BFH

BFHVIII R 20/7319.2.1974

Amtlicher Leitsatz:

Eine für Lastwagen befahrbare Bodenbefestigung kann nur dann als Betriebsvorrichtung im Betriebe des die Befestigung herstellenden Unternehmers und damit als bewegliches Wirtschaftsgut i. S. des § 19 BerlinFG anerkannt werden, wenn sie für den Grundeigentümer ohne den konkreten Betrieb keinen Wert hätte. Die besonders, aber nicht ungewöhnlich starke Ausführung der Bodenbefestigung ist für sich allein kein Anzeichen für eine Betriebsvorrichtung.

Normen

§ 19 Abs. 1 BerlinFG
§ 19 Abs. 2 BerlinFG

 

Tatbestand:

Streitig ist, ob eine Hofbefestigung ein bewegliches Wirtschaftsgut ist.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ im Jahre 1970 den Hof ihres Betriebsgrundstücks befestigen, um ihn für Lastwagen befahrbar zu machen. Hierfür nahm sie die Investitionszulage von 10 v. H. der Herstellungskosten in Anspruch. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) wies jedoch den Antrag mit der Begründung zurück, die Hofbefestigung sei keine Betriebsvorrichtung und daher kein bewegliches Wirtschaftsgut i. S. des § 1 Abs. 1 und 2 BerlinFG.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Hofbefestigung sei weder eine bewegliche Sache i. S. des bürgerlichen Rechts noch eine Betriebsvorrichtung i. S. des § 68 Abs. 2 Nr. 2 des BewG 1965, die steuerlich als bewegliche Sache behandelt werde. Eine Betriebsvorrichtung stehe in einer besonderen Beziehung zum Betrieb, die bei der Hofbefestigung fehle. Die Hofbefestigung diene allein der besseren Nutzung des Grundstücks und des Gebäudes und sei ein typisches zum Grundvermögen zu rechnendes Bauwerk.

Hiergegen richtet sich die Revision mit folgender Begründung: Ausgehend von dem Urteil des BFH vom 2. Juni 1971 III R 18/70 (BFHE 102, 560, BStBl II 1971, 673) müsse auch eine Hofbefestigung, die ausschließlich wegen der besonderen betrieblichen Erfordernisse mit einer schweren Packlage habe erstellt werden müssen, als Betriebsvorrichtung investitionszulagebegünstigt sein. Die schwere Packlage sei für den Lastwagenverkehr erforderlich geworden, da sich der Eisenbahnverkehr als unwirtschaftlich herausgestellt habe. Für den normalen Verkehr wäre es nicht notwendig gewesen, den Hof neu zu befestigen. Der größte Teil des Hofes diene als Rangierplatz für die Lastkraftwagen, die dort die Ware zum Vertrieb übernähmen. Ohne diese betriebliche Notwendigkeit wäre lediglich die alte Hofdecke repariert worden, was unverhältnismäßig billiger gewesen wäre.

Entscheidungsgründe

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BFH ist das FG zutreffend bei der Auslegung des Begriffes "bewegliches Wirtschaftsgut" i. S. des § 19 Abs. 1 BerlinFG von den einkommensteuerrechtlichen Regeln ausgegangen und hat dabei geprüft, ob es sich bei der Hofbefestigung um eine Betriebsvorrichtung i. S. des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG oder aber um eine gemäß §§ 78, 83 BewG dem Grund und Boden zuzurechnende Außenanlage handelt (vgl. Urteil vom 17. Mai 1968 VI R 59/67, BFHE 92, 257, BStBl II 1968, 565).

Ob ein Bauwerk wie die Hofbefestigung der Klägerin als Außenanlage oder als Betriebsvorrichtung anzusehen ist, hängt allein davon ab, ob es der Benutzung des Grundstücks dient oder ob es in einer besonderen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Betrieb steht (vgl. Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 9. Aufl., Randnr. 32 zu § 68 BewG). Die Platz- und Wegebefestigungen gehören grundsätzlich zum Grundstück, weil durch sie das Grundstück erschlossen und zugänglich gemacht wird (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 1. bis 5. Aufl., Bd. II, Randnr. 90 zu § 68 BewG). Dabei sind Art und Gestaltung der Bodenbefestigung ausschlaggebend von der Tragfähigkeit des Untergrunds und der Verkehrsbelastung abhängig. Soweit die Befestigungen lediglich zur besseren Befahrbarkeit des Bodens geschaffen werden, stehen sie in keiner besonderen Beziehung zum Gewerbebetrieb. Denn aus dem Umstand, daß die Straße eines Fabrikgrundstücks durch Kraftwagen befahren wird, kann eine besondere Beziehung der Fahrbahnbefestigung zum gewerblichen Betrieb nicht abgeleitet werden (vgl. Rössler-Troll, a. a. O., Randnr. 33 zu § 68 BewG). In einzelnen Fällen hat jedoch die Rechtsprechung des BFH Bodenbefestigungen als Betriebsvorrichtungen anerkannt. So hat der BFH im Urteil vom 14. August 1958 III 382/57 U (BFHE 67, 325, BStBl III 1958, 400) auf ein anderes, nicht veröffentlichtes Urteil verwiesen, in dem der von einem Pächter geschaffene Zufahrtweg zu einer Lagerhalle für Kartoffeln als Betriebsvorrichtung anerkannt worden war, weil der Weg nach Aufgabe der Lagerhalle für den Grundeigentümer keinen Wert mehr hatte. Im Urteil vom 23. Februar 1962 III 222/58 U (BFHE 74, 474, BStBl III 1962, 179) erkannte der BFH die Platzbefestigung einer auf fremdem Grund und Boden errichteten Tankstelle als Betriebsvorrichtung an, weil die Platzbefestigung weder für den Personenzugang noch für die Zufahrt zur im Hause befindlichen Garage erforderlich gewesen sei. Als erheblich sah der BFH auch an, daß die starke Eindeckung der Oberfläche zugleich der Sicherheit der unterirdischen Tankanlagen diente. Im Urteil vom 2. Juni 1971 III R 18/70 (BFHE 102, 560, BStBl II 1971, 673) erblickte der BFH schließlich in den für den Betrieb eines Umspannwerks angelegten Schaltstraßen, der Trafostraße und dem Umkehrplatz Betriebsvorrichtungen, weil diese Bodenbefestigungen nicht dem Verkehr innerhalb des Werkes dienten, sondern allein der Aufstellung, Wartung und Reparatur der erforderlichen Anlagen. Übereinstimmend mit dieser Rechtsprechung werden in der Literatur Start- und Landebahnen auf Flugplätzen und Teststrecken der Automobilfabriken als Betriebsvorrichtungen angesehen (vgl. Gürsching-Stenger, a. a. O., Randnr. 90 zu § 68 BewG; Steinhardt, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., Randnr. 18 zu § 68).

Diese zu den unterschiedlichsten Zwecken angelegten Bodenbefestigungen haben gemeinsam, daß sie für den Grundeigentümer mit Einstellung des konkreten Betriebs wertlos werden. Hiervon kann jedoch nicht schon dann gesprochen werden, wenn aus betrieblichen Gründen eine besonders starke Bodenbefestigung vorgenommen wird, während anderen Betrieben eine leichtere Bodenbefestigung genügen würde. Denn die besonders starke Bodenbefestigung macht die auf dem Grundstück befindlichen Betriebsgebäude auch für andere Betriebe benutzbar, die gleiche oder ähnliche Anforderungen an die Bodenbefestigung stellen wie der Betrieb, der die Bodenbefestigung ausführen läßt. Je stärker die Bodenbefestigung gestaltet wird, um so vielfältiger kann sie benutzt werden, um so größer ist ihr Wert für den Grundstückseigentümer. Befindet sich auf dem Grundstück allerdings nur ein speziell für den Betrieb hergestelltes Gebäude, wie ein Tankstellengebäude, und reicht für den Fußweg zum Gebäude und für den Fahrweg zu den im Gebäude befindlichen Garagen eine leichte Bodenbefestigung aus, so stellt eine für den Tankstellenbetrieb erforderliche starke Befestigung des Bodens eine Betriebsvorrichtung dar, denn sie hat für das Gebäude als solches in ihrer starken Ausführung keinen Wert (vgl. BFH-Urteil III 222/58 U; a. A.: Rössler-Troll, a. a. O., in Randnr. 33 zu § 68 BewG). Daß es denkbar wäre, auf dem Grundstück Gebäude zu errichten, für deren Benutzung die vorhandene starke Bodenbefestigung Voraussetzung wäre, kann allerdings nicht entscheidend sein, es sei denn, die Errichtung der Gebäude ist bei der Bodenbefestigung bereits eingeplant.

Aus der Sachdarstellung des FG und den Ausführungen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, daß die von ihr veranlaßte Bodenbefestigung so speziell auf ihren Betrieb ausgerichtet worden ist, daß die Befestigung ohne den Betrieb der Klägerin keinen Wert hätte. Es kommt nicht darauf an, ob ein anderer Betrieb auf dem gleichen Grundstück mit einer leichteren Befestigung auskommen würde. Entscheidend ist lediglich, ob andere Betriebe die von der Klägerin veranlaßte Bodenbefestigung in gleicher Weise nutzen könnten wie die Klägerin. Das aber wäre nur dann nicht der Fall, wenn die Bodenbefestigung auf so ungewöhnliche Art für die besonderen Zwecke des Betriebes ausgeführt wäre, daß sie für andere Betriebe in dieser Form nicht in Betracht käme. Hiervon kann aber bei der von der Klägerin veranlaßten Hofbefestigung keine Rede sein. Denn die schwere Packlage ist für den Lastwagenverkehr erforderlich, der auch in anderen Betrieben nichts Ungewöhnliches ist.

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