Zahlungen eines am Handelsgewerbe einer GmbH beteiligten unecht stillen Gesellschafters aus dem Titel einer Haftungsinanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger als nachträgliche Betriebsausgaben
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2003/14/0080 eingebracht. Mit Erk. v. 19.3.2008, Zl. 2008/15/0018 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.
Entscheidungstext
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordent-liches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Ent-scheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Gesellschaftsvertrag vom 10. Jänner 1995 beteiligte sich der Bw. als stiller Gesellschafter an dem von der R-GmbH betriebenen Handelsgewerbe. Unternehmensgegenstand der R-GmbH, mit deren Geschäftsführung ebenfalls der Bw. betraut war, war die Ausübung des Gastgewerbebetriebes in allen nach der Gewerbeordnung vorgesehenen Betriebsarten.
In dem am 2. Jänner 1995 zwischen der R-GmbH und der Fa. S abgeschlossenen Lieferungsübereinkommen verpflichtete sich die Fa S für einen Zeitraum von zehn Jahren an ihre Vertragspartnerin Biere und alkoholfreie Getränke zu liefern sowie zur Ausgestaltung von deren Absatzstätte "Ho" einen Einmalzuschuss in Höhe von S 901.200,-- (brutto) zu gewähren. Als Gegenleistung verpflichtete sich die R-GmbH die Absatzstätte fortlaufend als "Cafe-Restaurant-Bar" zu führen und ihren gesamten Bedarf an Bieren sowie alkoholfreien Getränken ausschließlich bei der Fa S oder einer von ihr namhaft gemachten anderen Firma zu beziehen. Als Mindestbezugsmenge wurden jährlich 270 hl an Bieren festgelegt, was einer Abnahmemenge von 2.700 hl in zehn Jahren entspricht. Bei Unterschreitung dieser Mindestbezugsmenge war die Fa S berechtigt, einen Ausgleichsbetrag von S 330,-- pro hl der Minderabnahme im jeweiligen Vertragsjahr zuzüglich USt dem Vertragspartner in Rechnung zu stellen. Bei Vertragsverletzung war die R-GmbH als Abnehmerin verpflichtet, den bei Vertragsabschluss von der Fa S erhaltenen Zuschuss zurückzuerstatten und dem Vertragspartner allen aus der Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Bw. sowie die beiden weiteren atypisch stillen Gesellschafter SB und NN traten mit ihrer Unterschriftsleistung dieser Vereinbarung als persönlich haftende Schuldner bei.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Konkursgericht vom 11. Oktober 1996, Zl 40 S, wurde über das Vermögen der R-GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt betrug die abgenommene Menge an Getränken erst 101,34 hl.
Aktenkundig ist, dass der Bw. auch einem zwischen der Fa S und der R-GmbH abgeschlossenen Darlehensvertrag als Haftender beigetreten war. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung der R-GmbH schuldete diese der Fa S aus dem Lieferungsübereinkommen S 867.374,97 (seinerzeit gewährter Investitionszuschuss abzüglich Amortisation für Getränkebezug von 101,34 hl), aus dem Darlehensvertrag S 402.857,85.
Mit der beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage Zl. Cg machte die Rechtsnachfolgerin der Fa S, die Fa B, gegenüber dem Bw. sowie den beiden solidarisch haftenden Mitgesellschaftern SB und NN unter dem Vorbehalt einer Klagsausdehnung vorerst einen Betrag von S 1,016.186,26 sA (Gesamtforderung von S 1,270.232,82 abzüglich Zwangsausgleichsquote der R-GmbH von S 254.046,56) geltend. Das Verfahren endete mit Erlassung eines Versäumungsurteils vom 29. September 1998.
Da der Bw. nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügte, um diese Verbindlichkeiten mit einer Einmalzahlung abzustatten, vereinbarte er mit der Kreditgeberin der B, der Bank C, eine besondere Zahlungsmodalität, die auch einen teilweisen Schuldnachlass zum Inhalt hatte.
Für das Jahr 1997 wurden die Besteuerungsgrundlagen der R-GmbH wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen im Wege der Schätzung ermittelt. Hiebei wurde der Sanierungsgewinn in Höhe von 80% des Schuldnachlasses, sohin mit S 2,115.150,-- ermittelt. Im dem daraufhin abgeführten Berufungsverfahren war ua darüber zu befinden, ob der von den stillen Gesellschaftern auf Grund einer privaten Haftungsübernahme abzudeckende Schuldbeitrag gegenüber der Fa S von S 1,270.232,82 als sanierungsgewinnmindernd gilt. Mit Berufungsvorentscheidung wurde dem Berufungsbegehren betreffend Gewinnfeststellung für 1997 teilweise Folge gegeben und wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit S 0,-- festgestellt.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der Bw. im Streitjahr die an die Fa B geleisteten aus der Haftungsinanspruchnahme resultierenden Rückzahlungen von insgesamt S 152.500,-- als nachträgliche Betriebsausgaben geltend.
Im Einkommensteuerbescheid blieb diesen Zahlungen die steuerliche Anerkennung versagt. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die aus der schlagend gewordenen Haftung resultierenden Zahlungen als Einlage des Stillen zu qualifizieren seien und daher keine Betriebsausgaben darstellen würden.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wandte der Bw ein, dass die geltend gemachten Beträge sehr wohl als nachträgliche Betriebsausgaben im Sinne des § 32 EStG 1988 zu werten seien. So sei bereits im Zuge des Berufungsverfahrens betreffend Gewinnfeststellung der R-GmbH (St.Nr. 1) festgestellt worden, dass für das damalige Streitjahr 1997 die Einkünfte mit S 0,-- festzusetzen und Zahlungen für die Haftungsinanspruchnahme bei den Gesellschaftern jeweils in den Jahren der Zahlung als nachträgliche Betriebsausgaben anzusetzen seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. September 2002 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Argument, dass lediglich die im Zusammenhang mit derartigen Verbindlichkeiten angefallenen Zinsen nachträgliche Betriebsausgaben darstellen würden. So könne im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 in der Abdeckung von Verbindlichkeiten keine Betriebsausgabe erblickt werden. Nachträgliche Ausgaben wie auch Einnahmen seien in sinngemäßer Anwendung der Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gesamtgewinngleichheit zu berücksichtigen. Danach stelle der betrieblich bedingte endgültige Wegfall von Forderungen eine Ausgabe und der Wegfall von Schulden eine Einnahme dar. Das Vorbringen des Bw., wonach bereits im Berufungsverfahren betreffend Gewinnfeststellung der R-GmbH seitens des Finanzamtes konkrete Zusagen über die steuerliche Behandlung von in den Folgejahren geleisteter Beträge gemacht worden seien, sei unrichtig. Die seitens des Finanzamtes erfolgte Festsetzung der Einkünfte mit S 0,-- sei seinerzeit mit dem Argument begründet worden, dass der Befreiung von der Verpflichtung des Bw. zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos die Tatsache gegenüber gestanden sei, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt unbestritten gewesen sei, dass der Bw. in Hinkunft Schuldrückzahlungen an die S leisten werde. Andernfalls hätte die Befreiung des Bw. von der Verpflichtung zur Abdeckung seines negativen Kapitalkontos zu einer entsprechenden Gewinnrealisierung und damit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb geführt. Nur in diesem Fall hätten zukünftige Schuldabdeckungen zu nachträglichen Betriebsausgaben führen können. Eine nunmehrige Anerkennung der Schuldrückzahlungen als Betriebsausgaben würde somit zu einer doppelten Berücksichtigung der Ausgabe führen.
Mit Eingabe vom 14. Oktober 2002 beantragte der Bw. seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu Entscheidung vorzulegen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass entgegen den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung das negative Kapitalkonto wie folgt aufgefüllt worden sei:
Anfangsstand Verr. Kto | S 97.161,51 |
Verlustvortrag | S 490.851,39 |
Ergebnis 1997 | S 0,-- |
Negatives Kapitalkonto | S 588.012,90 |
Abzüglich ant. Schuldübernahme C | S 721.466,-- |
Abzüglich ant. Schuldübernahme S | S 338.728,75 |
Positives Kapitalkonto | S 472.181,85 |
Der Bw. führte weiters aus, dass die Verbindlichkeiten gegenüber der Fa B einen sogenannten "verlorenen Zuschuss" aus dem Lieferungsübereinkommen darstellen würden. Dieser Zuschuss sei im Zeitpunkt der Gewährung aber nicht ergebniswirksam verbucht worden, sondern sei dieser in der Bilanz als "Passivpost" ausgewiesen worden. Dieser wäre über die Laufzeit ertragswirksam aufzulösen gewesen. Es könne daher die Rückzahlung dieses Zuschusses zu keiner Doppelabsetzung führen, da dieser nicht ergebniswirksam berücksichtigt worden sei.
Das Finanzamt legte die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 32 Z 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1988) gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 leg.cit. ua auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 (zB Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Ausfall von Forderungen).
Erbringt der Gesellschafter einer Personengesellschaft auf Grund einer zu Gunsten der Gesellschaft eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung bzw. eines Schuldbeitrittes für Schulden der Gesellschaft eine Leistung, so ist darin eine Einlage im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu erblicken (VwGH 20.11.1996, 96/15/0004; ecolex 1996, 478). Gleiches gilt für einen Gesellschafter, der sich als unecht Stiller an einem Handelsgewerbe, das eine GmbH betreibt, beteiligt. Diesem kommt die Stellung eines Mitunternehmers zu und ist dieser daher - aus steuerlicher Sicht gesehen - einem Kommanditisten gleich gestellt (Margreiter in ecolex 1995, H 5, 1). Voraussetzung dafür ist jedenfalls, dass eine unecht stille Gesellschaft vorliegt, dh. dass der Stille auf Grund einer besonderen Vereinbarung an den stillen Reserven und am Firmenwert partizipiert. Im gegenständlichen Berufungsfall besteht kein Streit hinsichtlich des Bestehens einer derartigen Gesellschaftsform.
Die Inanspruchnahme eines stillen Gesellschafters aus einer Bürgschaft bzw. einem Schuldbeitritt heraus führt - wie soeben ausgeführt - nicht zu Betriebsausgaben, sondern zu einer Einlage (vgl. auch VwGH 25.9.1985, 83/13/0186). Die Einlage des Gesellschafters erhöht den Stand seines Kapitalkontos. Bei der Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes im Sinne des § 24 EStG ist dem Veräußerungserlös der Stand des Kapitalkontos gegenüberzustellen. Über den Stand des Kapitalkontos wirken sich Einlagen somit auf den Veräußerungs- (Aufgabe)gewinn bzw. -verlust aus.
Da der Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus dem Schuldbeitritt keinen Einfluss auf die grundsätzliche steuerliche Folge der Zahlung haben darf, muss auch die nachträgliche Verausgabung zu jenem steuerlichen Ergebnis führen, das sich bei früherer Zahlung ergeben hätte. Der aus der schlagend gewordenen Haftung resultierende streitgegenständliche Betrag ist somit als "nachträgliche Einlage" zu werten und kommt diesem somit kein Betriebsausgabencharakter zu (VwGH 17.12.1998, 97/15/0122).
Darüber hinaus steht einer Abzugsfähigkeit des geltend gemachten Betrages unter dem Betriebsausgabentitel auch Nachtstehendes entgegenstehen: Die Frage des Vorliegens von nachträglichen Betriebsausgaben ist unter sinngemäßer Heranziehung der Grundsätze des Betriebsvermögensvergleiches nach § 4 Abs. 1 bzw. nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 zu beantworten. Die Begleichung von Verbindlichkeiten hat daher ebenso wie der Eingang von Forderungen als rein vermögensumschichtender Vorgang keinerlei steuerliche Auswirkungen (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 32, Tz 11.1). Weder das Darlehen noch der Zuschuss der Fa S in Höhe von S 901.200,-- (brutto) wurden ertragswirksam verbucht, sondern wurden in der Bilanz als Passivpost ausgewiesen. Der Zuschuss wäre über die Laufzeit entsprechend der Erfüllung der Bierabnahmeverpflichtung ertragswirksam aufzulösen gewesen. Dies ist jedoch infolge der geringen Bierabnahmemenge von lediglich 101,34 hl nur zu einem geringen Teil geschehen. Da die verbliebenen Verbindlichkeiten bisher zu keinem Ertrag geführt haben, kann auch die Abdeckung dieser Verbindlichkeiten nach Aufgabe des Betriebes zu keinen nachträglichen Betriebsausgaben führen.
Die geltend gemachten Zahlungen können aber auch nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 Anerkennung finden. Gemäß Abs. 3 der angeführten Norm erwächst dem Steuerpflichtigen die Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dass auf Grund der Stellung als unecht stiller Gesellschafter zwangsläufig ein Schuldbeitritt übernommen werden musste, wurde nicht behauptet. Abgesehen davon kann keine Zwangsläufigkeit angenommen werden, wenn die Schuldübernahme im Rahmen des Unternehmerwagnisses erfolgt (VwGH 13.10.1987, 86/14/0007).
Aus den genannten Gründen war dem Berufungsbegehren die Anerkennung zu versagen und musste daher die Berufung als unbegründet abgewiesen werden.
Klagenfurt, 19. August 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 32 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | nachträgliche Betriebsausgaben, unecht stiller Gesellschafter, Schuldbeitritt, Inanspruchnahme aus einer Haftung, Einlage |
Verweise: | VwGH 20.11.1996, 96/15/0004 |