UFS RV/0228-K/04

UFSRV/0228-K/044.7.2005

tatbestandsmäßige Voraussetzungen für das Vorliegen eines Haftungsbescheides

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung vom 2.11.1998 der Dr. GF GmbH i.L, 9020 CV , vertreten durch Herrn StB. Helmut Schlack und Herrn Dipl. Ing. GE GF gegen die Bescheide des Finanzamtes CV, vertreten durch Herrn RR Werner KL und Herrn ADir. Herbert RN, betreffend

1.) Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1993 bis 1995 nach der am 28. Juni 2005 in 9020 Klagenfurt, Dr. Herrmanngasse 3, durchgeführten Berufungsverhandlung und betreffend

2.) Umsatzsteuer 1993 und 1994, sowie Körperschaftsteuer 1993

entschieden:

1.) Kapitalertragsteuer 1993-1995: Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2.) Umsatzsteuer 1993, 1994 und Körperschaftsteuer 1993: Die Berufung wird als gegenstandslos erklärt.

Entscheidungsgründe

Abkürzungen

Bw.

Berufungswerberin

BP

Betriebsprüfung(s)

CH

CH

CV

CV

GE

GE

GF

GF

IK

IK

KL

KL

i.L.

in Liquidation

KUK

KUK

RN

RN

S.

Seite

TZ

Textziffer

ZStraße

ZStraße

1.) Sämtliche Feststellungen betreffen den Streitzeitraum, soweit keine anderen Angaben gemacht werden. Im Streitzeitraum waren folgende Personen an der Bw. beteiligt:

1993 bis Ende September 1994

Stammeinlage

Dipl.Ing. GE GF

300.000 S

Dr. CH GF, dessen Gattin,

200.000 S

Ab Oktober 1994 war Dr. CH GF alleinige Gesellschafterin der Bw. (Vorhalt vom 9.5.2005 an Dipl. Ing. GE GF, S. 18, insoweit unbestritten). Geschäftsführer der Bw. war Dipl. Ing. GE GF (Firmenbuchauszug betreffend die Bw. vom 3.6.2005).

Mit dem bekämpften Bescheid wurde gegen die Bw. Kapitalertragsteuer in Höhe von 1,056.769 S festgesetzt. Die Bw. habe verdeckte Gewinnausschüttungen in folgender Höhe vorgenommen (BP- Bericht vom 27.3.1998 in Bezug auf insbesondere Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer 1993-1995 betreffend die Bw.):

a.) strittige Lieferungen von Maschinen, eines Rollenofens und strittige Projektleistung mit der Bezeichnung "Syrte".

Rechnungsbeträge brutto

Jahr

2,680.000 S

1994

696.800 S

1995

Das Finanzamt geht diesbezüglich von folgendem Sachverhalt aus: Am 31.12. 1994 und am 31.12. 1995 habe der Geschäftsführer der Bw. und Gatte der Gesellschafterin der Bw. an die Bw. Teilrechnungen und Schlussrechnungen mit den oben erwähnten Rechnungsbeträgen für angebliche Leistungen ausgestellt. Er habe diese Leistungen nicht erbracht, jedoch die Rechnungsbeträge von der Bw. erhalten. Die Bw. habe daher verdeckte Ausschüttungen in Höhe der Rechnungsbeträge vorgenommen, die letztlich der Geschäftsführer der Bw. erhalten habe (BP- Bericht vom 27.3.1998, TZ 26, 38; Berufungsvorentscheidung vom 11.4.2001, insbesondere Seite 12; mündliche Verhandlung vom 31.5.2005 betreffend die Berufung des Geschäftsführers, insbesondere Seiten 5 und 6).

Demgegenüber hat die Bw. während des Verwaltungsverfahrens stets darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer die gegenständlichen Leistungen der Bw. erbracht habe.

b.) Die Beurteilung folgender Ausschüttungen der Bw. als verdeckte Ausschüttungen ist nicht strittig:

1993

1994

120.000 S

120.000 S

87.602,54 S

4.000 S

aa.) Für die Bw. und die KUK GmbH (letztere firmierte 1993 bis 1995 unter der Bezeichnung IK GmbH) wurde 1993 und 1994 nur eine und dieselbe Kassa geführt. Kassaeinlagen und - Entnahmen wurden erst am Jahresende nachgebucht. Die Belege hiefür sind nicht vollständig. Daher ist ein Sicherheitszuschlag von je 120.000 S brutto zu den Erträgen der Bw. der Jahre 1993 und 1994zu verhängen. Diese Beträge sind gleichzeitig als verdeckte Ausschüttungen der Bw. zu beurteilen (TZ 16 a, 18, 35 Z 2 a, 38 BP- Bericht).

bb.) 1993 und 1994 bestritt Dipl. Ing. GE GF private Aufwendungen mit den finanziellen Mitteln der Bw. in Höhe von 87.602,54 S (1993) und 4.000 S (1994). Auch diese Beträge sind als verdeckte Ausschüttungen der Bw. anzusehen (TZ 35 2.c, TZ 38 BP - Bericht).

c.) Kapitalertragsteuerbescheid 1993-1995- Inhalt:

Der Kapitalertragsteuerbescheid erging einheitlich für den Prüfungszeitraum 1993- 1995 und umfasst sowohl die strittigen, als auch die nicht strittigen Geldflüsse, die als verdeckte Ausschüttungen vom Finanzamt behandelt wurden. Er hat folgenden wesentlichen Inhalt:

"Finanzamt CV

Steuernummer....

  

Fa. Dr. GF GmbH i.L ZStraße 27 CV

 

Haftungs- und Abgaben-

 
 

bescheid(e)

 

über den Prüfungszeitraum 1.1.1993-31.12.1995

.....

Kapitalertragsteuer

1,056.769 S

für den obigen Zeitraum bereits gebucht

0

Somit verbleiben zur Nachzahlung

1,056.769 S

Die für eine Nachzahlung zur Verfügung stehende Frist ist der gesondert zugehenden Buchungsmitteilung zu entnehmen.

Begründung: Die Begründung für den Haftungs- und Abgabenbescheid entnehmen Sie bitte dem beiliegenden Bericht (Vordruck L 18) vom 27.3.1998."

Der diesem Bescheid beiliegende Bericht war der Bericht (Vordruck Bp 60) gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Buch- und Betriebsprüfung bei der Bw. für den Zeitraum 1993-1995 vom 27. März 1998. Dieser BP- Bericht hat in Bezug auf die für diese Berufungsentscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente folgenden rechtserheblichen Inhalt:

"TZ 38: Kapitalertragsteuer: Die unter TZ 35 angeführten verdeckten Ausschüttungen sind der Kapitalertragsteuer zu unterziehen. Sie betreffen den Gesellschafter Dipl. Ing. GE GF". Diesen Ausführungen folgte eine Darstellung der Bemessungsgrundlagen und Steuern. In TZ 35 dieses BP- Berichtes wird mit dem Hinweis auf andere Textziffern dargelegt, warum und welche verdeckten Ausschüttungen vorliegen.

2.) In ihrer Berufung vom 2.11.1998 bekämpfte die Bw. den gegenständlichen Bescheid nur in Bezug auf den in Punkt 1. a.) genannten Sachverhalt. Sie vertrat die Ansicht, dass insoweit keine verdeckten Ausschüttungen vorlägen. Das weitere Ermittlungsverfahren, welches von der ersten und zweiten Instanz durchgeführt worden ist, beschränkte sich auf die von der Bw. bekämpften angeblichen verdeckten Ausschüttungen (Siehe Punkt 1.a).

In der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2004 zog die Bw. die Berufung betreffend Umsatzsteuer 1993 und 1994 und Körperschaftsteuer 1993 zurück.

In der am 28.6.2005 abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde der Berufung betreffend Kapitalertragsteuer schließlich Folge gegeben. Hiefür waren folgende Gründe maßgeblich:

3.) rechtliche Beurteilung:

a.) Kapitalertragsteuer: Die Bw. hat jedenfalls (siehe oben Punkt 1 b) im Streitzeitraum verdeckte Ausschüttungen vorgenommen. In Bezug auf diese Ausschüttungen der Bw. ist diese jedoch grundsätzlich nicht Schuldnerin der Kapitalertragsteuer. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Bw. auch jene verdeckten Ausschüttungen vorgenommen hätte, die sie in der Berufung und im restlichen Verwaltungsverfahren bestritten hat (siehe oben Punkt 1 a), wäre die Bw. in Bezug auf diese Ausschüttungen ebensowenig Schuldnerin der Kapitalertragsteuer. Schuldner der Kapitalertragsteuer ist grundsätzlich nur der Empfänger der Kapitalerträge (§ 95 Abs 2 EStG 1988).

Nur durch Geltendmachung der Haftung für die Kapitalertragsteuer (§ 95 Abs 2 und 3 EStG 1988) mittels Haftungsbescheides kann die Bw. Gesamtschuldnerin der Kapitalertragsteuer zusammen mit dem Empfänger der Kapitalerträge werden (§ 7 Abs 1 und § 224 Abs 1 BAO). Es stellt sich daher die Frage, ob der bekämpfte Bescheid ein Haftungsbescheid ist.

Die Bezeichnung des bekämpften Bescheides als "Haftungs- und Abgabenbescheid" reicht nicht aus, diesen Bescheid als Haftungsbescheid ansehen zu können. Im vorliegenden Fall wurde durch einen Bescheid ein und dieselbe Abgabe (Kapitalertragsteuer 1993-1995 in Höhe von 1,056.769 S) in ein und derselben Sache (siehe Punkt 1 a und b) gegen ein und denselben Bescheidadressaten (Bw.) festgesetzt. Ein solcher Bescheid kann nicht gleichzeitig "Haftungs- und Abgabenbescheid" sein. Er kann nur entweder das eine oder das andere sein. Um welche Art eines Bescheides es sich beim bekämpften Bescheid handelt, ist aus dem restlichen Text des Bescheides und dem Text des Betriebsprüfungsberichtes, auf welchen der bekämpfte Bescheid verweist, erkennbar.

Durch den bekämpften Bescheid einschließlich des Textes des BP- Berichtes wurde die Bw. als Haftungspflichtige nicht unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die ihre Haftungspflicht begründet (§ 95 Abs 2 und 3 EStG 1988) aufgefordert, die Abgabenschuld, für die sie haftet, zu entrichten. Daher ist der bekämpfte Bescheid kein Haftungsbescheid (§ 224 Abs 1 BAO). Somit schuldet die Bw. jedenfalls keine Kapitalertragsteuer.

b.) Umsatzsteuer 1993, 1994 und Körperschaftsteuer: Die Gegenstandsloserklärung ist die Folge der Zurücknahme der Berufungen.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt, am 4. Juli 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Schuldner Kapitalertragsteuer, Haftung für Kapitalertragsteuer, Haftungsbescheid, Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die die Haftungspflicht begründet

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