Eine Hochrechnung gem. § 3 Abs. 2 EStG 1988 ist nur für Bezüge erforderlich, die nicht ganzjährig bezogen worden sind.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Mag. G., Übersetzerin, 1060 Wien, M.Gasse, vertreten durch Mag. Susanne Moriz, Steuerberater, 1050 Wien, Hollgasse 5/Top 3, vom 17. Dezember 2003 gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk, vom 24. November 2003 sowie den gem. § 293 BAO. diesen berichtigenden Bescheid vom 1. 12. 2003, betreffend die Einkommensteuer des Jahres 2002 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Die Bw. erzielt im berufungsgegenständlichen Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 12.747,29 aus einer Beteiligung an der Firma H.KEG, W.Gasse. Die Beteiligung war für den Zeitraum Jänner bis Dezember, also für das ganze Jahr, gegeben. In der Zeit vom 1. Jänner bis 16. Februar erhielt die Bw. Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.619,15, die gem. § 84 bzw. gem. § 3 Abs. 2 EStG 1988 von der, den Bezug auszahlenden Stelle (Arbeitsmarkservice Österreich) dem Finanzamt zu melden war.
Bei der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2002 ging das Finanzamt wie folgt vor:
Aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 12.747,29 ermittelte das Finanzamt den Betrag, der auf die 47 Tage entfällt, in denen Transferleistungen (Arbeitslosengeld) bezogen wurden (€ 1641,24), und den Betrag, der auf die restlichen 318 Tage entfällt, in denen keine Transferleistungen bezogen wurden (€ 11.106,05). Dieser Betrag wurde nun zur Ermittlung des Progressionssteuersatzes hochgerechnet auf einen Jahresbetrag (€ 12.747,51). Mit Hinweis auf die Lohnsteuerrichtlinien, wonach andere Einkünfte, die während des Bezuges derartiger Transferleistungen zufließen, immer in der tatsächlichen Höhe anzusetzen sind, rechnete das Finanzamt in weiterer Folge den Betrag von € 1641,24 zu den hochgerechneten Einkünften des Kalenderjahres hinzu, und ermittelte den Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von € 14.388,75. Mit dem Hinweis, dass dieser Betrag höher sei als die Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (€ 12.747,29) und Arbeitslosengeld (€ 1619,15), gelangte das Finanzamt zur Auffassung, als Gesamtbetrag der Einkünfte € 14.234,44 der Einkommensbesteuerung zu unterziehen (Pauschbetrag für Werbungskosten € - 132).
In der Berufung vom 17. 12. 2003 begründete die Bw. ihr Begehren wie folgt:
Gem. § 3 Abs. 2 ESTG 1988 sind bei steuerfreien Bezügen aus Arbeitslosigkeit, die für das RESTLICHE Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dies gelte jedoch nur für jene Einkünfte, die außerhalb des Zeitraumes des Bezuges der oben angeführten Transferleistungen bezogen wurden. Gleichzeitig während der Zeit der Transferleistungen bezogene Einkünfte sind daher nicht auf einen Jahrsbetrag hochzurechnen.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 3 Abs. 2 EStG 1988 lautet: "(2) Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z. 5 lit. a oder ... nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 und laufende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 41 Abs. 4 für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen.
Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünften ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. ..."
Wie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (277 BlgNR XVII. GP ) zu entnehmen ist, hat die zitierte Bestimmung den Zweck, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat (vgl. auch die Ausführungen im Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, 89/14/0283).
Der Umstand, dass das Gesetz ausdrücklich nur eine Umrechnung jener Arbeitseinkünfte vorsieht, "die für das restliche Kalenderjahr" bezogen wurden, ist offensichtlich auf die typisierende Betrachtungsweise zurückzuführen, dass während der Dauer eines Arbeitslosengeldbezuges regelmäßig keine ins Gewicht fallenden Arbeitseinkünfte zufließen. Gerade in Fällen, in denen neben dem Arbeitslosengeldbezug aber nur geringfügige Arbeitseinkünfte erzielt würden, wäre es mit der Zielsetzung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 unvereinbar, diese Bezugszeiträume nicht zu neutralisieren und den progressionsmildernden Umstand der Steuerbefreiung des Arbeitslosengeldes für die nicht befreiten Einkünfte zum Tragen kommen zu lassen.
Daraus folgt, dass eine Hochrechnung gem. § 3 Abs. 2 (siehe Sailer, Bernold, Mertens, Kranzl, die Lohnsteuer in Frage und Antwort 1999, Tz. 3/39, Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes bei der Abeitnehmerveranlagung) nur für Bezüge erforderlich ist, die nicht ganzjährig bezogen worden sind. Bezüge, die für das ganze Kalenderjahr ausbezahlt wurden, sind in die Hochrechnung nicht einzubeziehen. Da die Bw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb für eine zwölf Monate andauernde Beteiligung erhalten hat, war nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates, die Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
Auch käme das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass durch Ausscheiden der Bezüge, die während des Bezuges des Arbeitslosengeldes bezahlt wurden, und deren Hochrechnung auf ein Jahreseinkommen, bei nochmaliger Berücksichtigung des während des Bezuges des Arbeitslosengeldes bezogenen Einkommens, dieser Einkommensteil zweimal einer Besteuerung unterworfen wäre. Dies ist aus der Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 jedoch nicht abzuleiten (siehe oben).
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen € 12.747,29. Die Einkommensteuer für das Jahr 2002 beträgt € 1.570,36.
Der Berufung war daher stattzugeben.
Wien, am 8. März 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 3 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Hochrechnung, Arbeitslosengeld, Transferleistung |