UFS RV/1090-W/04

UFSRV/1090-W/0415.10.2004

Lehrlingsausbildungsprämie für 2002 für einen Liebhabereibetrieb

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/13/0157 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 27.2.2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Hofrat Franz Pischinger, Dr. Franz Zacherl und Johann Holper im Beisein der Schriftführerin Ingrid Pavlik über die Berufung des DM , Friseurmeister, geb. 25. September 1940, 1180 Wien, WST, vom 19. April 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg, vertreten durch Mag. Thomas Zach, vom 7. April 2004 betreffend Abweisung des Antrages auf Zuerkennung einer Lehrlingsausbildungsprämie für 2002 nach der am 29. September 2004 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

 

Der Berufung wird Folge gegeben.

Eine Lehrlingsausbildungsprämie für 2002 steht zu.

DM beantragte am 27. März 2003 im Wege der Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2002 die Zuerkennung einer Lehrlingsausbildungsprämie in Höhe von 2.000 €.

Das Finanzamt erließ am 6. Mai 2003 den Einkommensteuerbescheid für 2002, wobei begründend u.a. dargetan wurde, dass nur einkommensteuerlich veranlagte Betriebe die Lehrlingsausbildungsprämie in Anspruch nehmen könnten. Da aber die Tätigkeit des DM als unbeachtliche Liebhaberei einzustufen sei, liege kein einkommensteuerlich veranlagter Betrieb vor.

DM erhob gegen diesen Bescheid am 27. Mai 2003 das Rechtsmittel der Berufung, wobei der Antrag auf Lehrlingsausbildungsprämie aufrecht erhalten und dargetan wurde, die Auffassung des Finanzamtes, wonach nur einkommensteuerlich veranlagte Betriebe eine Lehrlingsausbildungsprämie in Anspruch nehmen könnten, entspreche weder dem Gesetzestext noch dem Zweck des Gesetzes.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 14. Juli 2003 als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Lehrlingsausbildungsprämie keine steuerpflichtige Betriebseinnahme darstelle und zu keiner Aufwandskürzung führe, weshalb sie nur von einem Unternehmer in seinem steuerpflichtigen Betrieb geltend gemacht werden könne. Da aber ein als Liebhaberei eingestufter Betrieb keine steuerpflichtige Einkunftsquelle darstelle, könne er auch eine derartige Prämie nicht in Anspruch nehmen.

DM stellte am 17. Juli 2003 den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Der Unabhängige Finanzsenat wies die Berufung mit Berufungsentscheidung vom 30. März 2004 gem. § 273 Abs. 1 BAO zurück, da bei Nichtzustehen einer Lehrlingsausbildungsprämie ein abweisender Bescheid gem. § 201 BAO zu erlassen gewesen wäre, dem entsprechenden Hinweis in der Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2002 aber Bescheidcharakter nicht zukomme und demnach eine dagegen eingebrachte Berufung unzulässig sei.

Das Finanzamt erließ hierauf am 7. April 2004 einen Bescheid, mit dem der Antrag auf Zuerkennung einer Lehrlingsausbildungsprämie gem. § 108f Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 abgewiesen wurde. In der Bescheidbegründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Eine Lehrlingsausbildungsprämie kann nur von einem steuerlich veranlagten Betrieb begehrt werden. Dies leitet sich u.a. auch aus der Textierung des § 108f Abs. 4 3. Satz EStG ab, wonach die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben ist. Bei einem als Liebhaberei eingestuften, somit einkommensteuerlich nicht erfassten Betrieb ist aber eine Gutschrift im obigen Sinne nicht möglich.

Da somit im vorliegenden Fall eine unrichtige Selbstberechnung der Lehrlingsausbildungsprämie vorliegt, war gem. § 108f Abs. 4 EStG in Verbindung mit § 201 BAO bescheidmäßig über Ihren Antrag gesondert abzusprechen und wurde über diesen spruchgemäß entschieden".

DM erhob gegen diesen Bescheid am 19. April 2004 das Rechtsmittel der Berufung, wobei begründend Folgendes ausgeführt wurde:

"Am 27. März 2003 wurde von mir kein Ansuchen sondern eine Abgabenerklärung gem. § 108f Abs. 4 EStG eingebracht.

Falls die Ansicht der Finanzbehörde, dass bei Vorliegen von Liebhaberei im Jahre 2002 keine Lehrlingsausbildungsprämie zusteht, stichhältig wäre, hätte der § 108f EStG nicht per 2003 grundlegend geändert werden müssen.....".

Der steuerliche Vertreter des Bw. Mag. Johann Hanel führte im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung aus, dass die im Streitjahr 2002 der gesetzliche Wortlaut des § 108f EStG 1988 ein anderer gewesen sei als der nunmehr in Geltung befindliche. Voraussetzung für die Zuerkennung der Lehrlingsausbildungsprämie sei nämlich nur gewesen, dass ein Steuerpflichtiger ein Lehrverhältnis abgeschlossen hat. Das Erfordernis, dass der zu beurteilende Betrieb eine Einkunftsquelle darstellt, sei erst ab 2003 ins Gesetz eingefügt worden. Zudem verfüge der Bw. über ein Abgabenkonto, auf dem die maßgebliche Prämie jederzeit gutgeschrieben werden könne.

Der Vertreter des Finanzamtes vertrat hingegen die Auffassung, die ab 2003 maßgebliche Gesetzesänderung habe nur klarstellenden Charakter gehabt, weshalb auch für 2002 eine Lehrlingsausbildungsprämie bei nicht gegebener Einkunftsquelleneigenschaft des maßgeblichen Betriebes nicht zustehe. Diese Rechtsauffassung vertrete auch das Bundesministerium für Finanzen, das im nächsten Wartungserlass zu den Einkommensteuerrichtlinien eine entsprechende Klarstellung treffen werde. Zudem könne als Steuerpflichtiger im Sinne des § 108f EStG 1988 - abweichend von § 1 EStG 1988 - durchaus jemand gemeint sein, der tatsächlich Einkünfte, etwa aus Gewerbebetrieb bezieht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gem. § 108f Abs. 1 EStG 1988 in der für das Kalenderjahr 2002 geltenden Fassung kann eine Lehrlingsausbildungsprämie unter bestimmten Voraussetzungen, die in den Absätzen 2 bis 4 geregelt sind, beansprucht werden.

§ 108f Abs. 2 EStG 1988 bestimmt , dass einem Steuerpflichtigen, der mit einem Lehrling (§ 1 des Berufsausbildungsgesetzes) ein Lehrverhältnis hat, in jedem Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr), in dem das Lehrverhältnis aufrecht ist, eine Lehrlingsausbildungsprämie in der Höhe von 1.000 € zusteht. Voraussetzung ist, dass das Lehrverhältnis nach der Probezeit in ein definitives Lehrverhältnis umgewandelt wird. Die Fortsetzung eines begonnenen Lehrverhältnisses begründet keinen Anspruch auf eine in einem Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) doppelte Inanspruchnahme der Lehrlingsausbildungsprämie.

Gem. § 108f Abs. 4 EStG 1988 kann die Prämie nur in einem der Steuererklärung (§§ 42, 43) des betreffenden Jahres angeschlossenen Verzeichnis geltend gemacht werden. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung. Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gem. § 201 BAO zu erlassen.

Der Bw. erfüllt jene Voraussetzungen, die § 108f EStG 1988 in der für das Kalenderjahr 2002 maßgeblichen Fassung an die Zuerkennung einer Lehrlingsausbildungsprämie knüpft, weshalb ihm für 2002 eine Lehrlingsausbildungsprämie zukommt.

Das vom Finanzamt als notwendig erachtete Erfordernis, dass der jeweilige Betrieb der Erzielung von Einkünften dient und demnach eine steuerpflichtige Einkunftsquelle vorliegen müsse, findet jedoch im Wortlaut der maßgeblichen Gesetzesbestimmung nicht Deckung. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes kann nämlich aus dem Umstand, dass eine Prämie auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben sei, nicht abgeleitet werden, dass dies einen steuerlich erfassten Betrieb zur Voraussetzung hat, umfasst die kontokorrentmäßige Verrechnung wiederkehrend zu erhebender Abgaben doch nicht nur die veranlagte Einkommensteuer sondern auch andere Abgaben, die selbst bei einkommensteuerlicher Liebhaberei kontokorrentmäßig zu verrechnen sind (Umsatzsteuer bei Betätigungen gem. § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, Lohnsteuer ...). Demnach können auch Liebhabereibetriebe über Abgabenkonten verfügen, weshalb auf diesen auch Gutschriften im Sinne des § 108f Abs. 4 EStG 1988 erfolgen können.

Gleichermaßen kann auch die vom Gesetzgeber geforderte Geltendmachung im Wege einer Steuererklärung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Lehrlingsausbildungsprämie von Liebhabereibetrieben nicht geltend gemacht werden kann, sind unter solchen Erklärungen doch auch Erklärungen über Aufforderung des Finanzamtes (§ 42 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) zu verstehen, die bei nicht bestehender oder voraussichtlich nicht bestehender Abgabepflicht eingebracht werden (Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, 4. Aufl., § 42, Tz 6).

Zudem ist aus den erstmals für die Veranlagung 2003 geltenden Änderungen der Absätze 1 und 4 leg. cit. ("...Sind Aufwendungen für die Lehrlingsausbildung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzuziehen ..."; "Die Prämie kann nur in einer Beilage zur Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer oder Feststellungserklärung (§ 188 BAO) des betreffenden Jahres geltend gemacht werden".) zu schließen, dass der Mangel steuerpflichtiger Einkünfte erst der Zuerkennung einer Lehrlingsausbildungsprämie für 2003 entgegensteht, nicht aber bereits für Lehrlingsausbildungsprämien 2002 schädlich war.

Da somit der für 2002 geltenden Fassung des § 108f EStG 1988 nicht zu entnehmen ist, dass die Lehrlingsausbildungsprämie für im "Außereinkunftsbereich" tätige Lehrlinge ausgeschlossen sei, kommt der Berufungseinwendung, die Lehrlingsausbildungsprämie für 2002 stehe zu, Berechtigung zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 15. Oktober 2004

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 108f EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Lehrlingsausbildungsprämie, Einkunftsquelle, Liebhaberei

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