BFG RV/5100345/2019

BFGRV/5100345/20193.5.2022

Strittige Anwendung der Bestimmung des § 9 Abs. 5 Satz 4 KStG 1988

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100345.2019

 

Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/15/0032. Mit Erk. v. 19.10.2022 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinMag. Susanne Haimin der Beschwerdesache***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ****, über die Beschwerde vom 7. Jänner 2019gegen den Bescheid desFinanzamtes Amstetten Melk Scheibbs(nunmehr Finanzamt Österreich) vom 13. Dezember 2018betreffendAufhebung § 299 BAO / KSt 2017Steuernummer ***BF1StNr1***zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 7. März 2018 wurde ein Gruppenfeststellungsbescheid 2017 erlassen, in welchem die Überträger GesmbH als ab der Veranlagung 2017 als zur Unternehmensgruppe (Gruppenträger ***1*** Holding GmbH) zugehörig festgestellt wurde.

Die Fa. Übernehmer GmbH ist nach diesem Bescheid nicht Mitglied der Gruppe.

Mit Bescheid vom 10. September 2018 wurde ein Feststellungsbescheid Gruppenmitglied für die Überträger GesmbH erlassen und ausgesprochen, dass das Ergebnis der ***1*** Holding GmbH zu 100 % zuzurechnen ist.

Mit Schreiben vom 28. September 2018 wurde seitens der steuerlichen Vertretung mitgeteilt, dass die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft mit der Überträger GmbH als übertragender Gesellschaft rückwirkend auf den 31.12.2017 verschmolzen wurde und wurde der Verschmelzungsvertrag vom 26. September 2018 übermittelt.In der Folge wurde am 2. Oktober 2018 die Firma Überträger GmbH im Firmenbuch gelöscht.Rechtsnachfolgerin ist die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft.

Im Gruppenfeststellungsbescheid 2017 vom 9. Jänner 2019 scheint die Firma Übernehmer GmbH als RNF Überträger GmbH auf.

Im Gruppenfeststellungsbescheid 2018 der ***1*** Holding GmbH scheint die Firma Übernehmer GmbH als Gruppenmitglied auf.

Mit dem im gegenständlichen Fall angefochtenen Bescheid vom 13.12.2018 wurde der Bescheid vom 10.9.2018 betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2017 gemäß § 299 BAO aufgehoben und an die Firma Übernehmer GmbH als RNF Überträger GmbH zugestellt.

Begründend wurde ausgeführt: Mit Vertrag vom 26.9.2018 sei die Fa. Überträger GesmbH als übertragende Gesellschaft auf die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft zum Stichtag 31.12.2017 verschmolzen worden. Die Verschmelzung eines Gruppenmitglieds auf eine nicht der Unternehmensgruppe angehörige Körperschaft führe bei Verschmelzungsstichtagen innerhalb der Mindestbestandddauer zum rückwirkenden Ausscheiden der übertragenden Körperschaft. (§ 9 Abs. 5 und Abs. 10 KStG 1988) Der Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2017 sei daher aufzuheben und für 2017 eine Individualbesteuerung durchzuführen.

(Mit Bescheid vom StNr. Februar 2019 wurde daraufhin der Gruppenfeststellungsbescheid 2017 geändert und die Zugehörigkeit der Bf. zur Unternehmensgruppe ab der Veranlagung 2017 aufgehoben.)

Mit Beschwerde vom 7.1.2019 wurde gegen den Aufhebungsbescheid vom 13.12.2018 Beschwerde erhoben und ausgeführt:

Die Behörde habe der Entscheidung einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrundegelegt. Die Firma Überträger Gesellschaft m b H. sei mit Verschmelzungsvertrag vom 26.9.2018 als übertragende Gesellschaft auf die Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft mit Verschmelzungsstichtag 31.12.2017 nach den Bestimmungen des Art. I UmgrStG verschmolzen worden.

Die Überträger Gesellschaft m.b.H. wurde in die Unternehmensgruppe der ***1*** Holding GmbH mit dem Veranlagungsjahr 2017 aufgenommen.

Die Übernehmer GmbH sei seit dem Jahr 2000 eine Tochtergesellschaft der ***1*** Holding GmbH und sei diese ab dem Veranlagungsjahr 2018 in die Unternehmensgruppe der ***1*** Holding GmbH aufgenommen worden. Eine finanzielle Verbindung zwischen diesen Gesellschaften bestehe somit seit dem Jahr 2000 und habe sich durch die Verschmelzung mit der Überträger Gesellschaft m.b.H. an dieser finanziellen Verbindung nichts geändert.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 UmgrStG sei das Einkommen der übernehmenden Körperschaft so zu ermitteln, als ob die verschmelzungsbedingte Vermögensübernahme mit dem Beginn des auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Tages, also (1.1. des Folgejahres) 0 Uhr, erfolgt wäre.

Die Übernehmer GmbH sei ab dem Veranlagungsjahr 2018 Gruppenmitglied der ***1*** Holding GmbH und erfolgte die Verschmelzung der Überträger GmbH (= Vermögensübernahme mit 1.1.2018, 0 Uhr) als Gruppenmitglied somit auf ein zu diesem Zeitpunkt unmittelbar verbundenes Gruppenmitglied.

Ist zum Verschmelzungsstichtag die dreijährige Mindestbestandsdauer noch nicht gegeben, führe dies dennoch nicht zu einer selbständigen Steuerpflicht für die Jahre bis zur Verschmelzung, da mit der Vermögensübernahme (= 1.1.2018) durch das übernehmende Gruppenmitglied ein Fortsetzungstatbestand gegeben sei. Voraussetzung sei, dass das übernehmende Gruppenmitglied die Mindestbestandsdauer erfüllt.

Zumal es bei der ***1*** Holding GmbH (als Gruppenträger) nicht erst infolge der Verschmelzung zu einer ausreichenden finanziellen Verbindung an einer übernehmenden, gruppenfremden Körperschaft gekommen sei, sondern die Übernehmer GmbH bereits seit dem Jahr 2000 finanziell mit der ***1*** Holding GmbH als 100%-Tochtergesellschaft verbunden ist, liege auch der in Rz 354 der UmgrStR 2002, letzter Absatz, angeführte Fall nicht vor.

Es werde daher der Antrag gestellt, den Aufhebungsbescheid aufzuheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.2.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: "Mit Vertrag vom 26.9.2018 wurde das Gruppenmitglied, Fa. Überträger GmbH, als übertragende Gesellschaft auf die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft zum Stichtag 31.12.2017 verschmolzen. Die übernehmende Gesellschaft, Fa. Übernehmer GmbH, ist zum Verschmelzungsstichtag kein Mitglied dieser Unternehmensgruppe. Die im letzten Abschnitt der Beschwerde angesprochene RZ 354 der UmgrStR 2002 findet auch auf den Fall einer Konzernverschmelzung (Verschmelzung eines GM auf eine nicht zur Unternehmensgruppe gehörigen Tochter[Enkel]körperschaft des GT) Anwendung. Ausschlaggebend für das Ausscheiden des übertragenden GM ist, dass sowohl im Fall der Konzentrationsverschmelzung als auch im Fall einer Konzernverschmelzung eine Übertragung von Vermögen auf eine Körperschaft erfolgt, die am Verschmelzungsstichtag nicht Mitglied der Unternehmensgruppe ist. Damit findet die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs 5 vierter Satz KStG 1988, wonach nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzungen für die Gruppenverhältnisse gelten, keine Anwendung. Es kommt daher auch im vorliegenden Sachverhalt zum (rückwirkenden) Ausscheiden des Gruppenmitgliedes Überträger GmbH aus der Unternehmensgruppe."

Im Vorlageantrag vom 5.3.2019 wird ausgeführt: "Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.2.2019 wurde die Beschwerde vom 7.1.2019 gegen den oben angeführten Bescheid als unbegründet abgewiesen. Innerhalb offener Frist gem. § 264 BAO wird nun die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt. Betreffend die Beschwerdegründe wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Ergänzend zu den Ausführungen in unserer Beschwerde ist mitzueilen, dass die Abgabenbehörde in ihrer rechtlichen Beurteilung des Vermögensübergangs scheinbar den Verschmelzungsstichtag zu Grunde legt. Gemäß § 9 Abs. 5 letzter Satz gelten Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt. Die Vermögensübertragung von der Überträger GmbH (als übertragende Gesellschaft) auf die Übernehmer GmbH (als übernehmende Gesellschaft) erfolgt gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 UmgrStG mit Beginn des dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tages (= 1.1.2018).1 Zu diesem Zeitpunkt ist die übernehmende Gesellschaft (Übernehmer GmbH) Gruppenmitglied der Unternehmensgruppe der ***1*** Holding GmbH als Gruppenträger sowie mit dieser als Tochtergesellschaft (Beteiligung 100 % seit dem Jahr 2000) weiterhin finanziell verbunden."

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am 18. März 2019 vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Vertrag vom 26.09.2018 wurde das Gruppenmitglied Fa. Überträger GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Fa. Übernehmer GmbH als übernehmende Gesellschaft zum Stichtag 31.12.2017 verschmolzen.

Die übernehmende Gesellschaft (Übernehmer GmbH) war zum 31.12.2017 kein Mitglied der Unternehmensgruppe (Gruppenträger = ***1*** Holding GmbH StNr), wohl aber zum Vertragszeitpunkt 26.09.2018. Die Übernehmer GmbH scheint im Gruppenfeststellungsbescheid des Gruppenträgers für 2018 als Gruppenmitglied auf.

Das Gruppenmitglied Überträger GmbH ist mit Gruppenfeststellungsbescheid vom 7.3.2018 ab dem Jahr 2017 in die Gruppe eingetreten.

Beweiswürdigung

Der gegenständliche Sachverhalt ist unstrittig, ergibt sich aus dem vorgelegten Verschmelzungsvertrag und den vorgelegten Bescheiden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpun t I. (Stattgabe)

§ 9 Abs. 5 KStG 1988lautet

(der im gegenständlichen Fall strittige/relevante Satz 4 ist fett markiert)

"Die finanzielle Verbindung im Sinne des Abs. 4 muss während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitgliedes vorliegen. Erfüllen im Falle einer Beteiligungsgemeinschaft die Mitbeteiligten die Voraussetzungen des Abs. 4 zu Beginn des Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitglieds, kann die Beteiligungsgemeinschaft bis zum Gruppenantrag gebildet werden. Steuerlich wirksame rückwirkende Anteilserwerbe und Anteilsübertragungen im Sinne der Abgabenvorschriften sind auch für die Frage der finanziellen Verbindung maßgebend.

Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe gelten nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt."

§ 9 Abs. 10 KStG 1988 lautet

"Die Unternehmensgruppe muss für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren bestehen. Dabei gilt Folgendes:

Im gegenständlichen Fall wurde ein Gruppenmitglied auf eine zum Verschmelzungsstichtag (31.12.2017) nicht zur Gruppe gehörende Tochter des Gruppenträgers verschmolzen. Zum Vertragserrichtungszeitpunkt (26.9.2018) bzw. im Jahr 2018 war die aufnehmende Gesellschaft jedoch Teil der Gruppe.

Die Umgründungsssteuerrichtlinien, die für das Bundesfinanzgericht zwar keine Bindungswirkung entfalten, aber als Auslegungsbehelf dienen können, führen diesbezüglich in RZ 354 (UmgrStR 2002 Rz 354) aus: "1.7.5.1. Verschmelzung eines inländischen Gruppenmitglieds auf eine gruppenfremde Körperschaft

Die Verschmelzung eines inländischen Gruppenmitglieds auf eine nicht der Unternehmensgruppe angehörige Körperschaft führt infolge des Umstandes, dass gemäß § 9 Abs. 5 letzter Satz KStG 1988 nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse gelten, mit dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag zum Ausscheiden des Gruppenmitglieds bzw bei Verschmelzungsstichtagen innerhalb der Mindestbestanddauer zum rückwirkenden Ausscheiden und zur selbständigen Besteuerung der übertragenden Körperschaft bzw zur Berichtigung der Gruppeneinkommen beim Gruppenträger.

Firmenwertabschreibungen auf die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft enden im erstgenannten Fall mit der Verschmelzung bzw. entfallen im zweitgenannten Fall rückwirkend. Geht eine in der Unternehmensgruppe die Firmenwertabschreibung auslösende Beteiligung verschmelzungsbedingt auf eine andere Unternehmensgruppe über, kann eine von der übertragenden Körperschaft bereits begonnene Firmenwertabschreibung nicht in der Unternehmensgruppe des Rechtsnachfolgers fortgesetzt werden. Es kann jedoch eine neue Firmenwertabschreibung in der Gruppe des Rechtsnachfolgers begonnen werden, wobei der Anschaffungszeitpunkt und die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers dafür maßgeblich sind; die seit diesem Zeitpunkt bereits abgereiften Fünfzehntel sind aus Sicht der neuen Unternehmensgruppe verfallen und können daher von dieser nicht mehr berücksichtigt werden (siehe auch KStR 2013 Rz 1123). Zur Einbeziehung der Körperschaft in die Unternehmensgruppe der umgründungsbedingten Rechtsnachfolgerin nach dem 1.3.2014 und zur Geltendmachung noch offener Fünfzehntel aus der von der Rechtsvorgängerin begonnenen Firmenwertabschreibung siehe Rz 349b.

Mit dem Ausscheiden eines Gruppenmitglieds scheiden auch finanziell mit diesem verbundene Gruppenmitglieder mit der Verschmelzung oder mangels Vorliegens der Mindestbestanddauer rückwirkend aus. Soweit dabei ausländische Gruppenmitglieder ausscheiden, sind offene, im Inland angesetzte und im Ausland noch nicht verrechnete Verluste bei der Ermittlung des Einkommens des Gruppenträgers in jenem Wirtschaftsjahr nachzuversteuern, in das der Tag des Ausscheidens des ausländischen Gruppenmitglieds fällt. Führt die Verschmelzung nicht nur zum Ausscheiden eines ausländischen Gruppenmitglieds, sondern zur Auflösung der gesamten Unternehmensgruppe, ist der Nachversteuerungsbetrag im letzten Wirtschaftsjahr zu erfassen, in dem die Unternehmensgruppe noch bestanden hat (siehe auch KStR 2013 Rz 1092).

An der dargestellten Rechtslage ist auch durch die Einführung der Rückwirkung auf Anteilsinhaberebene durch das BudBG 2007 (siehe Rz 262) keine Änderung eingetreten. Kommt es bei der beteiligten Körperschaft infolge der Verschmelzung zu einer ausreichenden finanziellen Verbindung an der übernehmenden gruppenfremden Körperschaft, kann im Fall, dass der Beginn des Wirtschaftsjahres dieser Körperschaft mit dem Tag nach dem Verschmelzungsstichtag zusammenfällt, durch Stellung eines rechtzeitigen Erweiterungsantrages gemäß § 9 Abs. 10 KStG 1988 zwar eine zeitlich nahtlose Einbeziehung der gruppenfremden Körperschaft erfolgen. Dies ändert aber nichts am vorhergehenden Ausscheiden des auf die gruppenfremde Körperschaft verschmolzenen Gruppenmitgliedes."

Für die Richterin ergibt sich daraus folgendes:

Gemäß § 9 Abs. 5 S 4 KStG 1988 gelten nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzung für die Gruppenbildung. Wird daher ein Gruppenmitglied auf eine gruppenfremde Körperschaft verschmolzen, scheidet das Gruppenmitglied ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag aus der Gruppe aus bzw. kommt es bei Verschmelzungsstichtagen innerhalb der dreijährigen Mindestbestandsdauer des § 9 Abs. 10 KStG zu einer Rückabwicklung für das Gruppenmitglied. Gruppenmitglieder, welche im Rahmen der Umgründungsmaßnahme aus der Gruppe hinausverschmolzen werden, scheidendemnach grundsätzlich aus der Unternehmensgruppe aus.

Dies soll nach Ansicht der Amtspartei auch im gegenständlichen Fall gelten, obwohl eine ausreichende finanzielle Verbindung mit der gruppenfremden übernehmenden Körperschaft entsteht und die übernehmende Körperschaft durch die Stellung eines rechtzeitigen Ergänzungsantrags mit 1.1.2018 in die Unternehmensgruppe aufgenommen wurde. Hierdurch werde nach Ansicht der Amtspartei zwar die übernehmende Körperschaft zum Gruppenmitglied, das übertragende Gruppenmitglied scheide jedoch dessen ungeachtet verschmelzungsbedingt aus der Unternehmensgruppe aus (UmgrStR Rz 354).

Dagegen spricht nach Ansicht der Richterin folgendes:

Umgründungen gelten mit Ablauf des vereinbarten Stichtages als durchgeführt. Die Verschmelzung zum 31.12.2017 wurde daher am 1.1.2018 wirksam.Da Umgründungen erst mit Ablauf des Umgründungsstichtages ertragsteuerlich wirksam werden, ist das übertragene Vermögen erst nach Ablauf des Umgründungsstichtages dem übernehmenden Rechtsträger ertragsteuerlich zuzurechnen.

Wenn die gruppenfremde Körperschaft mit Wirkung ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag in die Gruppe aufgenommen wird, handelt es sich nach Ansicht der Richterin um die Übertragung von Vermögen innerhalb einer Unternehmensgruppe iSd § 9 Abs 5 S 4 KStG und somit um den Fall einer "nahtlosen" Gruppenzugehörigkeit des übertragenden Gruppenmitglieds. (vgl. RZ 82 Jann/Rittsteuer/Schneider in Kofler (Hrsg), UmgrStG, 10. Aufl. (2021), KStG, § 9)

Dafür sprechen auch die ErlRV zum BudBG 2007 zu § 5 Abs 1, wonach die Rückwirkungsfiktion auf Anteilsinhaberebene bei der Verschmelzung und Spaltung eingeführt wurde, um bei der Gruppenbesteuerung unerwünschte Erschwernisse zu beseitigen (ErlRV 43 BlgNR 23. GP , 25; Wiesner/Mayr, RdW 2007, 437).

Für den Fall der Verschmelzung des Gruppenträgers hat der VwGH zwar eine restriktive Haltung eingenommen (VwGH vom 28.06.2016, 2013/13/0066). Nach Ansicht des VwGH begründet der Untergang des Gruppenträgers infolge der Verschmelzung ein Ausscheiden des Gruppenträgers aus der Unternehmensgruppe. Das Ausscheiden des Gruppenträgers geht nach § 9 Abs 9 KStG mit der Beendigung der Unternehmensgruppe einher. Die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs 5 KStG, nach der Umgründungen innerhalb der Gruppe für den Bestand der Gruppe unschädlich sind, greift nicht, da es sich um eine Verschmelzung des Gruppenträgers auf eine Gesellschaft außerhalb der Gruppe handelt.

Diese restriktive Ansicht wurde in der Vergangenheit kritisch gesehen, da aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge der Verschmelzung die Gruppenträgereigenschaft auf die übernehmende Körperschaft übergehen und die Gruppe nahtlos fortgesetzt werden sollte (UFS 25.4.2013, RV/0088-W/12; Krafft, UFSjournal 2013, 241; Jann/Rittsteuer, taxlex 2013, 358; Siller/Stefaner, GES 2013, 364, Zöchling in Kirchmayr/Mayr/Hirschler, Gruppenbesteuerung 6 ff, Siller/Stefaner, RdW 2011, 632 ff; Zöchling/Haslinger in Q/A/H/T/T Rz 7; Urtz in Achatz/Kirchmayr § 9 Tz 225; Erdély in D/H/H/S 152).

Diese Rechtsprechung ist aber auf den beschwerdegegenständlichen Fall nach Ansicht der Richterin nicht anwendbar. Die Gruppe wird im gegenständlichen Fall nämlich nicht "nach oben" erweitert.

Im gegenständlichen Fall wurde die gruppenfremde übernehmende Gesellschaft mit Wirksamkeit zum 1.1.2018 in die Unternehmensgruppe aufgenommen und bestand schon davor eine 100%ige Beteiligung des Gruppenträgers.Nach Ansicht der Richterin liegt dadurch eine ununterbrochene Gruppenzugehörigkeit des übertragenen Gruppenmitglieds bzw. des diesbezüglichen Vermögens vor.

Demzufolge scheidet die Bf. nach Ansicht der Richterin aufgrund der Verschmelzung nicht aus der Unternehmensgruppe aus. Ebenso führt eine Verschmelzung vor Ablauf der dreijährigen Mindestbestandsdauer im gegenständlichen Fall entgegen der Ansicht der Amtspartei zu keiner Rückabwicklung der Unternehmensgruppe, da eine gruppeninterne Verschmelzung keine Bedeutung für die dreijährige Mindestzugehörigkeit einer Gesellschaft zur Gruppe hat, weil sich das Vermögen auch nach der Verschmelzung in der Gruppe befindet.

Der angefochtene Aufhebungsbescheid war aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Gemäß § 9 Abs. 5 S 4 KStG 1988 gelten nur Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe nicht als Änderung der Voraussetzung für die Gruppenbildung. Ob diese Voraussetzung beim beschwerdegegenständlichen Sachverhalt vorliegt, wurde vom Verwaltungsgerichtshof bisher nicht entschieden. Eine Revision ist daher zulässig.

Linz, am 3. Mai 2022

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 9 Abs. 5 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

Verweise:

UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 354
VwGH 28.06.2016, 2013/13/0066

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