Zurechnung eines GmbH-Anteiles, Verlustübernahme
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/16/0004 eingebracht. Mit Erk. v. 23.11.2005 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw, vertreten durch Ernst & Young, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz vom 31. Mai 1995 und den Bescheid des Finanzamtes Urfahr vom 22. Mai 2000, jeweils betreffend Gesellschaftsteuer, entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin hatte zum Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides den Namen Ch GmbH. In der Folge wechselte sie mehrmals ihre Rechtsform von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Aktiengesellschaft und wieder zurück in eine GmbH. Der Name der Bw änderte sich von Ch GmbH auf Ch AG, D Ch GmbH, D Ch AG, D Ch GmbH, D GmbH und D AG. Zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide betrug das Stammkapital der Bw 150 MIllionen S, wobei die Ö AG 100% der Anteile hielt. Mit Generalversammlungsbeschluss wurde die Bw im Jahr 2000 unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft D GmbH & Co KG gemäß § 7 ff UmwG in eine GmbH & Co KG umgewandelt. Am 21. Dezember 2000 wurde die Auflösung und Löschung der Bw im Firmenbuch eingetragen. Rechtsnachfolger der Bw ist die D GmbH & Co KG, an welche auch die Berufungsentscheidung zugestellt wird.
Gesellschaftsteuerbescheid vom 31. Mai 1995
Am 16. März 1995 langte beim damaligen Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz eine Gesellschaftssteuererklärung der Ch GmbH (Bw) ein, in welcher der zu Grunde liegende Rechtsvorgang wie folgt beschreiben wurde: "Gesellschafterzuschuss von Ö AG. Erfüllung des Rechtsgeschäftes: Die CTS GmbH verzichtet per 16.2.95 auf eine verzinsliche Forderung gegenüber der Ch GmbH." Den Wert der Leistung gab sie mit S 500.000.000 an. Gleichzeitig beantragte sie eine Steuerbefreiung wegen der Gewährung der Leistung durch einen Nichtgesellschafter (CTS). Gemäß BFH 25.5.1971, II R 38/70, BStBl II 786) entstehe die Steuerschuld nicht durch die Begründung, sondern erst durch die Erfüllung eines Rechtsgeschäftes. Die Erfüllung des Rechtsgeschäftes, die Leistung selbst, sei nicht durch die Muttergesellschaft, sondern durch eine "Cousine" (Die CTS sei eine 100%ige Tochter der Fa. St, die ihrerseits eine 100%ige Tochter der Ö AG sei) erfolgt und unterliege daher nicht der Gesellschaftsteuer.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 28. April 1995 begründeten die Vertreter der Bw die Zuführung von Eigenmitteln an die Ch GmbH im Wege eines Forderungsverzichtes der CTS GmbH mit der Vereinfachung des Zahlungsverkehrs und der Vermeidung von Transaktionskosten. Die Abdeckung der Verpflichtung zur Eigenmittelzufuhr an die Ch GmbH (Bw) durch die CTS GmbH sei im Wege eines Forderungsverzichtes bei gleichzeitiger Schuldeinlösung nach § 1422 ABGB erfolgt. Die Forderung sei folglich unmittelbar kraft Gesetz auf den neuen Gläubiger CTS GmbH übergegangen. Eine zusätzliche vertragliche Vereinbarung zwischen CTS GmbH und Ch GmbH (Bw) sei deshalb entfallen. Die Zahlung der Schuld durch die CTS GmbH erfolgte im Einvernehmen mit der Ö AG. Weiters legten sie einen Auszug des Aufsichtsratprotokolls vom 16.12.1994 vor, in welchem der gegenständliche Gesellschafterzuschuss beschlossen und wie folgt dargestellt wurde: "Um einerseits den heurigen Verlust von S 180 Mio S tragen zu können, und notwendige Vorsorgen in der Höhe von S 220 Mio. S für das weitere Programm treffen zu können, ist eine Kapitalzuführung nötig. Das heutige Stammkapital liegt bei nur 150 Mio S. Um die Voraussetzung für eine Verkooperierung der Gesellschaft zu verbessern, wird beantragt, nicht nur den unbedingt erforderlichen Zuschuss von 400 Mio. S, sondern einem von 500 Mio. S zuzustimmen, damit sich die Eigenmittelaustattung auf 10% erhöhen kann. Ob eine Verkooperierung durch Abgabe von Anteilen an industrielle Partner bis zur Abgabe der Mehrheit tatsächlich im nächsten Jahr stattfinden kann, hängt auch von den Anfang nächsten Jahres durchzuführenden Vorbereitungsarbeiten ab. Ideal wäre das Finden eines Partners, der neue Produktionen nach L bringt, um die in den letzten drei Jahren zu optimistisch getätigten Investitionen besser nützen zu können."
Mit Bescheid vom 31. Mai 1995 setzte das damals noch bestehende Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz für den Gesellschafterzuschuss von der Ö AG in Höhe von 500.000.000 S Gesellschaftsteuer in Höhe von 5.000.000 S fest. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Zuschuss vom Aufsichtsrat der Ö AG beschlossen und durchgeführt worden sei. Die freiwillige Leistung könne auch in einem Forderungsverzicht bestehen, der durch einen Nichtgesellschafter erfolge, zumal die Leistung im Einvernehmen mit dem Gesellschafter bewirkt worden sei.
Gegen diesen Bescheid brachten die Vertreter der Ch GmbH fristgerecht Berufung ein und beantragten die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Der Bescheidbegründung des Finanzamtes hielt sie entgegen, dass die vorherige Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrates der Ö AG für vom Vorstand der Ö AG beabsichtigte Zuwendungen an Tochtergesellschaften aufgrund gesellschaftsrechtlicher bzw. satzungsmäßiger Bestimmungen erforderlich sei, die Aufsichtsratszustimmung selbst jedoch keine Bindungswirkung nach außen begründen könne. Abgesehen davon löse die Begründung eines Rechtsgeschäftes noch keine Gesellschaftsteuerpflicht aus, sondern erst die Erfüllung eines Rechtsgeschäftes. Weiters brachten die Vertreter vor, dass Leistungen an eine Kapitalgesellschaft grundsätzlich nur der Gesellschaftsteuer unterliegen, wenn sie von einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter geleistet würden. Im vorliegenden Fall habe die Ö AG weder selbst die Leistung erbracht, noch läge eine sog. Doppelgesellschafterstellung im Sinne des § 3 KVG vor, sondern die Leistung sei von der nicht unmittelbar beteiligten St. GmbH bewirkt worden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 19. Mai 2000 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass die CTS GmbH ihre Leistung in Absprache und zu Lasten und somit auf Rechnung der Ö AG erbracht habe. Erfolge aber die Leistung eines Nichtgesellschafters auf Rechnung eines Gesellschafters, so unterliege diese Leistung ebenfalls der Gesellschaftsteuer. Da nach Ansicht des Finanzamtes der einzige Sinn und Zweck des Forderungsverzichtes der CTS GmbH gegenüber der Bw und der Forderungseinlösung gegenüber der Ö AG in der Vermeidung der Gesellschaftsteuerpflicht bestand, gelangte es nach der Bestimmung des § 22 BAO (betreffend den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes) ebenfalls zur Gesellschaftsteuerpflicht des berufungsgegenständlichen Zuschusses.
Mit Eingabe vom 19. Juni 2000 beantragte die Vertreter der Bw die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie verwiesen auf § 5 Abs.2 KVG, wonach nur der unmittelbar beteiligte Gesellschafter unter einem "Gesellschafter" verstanden werden könne. Gesellschafter sei demnach, wer berechtigt sei, Gesellschaftsrechte im Sinne des § 5 KVG im eigenen Namen auszuüben. Sie verwies dazu auf das vom Verwaltungsgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen (Energie Steiermark Holding AG), mit welchem die Frage geklärt werden sollte, ob auch Leistungen von Nichtgesellschaftern als Einlagen jeder Art im Sinne der Richtlinie 69/335/EWG angesehen werden können. Anschließend wandten sie sich gegen die Aussage in der Berufungsvorentscheidung, wonach der Forderungsverzicht in Absprache und somit auf Rechnung der Ö AG erfolgt sei. Sie bemerkten dazu, dass es in der freien Disposition der Geschäftsführung der CTS GmbH gestanden sei, den Forderungsverzicht gegenüber der Bw zu erklären. Sie habe nicht als Beauftragter oder Treuhänder der Ö AG agiert, sondern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Forderungseinlösung der Ö AG habe lediglich zu einem Ersatz des der CTS GmbH durch den Forderungsverzicht gegenüber der Bw entstandenen Buchverlustes geführt. Ein Auftragsverhältnis sei zu keiner Zeit vorgelegen. Der Umstand, dass der Aufsichtsrat der Ö AG die Zuführung von Gesellschaftsmitteln an die Bw beschlossen habe, könne nicht zu einer Zurechnung der tatsächlichen Leistung an die Ö AG führen. Da der Forderungsverzicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung von einem Nichtgesellschafter bewirkt worden sei, unterliege er nicht der Gesellschaftssteuer. Zur Frage der Anwendung des § 22 BAO (betreffend den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten de bürgerlichen Rechtes) führten sie aus, dass sich die Bestimmungen des KVG einer formal-zivilrechtlichen Anknüpfungstechnik bedienten und daher ein Hinweis auf § 22 BAO verfehlt sei.
Gesellschaftsteuerbescheid vom 19. Juni 2000
Mit Schreiben vom 29. Jänner 1996 teilte die D Ch GmbH (Bw) dem Finanzamt mit, dass die CTS GmbH mit Forderungsverzichtserklärung vom 8. Jänner 1996 auf eine Forderung gegenüber der Ch GmbH (nunmehr D Ch GmbH ) verzichtet habe. Gleichzeitig habe die Ö AG als Großmutter nicht gesellschaftsteuerbar auf S 1,871.240.000.- gegenüber der CTS verzichtet. Nach Ansicht der Bw lag deshalb keine Gesellschaftsteuerpflicht vor, weil die CTS GmbH nicht Gesellschafterin der Ch GmbH sei, sondern eine 100%ige Tochter der Fa. St GmbH , die ihrerseits eine 100-prozentige Tochter der Ö AG sei.
Für diesen Forderungsverzicht setzte das Finanzamt Linz-Urfahr mit Bescheid vom 22. Mai 2000 Gesellschaftsteuer in Höhe von 18.712.400 S fest. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Forderungsverzicht der CTS GmbH auf Verlangen und somit auf Rechnung der Ö AG erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid brachten die Vertreter der D GmbH (Bw) fristgerecht Berufung ein und beantragten die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Sie verwies auf § 5 Abs.2 KVG, wonach nur der unmittelbar beteiligte Gesellschafter unter einem "Gesellschafter" verstanden werden könne. Gesellschafter sei demnach, wer berechtigt sei, Gesellschaftsrechte im Sinne des § 5 KVG im eigenen Namen auszuüben. Sie verwies dazu auf das vom Verwaltungsgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen (Energie Steiermark Holding AG), mit welchem die Frage geklärt werden sollte, ob auch Leistungen von Nichtgesellschaftern als Einlagen jeder Art im Sinne der Richtlinie 69/335/EWG angesehen werden können. Zur Bescheidbegründung, wonach der Forderungsverzicht in Absprache und somit auf Rechnung der Ö AG erfolgt sei, bemerkte sie, dass es in der freien Disposition der Geschäftsführung der CTS GmbH gestanden habe, den Forderungsverzicht gegenüber der Bw zu erklären. Sie habe nicht als Beauftragter oder Treuhänder der Ö AG agiert, sondern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Selbst wenn der Forderungsverzicht der CTS GmbH auf Rechnung der Ö AG abgegeben worde sei, läge keine Gesellschaftsteuerpflicht vor, da es bei der Beurteilung der Gesellschaftsteuerpflicht nur darauf ankomme, ob die die Leistung tatsächlich bewirkende Person Gesellschafter im Sinne des § 5 Abs.2 KVG oder Schwestergesellschaft im Sinne des § 3 KVG sei. Die Abdeckung des CTS GmbH durch den Forderungsverzicht entstandenen Verlustes durch die Ö AG könne an der Frage des "Leistenden" oder der Stellung als Gesellschafter nichts ändern.
Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat
Am 27. Juni 2000 legte das Finanzamt die Berufung vom 29. Juni 1995 und am 5. Juli 2000 die Berufung vom 16. Juni 2000 der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vor. Da die Berufungen zum 1. Jänner 2003 noch unerledigt waren, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung nach § 260 BAO in Verbindung mit § 323 Abs.10 BAO (in der Fassung nach dem AbgRmRefG BGBl I 2002/97) auf den unabhängigen Finanzsenat über.
Mit Vorhalt vom 2. März 2004 übermittelte der Referent der Bw eine Kopie des Urteils des EuGH 17.10.2002, Rs C-339/99 (Energie Steiermark Holding AG) und des daraufhin ergangenen VwGH-Erkenntnisses vom 6.11.2002, 2002/16/0240. Aus dieser Rechtsprechung ging hervor, dass auch Leistungen, welche eine Gesellschafterin nicht selbst, sondern mittelbar im Wege ihrer Muttergesellschaft erbringt, in die Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer einzubeziehen sind.
In der daraufhin erstatteten Vorhaltsbeantwortung vom 1. April 2004 nahmen die Vertreter der Bw zur übermittelten Rechtsprechung des EuGH und des VwGH Stellung und legten ihre Rechtsansicht neuerlich dar. Zur Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid vom 31. Mai 1995 führten sie aus, dass der EuGH in dem übermittelten Urteil vom Grundsatz, dass Gesellschafter im Sinne der RL 69/335/EWG nur die unmittelbar Beteiligten seien, nicht abgegangen sei. Mittelbar Beteiligte seien nach wie vor nicht Gesellschafter im Sinne dieser Richtlinie. Nach Aussage des EuGH sei anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen Betrachtungsweise zu beurteilen, wem eine Leistung - unabhängig von der tatsächlichen Herkunft - zuzurechnen ist bzw. wer - unabhängig vom letztlich tatsächlichen Empfänger - der eigentliche Empfänger der Leistungen sei. Zum VwGH-Erkenntniss vom 19.12.2002, 2001/16/0448 bemerkten sie, dass freiwilige Leistungen (Zuschüsse), die von einem mittelbaren Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft geleistet werden, dann den Tatbestand des § 2 Z 4 KVG verwirklichen, wenn davon auszugehen ist, dass ein kausaler Zusammenhang bestehe zwischen der Vereinbarung, wodurch ein mittelbarer Gesellschafter zu einem unmittelbaren Gesellschafter der Kapitalgesellschaft werde, und der Stärkung des Kapitals durch die Leistung des Zuschusses durch diesen. Anschließend nahmen die Vertrter Bezug auf die Richtlinie zur Durchführung des Kapitalverkehrsteuergesetzes (BMF 14.3.2003). Im Ergebnis teilten sie im vorliegenden Fall die Auffassung, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Einlage vom direkten Gesellschafter Ö AG stammte. Sie gingen jedoch aufgrund des Urteiles des EuGH 28.3.1990, Rs. C-38/88 , Waldrich Siegen, trotzdem davon aus, dass keine Gesellschaftsteuerpflicht bestehe. In diesem Urteil habe der Gerichtshof erkannt, dass 1. ein Steuerpflichtiger sich vor seinem nationalen Gericht auf Art. 4 Abs.2 lit b der Richtline 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital berufen könne und demnach es den Mitgliedstaaten verboten sei, eine Gesellschaftsteuer zu erheben, wenn die Leistung, die der Gesellschaft zugute kommt, deren Gesellschaftsvermögen nicht erhöht. 2. Die Übernahme von Verlusten einer Gesellschaft durch den Gesellschafter im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrages, der vor Feststellung dieser Verluste geschlossen worden sei, erhöhe das Gesellschaftsvermögen nicht und begründe daher im Sinne der zitierten Richtlinie keine Gesellschaftsteuerpflicht. Eine vor Eintritt der Verluste eingegangene Verpflichtung zur Verlustabdeckung habe zur Folge, dass sich künftige Verluste der Gesellschaft nicht auf den Umfang ihres Gesellschaftsvermögens auswirken würden. Dem Urteil zufolge müssten zwei Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Verlustübernahme keine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens bewirke: 1. Der Verlust müsse auf Grund einer Verpflichtung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft übernommen werden. Da der EuGH an diese Verpflichtung keine weiteren Voraussetzungen knüpfe, seien davon sowohl im Gesellschaftverhältnis begründete (iSd § 2 Z 2 KVG) als auch freiwillige eingegangene Verpflichtungen (iSd § 2 Z 4 KVG) des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft umfasst. Da das Urteil nichts darüber aussage, für welchen Zeitraum eine Verlustübernahmeverpflichtung eingegangen werden müsse, reiche die Verpflichtung zur Verlustübernahme - wie im vorliegenden Fall - auf eine einzige Gewinnermittlungsperiode aus, um keine Gesellschaftsteuerpflicht zu begründen. 2. Diese Verpflichtung müsse schon vor Eintritt bzw. Feststellung der Verluste eingegangen worden sein. Im vorliegenden Fall sei die Begründung der Verpflichtung (zur Verlustübernahme) durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 16.12.1994 erfolgt und die Abdeckung des zu erwartenden Jahresfehlbetrages zugesagt worden. Die Verlustübernahme habe somit keine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens bewirkt. Auch die die Gesellschaftssteuerpflicht bejahenden Erkenntnisse des VwGH 19.2.1998, 97/16/0405, und VwGH 30.3.1998, 97/16/0331, 0332 konnten nach Ansicht der Vertreter die Gesellschaftsteuerpflicht im vorliegenden Fall nicht begründen, da die Vertreter die Befreiung von der Gesellschaftsteuer unmittelbar von der Rechtsprechung des EuGH ableiteten. Alternativ brachten die Vertreter vor, dass im Hinblick auf die Wertlosigkeit der verzichteten Forderung die Gesellschaftsteuer mit Null festzusetzen sei. Sie verwiesen dazu auf Rz 2599 der Einkommensteuerrichtlinien, wonach ein Forderungsverzicht beim Gesellschafter nur mit dem Betrag eine gesellschaftlich veranlasste Maßnahme darstelle, die dem Tageswert der Forderung im Zeitpunkt des Verzichtes entspreche. Die Ch GmbH sei vor Abgabe der Verzichtserklärung buchmäßig überschuldet gewesen und nicht in der Lage gewesen, die Darlehensverbindlichkeit an die CTS zu begleichen. Der gemeine Wert der Verbindlichkeit habe daher Null betragen.
Zur Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid vom 22. Mai 2000 führten die Vertreter aus, dass der D Konzern mit Kaufvertrag vom 20.12.1995 70% der Anteile an der Ch GmbH erworben habe. Als Käufer sei die D BV, eine unmittelbare Tochter der börsennotierten D NV, aufgetreten. Mit Erklärung vom 8.1.1996 habe die CTS GmbH der Ch GmbH per 31.12.1995 einen Zuschuss in der Höhe von S 1.871.240.000,00 gewährt. Dieser Zuschuss sei im Interesse der Käufergruppe erfolgt, die eine bestimmte Eigenkapitalausstattung der Ch GmbH gewünscht habe. Es sei vereinbart worden, dass die gewünschte Eigenkapitalausstattung noch vor Übertragung der Anteile hergestellt werde. Dieser Zuschuss sei daher von der CTS GmbH bzw. der Ö AG nicht im eigenen Interesse, sondern im Hinblick auf die zukünftige Zugehörigkeit zum D Konzern gewährt worden. Der von der CTS GmbH gewährte Zuschuss sei dieser von der Ö AG ersetzt worden und der D Konzern habe der Ö AG den geleisteten Zuschuss ersetzt. Die Zahlung an die Ö AG sei durch die D NV erfolgt. Die Vertreter vertraten daher die Ansicht, dass nach der vom EuGH angewendeten wirtschaftlichen Betrachtungsweise der geleistete Zuschuss nicht der Ö AG, sondern der D NV zuzurechnen. Sie verwiesen auf die Ansicht des BMF (Richtlinie zur Durchführung des Kapitalverkehrsteuergesetzes), wonach für einen im eigenen Interesses gewährten Großmutterzuschusses keine Gesellschaftsteuerpflicht gegeben sei. Da mangels unmittelbarer Gesellschafterstellung keine Gesellschaftsteuerpflicht bestehe, beantragten sie wiederum die Aufhebung der bekämpften Bescheide.
Mit einem weiteren Vorhalt vom 3. Mai 2004 wurde die Bw - unter Hinweis auf die VwGH-Erkenntnisse 19.2.1998, 97/16/0405, und VwGH 30.3.1998, 97/16/0331, 0332 aufgefordert, nachzuweisen, dass eine (zweiseitig verbindliche) Verpflichtung zur Verlustabdeckung vorgelegen habe (Verlustabdeckungsvertrag) und diese Verpflichtung bereits vor Eintritt der Verluste eingegangen worden sei. Weiters wurde sie aufgefordert, nachzuweisen, dass sich die DSM NV gegenüber der ÖMV AG verpflichtet habe, den von ihr geleisteten Zuschuss von S 1.871,240.000.- zu ersetzen und auch tatsächlich geleistet habe.
In der daraufhin erstatteten Vorhaltsbeantwortung vom 3. Juni 2004 führten die Vertreter der Bw zum Zuschuss von S 500.000.000.- aus, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates Dr. W R als stellvertretender Generaldirektor der Gesellschafterin Ö AG in der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom 3. November 1993 gegenüber dem Vorstand der Ch GmbH im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Ch GmbH eine grundsätzliche Erklärung zur Verlustabdeckung durch geeignete Maßnahmen erklärt habe. Im beigelgten Protokoll dieser Aufsichtsratssitzung wird dazu ausgeführt: "Der Vorsitzende teilt mit, dass der Eigentümer grundsätzlich willens ist, durch geeignete Maßnahmen, deren Form in Kürze festgelegt werden soll, der Ch GmbH die Legung einer Bilanz zum 31.12.1993 ohne Ausweis einer Überschuldung zu ermöglichen, ..." Aufgrund dieser Zusage seien noch im Jahr 1993 S 1,4 Milliarden zur Verlustabdeckung zugeschossen worden. Für das Jahr 1994 sei ein Verlust von S 60 Millionen budgetiert worden, der tatsächliche Verlust habe aber S 410 Millionen betragen. Aufgrund der Verpflichtungserklärung des Dr. W R habe die Ö AG einen Zuschuss von S 500 Millionen geleistet, der in eine Kapitalrücklage eingestellt worden sei und in Höhe von S 400 Millionen zur Verlustabdeckung aufgelöst worden sei. Der über die Verlustabdeckung in Höhe von S 410 Millionen hinausgehende Betrag sei zur Eigenkapitalstärkung zugeschossen worden. Die nachhaltige Verpflichtung zur Verlustabdeckung durch Erklärung des organschaftlichen Vertreters der Ö AG gegenüber dem Vorstand der Ch GmbH sei zu einem Zeitpunkt abgegeben worden, bevor die Verluste des Jahres 1994 entstanden seien. Nach der Rechtsprechung des EuGH komme es nicht auf die Absehbarkeit der Verluste, sondern auf die Feststellung der Verluste in der Hauptversammlung bzw. Generalversammlung an. Da der Zuschuss jedenfalls in Höhe von S 410 Millionen aufgrund der Verpflichtungserklärung vom 3.11.1993 geleistet worden sei, sei er insoweit nicht gesellschaftsteuerpflichtig.
Zum Zuschuss von S 1.871,240.000.- führten die Vertreter unter Hinweis auf den beigelegten Kaufvertrag aus, dass Käufer der Anteile der Ch AG die damalige Holdinggesellschaft D BV gewesen sei. Die Verkäuferin Ö AG habe es in diesem Kaufvertrag übernommen, ein Eigenkapital von S 2,240 Millionen herzustellen. Diese Kaufvertragsbestimmung beruhe auf dem (ebenfalls beigelegten) Schreiben vom 14. September 1995 des D V (im Namen der D NV) an Dr. W R, in welchem ein Kaufpreis von NLG 245 Millionen für 70% der Geschäftsanteile angeboten worden seien. Bedingung für dieses Angebot sei das in Appendix I bezifferte Eigenkapital gewesen. Demnach sollte das Grundkapital samt Rücklagen S 316,1 Millionen betragen und sämtliche Verbindlichkeiten der Ch AG gegen verbundene Unternehmen sowie alle verzinslichen Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt werden. Der in Eigenkapital umzuwandelnde Betrag sei nach dem Wissensstand vom 14. September 1995 mit S 880 Millionen (Verbindlichkeiten gegen verbundene Unternehmen) zuzüglich S 1.103 Millionen (verzinsliche Verbindlichkeiten) veranschlagt worden. Tatsächlich sei ein Zuschuss von S 1.871,240.000.- geleistet worden. Die Differenz dürfte auf die Tilgung von Verbindlichkeiten aus dem Bilanzgewinn von ca. S 106,5 Millionen zurückzuführen sein. Die D NV habe (als Großmuttergesellschaft der Ch AG) an die Ö AG mit Überweisung vom 18. Jänner 1996 S 1.491,000.000.- und mit Überweisung vom 4. März 1998 S 705,000.000.- (zuzüglich Verspätungszinsen S 709, 442.465,75) bezahlt. Damit sei wirtschaftlich ein Kaufpreis für die Anteile von S 324,760.000.- für die D BV bezahlt worden und andererseits der von der Ö AG geleistete Zuschuss von S 1,871,240.000.- vergütet worden. Dieser Zuschuss sei nur aus der Situation der Verkaufsgespräche erklärbar. Bereits 1994 habe der Aufsichtsrat über einen Kooperationspartner beraten, der der Ch AG Eigenkapital zuführe solle.
Bei dem am 13. Juli 2004 abgehaltenen Erörterungsgespräch waren für die Bw Dipl.Kfm. R D als Mitglied der Geschäftsführung, Dr. J P als Leiter des Finanz und Rechnungswesens und Dr. R R als Vertreter der E & Y WP und Stb GmbH sowie für das Finanzamt Frau R P anwesend. Gemeinsam mit dem Referenten wurde die Sach- und Rechtslage nochmals ausführlich erörtert, jedoch keine Annäherung der Standpunkte erzielt.
Über die Berufungen wurde erwogen:
Nach Artikel 4 Abs. 2 lit b der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (69/335/EWG ) können, soweit sie am 1. Juli 1984 der Steuer zum Satz von 1 v.H. unterlagen, folgende Vorgänge auch weiterhin der Gesellschaftsteuer unterworfen werden: die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden und geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen.
Nach § 2 Z 4 Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen; dazu gehören nach lit a dieser Gesetzesstelle Zuschüsse und nach lit b Verzichte auf Forderungen.
Zurechnung der berufungsgegenständlichen Zuschüsse an die unmittelbare Gesellschafterin
Nach dem nicht strittigen Sachverhalt hat in beiden Berufungsfällen jeweils die CTS GmbH auf eine Forderung gegenüber der Bw verzichtet, wobei dieser Forderungsverzicht in Absprache mit der unmittelbaren Gesellschafterin Ö AG erfolgte und von dieser ersetzt wurde.
Während das Finanzamt diesen Forderungsverzicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der unmittelbaren Gesellschafterin Ö AG zurechnete und damit diese Vorgänge als gesellschaftsteuerpflichtig betrachtete, vertraten die Vertreter der Bw in den Berufungen den Standpunkt, dass der berufungsgegenständliche Forderungsverzicht deshalb nicht gesellschaftsteuerpflichtig sei, weil ihn nicht die unmittelbare Gesellschafterin Ö AG, sondern ihre nicht unmittelbar beteiligte Enkelgesellschaft CTS GmbH bewirkt habe.
Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 17.10.2002, Rs C-339/99 (Rs Energie Steiermark Holding AG) zu dieser Rechtsfrage entschieden, dass anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen allein die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen ist, wem eine Leistung - unabhängig von der tatsächlichen Herkunft - zuzurechnen ist bzw. wer - unabhängig vom letztlich tatsächlichen Empfänger - der eigentliche Empfänger der Leistungen ist.
In Anbetracht dieses EuGH-Urteiles und des in der Folge ergangenen VwGH-Erkenntnisses vom 19.12.2002, 2001/16/0448, gaben die Vertreter der Bw in der Vorhaltsbeantwortung vom 1. April 2004 bekannt, dass auch sie im vorliegenden Fall die Auffassung teilen, wonach in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Zuschuss vom Februar 1995 in Höhe von S 500.000.000.- dem direkten Gesellschafter Ö AG zuzurechnen sei. Der Zuschuss vom Jänner 1996 in Höhe von S 1.871,240.000.- sei hingegen der D NV (Käuferin der Anteile der Bw) zuzurechnen. Die Vertreter der Bw haben damit schlüssig erklärt, dass sie das Berufungsbegehren nicht mehr aufrechterhalten, wonach der berufungsgegenständliche Zuschuss (Forderungsverzicht) der CTS GmbH zuzurechnen sei. Eine nähere Begründung, warum in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Forderungsverzicht nicht der CTS GmbH zuzurechnen ist, kann somit unterbleiben; sondern es ist vielmehr auf die geänderte Begründung der Vertreter der Bw einzugehen, warum trotzdem keine Gesellschaftsteuerpflicht bestehe.
Gesellschaftsteuerbescheid vom 31. Mai 1995 Gesellschaftsteuerpflicht einer Verlustübernahme
Mit Urteil vom 28.3.1990, Rs 38/88 Waldrich Siegen Werkzeugmaschinen GmbH, hat der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren entschieden, dass die Übernahme von Verlusten einer Gesellschaft durch einen Gesellschafter im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrages, der vor Feststellung dieser Verluste geschlossen worden ist, nicht das Gesellschaftsvermögen dieser Gesellschaft im Sinne des Artikel 4 Abs. 2 Buchstabe b der zitierten Richtlinie erhöht.
Zur näheren Begründung führte der EuGH in RN 12 und 13 aus: Das Gesellschaftsvermögen umfasst alle Wirtschaftsgüter, die die Gesellschafter zu einem gemeinsamen Ganzen vereinigt haben, einschließlich ihres Zuwachses. Erzielt eine Gesellschaft Gewinne und stellt sie diese in ihre Rücklagen ein, so erhöht sie dadurch ihr Gesellschaftsvermögen. Dagegen vermindert sich das Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft, wenn sie mit Verlust abschließt.
Wenn also eine Gesellschaft mit Verlust abgeschlossen hat und einer ihrer Gesellschafter sich zur Übernahme dieses Verlustes bereit erklärt, so erbringt er dadurch eine Leistung, durch die das Gesellschaftsvermögen erhöht wird. Er bringt dieses nämlich wieder auf einen Stand, den es vor Eintritt des Verlustes erreicht hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof nennt in seinem Erkenntniss vom 19.2.1998, 97/16/0405 für die Anwendung der Grundsätze des zitierten Urteils des EuGH zwei Kriterien: Es muss eine Verpflichtung (z.B. aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages) des Gesellschafters vorliegen und diese Verpflichtung muss vor Eintritt der Verluste eingegangen worden sein. Hinsichtlich der geforderten Verpflichtung (wie es auch Tatbestandsmerkmal des § 2 Z 2 KVG ist), vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass es sich um eine Pflichtleistung handeln muss, die aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt wird, dass also die Gesellschaft einen Rechtsanspruch auf die Leistung haben muss und dass das Gesellschaftsverhältnis für die Rechtspflicht zur Leistung des Gesellschafters kausal sein muss. Eine solche, schon vor der Feststellung des Verlustes der Gesellschaft begründete Verpflichtung des Gesellschafters verhindert - wie das zitierte Urteil des EuGH klargestellt hat - von vornherein, dass künftige Verluste das Gesellschaftsvermögen schmälern, weil ja in Höhe der künftigen Verluste der Gesellschaft jeweils ein Aktivum in Gestalt der aus der zuvor begründeten Verpflichtung des Gesellschafters resultierenden Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter auf Verlustabdeckung zusteht.
Die Vertreter der Bw bringen im berufungsgegenständlichen Fall vor, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Bw und gleichzeitig stellvertretende Generaldirektor der Gesellschafterin Ö AG in der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom 3. November 1993 gegenüber dem Vorstand der Ch GmbH die Erklärung zur Verlustabdeckung durch geeignete Maßnahmen abgegeben habe. Im vorgelegten Protokoll dieser Aufsichtsratssitzung steht lediglich, dass der Ch GmbH die Legung einer Bilanz zum 31.12.1993 ohne Ausweis einer Überschuldung ermöglicht werden solle. Nach dem wortlaut handelt es sich dabei um eine reine Absichtserklärung; eine Verpflichtung im Sinne der oben zitierten Judikatur des VwGH, wonach die Gesellschaft einen Rechtsanspruch auf die Leistung haben muss, kann daraus nicht abgeleitet werden. Darüber hinaus betrifft diese Erklärung (zumindest laut Protokoll) nur die Bilanz des Jahres 1993, nicht aber die Bilanzen der folgenden Jahre und damit auch nicht den gegenständlichen, im Februar 1995 geleisteten Zuschuss (Forderungsverzicht). Damit ist aber nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates bereits nach der Aktenlage die in der Vorhaltsbeantwortung vom 3. Juni 2004 geäußerte Behauptung widerlegt, wonach der im Februar 1995 geleistete Zuschuss (zumindest in Höhe des für das Jahr 1994 festgestellten Verlusten von S 410 Millionen) deshalb nicht gesellschaftsteuerpflichtig ist, weil er aufgrund der behaupteten nachhaltigen Verpflichtungserklärung vom 3.11.1993 geleistet worden sei.
Weil also aus der Absichtserklärung des Gesellschafters noch kein Rechtsanspruch der Gesellschaft auf die Leistung zur Verlustabdeckung abgeleitet werden kann und überdies nach dem Wortlaut des vorgelegten Aufsichtsratssitzungsprotokolls nur die Bilanz des Jahres 1993, nicht aber diejenige der folgenden Jahre betroffen sind, ist der im Februar 1995 geleistete Zuschuss (Forderungsverzicht) von 500 Millionen S zur Gänze gesellschaftsteuerpflichtig. Die Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid vom 31. Mai 1995 war daher als unbegründet abzuweisen.
Gesellschaftsteuerbescheid vom 19. Juni 2000
Nach § 5 Abs. 2 KVG gelten als Gesellschafter Personen, denen die im Abs.1 bezeichneten Gesellschaftsrechte (Aktien, GmbH-Anteile) zustehen.
Nur für Leistungen von Personen, die als Gesellschafter im Sinne des § 5 Abs. 2 KVG anzusehen sind, kann für die in § 2 Z 4 KVG angeführten Sachverhalte Gesellschaftsteuer vorgeschrieben werden.
Die Vertreter der Bw verneinen die Gesellschaftsteuerpflicht mit dem Argument, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der im Jänner 1996 geleistete Zuschuss (Forderungsverzicht) von S 1.871,240.000.- nicht mehr der Ö AG als unmittelbarer Gesellschafterin (vor dem Verkauf der Anteile an der Ch AG) bzw. der CTS GmbH, sondern bereits der D BV (als Käuferin der Anteile an der Ch AG) zuzurechnen sei. Der im Wege der Ö AG über die CTS GmbH an die Ch GmbH geleistete Zuschuss sei als Großmutterzuschuss nicht gesellschaftsteuerpflichtig.
Aus der Vorhaltsbeantwortung vom 3. Juni 2004 sowie dem beigelegten, zwischen der Ö AG als Verkäuferin und der D BV als Käuferin der Anteile an der Ch AG abgeschlossenen Kaufvertrag, ist zu entnehmen, dass sich die Verkäuferin auf Verlangen der Käuferin verpflichtet hat, ein Eigenkapital von 2,240 Millionen S herzustellen. Der Kaufvertrag datiert nach den vorgelegten Unterlagen vom 20. Dezember 1995. Der berufungsgegenständliche Zuschuss (Forderungsverzicht) wurde nach der Aktenlage am 18. Jänner 1996 geleistet. Die D NV (Tochtergesellschaft der D BV) wurde am 27. Jänner 1996 aufgrund des Antrages vom 19. Jänner 1996 im Firmenbuch als Gesellschafterin der Bw eingetragen.
Bei der Frage, wem in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Leistung zuzurechnen ist, kommt es nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäftes und nicht auf den Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäft an. Denn die für die Zurechnung ausschlaggebende Frage, wem aufgrund seiner Gesellschafterstellung die Dispositionsfähigkeit über Leistung oder Nichtleistung des Zuschusses (Abgabe des Forderungsverzichtes) zukommt, entscheidet sich bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäftes.
Zum Zeitpunkt des Eingehens des Verpflichtungsgeschäftes (Abschluss des Kaufvertrages) war die Ö AG als Alleingesellschafterin in der Lage, ihre Rechte als Gesellschafterin der Bw in unbeschränkter Weise auszuüben. Zu diesem Recht gehört auch das Recht, eigene Anteile zu verkaufen. Beim Ausverhandeln eines konkreten Kaufvertrages ist die verkaufswillige Gesellschafterin an die von einem potiellen Käufer gestellten Vorgaben, Wünsche und Bedingungen selbstverständlich nicht gebunden, da ihr die Entscheidung darüber ja frei steht, ob sie diese Vorgaben, Wünsche und Bedingungen auch erfüllt. Dass Verkaufsverhandlungen auch scheitern können und verkaufswillige Gesellschafter daraufhin mit einem anderen oder auch mehreren anderen potentiellen Käufern Verhandlungsgespräche führen oder ein Verkauf wegen "Nichterfüllen von Bedingungen" überhaupt unterbeibt, ist im Wirtschaftsleben nichts Ungewöhnliches. Die Entscheidung darüber, ob der von einem potiellen Käufer gestellten Bedingung entsprochen wird, steht also auschließlich der Verkäuferin, nicht aber dem potiellen Käufer zu. Diese Dispositionsfähigkeit der Ö AG beim Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes bedeutet aber nichts anderes, als dass der Bw zu diesem Zeitpunkt auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Stellung als Gesellschafterin im Sinne des § 5 Abs. 2 KVG in unbeschränkter Weise zukam. Eine Gesellschafterstellung der Käuferin D BV (in wirtschaftlicher Betrachtungsweise) kommt daher zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Betracht.
Ergänzend sei erwähnt, dass auch zum Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäft am 18. Jänner 1996 die D NV noch nicht Gesellschafterin der Bw war und der Antrag auf Eintragung im Firmenbuch als Gesellschafterin erst am 19. Jänner 1996 gestellt wurde.
Aus den angeführten Gründen war daher die Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid vom 19. Juni 2000ebenfalls als unbegründet abzuweisen.
Linz, 29. November 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | Art. 4 Abs. 2 lit. b Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG , ABl. Nr. L 249 vom 03.10.1969 S. 25 |
Schlagworte: | Zurechnung eines GmbH- Anteiles, Verlustübernahme, wirtschaftliche Betrachtungsweise |
Verweise: | EuGH 17.10.2002, Rs C-339/99 |