Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des Art. II UmgrStG bei fehlender Betriebsübertragung
Entscheidungstext
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der eine Tankstelle in der Rechtsform eines Einzelunternehmens betreibende Berufungsführer war an der im Jahr 1998 gegründeten M-GmbH, einem im Import-Export-Geschäft tätigen Unternehmen, mit 51% beteiligt. Mit Abtretungsvertrag vom 27. September 2000 hat er den Geschäftsanteil (49%) seines bisherigen Mitgesellschafters erworben. In der am selben Tag abgehaltenen Generalversammlung wurde die Umwandlung der M-GmbH gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes mit Gesamtrechtsnachfolgewirkung auf das nicht protokollierte Einzelunternehmen des Berufungsführers mit Stichtag 31. Dezember 1999 beschlossen. Am 23. November 2000 wurde die Umwandlung im Firmenbuch eingetragen.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 machte der Berufungsführer die von der M-GmbH erlittenen Verluste in Höhe von 134.538,00 S (1998) bzw. 180.179,00 S (1999) als Sonderausgaben geltend und beantragte die Anrechung der von der M-GmbH noch nicht verrechneten Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von 21.020,00 S.
Das Finanzamt versagte die Berücksichtigung der Verlustabzüge und der Mindestkörperschaftsteuer im Einkommensteuerbescheid 2000 bzw. in der Berufungsvorentscheidung mit der Begründung, dass mangels Übertragung eines Betriebes keine Umwandlung im Sinne des Art. II UmgrStG vorliege. Bereits am 1. Juli 1999 sei die Gewerbelöschung erfolgt, Dienstnehmer seien nur bis zum 30. Juni 1999 beschäftigt gewesen und auch die Miete sei nur bis Mitte des Jahres bezahlt worden. Zudem sei die übertragende GmbH laut Bilanz zum 31. Dezember 1999 vermögenslos gewesen. Abgesehen von sonstigen Forderungen aus Steuergutschriften seien keine Aktiva ausgewiesen und es sei daher kein Betrieb übertragen worden. Folglich sei auch die nach § 10 UmgrStG erforderliche Kontinuität des verlustverursachenden Betriebsvermögens bis zum Umwandlungsstichtag nicht gewahrt gewesen.
Dagegen wendet der steuerliche Vertreter des Berufungsführers ein, dass die Umwandlung gemäß § 2 des Umwandlungsgesetzes beschlossen worden sei und daher eine Umwandlung im Sinne des Art. II des Umgründungssteuergesetzes vorliege. Die Gewerbelöschung sei aus Kostengründen (Wirtschaftskammerbeiträge, Sozialversicherung, Miete, Dienstnehmer) bereits mit 1. Juli 1999 durchgeführt worden sei. Der formelle Umwandlungsstichtag sei der 31. Dezember 1999, de facto sei die tatsächliche wirtschaftliche Übertragung bereits Mitte des Jahres 1999 erfolgt. Die Einkunftsquelle sei daher im Übertragungszeitpunkt noch vorhanden gewesen und die Übertragung eines Betriebes im abgabenrechtlichen Sinne somit gegeben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 UmgrStG sind Umwandlungen im Sinne des Umgründungssteuergesetzes ua. verschmelzende Umwandlungen nach dem "Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften, BGBl. Nr. 304/1996", wenn ein Betrieb übertragen wird. Auf Umwandlungen sind die §§ 8 bis 11 UmgrStG anzuwenden (§ 7 Abs. 3 UmgrStg).
Nach § 9 Abs. 8 UmgrStG sindMindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 KStG 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt. Dabei sind die Anteile abfindungsberechtigter Anteilsinhaber den Rechtsnachfolgern quotenmäßig zuzurechnen. § 24 Abs. 4 KStG 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger mit der Maßgabe, dass die Mindeststeuern im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 EStG 1988 genannten Beträge anzurechnen sind. § 46 Abs. 2 EStG 1988 ist nicht anzuwenden.
Für Verluste der übertragenden Körperschaft ist § 4 Z 1 lit. a, c und d UmgrStG anzuwenden (§ 10 Abs. 1 lit. a UmgrStG). Nach § 4 Z 1 lit. a UmgrStG gelten Verluste der übertragenden Körperschaft, die bis zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, im Rahmen der Buchwertfortführung ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft, als sie den übertragenen Betrieben, Teilbetrieben oder nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen zugerechnet werden können. Voraussetzung ist weiters, dass das übertragene Vermögen am Verschmelzungsstichtag tatsächlich vorhanden ist.
Unbestritten liegt gegenständlich eine Umwandlung im Sinne des Umwandlungsgesetzes vor und sind damit die handelsrechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmungen des Art. II des Umgründungssteuergesetzes erfüllt. Daneben ist abgabenrechtliche Grundvoraussetzung für die Anwendung des Art. II UmgrStG bei verschmelzenden Umwandlungen auf andere als unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Körperschaften oder auf bestimmte EU-Gesellschaften (§ 7 Abs. 1 Z 2 Teilstrich 2 UmgrStG) die Übertragung eines Betriebes im abgabenrechtlichen Sinne. Es muss somit eine selbständige, organisatorische Einheit zur Erzielung von (betrieblichen) Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 vorliegen (vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz, Kommentar, § 7 Rz 30).
Divergierende Auffassungen bestehen in der Literatur darüber, zu welchem Zeitpunkt das Betriebserfordernis erfüllt sein muss. Während nach Hügel/Mühlehner/Hirschler (Umgründungssteuergesetz, Kommentar, § 7 Rz 35) auf den Zeitpunkt der Vornahme der Umwandlung, dh. den Zeitpunkt der Fassung des Umwandlungsbeschlusses abzustellen ist, muss nach Schwarzinger/Wiesner (Umgründungssteuer-Leitfaden, 2. Aufl., 240) ein Betrieb am Umwandlungsstichtag und zumindest bis zum Umwandlungsbeschluss vorliegen (die Frage offen lassend: Wundsam/Zöchling/Huber/Kuhn, UmgrStG, 3. Aufl., § 7 Rz 14).
Gegenständlich sind die Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung, dass die übertragende GmbH zum 31.12.1999 vermögenslos gewesen sei und in der Bilanz, abgesehen von Forderungen aus Steuergutschriften, keine Aktiva ausgewiesen seien, unbestritten geblieben. Folglich kommt dem Gesellschaftsvermögen der GmbH bereits zum Umwandlungsstichtag ebensowenig Betriebsqualität zu wie zum Zeitpunkt der Umwandlung und ist daher diese abgabenrechtliche Anwendungsvoraussetzung für die Bestimmungen des Art. II UmgrStG jedenfalls nicht erfüllt. Auch sprechen die Ausführungen im Vorlageantrag, die tatsächliche wirtschaftliche Übertragung sei bereits Mitte des Jahres 1999 erfolgt, gerade für und nicht gegen den Standpunkt, dass zum Zeitpunkt der Umwandlung bzw. zum Umwandlungsstichtag Betriebsqualität aufweisendes Betriebsvermögen nicht mehr vorlag.
Darüber hinaus wäre für die Berufungsführerin hinsichtlich der Verlustverrechnung nichts gewonnen, selbst wenn man von der Übertragung eines Betriebes ausgehen wollte. Nach § 10 Z 1 lit. a UmgrStG in Verbindung mit § 4 Z 1 lit. a UmgrStG gehen Verluste der übertragenden Körperschaft dann auf den Rechtsnachfolger über, wenn sie dem übertragenen Vermögen zugerechnet werden können und das übertragene Vermögen am Umwandlungsstichtag tatsächlich vorhanden ist. Ist der Umfang des Betriebes im Zeitpunkt der Umwandlung gegenüber jenem im Zeitpunkt des Entstehens der Verluste derart vermindert, dass nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben ist, gehen die von diesem Betrieb verursachten Verluste nicht auf den Rechtsnachfolger über (§ 10 Z 1 lit. a UmgrStG in Verbindung mit § 4 Z 1 lit. c UmgrStG).
Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit sind nach herrschender Auffassung betriebswirtschaftliche Parameter heranzuziehen, wobei es primär auf quantitative Messgrößen wie Umsatz, Substanzwerte, Anlagevermögen, Beschäftigtenzahl und Auftragsvolumen ankommt (vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz, Kommentar, § 4 Rz 41; Wundsam/Zöchling/Huber/Kuhn, UmgrStG, 3. Aufl., § 4 Rz 16 und die dort jeweils angeführten Literaturstellen).
Nachdem gegenständlich das Gewerbe am 1. Juli 1999 gelöscht wurde, seit Mitte des Jahres 1999 weder Dienstnehmer beschäftigt wurden noch Miete für die Geschäftsräumlichkeiten entrichtet wurde und in der Bilanz zum 31.12.1999, abgesehen von den Steuergutschriften, keine Aktiva mehr ausgewiesen wurden und somit eine betriebliche Tätigkeit offensichtlich nicht mehr entfaltet wurde, liegt es auf der Hand, dass von einer Vergleichbarkeit der angeführten Vergleichsmaßstäbe keine Rede sein kann (vgl. auch das zur vergleichbaren Bestimmung im § 1 Abs. 5 StruktVG, BGBl. Nr. 563/1980, ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.7.2001, 99/13/0194, in dem die Vergleichbarkeit der übertragenden Gesellschaft, die ihre Tätigkeit bereits vor der Verschmelzung eingestellt und daher weder Umsätze erzielt, noch Mitarbeiter beschäftigt oder Anlagevermögen ausgewiesen hatte, verneint wurde). Mangels Vorhandensein des verlustverursachenden Vermögens zum Umwandlungsstichtag bzw. der nicht mehr gegebenen Vergleichbarkeit des betrieblichen Umfanges wäre daher die Berücksichtigung der strittigen Verluste nach § 10 UmgrStG jedenfalls ausgeschlossen.
Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass nach § 10 Z 1 lit. c UmgrStG der Übergang vortragsfähiger Verluste auf den Rechtsnachfolger insoweit ausgeschlossen ist, als Anteile an der umgewandelten Körperschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge, ausgenommen die im Gesetz angeführten, gegenständlich jedoch nicht vorliegenden Tatbestände, erworben wurden und die Verluste bereits in Wirtschaftsjahren entstanden sind, die vor diesem Anteilserwerb begonnen haben. Es hätte daher beim Berufungsführer im Falle des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen nur der der ursprünglichen Beteiligung (51%) entsprechende Anteil an den Verlusten berücksichtigt werden können.
Auch hinsichtlich der bis zur Umwandlung nicht verrechneten Mindestkörperschaftsteuer besteht beim Berufungsführer mangels der Übertragung eines Betriebes und der dadurch bedingten Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 8 bis 11 UmgrStG keine Anrechnungsmöglichkeit. Nachdem weder § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 noch § 46 EStG 1988 eine Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuern auf die Einkommensteuerschuld einer natürlichen Person zulassen, kann der Übergang der bei der umgewandelten GmbH noch nicht verrechneten Mindestkörperschaftsteuer auch nicht auf die infolge der handelsrechtlichen Umwandlung eingetretene Gesamtrechtsnachfolge gestützt werden; lediglich bei einer gesamtrechtsnachfolgenden Körperschaft ginge die Verrechnungsmöglichkeit auf diese über.
Die Berufung war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, 30. Jänner 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 7 Abs. 1 Z 2 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 |
Schlagworte: | Umwandlung, Verlustabzug, Mindestkörperschaftsteuer, Gesamtrechtsnachfolge, Betrieb, vermögenslos |
Verweise: | Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz, Kommentar, § 7 Rz 30,35 |