme unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung erfolgt sei. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit eingeräumt worden.
Gegen die Bescheide des Finanzamtes erhob die Bw. Berufung und beantragte die Aufhebung der Bescheide betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Festsetzung der Körperschaftsteuer für 1996 mit ATS 3.709.638,-, für 1997 mit ATS 7.965.520,- und für 1998 mit ATS 6.402.234,-.
Zur Wiederaufnahme des Verfahrens wurde von der Bw. ausgeführt, dass die in den Niederschriften und BP-Berichten dargestellten Tatsachen nicht erst im Zuge der Betriebsprüfung "neu hervorgekommen", sondern dem Finanzamt bereits im Zuge der Abgabe der Steuererklärungen bekannt gegeben worden seien. Der Betrag der gemäß Art. 11 Abs. 2 des DBA Griechenland-Österreich steuerfrei belassenen Zinserträge sei nicht nur in den Steuererklärungsformularen 1996 bis 1998 gesondert ausgewiesen, sondern auch in einer eigens dazu verfassten Beilage näher erläutert worden. Weiters sei dieser Beilage die Transaktionsbeschreibung der S-Bank, über welche die gegenständlichen Veranlagungen abgewickelt worden seien, beigefügt worden.
Zu den oben bereits dargestellten Ausführungen der Betriebsprüfung zur Wiederaufnahme führte die Bw. aus, dass keine Feststellungen getroffen worden seien, inwiefern die gegenständliche Tatsachenfeststellung als "neu hervorgekommen" im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO anzusehen wäre. Dieser Frage komme jedoch eine für die Wiederaufnahmsberechtigung entscheidende Bedeutung zu, weil es sich bei der getroffenen Feststellung um die einzige handle, die zu einer Änderung der Abgabenbemessungsgrundlagen für die Jahre 1996 bis 1998 führe. Diese gebe aber nur dann einen tauglichen Wiederaufnahmsgrund ab, wenn sie bei der Durchführung der Veranlagung dem Finanzamt nicht bekannt gewesen sei. Diese Voraussetzung sei jedoch im Hinblick auf die im Zuge der Abgabe der Steuererklärungen vollzogene Offenlegung des Sachverhalts nicht erfüllt.
Eine nachträglich anders geartete rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines schon bekannt gewesenen Sachverhaltes für sich allein rechtfertige einen behördlichen Eingriff in die Rechtskraft von Bescheiden nicht; diese Auffassung habe der VwGH in zahlreichen Erkenntnissen zum § 303 Abs. 4 BAO vertreten. Die Bw. vermute, dass die in der SWI 1998, 498, veröffentlichte EAS-Entscheidung des BMF, 1292 vom 13.7.1998, den Anlass für die verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens geboten habe.
Zur Berufung gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1996 bis 1998 wurde ausgeführt, dass die Ausführungen in den Niederschriften, soweit sie sich auf die Darstellung des reinen Sachverhaltes beziehen würden, zutreffend seien.
Die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes hingegen stelle eine weitgehend wortgleiche Wiedergabe der oben erwähnten EAS 1292 dar, die die Bw. nicht für zutreffend halte.
Nach Auffassung der Bw. verstoße die von der Betriebsprüfung vorgenommene Kürzung der in Österreich nicht steuerpflichtig behandelten Erträge aus griechischen Staatsanleihen um die als Abschreibung auf Wertpapiere des Umlaufvermögens angefallenen Beträge gegen das DBA mit Griechenland. Dabei gehe die Bw. von folgenden Überlegungen aus:
- Die Bw. sei eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Wien und unterliege daher gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich. Diese erstrecke sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte im Sinne des § 2 EStG 1988, sofern nicht aufgrund zwischenstaatlicher Regelungen Teile dieses Einkommens einem ausländischen Staat zur Besteuerung zugewiesen seien.
- Tatsäschlich habe die Bw. Einnahmen in Form von Zinserträgen aus Anleihen erzielt, für die das Besteuerungsrecht aufgrund des DBA einem anderen Staat, nämlich Griechenland zugewiesen sei.
- Gemäß der im griechisch-österreichischen DBA für die Verwirklichung der Vermeidung der Doppelbesteuerung gewählten Methode sehe Art. 23 grundsätzlich das "Befreiungssystem", auch "Zuteilungssystem" oder Quellenausscheidungssystem" vor. Das in Art. 23 Abs. 2 vorgesehene Anrechnungsverfahren für gewisse im anderen Vertragsstaat bezahlte Steuern erstrecke sich nicht auf Zinsen aus Staatsanleihen, da sie an dieser Stelle nicht genannt würden. Die Zinsen aus griechischen Staatsanleihen würden daher im Quellenstaat Griechenland der Besteuerung unterliegen und seien im Wohnsitzstaat Österreich befreit.
- Österreich behalte zwar in Bezug auf die hier unbeschränkt steuerpflichtige Bw. grundsätzlich sein volles innerstaatliches Besteuerungsrecht, sei aber zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet, die Zinserträge aus den griechischen Staatsanleihen nach den Zuteilungsregeln des Art. 23 des Abkommens dem Quellenstaat Griechenland zur Besteuerung zu überlassen und aus der inländischen Steuerbemessungsgrundlage auszuscheiden. Das Ausscheiden von Einnahmen (Einkünften), die Griechenland zur Besteuerung zugewiesen seien, sei daher nicht im Sinne einer Abgabenbefreiung nach innerstaatlichem Recht zu verstehen, sondern es sei vielmehr so vorzugehen, wie wenn diese einem anderen Staat zur Besteuerung zugewiesenen Einkünfte überhaupt nicht existierten. Das Österreich zur Besteuerung verbleibende Einkommen sei daher nach folgender Formel zu ermitteln:
Gesamteinkommen (Welteinkommen) abzüglich der dem Staat Griechenland überlassenen Einkommensteile (Zinsen der griechischen Staatsanleihe) = Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der österreichischen Körperschaftsteuer.
- Vergegenwärtige man sich die vorstehend dargestellte Wirkungsweise des griechisch-österreichischen DBA, dann werde klar, dass aus der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung in Österreich nicht mehr, aber auch nicht weniger an Einkommensteilen auszuscheiden sei, als jener Betrag, der dem griechischen Staat abkommensgemäß zur Besteuerung zugewiesen werde. Da das nach Art. 11 Abs. 2 des Abkommens Griechenland zugewiesene Besteuerungsrecht auf "Zinsen aus Staatsanleihen eines Vertragstaates" gerichtet sei, bedürfe es keiner weiteren Beweisführung, dass sich diese Zuweisung von Besteuerungsrechten an den Quellenstaat auf den Bruttobetrag der ihm zur Besteuerung überlassenen Zinsen beziehe.
- Auch für Lang (SWI 1995, S 291) stehe außer Zweifel, dass beispielsweise Finanzierungskosten für die Anschaffung griechischer Staatsanleihen nicht mit den daraus erwachsenden Zinseinkünften zu saldieren seien, weshalb nicht nur der verbleibende Saldo, sondern der Bruttoertrag der Zinseinnahmen aus der österreichischen Besteuerungsgrundlage auszuscheiden und Griechenland zur Besteuerung zuzuweisen sei. Die Vergleichbarkeit der Aufwendungen für die Finanzierung der Anschaffung von Staatsanleihen einerseits und Aufwendungen aus einem allfälligen Verlust aus deren Veräußerung in Ausübung einer Put-Option andererseits sei für den vorliegenden Fall dadurch gegeben, dass in beiden Fällen bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung die Höhe der Aufwendungen konkretisierbar sei.
- Nicht zuletzt habe das BMF in einer Anfrage betreffend Devisentermingeschäfte mit spanischen Anleihen festgestellt, dass die im DBA Spanien-Österreich vorgesehene Steuerbefreiung für Zinsen aus spanischen Staatsanleihen nicht für Gewinne gelte, die anlässlich der Veräußerung derartiger Anleihepapiere im Zuge eines Devisentermingeschäfts realisiert wurden (EAS 656 in Loukota/Jirousek, Steuerfragen International, Band 3, S 126 f). Nichts anderes wie für Gewinne müsse jedoch ebenfalls auch für aus einem Termingeschäft stammende Verluste aus dem Verkauf der Anleihen gelten. Dass es sich im vorliegen Fall nicht um spanische, sondern um griechische Wertpapiere handle, sei angesichts der in den betreffenden Abkommen nahezu wortgleichen Definitionen der Zinseinkünfte unerheblich. In einer weiteren Erledigung betreffend die Anrechnung von Zinserträgen aus koreanischen Anleihen sei zum Ausdruck gebracht worden, dass Verluste aus Termingeschäften, soweit letztere unter fremdüblichen Bedingungen abgeschlossen würden, nicht unter ausländischen Zinseinkünfte, und somit nicht die Anrechnung der ausländischen Steuer reduzierten (SWI 1994, S 152).
- Die Bw. übersehe andererseits nicht, dass das BMF in vereinzelten Anfragen (so z.B. EAS 1417 vom 8.2.1999 betreffend spanische Staatsanleihen) diesen Sachverhalt auch anders beurteilt habe und eine Saldierung von Zinserträgen mit bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung feststehenden Veräußerungsverlusten verlangt habe. Zur Begründung sei darin angeführt worden, dass das Abkommen mit Spanien keine Anordnung dahingehend enthalte, dass ein als Wertverlust bezeichneter Aufwand nicht mit den Zinsen, sondern vorrangig mit anderen Betriebseinnahmen zu verrechnen wäre. Tatsächlich würden aber weder das spanisch-österreichische DBA noch das griechisch-österreichische DBA eine derartige Anordnung enthalten. Jedoch bringe der Kommentar zum OECD-Musterabkommen, welcher nach einer Empfehlung des Rates der OECD von den Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der zwischen ihnen bestehenden bilateralen Abkommen heranzuziehen sei, in seinen Ausführungen zu Art. 11 ("Zinsen") eindeutig zum Ausdruck, dass "der Gewinn oder Verlust, der dem Inhaber einer Obligation durch Verkauf an diesen Dritten entsteht, nicht als Zins" gelte (Philipp/Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht, Bd. 1 I/1/391). Damit sei einer allfälligen Saldierung von Zinserträgen mit Verlusten aus der Veräußerung der Schuldverschreibungen mangels einer anders lautenden Bestimmung im griechisch-österreichischen DBA von vornherein jede abkommensrechtliche Grundlage entzogen.
- Aus den vorstehenden Ausführungen folge, dass für einen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten, würden sie auch mit den in Rede stehenden Zinsen in mehr oder weniger engeren (unmittelbaren) wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, beim Quellensteuerabzug in Griechenland kein Platz sei. Derartige Betriebsausgaben oder Werbungskosten müssten vielmehr aufgrund der unverändert gegebenen unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich abkommensgemäß bei der Besteuerung des übrigen, nach Ausscheiden der dem anderen Staat zur Besteuerung zugewiesenen Zinsen verbleibenden Teiles des Welteinkommens hier berücksichtigt werden. Da nicht weiter zweifelhaft sei, dass sich die Quellensteuerabzugsberechtigung Griechenlands auf den Bruttobetrag der Zinsen griechischer Staatsanleihen beziehe, sei das Welteinkommen der Bw. um diesen gesamten Bruttobetrag zu kürzen, ehe es der Besteuerung in Österreich zugrunde gelegt werde.
- Ob Griechenland von dem ihm zustehenden Besteuerungsrecht voll Gebrauch mache oder ob es die Zinsen der griechischen Staatsanleihen zur Gänze oder zum Teil unbesteuert lasse, habe sich auf den weiteren Gang der Besteuerung in Österreich nicht auszuwirken, sondern stelle eine autonome innergriechische Entscheidung dar. Daher sei es abkommenswidrig, Aufwendungen oder Erträge, die aus Wechselkursdifferenzen bei der Anschaffung oder Veräußerung griechischer Staatsanleihen in Österreich resultierten oder die im Zusammenhang mit Kurssicherungsgeschäften zur Vermeidung des Anfalls größerer Kursverluste stünden, aus der Bemessungsgrundlage in Österreich auszuscheiden. Derartige Aufwendungen bzw. Erträge könnten nämlich schon rein abkommensrechtlich beim Quellensteuerabzug in Griechenland nicht berücksichtigt werden, sondern seien zwangläufig Bestandteil des Inlandseinkommens. Da sich das Besteuerungsrecht Griechenlands, wie vorstehend dargelegt, gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA auf Einkünfte i.S.d. Art. 11 Abs. 2 DBA, das sei im konkreten Fall den Bruttobetrag der Zinseneinnahmen beziehe, blieben allfällige, in diesem Zusammenhang anfallende Aufwendungen in dem Österreich zur Besteuerung zugewiesenen Einkommensteil ebenso enthalten wie etwa erzielte Wechselkursdifferenzen oder allfällige bei der Veräußerung erzielte sonstige Ergebnisse positiver oder negativer Art. Jede andere Vorgangsweise stünde in Widerspruch zum Inhalt des mit Griechenland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens. Die Versagung der Berücksichtigung von Aufwendungen oder Erträgen bei der Ermittlung des in Österreich steuerpflichtigen Einkommens stünde auch dem aus der unbeschränkten Steuerpflicht abzuleitenden Anspruch auf Erfassung aller in-und ausländischen Einkünfte i.S.d § 1 Abs. 2 letzter Satz KStG 1988 entgegen.
- Schließlich wäre es sachlich auch nicht gerechtfertigt, den im vorstehenden Punkt näher beschriebenen Aufwendungen, allenfalls unter sinngemäßer Anwendung des § 12 Abs. 2 KStG 1988, die Abzugsfähigkeit zu verwehren. abgesehen davon, dass der in § 12 Abs. 2 KStG 1988 verlangte unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einnahmen aus Zinsen griechischer Staatsanleihen nicht gegeben sei, gingen die Regelungen des zwischenstaatlichen Abgabenrechts den innerstaatlichen Normen vor. Eine vorrangige Regelung des DBA könne daher nicht mit dem allfälligen Hinweis auf § 12 Abs. 2 KStG 1988 ausgehebelt werden, da ein DBA als lex specialis allen entgegenstehenden innerstaatlichen Vorschriften derogiere (Philipp/Loukota/Jirosek, Internationales Steuerrecht, Bd. 1 I/1/28). Zudem seien abkommensrechtliche Vorschriften für Auslegungszwecke vom innerstaatlichen Recht streng getrennt zu halten (vgl. Lang SWI 1995, S 290). Außerdem sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die Zuteilung von Besteuerungsrechten an einen ausländischen Quellenstaat dem Vorliegen steuerfreier Einkünfte i.S.d. § 12 Abs. 2 KStG 1988 nicht gleichgesetzt werden dürfe; vielmehr würden die dem ausländischen Quellenstaat zur Besteuerung zugewiesenen Zinsen schlicht in jeder Hinsicht aus der innerstaatlichen Besteuerung (mit Ausnahme des Progressionsvorbehaltes) ausscheiden.
- Auch die Tatsache, dass Griechenland von dem ihm zugewiesenen Besteuerungsrecht keinen Gebrauch mache, berechtige Österreich nicht, den unter seine Abgabenhoheit fallenden Aufwendungen die Abzugsfähigkeit zu versagen; geschehe dies dennoch, würden dadurch die Abkommensregeln in unzulässiger Weise unterlaufen. Um allfälligen, den Vertragspartnern unerwünschte Auswirkungen der abkommensrechtlich getroffenen Regelungen für die Zukunft zu begegnen, müssten diese eine entsprechende Änderung des DBA vereinbaren; durch rein innerstaatliche Maßnahmen könne einem solchen Bedürfnis nicht in abkommenskonformer Weise entsprochen werden.
Mit Schreiben vom 31. Jänner 2003 beantragte die Bw. gemäß § 323 Abs. 12 BAO die Entscheidung über die gegenständlichen Berufungen durch den gesamten Berufungssenat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Mit Vorhalt vom 25. Juli 2005 wurde der Bw. eine auf der zwischenzeitig ergangenen Rechtsprechung beruhende Berechnung der Höhe der steuerfreien Zinsen zur Stellungnahme übermittelt.
Mit Schreiben vom 13. September 2005 führte die Bw. dazu aus, dass sie ihre Einwendungen gegen die Wiederaufnahme der Verfahren weiter aufrechterhalte. Die Einrichtung der amtswegigen Wiederaufnahme sei nicht dazu geschaffen worden, Versäumnisse, die im ursprünglichen Abgabenfestsetzungsverfahren der Behörde unterlaufen seien, zu beheben.
Angesichts der von der Bw. betriebenen vollständigen Offenlegung des inkriminierten Sachverhaltes einerseits und der bekannten Problematik von in mehr oder weniger nahem Zusammenhang mit der Anschaffung griechischer Staatsanleihen stehenden Aufwendungen andererseits, wäre es für das Finanzamt angezeigt gewesen, sich mit diesen Fragen sofort auseinanderzusetzen und auch zumutbar gewesen, sich im Wege eines Bedenkenvorhaltes die für die Durchführung der Veranlagung etwa noch fehlenden Unterlagen zu verschaffen.
Zur materiellen Rechtsfrage sei der Bw. bewusst, dass die in der Zwischenzeit ergangenen zahlreichen Erkenntnisse des VwGH eine Rechtslage geschaffen hätten, die es nicht leichter mache im Zuge der Erledigung des anhängigen Rechtsmittels dem Rechtsstandpunkt der Bw. Rechnung zu tragen. Dennoch werde ersucht, die in den Rechtsmittelschriften vorgetragenen Argumente einer objektiven Prüfung und Würdigung zu unterziehen.
Unter dem Vorbehalt der vorstehenden rechtlichen Einwendungen würden gegen die vorgeschlagene Berechnung der in geänderter Höhe zu ermittelnden steuerfrei zu belassenen Zinserträge keine Einwendungen erhoben.
Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 der Vorhalt an die Bw. samt Vorhaltsbeantwortung dem Finanzamt zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Das Finanzamt teilte dazu am 27. Oktober 2005 mit, dass aufgrund der übermittelten Unterlagen keine Stellungnahme erforderlich sei.
Dem Veranlagungsakt des Finanzamtes St.Nr. 240/6875 sowie den Arbeitsbögen der Betriebsprüfung 123001/99 und 103015/00 ist folgendes zu den berufungsgegenständlichen Punkten zu entnehmen:
- Bei der Kennzahl 630 (andere Abänderungen (außerbilanzmäßige Zu- oder Abrechnungen)) hat die Bw. folgende Abzüge in den Körperschaftsteuererklärungen vorgenommen. 1996 ATS 2.116.323.,-, 1997 ATS 3.097.110 und 1998 ATS 3.487.456,-
- In Beilagen zu den Abgabenerklärungen wurde dazu jeweils mitgeteilt, dass diese Beträge in den in den Zinserträgen der Jahre 1996 (ATS 3.336.144,36), 1997 (ATS 3.673.608,13) und 1998 (ATS 3.514.531,-) enthalten seien. Es handle sich bei den abgezogenen Beträgen um Zinserträge aus "Hellenic Republik-Anleihen", die gemäß DBA Österreich-Griechenland nicht abzugfähig seien. Weiters wurde jeweils eine Unterlage betreffend die Transaktionsbedingungen der mit der S-Bank im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anleihen vereinbarten Put-Option vorgelegt.
- In den Jahresabschlüssen der Jahre 1996 bis 1998 sind die gegenständlichen Anleihen sowie damit in Zusammenhang stehende Erträge und Aufwendungen nicht gesondert ausgewiesen.
- Blatt 394 und 395 des Arbeitsbogens 123001/99 sowie Blatt 12 des Arbeitsbogens 103015/00 enthalten von der Bw. der Betriebsprüfung vorgelegte Unterlagen mit der Bezeichnung CASH FLOW KALKULATION - DBA ÖSTERREICH/GRIECHENLAND. Diese beinhalten jeweils Kalkulationen hinsichtlich der Jahre 1996 bis 1998 aus denen sich rechnerisch nachvollziehbare Zusammenhänge der Bilanzpositionen Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens S 1.702.085,21(1996) sowie Aufwendungen aus Finanzanlagen und aus Wertpapieren des Umlaufvermögens S 2.294.697,84 (1997) und S 2.527.792,- zu den Zinserträgen aus griechischen Staatsanleihen ergeben.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 1996 bis 1998
Nach § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Der Berufungssenat geht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren von folgendem Sachverhalt aus:
Aus den von der Bw. zu den Erklärungen vorgelegten Beilagen und den Jahresabschlüssen ist nicht ersichtlich, dass bzw. in welcher Höhe die offen gelegten Zinserträge aus griechischen Staatsanleihen mit den Bilanzpositionen Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens S 1.702.085,21(1996) sowie Aufwendungen aus Finanzanlagen und aus Wertpapieren des Umlaufvermögens S 2.294.697,84 (1997) und S 2.527.792,- in Zusammenhang stehen.
Obige Feststellungen ergeben sich aus den Körperschaftsteuererklärungen samt Beilagen sowie den Jahresabschlüssen der berufungsgegenständliche Jahre.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Wiederaufnahme eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens von Amts wegen nach dieser Gesetzesstelle nur dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der im wiederaufzunehmenden Verfahren nunmehr erlassenen Entscheidung hätte gelangen können, ohne dass ein behördliches Verschulden am Unterbleiben einer Feststellung der maßgeblichen Tatsachen im seinerzeitigen Verfahren die amtswegige Wiederaufnahme ausschließen würde (VwGH vom 10. August 2005/13/0082, vom 23. Februar 2005, 2001/14/0007, vom 28. März 2001, 98/13/0026, und vom 23. April 1998, 95/15/0108).
Die neu hervorgekommenen Tatsachen wurden in den Betriebsprüfungsberichten und den aufgenommenen Niederschriften angeführt, nämlich der Zusammenhang der Zinserträge aus den griechischen Staatsanleihen mit den oben dargestellten Aufwendungen.
Dass das Finanzamt vor Erlassung der Erstbescheide allenfalls aufgrund der Angaben in den Beilagen einen Vorhalt erlassen hätte können, um festzustellen, ob Aufwendungen mit den steuerfreien Erträgen in Zusammenhang stehen, steht der späteren Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 4 BAO nicht entgegen und ist nach den konkreten Umständen des Falles im Hinblick auf die abgegebenen Abgabenerklärungen (samt Beilagen) auch nicht als ein Verschulden anzusehen, das bei der Ermessensübung zu berücksichtigen wäre.
Da bei der Ermessensübung, wenn nicht andere Umstände zu berücksichtigen sind, grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben ist (siehe Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar Tz 38 zu § 303 und die dort angeführte Judikatur) ist die gegenständlich nur auf diesen Grundsatz hinweisende Begründung des Ermessens nicht zu beanstanden. Zudem sind die steuerlichen Auswirkungen, die sich aufgrund des konkreten Wiederaufnahmsgrundes ergeben (weder absolut noch relativ) nicht bloß geringfügig (vgl. VwGH25.3.1992, 90/13/0238).
2. Körperschaftsteuerbescheide 1996 bis 1998
Art 11 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl 39/1972 (DBA-Griechenland), lautet:
"(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 2 dürfen Zinsen, die aus einem Vertragstaat stammen und an eine in dem anderen Vertragstaat ansässige Person gezahlt werden, nur in dem anderen Staat besteuert werden.
(2) Zinsen aus Staatsanleihen eines Vertragstaates dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.
(3) Zinsen im Sinne des Absatzes 1, die von einer in einem der Vertragstaaten ansässigen Gesellschaft an eine im anderen Vertragstaat ansässige Person gezahlt werden, die zu mehr als 50 v. H. am Grund- oder Stammkapital der auszahlenden Gesellschaft beteiligt ist, dürfen ungeachtet der Bestimmungen des Absatzes 1 im erstgenannten Staat besteuert werden; diese Steuer darf jedoch 10 v. H. des Bruttobetrages der Zinsen nicht übersteigen.
(4) Die Absätze 1 und 3 berühren nicht das Recht der Vertragstaaten, von den Zinsen die Steuer zum vollen Satz abzuziehen, jedoch ist jede entgegen den Bestimmungen dieser Absätze einbehaltene Steuer über Antrag rückzuerstatten.
(5) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Zinsen" bedeutet Einkünfte aus öffentlichen Anleihen, aus Obligationen mit oder ohne Gewinnbeteiligung und aus Forderungen jeder Art sowie alle anderen Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind, ausgenommen Forderungen, die durch unbewegliches Vermögen, das in einem der Vertragstaaten gelegen ist, gesichert sind.
(6) Die Absätze 1, 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragstaat ansässige Empfänger der Zinsen in dem anderen Vertragstaat, aus dem die Zinsen stammen, eine Betriebstätte hat und die Forderung, für die die Zinsen gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.
(7) Bestehen zwischen Schuldner und Gläubiger oder zwischen jedem von ihnen und einem Dritten besondere Beziehungen und übersteigen deshalb die gezahlten Zinsen, gemessen an der zugrunde liegenden Forderung, den Betrag, den Schuldner und Gläubiger ohne diese Beziehungen vereinbart hätten, so wird dieser Artikel nur auf diesen letzten Betrag angewendet. In diesem Fall kann der übersteigende Betrag nach dem Recht jedes Vertragstaates und unter Berücksichtigung der anderen Bestimmungen dieses Abkommens besteuert werden.
Der Berufungssenat geht bei der Beurteilung der Steuerfreiheit griechischer Staatsanleihen von folgendem Sachverhalt aus:
Die Bw. hat in den Jahren 1996 bis 1998 griechische Staatsanleihen erworben, wobei jeweils Put-Optionen vereinbart wurden, mit denen der Bw. der Ankauf der Anleihen zu einem bestimmten Stichtag zu einem bestimmten Wertpapierkurs garantiert wurde. Unter einem schloss die Berufungswerberin zur Kurssicherung der griechischen Drachme Devisentermingeschäfte ab.
Die aus den Wertpapiergeschäften und den Devisentermingeschäften resultierenden Verluste sowie die Optionsprämien machte die Bw. aufwandswirksam geltend. Die aus den Wertpapiergeschäften resultierenden Zinsen erklärte die Berufungswerberin hingegen als aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Griechenland als steuerfrei.
Die für die Entscheidung maßgeblichen Positionen sind:
1996 | 1997 | 1998 | |||
ATS | ATS | ATS | |||
Steuerfreie Zinsen lt. Erklärung | 2.116.323,00 | 3.097.110,00 | 3.487.456,00 | ||
zugerechneter Aufwand lt. BP | 1.701.706,00 | 2.283.298,00 | 2.527.792,00 | ||
Kursverlust/GewinnWP | 194.187,58 | 956.702,22 | -425.141,54 | ||
Kursverlust/Währung | 1.507.518,42 | 1.326.596,78 | 2.947.803,54 | ||
Optionsprämien | 79.262,00 | 16.117,00 | 82.867,00 |
Diese Feststellungen ergeben sich aus den Körperschaftsteuererklärungen samt Beilagen sowie den Jahresabschlüssen der berufungsgegenständliche Jahre, den CASH FLOW KALKULATION - DBA ÖSTERREICH/GRIECHENLAND (Blatt 394 und 395 des Arbeitsbogens 123001/99 sowie Blatt 12 des Arbeitsbogens 103015/00) sowie dem der Bw. bzw. dem Finanzamt jeweils zur Stellungnahme übermittelten Berechnungsblatt. Hinsichtlich der Berechnungen wurden von beiden Parteien keine Einwände erhoben.
Die Beschwerdeführerin erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im gegenständlichen Fall müssen allerdings für Zwecke der Anwendung des DBA-Griechenland von den Einkünften aus Gewerbebetrieb "Teil-Einkünfte", nämlich die Einkünfte aus (öffentlichen) Anleihen (Art 11 Abs 5 DBA-Griechenland) herausgeschält werden. Im Rahmen dieses Herausschälens von - auf Grund des DBA- Griechenland in Österreich nicht steuerpflichtigen - Zinseinkünften aus Anleihen ist es im Beschwerdefall strittig, ob bestimmte Aufwendungen mit den Zinseinnahmen in Zusammenhang stehen, oder - wie dies der Ansicht der Bw. entspricht - mit dem (in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehenden) Vermögensstamm.
Mit der gegenständlich strittigen Frage, ob und in welchem Umfang ein Verlust aus dem Verkauf derartiger öffentlicher Anleihen in Zusammenhang mit den abkommensgemäß steuerfrei zu stellenden Zinseinnahmen steht oder mit dem in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehenden Vermögensstamm, hat sich der Verwaltungsgerichtshof nunmehr bereits mehrfach befasst (vgl. VwGH 25.11.2002, 99/14/0099, VwGH 26.11.2002, 2002/15/0033, und VwGH 28.1.2003, 2000/14/0063).
Im Erkenntnis vom 25.11.2002, 99/14/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die Regelung des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 mit eingehender Begründung erkannt, dass das Gesetz allgemein einen von vornherein festgelegten Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabekurs und dem Einlösekurs eines Wertpapiers dem Bereich der Fruchtziehung zuordne. Es könne daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn auch für Zwecke des Herausschälens von Anleiheeinkünften aus umfassenden Einkünften aus Gewerbebetrieb auf diese Zuordnung Bedacht genommen werde. Wenn für den Steuerpflichtigen von vornherein festgelegt werde, zu welchem Kurs von ihm investierte ATS in eine ausländische Währung umgerechnet werden und zu welchem Kurs die ausländische Währung - am von vornherein festgelegten Zeitpunkt der Beendigung der Veranlagung - wieder in ATS zurückgerechnet werde, komme eine solche Festlegung der Vereinbarung eines Unterschiedsbetrages zwischen Ausgabewert und Einlösewert wirtschaftlich nahe. Eine an der Erfassung der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen orientierte Interpretation gelange daher zu dem Ergebnis, dass die auf die von vornherein vereinbarte Wechselkursänderung zurückzuführende Wertminderung in gleicher Weise wie der Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabewert und Einlösewert dem Teilgewinn "Einkünfte aus Anleihen" zugeordnet werde. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Anleihe und der Terminkurs der ausländischen Währung in einem Vertragspaket festgelegt würden.
Anders hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.11.2002, 2002/15/0033, hingegen den in Ausübung einer Put-Option entstandenen Verlust aus dem Verkauf einer Anleihe beurteilt, weil die Entscheidung, die Option auszuüben, vom jeweiligen Kurs der Anleihe, der im Wesentlichen Folge der Zinsentwicklung sei, abhänge und auch ein Gewinn aus der Veräußerung der Anleihen wegen der Möglichkeit des Ansteigens des Wertpapierkurses nicht ausgeschlossen sei. Es sei in einem solchen Fall daher nicht von vornherein sicher oder absehbar, ob dieser Verlust eintrete, weshalb auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Vergleichbarkeit mit einer von vornherein vertraglich festgelegten Differenz zwischen Ausgabe- und Einlösewert gegeben sei. Solcherart liege ein Zusammenhang zwischen dem - sich erst aufgrund der Entwicklung des Anleihekurses ergebenden - Verlust aus der Veräußerung der Anleihen einerseits und der Erzielung von Zinserträgen andererseits nicht vor.
Hinsichtlich der Frage der Behandlung der Optionsprämien ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.11.2002, 2002/15/0033, ausgehend von den von der Rechtsprechung für Fremdfinanzierungsaufwendungen von nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 steuerfreien Dividenden angestellten Überlegungen, zur Auffassung gelangt, dass im Falle des Entstehens eines steuerpflichtigen Veräußerungserlöses eine Aufteilung derartiger Aufwendungen auf die steuerfreien Zinsen einerseits und den steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang andererseits zu erfolgen habe. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Einkünfte sowohl durch die Früchte des Kapitals (Zinsen) als auch durch den Verkauf der Anleihe erzielt würden, wenn ein Betrieb eine Anleihe erwerbe und die Anleihe zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder verkauft werden solle. Werde durch ein Kurssicherungsinstrument das Risiko der Erzielung eines Verlustes aus dem Verkauf der Anleihe begrenzt (oder ausgeschlossen), stünden die Aufwendungen für das Kurssicherungsinstrument in Zusammenhang mit beiden Einkünften. Der Steuerpflichtige nehme die Kurssicherungskosten zunächst in Kauf, um Zinsen aus der Fremdwährungsveranlagung zu erzielen. Es bestehe allerdings auch ein Zusammenhang mit dem allfälligen Gewinn aus der nachfolgenden Veräußerung der Anleihe selbst. Der Veranlassungszusammenhang sei vergleichbar jenem zwischen den Aufwendungen für die Finanzierung einer Beteiligung im Sinne des § 10 Abs. 1 KStG einerseits und den Dividenden aus der Beteiligung bzw. dem Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung andererseits. Sollte es im Falle einer Veranlagung in Anleihen zu einem Gewinn aus der Veräußerung des Vermögensstammes (Anleihe) kommen, seien die in Rede stehenden Aufwendungen aufzuteilen auf die Einkünfte aus der Fruchtziehung und jene aus der Veräußerung (vgl. Lang, SWK 1998, 733).
Der Verfassungsgerichtshof hat das Abzugsverbot für Aufwendungen in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, hält jedoch den Schuldzinsenabzug für geboten, soweit die Zinsen in Zusammenhang mit einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn stehen (vgl. VfGH 25.6.1998, B 125/97, VfGH 27.9.2000, B 2031/98). Es sei verfassungsrechtlich zulässig, zunächst von einem Zusammenhang der Zinsen mit steuerfreien Beteiligungserträgen auszugehen und den Finanzierungsaufwand vorderhand vom Abzug auszuschließen. Das Verbot des Abzuges sei aber nur gerechtfertigt, soweit sie mit nichtsteuerpflichtigen Vermögensvermehrungen und Einnahmen im Zusammenhang stünden. Eine vollständige Ausserachtlassung für den Beteiligungserwerb aufgewendeter Schuldzinsen in jedem Fall der Erzielung eines Veräußerungsgewinnes könne daher vor dem Gleichheitssatz nicht bestehen.
Eine Aussage darüber, wie die Aufteilung der in Rede stehenden Aufwendungen auf die Einkünfte aus der Fruchtziehung und auf jene aus der Veräußerung vorzunehmen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.11.2002, 2002/15/0033, im Hinblick darauf, dass in dem dem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall ein Veräußerungsverlust erzielt wurde, er eine Aufteilung auf die Einkünfte aus der Fruchtziehung und auf jene aus der Veräußerung aber nur für erforderlich hält, wenn aus der Veräußerung des Vermögensstammes ein Gewinn resultiert, nicht getroffen. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich angeführten Literaturstelle (Lang, SWK 1998, S 733) kommt im Zusammenhang mit Beteiligungserträgnissen ein anteiliger Schuldzinsenabzug, etwa im Verhältnis der steuerfreien Dividenden zum steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn, oder die vorrangige betragsmäßige Verrechnung der Fremdkapitalzinsen mit den steuerfreien Dividenden in Betracht, wobei im Falle der "Differenzmethode" die Zinsen entweder insoweit abgezogen werden könnten, als sie im steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn Deckung finden, oder insoweit, als sie den Betrag der steuerfreien Dividenden übersteigen. Im Ergebnis ist nach Lang die letztgenannte Methode praktikabel. Die Anwendung einer Verhältnisrechnung würde aufgrund unverhältnismäßiger Differenzierung gleichheitsrechtliche Bedenken auslösen, gegen eine vom Veräußerungsgewinn ausgehende Differenzrechnung würden neben den Schwierigkeiten der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes, der, um willkürliche Ergebnisse zu vermeiden, entsprechend adaptiert werden müsste, vor allem die Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes sprechen, wonach offenbar auch den Veräußerungsgewinn übersteigende Zinsen abzugsfähig wären.
Da nur im Jahr 1998 ein Kursgewinn aus der Veräußerung griechischer Anleihen erzielt wurde, stellt sich die Frage der Abzugsfähigkeit des Optionsentgeltes sohin nur in diesem Jahr. Gegenständlich übersteigen die steuerfreien Zinsen auch nach Abzug der Währungsverluste die in Rede stehenden Aufwendungen (Optionsentgelte) erheblich und kommt daher in Anwendung der von Lang dargelegten Differenzmethode auch deren teilweise aufwandswirksame Berücksichtigung nicht in Betracht.
Der Berufungssenat sieht sich auch im Hinblick auf die von der Bw. vorgetragenen Argumente nicht veranlasst von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzuweichen. Dieser hat zuletzt mit Erkenntnis vom 22.9.2005, 2001/14/0032 diese Rechtsprechung fortgeführt. Die Ermittlung der Höhe der steuerfreien Zinsen folgt daher den diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof herausgearbeiteten Grundsätzen.
Die steuerfreien Zinsen werden daher wie folgt ermittelt:
1996 | 1997 | 1998 | |||
ATS | ATS | ATS | |||
Steuerfreie Zinsen lt. Vlg | 2.116.323,00 | 3.097.110,00 | 3.487.456,00 | ||
Änderung lt. BP | -1.701.706,00 | -2.283.298,00 | -2.527.792,00 | ||
Steuerfreie Zinsen lt. BP | 414.617,00 | 813.812,00 | 959.664,00 | ||
Änderungen lt. BE | |||||
Kursverlust/WP | 194.187,58 | 956.702,22 | -425.141,54 | ||
Optionsprämien | -79.262,00 | -16.117,00 | -82.867,00 | ||
Steuerfreie Zinsen lt. BE | 529.542,58 | 1.754.397,22 | 451.655,46 |
3. Antrag auf mündliche Verhandlung
§ 323 Abs. 12 (zweiter Satz) BAO idF AbgRmRefG BGBl. I Nr. 97/2002 schränkt die Nachholung des Antrags auf mündliche Verhandlung auf die zum 1. Jänner 2003 offenen Berufungen ein, über die nach der vor dem Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz geltenden Rechtslage kein Berufungssenat zu entscheiden hatte ("monokratische Entscheidungen").
Die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren Körperschaftsteuer und Sachbescheide Körperschaftsteuer 1996 bis 1998 , ist bis 31. Dezember 2002 keine monokratische Entscheidung gewesen, sondern eine Entscheidung, die ein Berufungssenat der FLD zu treffen hatte. Eine rechtswirksame Nachholung des Antrags auf mündliche Verhandlung innerhalb der in § 323 Abs. 12 (zweiter Satz) BAO idF AbgRmRefG gesetzten Frist ist nicht möglich. Eine mündliche Verhandlung war daher aufgrund des gegenständlichen Antrages nicht durchzuführen.
Beilage: 3 Berechnungsblätter
Wien, am 20. Dezember 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 12 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Schlagworte: | Staatsanleihe, Put-Option |