BFG RV/7101566/2016

BFGRV/7101566/20167.12.2016

Stellen bestimmte Serviceleistungen selbständige Leistungen iSd § 3a Abs.1 UStG 1994 dar oder zählen diese Serviceleistungen zu den Bauleistungen iSd § 19 Abs. 1a UStG 1994?

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7101566.2016

 

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Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2017/13/0003. Mit Erk. v. 25.4.2018 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch Senatsmitglieder, in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch Gregorich & Partner GmbH, Heiligenstädter Straße 50-52, 1190 Wien, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom 28. September 2015 und 12. April 2016, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011 - 2014 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) übt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Baugewerbe (Hochbau) aus.

Im Zuge einer Außenprüfung betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer, Kammerumlage und zusammenfassende Meldung für die Jahre 2011 bis 2013 wurden im Bericht vom 18. September 2015 unter

Tz. 1

folgende steuerliche Feststellungen getroffen: Die Bf. habe im gesamten Prüfungs- und Nachschauzeitraum Bauleistungen an diverse Subauftragnehmer aus Portugal vergeben, die in Österreich an Bauvorhanden tätig geworden seien.

Die Baustellenfristen für die Begründung einer Betriebsstätte seien nicht überschritten und das Vorliegen von Personalgestellungen nicht festgestellt worden.

Mit den Subauftragnehmern seien Rahmenverträge über die Zurverfügungstellung von Arbeiterquartieren, Fahrzeugen für den Personaltransport und vom Auftragnehmer ausgelöste Beistellungen (siehe Verträg über Serviceleistungen der Bf.) abgeschlossen worden. In diesen sei auch ein Kostenaufschlag in Höhe von 10% als Bearbeitungsgebühr (management fee) vereinbart worden.

Verpflegung, Service- und Reparaturkosten, Arbeitsmittel und Bekleidung bzw. Werkzeuge seien nach Anfall weiterbelastet worden. Die Bf. habe diese Kosten pro Monat an die jeweiligen portugiesischen Subauftragnehmer ohne Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gem. § 19 Abs. 1a UStG 1994 in Rechnung gestellt.

Zu diesem Sachverhalt vertrat die Betriebsprüfung (BP) die Ansicht, dass die in der Folge dargestellten Leistungen der Bf. keine Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 seien. Die Kostenbelastungen an die portugiesischen Subauftragnehmer würden nicht das umsatzsteuerliche Schicksal der vereinbarten Bauleistung teilen, sondern würden selbständige Leistungen darstellen. Es habe sich hierbei um mehrere Lieferungen und sonstige Leistungen gehandelt, die getrennt voneinander umsatzsteuerlich zu beurteilen seien:

Die Zurverfügungstellung der Quartiere für die Arbeitnehmer des Subauftragnehmers sei eine Besorgungsleistung gem. § 3a Abs. 4 UStG 1994. Die besorgte Leistung bestehe in der Beherbergung der Arbeitnehmer und ist gem. § 3a Abs. 9 lit. b UStG 1994 am Grundstücksort (Österreich) steuerbar und steuerpflichtig.

Die Umsätze aus der Vermietung der Fahrzeuge seien von der Mietdauer abhängig zu beurteilen. Im vorliegenden Fall handle es sich um langfristige Vermietungen von Fahrzeugen, die am Empfängerort (Portugal) steuerbar seien. Diese Umsätze seien in der zusammenfassenden Meldung (ZM) erfasst worden. Die mit der Vermietung direkt zusammenhängenden Aufwendungen (Treibstoff, Strafen etc.) würden das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen.

Die von der Bf. weiterverrechneten Aufwendungen für Arbeitsmittel, -bekleidung, Verpflegung etc. seien Lieferungen, deren Lieferort sich nach § 3 Abs. 8 UStG 1994 bestimme. Da diese Aufwendungen zur Verfügung des portugiesischen Subauftragnehmers in Österreich geliefert worden seien, seien diese in Österreich steuerbar und steuerpflichtig und mit dem entsprechenden Mehrwertsteuersatz (10% bzw. 20%) zu verrechnen.

Ausgangspunkt der Umsatzversteuerung der von der Bf. für die portugiesischen Subunternehmen erbrachten sonstigen Leistungen seien die verbuchten Spesen und Nächtigungskosten lt. Buchhaltungskonto Nr. 5062 gewesen. Diese Beträge seien um einen 10% igen Aufschlag erhöht und als Umsatzsteuerbemessungsgrundlage angesetzt worden.

Tz. 2

In dieser Textziffer führte die Betriebsprüfung sämtliche portugiesische Subunternehmen an, die mit der Bf. im operativen Bereich eine Rechts- und Geschäftsbeziehung unterhalten hätten.

Tz. 3

In dieser Textziffer nahm die BP Stellung zum Antrag der Bf. vom 10. August 2015 und führte hierzu aus, dass kein Zweifel an der Qualität der sonstigen Leistung bestehe. Es verbleibe für die Behörde kein Ermessensspielraum.

Im konkreten Fall handle es sich eindeutig um die Besorgung einer Beherbergungsleistung und somit definitiv nicht um eine Bauleistung. Die Rz. 2602c UStR 2000 sei nicht anwendbar, da keine strittige Bauleistung vorliege.

Auch wenn die Umsatzsteuer in der Unternehmerkette neutral sei, spiele es eine entscheidende Rolle, wo diese Leistung steuerbar sei, unabhängig davon, ob eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug vorliege.

Gegenständliche Besorgungsleistungen seien in Österreich steuerbar, sodass es nicht zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger komme. Die rechtsrichtige umsatzsteuerliche Lösung könne nur über eine Berichtigung der Rechnungen und einem eventuellen Vorsteuererstattungsverfahren durch den portugiesischen Leistungsempfänger führen.

Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 wieder auf, erließ dementsprechende Jahresbescheide, sowie einen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für November 2014.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde brachte die Bf. vor, dass sie seit den 1980er Jahren im Baugewerbe tätig sei und die beauftragten Arbeiten zum Teil an portugiesische Subunternehmer weitervergeben habe. Hierbei handle es sich ausschließlich um Bauleistungen iSd § 19 Abs. 1a UStG 1995. Gleichzeitig habe die Bf. für die portugiesischen Subunternehmer folgende Leistungen erbracht und an diese verrechnet: Vermietung von Quartieren, Vermietung, Servicierung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Bereitstellung von Arbeitsmitteln. Diese Leistungen seien ebenfalls nach dem Reverse-Charge-Prinzip ohne Umsatzsteuer an die portugiesischen Subunternehmer verrechnet worden.

Tatsächlich seien diese Rechnungen gestützt auf Rz. 2602c UStR 2000 bewusst als "Reverse Charge"-Rechnung ausgestellt worden, denn die Umsatzsteuerrichtlinien (Rz. 2602c) würden eine demonstrative Liste enthalten, welche Leistungen als Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 anzusehen seien und welche Leistungen keine Bauleistungen darstellen würden. Beispielsweise liege eine Bauleistung im Falle der Vermietung von Containern vor. Die Vermietung von Quartieren erfülle den selben Zweck, wie die Vermietung von Containern, nämlich die Beherbergung der Arbeitnehmer der Subunternehmer am Ort der Bauausführung.

Die Richtlinien würden weiters ausführen: Wenn im Einzelfall Zweifel darüber bestünde, ob eine Bauleistung vorliege, dann könnten der Leistungsempfänger und der Leistungserbringer davon ausgehen, dass eine Bauleistung vorliege. Falls sich diese Entscheidung als falsch herausstelle, bliebe es dennoch bei der Einstufung der Leistung als Bauleistung (vgl. Ruppe/Achatz, UStG, 4. Auflage [2011], § 19, Tz 48; Melhardt/Tumpel, UStG² [2015], § 19, Tz 56; Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG, 42. Lieferung [2014], § 19, Tz 44).

In weiterer Folge zitierte die Bf. die zu § 19 verfasste Textziffer 48 des Kommentars zum UStG aus Ruppe/Achatz, UStG, 4. Auflage (2011) und brachte vor, dass diese Zweifelsbestimmungen teleologisch nachvollziehbar seien. Sie würden auf dem Gedanken basieren, dass es beim Übergang der Steuerschuld grundsätzlich zu keinem Steuerausfall komme. Daher stelle der Übergang der Steuerschuld tendenziell das fiskalisch wünschenswerte Szenario dar.

Selbst wenn die gegenständliche Beherbergung nicht mit der Vermietung von Baucontainern gleichzusetzen sei, liege zumindest Zweifel darüber vor, sodass die oben zitierte Zweifelsregelung zur Anwendung gelange und es bliebe bei der Einstufung als Bauleistung (siehe oben).

Die Feststellungen der Betriebsprüfung würden sowohl dem Wortlaut der Umsatzsteuerrichtlinien (Rz. 2602c) widersprechen, als auch dem Telos der Bestimmungen über den Übergang der Steuerschuld und seien somit nicht zutreffend.

Die Bf. stellte den Antrag, die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen.

Nach Eingang der Beschwerde erließ das Finanzamt noch den Jahresbescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2014, der in der Folge gem. § 293b BAO berichtigt wurde. Begründend führte das Finanzamt hierzu aus, dass bei der Erstellung des Umsatzsteuerjahresbescheide 2014 offensichtliche Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung übernommen worden seien und der Umsatzsteuerjahresbescheid 2014 in Bezug auf die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage in Anlehnung an den Betriebsprüfungsbericht vom 18. September 2015 zu berichtigen sei.

Auch gegen diesen Bescheid legte die Bf. Beschwerde ein, die im Wortlaut mit der vorangeführten Beschwerde identisch ist.

Beide Beschwerden wurden dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung betonte die Bf. nochmals jene zwei Argumente, auf die sie ihre Beschwerden stützte. Einerseits stehe in den Umsatzsteuerrichtlinien, die Vermietung von Containern für Wohnzwecke sei eine Bauleistung, andererseits sei in den Richtlinien zu finden, wenn die Beurteilung einer Leistung als Bauleistung durch die Parteien unrichtig sei und dies stelle sich erst im Nachhinein heraus, bleibe es bei dieser Beurteilung.

Zum Sachverhalt befragt ergänzte die Bf., dass die Container, ausgestattet mit Küche und Sozialräumen, von einer Containerfirma aufgestellt worden seien und die Unterkünfte in Abhängigkeit zur jeweiligen Lage der Baustelle gewählt worden seien. Letztlich habe die Bf. die Arbeiterquartiere, ob Mietwohnungen oder Container, gleichgesetzt.

Betreffend die umsatzsteuerliche Beurteilung der Serviceleistungen habe die Bf. keine Zweifel gehabt, diese als Bauleistungen anzusehen. Die Bf. sei Leistende gewesen sei und habe die Rechnungen richtig ausstellen müssen. Einen Schriftverkehr zwischen der Bf. und den Subunternehmern, dass Zweifel über die steuerliche Beurteilung der Serviceleistungen bestanden habe, habe es nicht gegeben.

Die Vertreterin des Finanzamtes führte aus, dass für die Finanzverwaltung kein Zweifelsfall vorliege, zumal aus den Rahmenverträgen nicht hervorgehe, dass zwischen der Bf. und den portugiesischen Subunternehmern Bauleistungen vereinbart worden seien.

Letztlich bekräftigte die Bf. ihre Ansicht, dass die damit verbundenen Beistellungen an die Subunternehmer im Rahmen der durchzuführenden Bauleistungen auch zu den Bauleistungen gehörten. Sie sei nämlich kein Beherbergungsbetrieb, sondern eine reine Baufirma, die auf diese Nebenleistungen auch das Revers-Charge-System anwende.

 

Über die Beschwerden wurde erwogen:

 

Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

Die Bf. vergab in den streitgegenständlichen Jahren Bauleistungen zum Teil an portugiesische Subauftragnehmer.

Mit folgenden Subauftragnehmern unterhielt die Bf. Rechts- und Geschäftsbeziehungen: [...]

(Namentliche Aufzählung der Subauftragnehmer)

Mit einigen der oben angeführten Subunternehmern schloss die Bf. schriftliche Rahmenverträge über Serviceleistungen ab. Auf Grund dieser Rahmenverträge stellte die Bf. folgende Leistungen den Subauftragnehmern zur Verfügung: Quartiere für die Arbeiterunterbringung, Fahrzeuge für den Personaltransport, vom Auftragnehmer (portugiesischen Subunternehmer) ausgelöste Beistellungen. Diese sind Aufwendungen für Arbeitsmittel, Arbeitskleidung, Werkzeug, Verpflegung, etc. Die dafür aufgewendeten Spesen und Nächtigungskosten wurden auf dem Buchhaltungskonto der Bf. mit der Nummer "5062" verbucht.

Die verbuchten Spesen und Nächtigungskosten wurden mit einem Aufschlag von 10 % an den jeweiligen Subauftragnehmer weiterverrechnet.

Rechtlich folgt daraus:

Zurverfügungstellung von Arbeiterquartieren

§ 3a Abs. 1 UStG 1994 normiert: Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.

Besorgt ein Unternehmer eine sonstige Leistung, so sind gemäß § 3a Abs. 4 UStG 1994 die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.

Eine Besorgungsleistung liegt vor, wenn ein Unternehmer die Erbringung einer sonstigen Leistung durch einen dritten Unternehmer organisiert und der besorgende Unternehmer dabei im eigenen Namen (Außenverhältnis), aber auf fremde Rechnung (Innenverhältnis) tätig wird. Dies ist dann der Fall, wenn das Risiko, das mit der besorgten Leistung verbunden ist, nicht vom Besorgenden, sondern von dessen Auftraggeber getragen wird. Der besorgende Unternehmer schuldet nicht die besorgte Leistung, sondern die Besorgung dieser Leistung. Neben dem Kostenersatz erhält der Besorgende in der Regel auch ein eigenes Besorgungsentgelt. Der besorgende Unternehmer ist dabei so zu behandeln, als hätte er die besorgte Leistung selbst erhalten (Leistungseinkauf) bzw. erbracht (Leistungsverkauf). Die Tatsache, dass der besorgende Unternehmer auf fremde Rechnung handelt, wird damit für umsatzsteuerrechtliche Zwecke ignoriert. Der besorgende Unternehmer ist in den Leistungsaustausch eingeschaltet (dies entspricht der umsatzsteuerlichen Behandlung der Besorgung einer Lieferung im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts). Es liegt daher eine Leistung an den besorgenden Unternehmer (die besorgte Leistung) und eine Leistung des besorgenden Unternehmers (die Besorgungsleistung) vor. Die Besorgungsleistung ist somit eine von der besorgten Leistung zu unterscheidende eigenständige Hauptleistung, wobei die Qualifikation der besorgten Leistung maßgeblich für die Qualifikation der Besorgungsleistung ist. Bei einer Besorgungsleistung sind zwei Arten von Leistungen möglich, die sich danach unterscheiden, ob ein Unternehmer (der Besorger) im eigenen Namen aber im Auftrag und für Rechnung eines anderen Unternehmers (des Auftraggebers) einen Dritten zu einer Leistung an den Auftraggeber veranlasst (sog. Leistungseinkauf) oder (sog. Leistungsverkauf) als Besorger im eigenen Namen aber im Auftrag eines anderen Unternehmers (des Auftraggebers) einen Dritten veranlasst, eine Leistung des Auftraggebers zu beziehen (Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON, Kommentar, § 3a UStG, Rz. 60 ff). Im gegenständlichen Fall besorgt die Bf. Unterkünfte für die Arbeiter der Subauftragnehmer, sie stellt den Arbeitern der jeweiligen Subauftragnehmer Unterkünfte zur Verfügung (siehe § 1 Gegenstand der Rahmenverträge), die sie an die Subauftragnehmer mit einem 10 % igen Aufschlag weiterverrechnet. Damit erbringt die Bf. im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung eine sonstige Leistung.

Im Gegensatz dazu sind Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Dass die Zurverfügungstellung von Arbeiterquartieren eine Bauleistung sei, ist für den Senat somit nicht nachvollziehbar. Bemessungsgrundlage für die Leistung der Bf. ist der Kostenersatz für die besorgte Leistung (z.B. Miete für die Wohnungen) zuzüglich des eigenen Besorgungsentgeltes.

Die Bf. vertritt in der Beschwerde die Meinung, für den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt gelange die Rz. 2602c UStR 2000 zur Anwendung. Diese Randzahl beinhalte eine demonstrative Aufzählung von Leistungen, die als Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 anzusehen seien. So liege beispielsweise eine Bauleistung im Falle der Vermietung von Containern vor. Die Vermietung von Quartieren erfülle jedoch denselben Zweck, wie die Vermietung von Containern; sie diene der Beherbergung der Arbeitnehmer der Subunternehmer am Ort der Bauausführung. Diesem Vorbringen ist einerseits entgegenzuhalten, dass Ausführungen der UStR 2000 Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen sind, die für das Bundesfinanzgericht keine maßgebende Rechtsquelle darstellen. Sie begründen weder objektive Rechte noch subjektive Ansprüche des Steuerpflichtigen (vgl. VwGH 25. Juni 2008, 2007/15/0102). Auf der anderen Seite ist der Text der beispielhaften Aufzählung, welche Leistungen Bauleistungen darstellen, von der Bf. verkürzt wiedergegeben worden. Bei den Einzelfällen wird zwar die Vermietung eines Containers, Autokrans und Krans als Bauleistung im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 angesehen. Zur Vermietung von Containern (z.B. Büro-, Wohn- oder Sanitärcontainer) wird jedoch noch ergänzend ausgeführt, dass die Containervermietung eine Bauleistung ist, wenn diese vom Vermieter aufgestellt und mit Grund und Boden verbunden werden (Anschrauben; Fundamentierung). Wenn das Finanzamt zur Ansicht gelangt, die Weiterverrechnung der Wohnkosten für Arbeiterquartiere stellt eine selbständige Leistung (sonstige Leistung) der Bf. dar, die nicht das umsatzsteuerliche Schicksal der vereinbarten Bauleistungen teilen und damit in umsatzsteuerlicher Sicht getrennt von den Bauleistungen zu beurteilen sind, ist es im Recht.

Auch im Bezug auf den Leistungsort bei sonstigen Leistungen stimmt der Senat mit der Ansicht des Finanzamtes überein; denn gemäß § 3a Abs. 9 lit .b UStG 1994 wird eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück gelegen ist. Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind auch die Beherbergung in der Hotelbranche oder in Branchen mit ähnlicher Funktion (z.B. in Ferienlagern oder auf Campingplätzen). Die Arbeiter der Subunternehmen sind in Österreich beherbergt worden, sodass sich der Ort der sonstigen Leistung der Bf. in Österreich befindet.

Soweit die Bf. einen Absatz der Rz. 2602c UStR 2000 zitiert, worin der Leistungsempfänger und der Leistungserbringer bei Zweifel über Bestehen einer Bauleistung einvernehmlich davon ausgehen könnten, dass eine Bauleistung vorliege, ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall eben keine Bauleistung, sondern eine Serviceleistung der Bf. vorliegt. Die von der Bf. an die jeweiligen portugiesischen Subauftragnehmer monatlich gelegten Rechnungen für die strittigen Spesen (wie z.B. für Miete, Service, Reparatur, Verpflegung, Arbeitsmittel, Bekleidung, Werkzeuge) beinhalten zwar den Hinweis betreffend Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gem. § 19 Abs. 1a UStG 1994, dieser Zusatz kann jedoch nicht dazu führen, dass die tatsächlich ausgeführten Service-Leistungen der Bf. für die portugiesischen Subunternehmer keiner Umsatzbesteuerung zugeführt werden. Der Senat gelangt daher zur Ansicht, dass kein Zweifel am Vorliegen der sonstigen Leistungen der Bf. für die Subauftragnehmer besteht. Wenn die Bf. in diesem Zusammenhang auf die Ansichten der Autoren Ruppe/Achatz, Melhardt/Tumpel und Scheiner/Kolacny/Caganek verweist, wonach die Auffassung der Finanzverwaltung diejenige sei, "dass bei begründetem Zweifel an der Beurteilung einer Leistung als Bauleistung die Beteiligten einvernehmlich davon ausgehen könnten, dass eine Bauleistung vorliegt; ist dies jedoch unrichtig, bleibe es bei der Beurteilung", ist zu erwidern, dass in den zitierten Literaturstellen aber auch der Hinweis angebracht ist, dass es dabei bleiben soll, wenn es dadurch endgültig zu keinem Steuerausfall gekommen ist (in Ruppe/Achatz), oder wenn sich die Entscheidung der Unternehmer als falsch herausstellt, wird die Finanzverwaltung die vorgenommene Versteuerung als Bauleistung nicht ändern (in Melhardt/Tumpel und Scheiner/Kolacny/Caganek). Sämtliche Autoren gehen davon aus, dass es durch die Vereinbarung zu keinem Steuerausfall kommt bzw. die diesbezügliche Leistung versteuert wurde. Dies trifft im gegenständlichen Fall eben nicht zu, denn die Bf. hat auf die diversen Serviceleistungen noch eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 10 % aufgeschlagen (siehe Rahmenvertrag § 2, Art und Umfang der Verrechnung) und ohne Umsatzsteuer an die portugiesischen Subunternehmer weiterverrechnet.

Soweit die Bf. in der mündlichen Verhandlung ergänzend erläutert, dass die Container nicht von ihr selbst, sondern von einer Containerfirma aufgestellt wurden, ist darauf hinzuweisen, dass der Sachverhalt in den Umsatzsteuerrichtlinien Rz. 2602c anders dargestellt ist. Denn darin ist unter Einzelfälle – Vermietung angeführt, dass die Vermietung von Containern (z.B. Büro-, Wohn-oder Sanitärcontainer) eine Bauleistung ist, wenn die Container vom Vermieter aufgestellt und mit Grund und Boden verbunden werden (Anschrauben; Fundamentierung). Nach eigenen Angaben der Bf. hat sie diese Leistung nicht erbracht. Sie hat als Serviceleistung je nach Lage der Baustelle Mietwohnungen oder Container für die Arbeiter der Subunternehmer angemietet.

Wenn die Bf. schließlich ihre Ansicht bekräftigt, die mit den Bauleistungen verbundenen Beistellungen an die Subunternehmer würden als unselbständige Leistung zu den Bauleistungen gehören, ist zu erwidern, dass grundsätzlich jede einzelne Leistung für sich der Umsatzsteuer unterliegt. Nur wenn Leistungen nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zusammengehören, behandelt das Umsatzsteuerrecht die wirtschaftliche Einheit mehrerer Leistungen als eine Leistung. Von einer einheitlichen Leistung kann dann ausgegangen werden, wenn durch das Zusammenwirken mehrerer gleichwertiger, ansonsten selbständiger Teilleistungen ein angestrebter wirtschaftlicher Erfolg verwirklicht wird. Dies ist dann der Fall, wenn die einzelnen Leistungen technisch und wirtschaftlich derart aufeinander abgestimmt sind und sich so ergänzen, dass ein Gegenstand (Leistung) anderer Marktgängigkeit entsteht oder wenn die einzelnen Leistungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv ein Ganzes bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON², § 1, Kommentar, Rz. 44). Davon ausgehend handelt es sich bei den in Streit stehenden Leistungen um eigenständige Serviceleistungen (Besorgungsleistungen) der Bf. an die portugiesischen Subunternehmer. Zwischen den Bauleistungen der Bf. und den Besorgungsleistungen der Bf. (Zurverfügungstellung von Fahrzeugen für den Personaltransport, Zurverfügungstellung von Quartieren für die Arbeiterunterbringung, von den portugiesischen Subunternehmern ausgelöste Beistellungen) besteht nach Ansicht des erkennenden Senates kein derart enger wirtschaftlicher Zusammenhang, sodass diese Leistungen umsatzsteuerlich mehrere selbständige Leistungen darstellen. Insofern sind die Beistellungen der Bf. mit den Bauleistungen der Bf. auch nicht verbunden.

Fahrzeuge für den Personaltransport

Hinsichtlich der langfristigen Vermietungen von Fahrzeugen gemäß § 3a Abs. 12 Z. 1 UStG 1994 teilt der Senat die Ansicht des Finanzamtes, dass diese sonstigen Leistungen am Empfängerort (Portugal) steuerbar sind und in der ZM (zusammenfassenden Meldung) zu erfassen sind.

Vom Auftragnehmer ausgelöste Beistellungen

Betreffend die weiterverrechneten Aufwendungen für Arbeitsmittel, Werkzeuge, Arbeitskleidung, Verpflegung der Arbeitnehmer der portugiesischen Subauftragnehmer handelt es sich hierbei um Lieferungen, die zur Verfügung des portugiesischen Subauftragnehmers in Österreich geliefert wurden. Damit sind diese Lieferungen auf Grund des § 3 Abs. 8 UStG 1994 in Österreich steuerbar und steuerpflichtig und mit dem entsprechenden Umsatzsteuersatz zu verrechnen. Durchaus nachvollziehbar ist, wenn das Finanzamt von einer weiteren Aufgliederung der geringfügigen Anteile der im Aufwand verbuchten Eingangsrechnungspositionen, die einen 20 % igen Steuersatz aufweisen, aus verwaltungsökonomischen Gründen Abstand genommen hat, zumal die Bf. gegenüber dieser Vorgangsweise keinen Einwand vorbrachte.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die strittigen Leistungen der Bf. an die portugiesischen Subauftragnehmer in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Arbeiterquartieren Besorgungsleistungen iSd § 3a Abs. 4 UStG 1994 und die von den Arbeitnehmern der Subauftragnehmern ausgelösten Beistellungen Lieferungen iSd § 3 Abs. 8 UStG 1994 darstellen. Die hierfür lt. Buchhaltungskonto Nr. 5062 aufgewendeten Spesen der Bf. sind zusammen mit dem 10 % igen Aufschlag als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer heranzuziehen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Senat vertritt die Ansicht, dass die Leistungen (Serviceleistungen) der Bf. an die portugiesischen Subauftragnehmer selbständige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 1 UStG 1994 (Besorgungsleistungen) sind; die Frage, ob Bauleistungen und bestimmte Serviceleistungen zueinander im Verhältnis von Hauptleistung und unselbständiger Nebenleistung stehen, ist vom VwGH jedoch noch nicht entschieden worden. Die Revision ist daher zulässig.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Wien, am 7. Dezember 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 19 Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Bauleistungen, Besorgungsleistungen

Verweise:

VwGH 25.06.2008, 2007/15/0102

Stichworte