BFG RV/2200002/2023

BFGRV/2200002/202311.5.2023

Festsetzung von Aussetzungszinsen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2023:RV.2200002.2023

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R***in der Beschwerdesache***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Muchargasse 30, 8010 Graz,über die Beschwerde vom 17. Mai 2017 gegen den Bescheid desZollamtes Österreichvom 11. April 2017, Zl. 700000/03287/2017,betreffendAussetzungszinsenzu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Mit "Sammelbescheid" des Zollamtes Graz vom 5. November 2015, Zl. 700000/09864/19/2013, wurden für die Beschwerdeführerin (Bf) Altlastenbeiträge und Nebenabgaben in Höhe von € 1.284.553,92 für die Jahre 2010 bis 2013 festgesetzt.

Die Bf erhob mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2015 Beschwerde gegen diesen Bescheid und beantragte zugleich die Aussetzung der Einhebung der festgesetzten Altlastenbeiträge und Nebenabgaben.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom 29. März 2017, Zl. 700000/10684/2015, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 30. März 2017, Zl. 700000/10685/2015, wies das Zollamt Graz den Antrag auf Aussetzung der Einhebung der festgesetzten Altlastenbeiträge und Nebenabgaben ab und führte begründend aus, zwischenzeitig sei die Beschwerde der Bf in der Hauptsache - hinsichtlich der Festsetzung der Altlastenbeiträge und Nebenabgaben - mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. März 2017 abgewiesen worden, weshalb entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Bewilligung der Aussetzung dieser Abgaben nicht mehr in Betracht komme.

Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Eingabe vom 24. April 2017 Beschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom 19. Februar 2018, Zl. 700000/03903/2017, wurde der Beschwerde Folge gegeben und die beantragte Aussetzung der Einhebung bewilligt.

Bereits mit Bescheid vom 11. April 2017, Zl. 700000/03287/2017, setzte das Zollamt Graz für den Zeitraum 18. Dezember 2015 bis 5. April 2017 Aussetzungszinsen in der Höhe von € 24.635,28 fest.

Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Schriftsatz vom 17. Mai 2017 Beschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom 9. Juni 2017, Zl. 700000/03624/2017, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, woraufhin die Bf einen Vorlageantrag stellte.

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. Juli 2019, GZ. RV/2200030/2019, wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid betreffend den Abgabenbetrag von € 598.163,28 aufgehoben. Über die anderen Spruchpunkte mit einem Abgabenbetrag von € 686.390,64 wurde noch nicht entschieden.

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom 30. Juli 2019, Zl. 700000/03003/1/2017, wurde über den ausgesetzten Teilbetrag von € 598.163,28 der Auflauf der Aussetzung verfügt. Die Aussetzung der Einhebung hinsichtlich des Teilbetrages von € 686.390,64 blieb weiterhin aufrecht.

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 26. März 2020, GZ. RV/220008/2018, wurde der Beschwerde vom 17. Mai 2017 teilweise Folge gegeben und die Aussetzungszinsen mit dem Betrag von € 13.163,62 festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich der Festsetzung der Altlastenbeiträge und Nebenabgaben sei mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. Juli 2019, GZ. RV/2200030/2019, entschieden und der bekämpfte Bescheid einem Spruchpunkt betreffend den Abgabenbetrag von € 598.163,28 aufgehoben worden, über die anderen Spruchpunkte mit einem Abgabenbetrag von € 686.390,64 sei noch nicht entschieden worden. Die auf den aufgehobenen Spruchpunkt entfallenden Aussetzungszinsen seien daher nicht festzusetzen. Der Aussetzungsantrag sei durch die Abweisung mit Bescheid vom 30. März 2017 erledigt worden, womit die Hemmungswirkung weggefallen sei und Einbringungsmaßnahmen wieder eingeleitet und fortgesetzt werden durften. Nach Abweisung des Antrages auf Aussetzung dürfe die Festsetzung von Aussetzungszinsen erfolgen.

Gegen dieses Erkenntnis hat die Bf die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 2023, Ra 2020/13/0045-6, wurde das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bundesfinanzgericht bei der Erlassung seiner Entscheidung die Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu Grunde zu legen habe. Das Bundesfinanzgericht habe dabei die Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom 19. Februar 2018, Zl. 700000/03903/2017, mit welcher der der Beschwerde Folge gegeben und die beantragte Aussetzung der Einhebung bewilligt wurde, nicht berücksichtigt. Bei Zugrundelegung dieser Beschwerdevorentscheidung wäre aber davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes die Aussetzung der Einhebung aufrecht bewilligt war. Eine Festsetzung von Aussetzungszinsen durfte dann gemäß § 212a Abs.9 letzter Satz BAO nicht erfolgen.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB VwGH 23.9.2010, 2010/15/0078; 28.10.2010, 2006/15/0301; 26.5.2011, 2011/16/0011; 20.7.2011, 2009/17/0132).

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten. Der Sachverhalt ist unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 212a Abs.9 BAO sind a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs.6) oder b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten, Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs.5 oder 5a) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Eine nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld (Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. Juli 2019, GZ. RV/2200030/2019) ist gemäß § 212a Abs.9 BAO zu berücksichtigen. Daher fallen keine Aussetzungszinsen an, soweit der Beschwerde stattgegeben wird. Eine rückwirkende Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages (hier: € 598.163,28) hat von Amts wegen zu erfolgen (Ritz, Bundesabgabenordnung § 212a Rz. 34).

Hinsichtlich des verbleibenden Abgabenbetrages in Höhe von € 686.390,64 ist die Aussetzung der Einhebung auf Grund der Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom 19. Februar 2018,Zl. 700000/03903/2017, aufrecht bewilligt. Gemäß § 212a Abs.9 letzter Satz BAO sind im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes nicht festzusetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 2023, Ra 2020/13/0045-6, stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am 11. Mai 2023

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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