Dienstgeberbeitragspflicht beim wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2003/14/0076 eingebracht. Mit Erk. v. 21.10.2003 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BwIn., vertreten durch F. X. Priester GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden vom 21. Dezember 2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Kalenderjahre 1997 bis 1999 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Die Fälligkeit der Abgaben erfährt keine Änderung.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung über die Zeit vom 1.1.1997 bis 31.12.1999 wurde nach Beantwortung eines umfangreichen Fragenkataloges durch die Einschreiterin festgestellt, dass die an den wesentlich (100 %) beteiligten Gf. bezahlten Vergütungen nicht in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Auf Grund dieser Feststellungen wurde mit Abgabenbescheid vom 21. Dezember 2000 der auf die Geschäftsführerbezüge entfallende Dienstgeberbeitrag (S 163.071,00) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (S 17.503,00) nachgefordert.
Dagegen wurde durch die bevollmächtigte Vertreterin berufen. Die Rechtsmittelwerberin biete Dienstleistungen im Marketing und am Werbesektor an. Der Gf. sei im Prüfungszeitraum einziger Gesellschafter-Geschäftsführer gewesen. Allein auf Grund der qualifizierten Mehrheit seiner Beteiligung sei er eigenverantwortlich und frei von persönlicher Abhängigkeit tätig. Er sei weisungsungebunden, nicht an betriebliche Ordnungsvorschriften wie Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten gebunden. Es bestehe weder arbeits- noch sozialversicherungsrechtlich ein Dienstverhältnis. Der Gf. übe seine Geschäftsführerfunktion auf Grund seiner Eigenverantwortung teilweise im Büro, teilweise in seiner Wohnung und teilweise im Betrieb aus. Für diese Außendiensttätigkeit würden ihm keinerlei Kosten vergütet. Er verwende zur Erbringung seiner Leistungen eigene Arbeitsmittel (PKW). Der Gf. habe keinen gesetzlichen Abfertigungs- und Urlaubsanspruch und auch keine diesbezüglichen einzelvertraglichen Ansprüche. Ihm stehe das Substitutionsrecht zu. Er hebe bei Bedarf Geld zu seiner persönlichen Verwendung ab und führe gewisse Transaktionen per Banküberweisung durch, welche seinem Verrechnungskonto angelastet würden. Sollte der Gf. aus gesundheitlichen Gründen gewisse Zeit verhindert sein, so habe er auf eigene Kosten für eine entsprechende Arbeitskraft (als Ersatz) zu sorgen. Seine Entscheidungen tätige er (Einzel-)unternehmergleich, eigenverantwortlich, er trage somit das Unternehmerrisiko. Er habe auch das Recht, die GmbH jederzeit aufzulösen und den Betrieb persönlich fortzusetzen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der seit 1.1.1994 geltenden Fassung sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Abs. 3 des § 41 FLAG bestimmt, dass der Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen ist. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von Beschwerden, die sich gegen die Einbeziehung der Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG in den Dienstgeberbeitrag nach dem FLAG richteten, abgelehnt (vgl. VfGH 9.6.1998, B 286/98 und vom 24.6.1998, B 998/98 und B 999/98) und weiters auch die Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes mit den Erkenntnissen vom 1.3.2001, G 109/00 und vom 7.3.2001, G 110/00 abgewiesen.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.3.2001, G 109/00, wird unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Abfertigung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu insbesondere VwGH 23.4.2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, vom 10.5.2001, 2001/15/0061 und vom 17.10.2001, 2001/13/0197).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg. cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung.
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmensschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.
Ein gegen Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG sprechendes Unternehmerwagnis ist nach den VwGH-Erk. vom 27.7.1999, 99/14/0136 und vom 20.11.1996, 96/15/0094 nur dann gegeben, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer bezieht. Es kommt nicht auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder gar auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft an. Daher weist weder das Unternehmerwagnis auf Grund der Beteiligung, die Haftung für Bankkredite der Gesellschaft noch der Vergleich des Alleingesellschafter-Geschäftsführers mit einem Einzelunternehmer auf das Unternehmerwagnis des Geschäftsführers hin. Vom Vorliegen eines Unternehmerrisikos kann nach dem VwGH-Erk. 24.2.1999, 98/13/0014, dann gesprochen werden, wenn der Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann. Dabei kommt es, wie der VwGH in den Erkenntnissen vom 21.12.1999, 99/14/0255 und vom 26.7.2000, 2000/14/0061, erkannt hat, auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmensschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.
Hiezu ist festzustellen, dass der Gf. folgende Geschäftsführerbezüge ausbezahlt erhalten hat: 1997: S 612.797,00 (S 600.000 Honorar u. S 12.797 Krankenversicherungsprämie), 1998: S 953.502,00 und 1999: S 2.057.500,00. Laut den vorgelegten Konten Nr. 6255 "Geschäftsführerbezüge" erfolgte die Auszahlung meist vierteljährlich in Teilbeträgen. Entsprechend § 1014 ABGB ist die GmbH verpflichtet, dem Geschäftsführer seine Barauslagen zu ersetzen (vgl. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 2/100). Aus den Einkommensteuererklärungen des Gf. für die Kalenderjahre 1997 bis 1999 ist jedenfalls ersichtlich, dass ihm (neben den Sozialversicherungsbeiträgen) keine das 6 %ige Pauschale übersteigenden Ausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit erwachsen sind. Entgegen den unbewiesenen Berufungsausführungen wurden dem Gf. sehr wohl Kosten für die Außendiensttätigkeit vergütet. Dies geht einerseits aus der Fragebogenbeantwortung hervor, andererseits wurden zB auf dem Konto 2337 betreffend das Kalenderjahr 1998 S 124.969,60 an Kilometergeld und S 28.004,00 an Diäten für den Gf. gebucht. Auch für das Kalenderjahr 1997 liegen Diätenbuchungen von S 50.340,00 und Kilometergeld-Buchungen von S 35.153,30 betreffend den Gf. vor.
Bei diesem Sachverhalt liegt nach den Erk. d. VwGH vom 23. 4. 2001, 2001/14/0054, vom 23.4.2001, 2001/14/0052, vom 27.6.2001, 2001/15/0057, vom 12.9.2001, 2001/13/0056 und vom 19.6.2002, 2002/15/0084 - 00086, kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis beim Geschäftsführer vor. Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage der Gesellschaft lassen noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit von der Tätigkeit des Geschäftsführers und damit auf ein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis zu (VwGH 12.9.2001, 2001/13/0203 und vom 27.2.2002, 2001/13/0103). Von solchen Schwankungen der Vergütungen könnte nur dann auf ein Risiko des Geschäftsführers geschlossen werden, wenn ein Zusammenhang zwischen diesen Schwankungen und wirtschaftlichen Parametern (insbesondere dem wirtschaftlichen Erfolg) der Gesellschaft besteht, was hier weder behauptet wird noch der Fall ist. Vom Geschäftsführer frei verfügte Änderungen der Höhe seiner Bezüge haben mit einem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich ist, nichts gemein (VwGH 19.12.2001, 2001/13/0086). Zu der Frage der Kostentragung im Vertretungsfall ist nach dem VwGH 30.4.2003, 2001/13/0320 daran zu erinnern, dass es bei der Beurteilung der Frage nach einem Unternehmerwagnis auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Nach der Beantwortung des Fragebogens sind Vertretungskosten im Prüfungszeitraum nicht angefallen.
Unbestritten ist, dass laut den Buchhaltungsunterlagen (Konto Geschäftsführerbezüge) die Geschäftsführervergütungen jährlich abgerechnet, wobei meist vierteljährliche Akontozahlungen geleistet wurden. Derartiges steht nach der Rechtsprechung des VwGH der Annahme einer "laufenden Entlohnung" nicht entgegen (vgl. Erk. 29.1.2002, 2001/14/0167).
Der im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommende Steuertatbestand stellt nicht darauf ab, welchem Vertragstyp das Zivilrecht das konkrete Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zuordnet (VwGH 10.5.2001, 2001/15/0061). Daher hat der am 16.3.1996 abgeschlossene Werkvertrag keine Bedeutung.
Auch kann bei den vom Geschäftsführer zu erfüllenden Aufgaben (Geschäftsführertätigkeit laut Firmenbuch seit 8.8.1989) die faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf in organisatorischer Hinsicht nicht bestritten werden. Nach dem VwGH-Erk. 12.9.2001, 2001/13/0180 spricht nämlich die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung für diese Eingliederung.
Auf Grund dieser Feststellungen weist die Tätigkeit des wesentlich beteiligten Geschäftsführers somit - unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die von der Gesellschaft bezogenen Vergütungen als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind.
Die Berufung war als unbegründet abzuweisen.
Linz, 30. Juli 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Gesellschafter-Geschäftsführer, Weisungsgebundenheit, Unternehmerwagnis |