Einräumung der Dienstbarkeit eines lebenslänglichen, unentgeltlichen Wohnrechtes an der Ehewohnung sowie an einer Ferienwohnung des Ehemannes an die Ehefrau.
Anmerkungen:
Abweichend RV/0545-I/03
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der E.B, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom 12. Februar 2004, -, betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt:
Die Schenkungssteuer wird gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG 1955 mit 1.909,60 Euro festgesetzt.
(Das sind 4 % (StKl I) vom steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 47.740,00 Euro)
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Übergabevertrag vom 5. Dezember 2003 hat Herr F.B. in seinem Eigentum stehende Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile an seine Tochter, Frau S.B., unter Beitritt der Ehegattin, Frau E.B., übergeben.
Es handelt sich hiebei um EZ a (zur Gänze), EZ b (zur Gänze) und EZ c (1/6-tel Anteil), alle Grundbuch d, sowie 1305/100000 Anteile an der Liegenschaft EZ e, Grundbuch f.
Übertragen wurden ein Reihenhaus samt Garagengebäude und Zugangswegen in d , sowie eine Ferienwohnung in g samt Parkplätzen und Keller als Zubehör.
Laut Punkt IV. des gegenständlichen Vertrages hat sich der Übergeber am gesamten Übergabegut für sich und seine Ehegattin das Recht des Fruchtgenusses gemäß § 521 ABGB vorbehalten, und zwar auf Lebzeiten und in der Weise, dass im Falle des Vorversterbens eines der beiden Fruchtgenussberechtigten dieses Fruchtgenussrecht dem anderen Teil allein und zur Gänze zusteht.
Laut Punkt X. des gegenständlichen Vertrages hat Frau S.B. ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt, wonach in Ansehung der vertragsgegenständlichen Liegenschaften (Liegenschaftsanteile) das lebenslängliche Fruchtgenussrecht gemäß § 521 ABGB und das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB zugunsten von F.B. und Frau E.B. im jeweiligen Grundbuch ohne ihr weiteres Vorwissen, lediglich aufgrund der vorliegenden Urkunde einverleibt werden kann.
Das Finanzamt A erblickte in diesem Vorgang die Schenkung des Wohnrechtes vom Übergeber der Liegenschaften an seine Ehegattin und setzte mit dem berufungsgegenständlichen Bescheid ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 79.540,00 Euro Schenkungssteuer in Höhe von 4.772,40 Euro fest.
Fristgerecht wurde Berufung eingebracht.
Vorgebracht wird, die gegenständlichen Rechtserwerbe seien gemäß § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG steuerbefreit.
Durch die Vorbehalte der Fruchtgenussrechte bzw. des Belastungs- und Veräußerungsverbotes solle den Eltern der Geschenknehmerin die regelmäßige Wohnmöglichkeit und die Benützung einer Ferienwohnung zu Erholungszwecken gewahrt bleiben. Die Berufungswerberin (Bw.) habe keine sonstigen Wohnmöglichkeiten. Die Sicherung und Bewahrung der Wohnmöglichkeit einschließlich der Benützung einer Sommerwohnung sei daher Ausfluss ihrer Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehegatten.
Abgesehen von der besonderen Schutzwürdigkeit der Wohnmöglichkeit im Sinne des §97 ABGB wonach der Ehegatte, der über die Wohnmöglichkeit verfügt, alles zu unterlassen und vorzukehren habe, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliert, bestehe auch deshalb ein Unterhaltsanspruch, weil die Berufungswerberin über ein vergleichsweise niedriges Pensionseinkommen verfüge.
Daher sei die naturale zur Verfügung Stellung des Hauptwohnsitzes in d , sowie die zur Verfügung Stellung einer bescheidenen Sommerwohnung in h Ausfluss nicht nur des besonderen Bewahrungsschutzes gemäß § 97 ABGB, sondern auch Unterhaltsleistung im engeren Sinn.
Weiters sei die Schenkungssteuer unrichtig berechnet worden. Das Fruchtgenussrecht der Bw. wäre jedenfalls nur mit der Hälfte der bewerteten Beträge anzusetzen gewesen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. März 2004 wurde der Berufung hinsichtlich der Bemessungsgrundlage stattgegeben, hinsichtlich der Steuerpflicht an sich wurde die Berufung abgewiesen, wobei unter anderem ausgeführt wurde, der Geschenkgeber und die Berufungswerberin seien in d , . wohnhaft. Diese Adresse beträfe die EZ i KG d . Vertragsgegenstand sei aber die EZ a KG d .
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellt die Bw. klar, dass es sich um zwei spiegelgleiche Reihenhäuser handle. Die EZN. a und i stellten wirtschaftlich und technisch eine Einheit dar. Beide Reihenhäuser seien innerlich und äußerlich verbunden worden. In den ursprünglich getrennten Objekten befände sich der gemeinsame Haushalt von F.B. und der Bw.. Daher habe die Bw. auch einen aus dem Unterhaltsrecht herkommenden Anspruch auf die Bewahrung ihrer Wohnmöglichkeiten an dem Reihenhaus, das Gegenstand der Schenkung sei.
Gleiches gelte für die Ferienwohnung in g..
Die Benutzung der ursprünglichen Adresse als Zustelladresse erfolge nur der Einfachheit halber und weil sie die erste Anschrift gewesen sei. Nach Anschaffung der Nachbarliegenschaft sei die Adresse niemals geändert worden.
Beweis wurde erbracht durch die Vorlage eines Grundbuchsauszuges, wonach auch hinsichtlich der Liegenschaft EZ i ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Bw. eingetragen ist.
Im Hinblick darauf, dass die Mitbenützung an der EZ a als Ausfluss des Unterhaltsanspruches der Bw. materiell-rechtlich zustehe, stelle die nunmehrige Absicherung als Folge des Übergabsvertrages durch die Eintragung des Fruchtgenussrechtes keine faktische Vermehrung des Vermögens der Bw. dar. Der Nutzungsanspruch sei lediglich formell festgestellt und zur Eintragung in das öffentliche Buch vorgesehen und sohin gesichert worden.
Die Eintragung in das Grundbuch als Sicherung könne aufgrund des dem Grundbuchsrecht eigenen Typenzwanges nicht anders erfolgen, als durch die Vereinbarung eines Fruchtgenussrechtes oder eines in etwa gleich zu bewertenden Wohnungsrechtes. Dabei komme die heranzuziehende Rechtsfigur des Fruchtgenussrechtes dem Anspruch der Ehegattin auf Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse im Bezug auf Wohnen näher als Wohnungsrecht, weil das Wohnungsrecht nur den konkreten persönlichen Bedarf im Bezug auf das Objekt abdecke. Wenn der Anspruchsberechtigte Ehegatte zB in ein Pflegeheim müsse, könne im Rahmen des Fruchtgenussrechtes das Objekt vermietet werden, wodurch wiederum die Kosten des Heimaufenthaltes als Unterhaltsansprüche abgedeckt werden könnten.
Im Übrigen werde daraufhin gewiesen, dass die Sicherung des Wohnbedürfnisses eines unterhaltsberechtigten Ehegatten praktisch immer durch ein Fruchtgenussrecht oder ein Wohnungsrecht erfolge, weil der Typenzwang des Grundbuchsrechtes keine anderen Möglichkeiten vorsehe.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes
1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes;
2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Gegenstand einer Schenkung bzw. einer freigebigen Zuwendung kann jede im Verkehr stehende Sache sein, sofern sie von wirtschaftlichem Wert ist. Auch der Gebrauch von Vermögen ist ein Vorteil, durch den der Bedachte in seinem Vermögen bereichert wird. Gegenstand einer Schenkung kann somit auch die Einräumung einer Dienstbarkeit sein (VwGH vom 20. 12. 2001, 2001/16/0592).
Mit der vorliegenden Vereinbarung wurde der Berufungswerberin von ihrem Ehegatten die Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnungsgebrauches an den ihm gehörigen Liegenschaften (Reihenhaus und Ferienwohnung) unentgeltlich eingeräumt. Durch diesen Vorgang wurde die Bw. in ihrem Vermögen bereichert, während das Vermögen ihres Ehegatten durch die Belastung der Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit entsprechend geschmälert wurde. Daraus folgt aber bereits, dass die vorliegende Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes an die Bw. der Schenkungssteuer unterliegt.
Der Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes steht dabei nicht entgegen, dass es sich bei der Wohnung, die u. a. Gegenstand der Einräumung der Dienstbarkeit war, nach dem Berufungsvorbringen um die gemeinsame Ehewohnung handelte. Die in § 97 ABGB geregelten Ansprüche hinsichtlich der Ehewohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, steht in keinem Zusammenhang damit, auf Grund welchen Titels einer der beiden Ehepartner oder beide gemeinsam über die eheliche Wohnung verfügungsberechtigt sind. Die aus dem Familienrecht fließende Berechtigung zur Benützung der Ehewohnung kann nicht dem dinglichen Recht des Wohnungsgebrauches gleichgesetzt werden (VwGH vom 20. 12. 2001, 2001/16/0592).
Gemäß § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG bleiben u. a. Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des angemessenen Unterhaltes des Bedachten steuerfrei.
Zum Unterhalt zählen die Kosten der Wohnung, Ernährung, Bekleidung und sonstige ähnliche Bedürfnisse. Der Ehegatte ist aber weder aus diesem Titel noch aus § 97 ABGB verpflichtet, dem anderen Ehegatten an der ehelichen Wohnung Miet- oder Eigentumsrechte zu verschaffen. Die Unterhaltsverpflichtung beinhaltet demnach nur ein Recht auf Mitbenützung der Wohnung. Das dingliche Recht "Wohnrecht" ist darin nicht eingeschlossen, da es über die Mitbenützung hinausgeht und daher auch über die Befriedigung der gewöhnlichen Wohnbedürfnisse.
Auch nach Lehre und Rechtsprechung löst jede unentgeltliche Überlassung einer Wohnung Schenkungssteuer aus, soweit die unentgeltliche Überlassung nicht Teil einer Unterhaltspflicht ist. Davon ist jedoch die Einräumung eines dinglichen Nutzungsrechtes, wozu auch ein Wohnrecht gehört, streng zu unterscheiden, da dieses, im Gegensatz zur reinen Gebrauchsüberlassung, stets zu einer objektiven Bereicherung führt.
Im vorliegenden Übergabsvertrag wurde der Bw. seitens ihres Ehemannes im Zuge der Übertragung der Liegenschaften von ihm an die Tochter die Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnungsgebrauches an diesen bis dahin in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaften unentgeltlich eingeräumt.
Durch diesen Vorgang wurde - wie bereits ausgeführt - die Bw. in ihrem Vermögen bereichert, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Daraus folgt nunmehr, dass die vorliegende Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes an die Bw. der Schenkungssteuer unterliegt.
Der Bw. ist dahingehend zu folgen, als seitens des Finanzamtes irrtümlich jeweils der gesamte Wert des Fruchtgenussrechtes an Stelle der Hälfte angesetzt wurde. Insoweit war der Berufung statt zu geben. Die Berechnung hiezu ist der Begründung der Berufungsvorentscheidung zu entnehmen. Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 1. März 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 3 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte: | unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht, Einräumung der Dienstbarkeit, eheliche Unterhaltspflicht |
Verweise: |