Steuerweiterleitung bei Eigenverbrauch (§ 12 Abs. 15 UStG 1994) - Vorsteuerabzug setzt Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 voraus
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Leibnitz vom 13. Juni 2002 betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1999 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat unter Bedachtnahme auf die Feststellung einer UVA-Prüfung, wonach der Vorsteuerabzug in Höhe von S 70.938,24 aus der Rechnung des Autohauses K. GesmbH vom 22. März 1999 nicht zulässig sei, da dieser Rechnung keine entgeltliche Lieferung oder Leistung zugrundeliege (vgl. Niederschrift gemäß § 151 Abs. 3 BAO vom 14. Mai 2002 über das Ergebnis der UVA-Prüfung), im gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommenen Verfahren die erklärten und veranlagten Vorsteuern um diesen Betrag gekürzt.
In der gegen den Sachbescheid eingebrachten Berufung führte die Bw. aus, dass von ihr Tuning Zubehör, das bis zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Autohaus K. GesmbH gestanden sei, übernommen worden und in weiterer Folge zum Vorratswert ordnungsgemäß in Rechnung gestellt worden sei. Die für den Vorsteuerabzug notwendigen Voraussetzungen seien somit erfüllt, denn die Zahlung der Rechnung zum Zeitpunkt der Geltendmachung der Vorsteuer sei nicht erforderlich.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde vom Finanzamt damit begründet, dass in der von der Bw. selbst vorgelegten schriftlichen Vereinbarung vom 13. März 1998 ein Entgelt ausgeschlossen worden sei. Da es sich daher um keinen steuerbaren Vorgang handle, könne daraus keine Umsatzsteuer anfallen bzw. könne es auch zu keinem Vorsteuerabzug kommen.
Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag wurde von der Bw. im Wesentlichen folgendermaßen begründet:
Gemäß § 82 Abs. 1 GmbHG könnten die Gesellschafter ihre Stammeinlage nicht zurückfordern. Sie hätten solange die Gesellschaft bestehe, nur Anspruch auf den nach dem
Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn. Unzulässig sei es auch einen ausscheidenden Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen abzufinden oder Sacheinlagen zu retournieren. Daraus folge, dass die in der Begründung der Berufungsvorentscheidung zitierte Vereinbarung gesetzwidrig sei und daraus keine Rechtsfolgen resultierten. Die Ausstellung der Rechnung sei somit gerechtfertigt und die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug seien zum damaligen Zeitpunkt gegeben gewesen. Der Rechnungsbetrag sei jedoch von der Autohaus K. GesmbH nicht eingeklagt worden und sei nach Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist verjährt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zufolge § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Erbringt ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen eine Lieferung oder sonstige Leistung, die einen Eigenverbrauch darstellt, so ist er gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 berechtigt, dem Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung den für den Eigenverbrauch geschuldeten Steuerbetrag gesondert in Rechnung zu stellen. Dieser in der Rechnung gesondert ausgewiesene Betrag gilt für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer (§ 12 Abs. 1 Z 1).
Die Bestimmung des § 12 Abs. 15 UStG 1994 setzt voraus, dass ein
- Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen
- eine (mangels Leistungsaustausches nichtsteuerbare) Leistung erbringt,
- die einen Eigenverbrauch darstellt.
In diesen Fällen ist der leistende Unternehmer berechtigt
- den für den Eigenverbrauch geschuldeten Betrag
- gesondert in Rechnung zu stellen (vgl. Anm. 680 zu § 12 in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band IV und Tz 257 zu § 12 in Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
Der in der Rechnung gesondert ausgewiesene Betrag gilt für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer (§ 12 Abs. 1 Z 1). Dh. der Leistungsempfänger kann die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wie eine Steuer für eine steuerpflichtige Leistung als Vorsteuer abziehen (vgl. Anm. 681 zu § 12 in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band IV, sowie Tz 256 und 259 zu § 12 in Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
Da in der Bestimmung des § 12 Abs. 15 UStG 1994 keine speziellen Anforderungen an die Rechnung normiert sind, ist § 11 sinngemäß anzuwenden. Die Rechnung muss somit die in § 11 Abs. 1 geforderten Angaben enthalten (vgl. Tz 259 zu § 12 in Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
Unter Bedachtnahme auf die vorhin dargestellte Rechtslage konnte der Berufung aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:
Nach der vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung zitierten Vereinbarung vom 13. März 1998 wurde für die Überlassung des mit der streitgegenständlichen Rechnung fakturierten Tuning Zubehörs kein Entgelt vereinbart. Auch tatsächlich ist von der Bw., die sich bezüglich der Unentgeltlichkeit der Überlassung des Tuning Zubehörs auf die vorhin zitierte Vereinbarung beruft (vgl. Schreiben der Bw. vom 24. März 1999 an das Autohaus K. GesmbH bezüglich der streitgegenständlichen Rechnung vom 22. März 1999), kein Entgelt bezahlt worden. Vielmehr führte sie im Vorlageantrag aus, dass der Rechnungsbetrag vom Autohaus K. GesmbH nicht eingeklagt worden und nach Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist verjährt sei. Somit mangelt es an dem für das Vorliegen eines Leistungsaustausches wesentlichen Erfordernis der Entgeltlichkeit, was eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn jedenfalls ausschließt. Da demnach eine Lieferung - eine sonstige Leistung liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da es sich beim Tuning Zubehör um Gegenstände handelt - im umsatzsteuerlichen Sinne nicht vorliegt, ist die Frage zu prüfen, ob die unentgeltliche Überlassung der Gegenstände an die Bw. den Tatbestand des Verwendungseigenverbrauches nach § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 erfüllt.
Dazu ist festzustellen, dass der streitgegenständliche Vorgang im Rahmen des Autohauses K. GesmbH von der Betriebsprüfung als Eigenverbrauch qualifiziert worden ist, was im Übrigen auch der Rechtsauffassung des unabhängigen Finanzsenates entspricht. Die
Tatsache, dass von Seiten des Autohauses K. GesmbH letztendlich auf die Zahlung des in der Rechnung ausgewiesenen Entgeltes verzichtet worden ist, beweist, dass schließlich auch der "liefernde" Unternehmer von der Rechtswirksamkeit der Vereinbarung und damit von der Unentgeltlichkeit der Übertragung des Tuning Zubehörs ausgegangen ist.
Die Bw. kann aber den in der Rechnung vom 22. März 1999 gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von S 70.938,24 nur dann als Vorsteuer nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 - mit dieser Bestimmung, die für alle (unentgeltlichen) Vermögensübertragungen (und sonstige Leistungen) gilt, wird das mit Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Rl. verfolgte Ziel, nämlich eine systemwidrige Umsatzsteuerbelastung im Unternehmensbereich zu vermeiden, erreicht (vgl. Anm. 677 und 678 zu § 12 in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band IV) - beanspruchen, wenn die Rechnung sämtliche in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben enthält. Denn durch den Verweis auf die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, in der ausdrücklich auf § 11 UStG 1994 Bezug genommen wird, bringt der Gesetzgeber eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck, dass auch nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 das Vorhandensein einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug darstellt (vgl. VwGH 25.1.2000, 99/14/0304. In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof zur Weiterverrechnung der Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 14 UStG 1994 - diese auf Grund des BG BGBl. I Nr. 79/1998 entfallene Bestimmung ist bezüglich der Rechnungslegung völlig gleichlautend mit der im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmung des § 12 Abs. 15 UStG 1994 - erkannt, dass der Vorsteuerabzug nur dann zusteht, wenn die Steuer in einer Rechnung ausgewiesen ist, die sämtliche Erfordernisse des § 11 UStG 1994 erfüllt).
Da die gegenständliche, mit 22. März 1999 datierte Rechnung im Wortlaut - "Wie am 19. März 1999 mit Herrn Dr. Binder besprochen, stellen wir Ihnen den Vorratswert laut Sachkonto Tuning-Zubehör in der Höhe von S 354.691,20 + 20 % Mwst S 70.938,24 = GESAMT S 425.629,44 in Rechnung" - keine Angabe über den Zeitpunkt der "Lieferung" - Überlassung des Tuning Zubehörs an die Bw. - und auch keinen Hinweis darauf, dass dieser Zeitpunkt in einem anderen Beleg enthalten sei, enthält, ist sie nicht als Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 anzusehen. Denn zufolge Abs. 1 Z 4 der vorhin zitierten Bestimmung hat eine Rechnung ua. zwingend den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt, zu enthalten. Zufolge § 11 Abs. 2 leg.cit. können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird. Ein derartiger Hinweis fehlt jedoch in der gegenständlichen Rechnung.
Da demnach keine Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 vorliegt, musste der Anspruch auf Vorsteuerabzug versagt bleiben.
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, 22. Mai 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 12 Abs. 15 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | Vorsteuerabzug, Steuerweiterleitung, Eigenverbrauch, Rechnung, materiellrechtliche Voraussetzung |
Verweise: |