BFG RV/7103150/2013

BFGRV/7103150/20136.4.2016

Kontokorrentkredit an Gesellschafter als verdeckte Ausschüttung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7103150.2013

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerde­sache Bf, vertreten durch S, gegen die Haftungs­bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 7.10.2013, betreffend Kapital­ertrag­steuer für die Jahre 2009, 2010 und 2011, zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine im Jahr 2005 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Geschäftsführer und einziger Gesellschafter der Bf. ist Herr G. Betriebs­gegenstand der Bf. sind EDV-Dienst­leistungen.

Im Rahmen einer bei der Bf. für die Jahre 2009 bis 2011 durchgeführten Außen­prüfung wurden unter anderem folgende Feststellungen getroffen:

Die Gründung der Bf. erfolgte durch Einbringung des Einzelunternehmens des Herrn G. Die vom Einzelunternehmen erwirtschafteten Einkünfte in den Jahren 2002 bis 2004 betrugen rund € 430.000,00 bis € 460.000,00. Der Firmenwert dieses einge­brachten Einzel­unternehmens zum 1.4.2005 wurde mit € 1.281.983,18 bewertet.

Zum 31.12.2005 wurde in der Bilanz der Bf. der Passivposten "Verbindlichkeit gemäß § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG" in Höhe von € 1.095.871,27 (resultierend aus der Einbringung des Einzel­unternehmens) ausgewiesen.

Dieser Passivposten wurde in den Jahren 2006, 2007 und 2008 mit den Entnahmen des Gesellschafters zur Gänze gegenverrechnet.

Ab dem Jahr 2009 wurden vom Gesellschafter G weiterhin laufend hohe Entnahmen getätigt und auf einem Verrechnungskonto erfasst.

Dieses Verrechnungskonto wurde

- im Jahr 2010 mit einem Betrag in Höhe von € 23.857,00 und

- im Jahr 2011 mit einem Betrag in Höhe von € 28.627,40

verzinst.

Im Jahr 2009 wurden keine Zinsen dem Verrechnungskonto angelastet bzw. von der GmbH kein Zinsertrag erklärt.

Im Zuge der Außen­prüfung wurden jene Vereinbarungen, welche in Verbindung mit dem Verrechnungskonto vorhanden sind, abverlangt.

Von der steuerlichen Vertretung wurde in der Folge ein Darlehensvertrag (Kontokorrent­vereinbarung) mit nachstehendem Inhalt übergeben:

Darlehensvertrag (Kontokorrentvereinbarung)

Zwischen

- Darlehensgeberin A GmbH (FN xxxxxxx ) und

- Darlehensnehmer Herrn G , geb. xx.xx.1946

wird folgende Vereinbarung geschlossen:

§ 1 Vertragsgegenstand

Die Darlehensgeberin gewährt hiermit dem Darlehensnehmer einen Kontokorrentkredit in Höhe von Euro 1.500.000‚--.

§ 2 Zinsen und Fälligkeit

Der Kontokorrentkredit ist mit einen marktüblichen Zinssatz jeweils am Jahresende zu verzinsen.

§ 3 Sicherheiten

Als Sicherheiten fungieren die Vermögenswerte im Privatbesitz von Herrn G .

§ 5 Schlussbestimmungen

Sollte eine der Klauseln dieses Vertrages unwirksam sein, so berührt dies den Vertrag im Übrigen nicht. Die Parteien verpflichten sich in diesem Fall, an Stelle der unwirksamen Klausel eine solche zu setzen, die dem wirtschaftlich Gewollten am nächsten kommt.

§ 6 Laufzeit

Der Darlehensvertrag läuft bis 31.12.2018.

Datum und Ort: Wien, 30.6.2009

Unterschriften von G und A GmbH

Betreffend den Darlehensvertrag vom 30.6.2009 wurde vom Prüfer mit Schreiben vom 4.7.2013 Folgendes abverlangt:

"Aufgrund der Höhe des Darlehens wird um Bekanntgabe ersucht, welche Bonitätsprüfungen bei der Darlehensgewährung durch die Firma A GmbH durchgeführt wurden.

- Welche "Vermögenswerte im Privatbesitz von Herrn G " waren nachweislich zum Vertragsabschluss am 30.6.2009 vorhanden und dienen als Sicherheit für das Darlehen.

- Welche der vorhandenen Vermögenswerte wurden zugunsten der Darlehensgeberin verpfändet, bei dieser hinterlegt bzw. dienen als grundbücherliche Besicherung.

- Weiters möge bekanntgegeben werden, wie bzw. in welcher Weise die Bonitätsprüfung bei der Darlehensgeberin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses durchgeführt und dokumentiert wurde.

Die diesbezügliche Dokumentation möge lückenlos beigebracht werden."

Von der Bf. wurden die Fragen am 9.8.2013 wie folgt beantwortet:

Da der Gläubigerin (A GmbH) der Schuldner (G) bestens bekannt war, war die Bonitätsprüfung noch besser möglich als zum Beispiel für eine Bank, die eine Bonitätsprüfung bei einem für sie fremden Kreditnehmer vornehmen muss.

Die A GmbH hatte als Nachweis, dass Herr G über ein aus­reichendes Einkommen verfügt, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis ein­schließlich 2008 vorliegen. Demnach erzielte Herr G im Zeitraum 2001 bis 2008 ein steuerpflichtiges Einkommen iHv € 2.218.274,94 und entrichtete dafür Einkommen­steuer iHv € 1.045.886,14.

Herr G verfügte zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung neben Barvermögen auch über eine Eigentumswohnung im 11. Bezirk.

Aufgrund der Einkommensverhältnisse wurde Herrn G das gegenständliche Darlehen von Seiten der A GmbH gewährt.

Im Prüfungs­bericht vom 7.10.2013 wird der Darlehensvertrag wie folgt gewürdigt:

"Zu § 2 des Darlehensvertrages (Zinsen und Fälligkeit) ist zu bemerken, dass es absolut nicht den üblichen Gepflogenheiten entspricht und somit Fremdüblichkeit nicht gegeben ist, wenn keine konkreten Angaben betreffend der Verzinsung gemacht werden.

Die Angabe "marktüblicher Zinssatz" lässt nicht erkennen, an welchen Indikator (z.B. Euribor) der Zinssatz geknüpft ist. Auch hinsichtlich der Bezahlung (Fälligkeit) der Zinsen wurden keine Vereinbarungen getroffen.

Per 31.12.2009 weist das Verrechnungskonto einen Saldo von € 190.925,05 aus. Eine Verzinsung wurde für dieses Jahr nicht vorgenommen.

In den Jahren 2010 und 2011 wurde zwar eine Verzinsung vorgenommen, aber es wurden keine tatsächlichen Zinstilgungen geleistet, sondern die verrechneten Zinsen erhöhten lediglich den Forderungsstand der GmbH gegenüber dem Gesellschafter.

Dies ist laut Ansicht des Prüfers keine einem fremdüblichen Darlehen entsprechende Vereinbarung bzw. Vorgehensweise.

Zu § 3 des Darlehensvertrages (Sicherheiten) ist Nachstehendes zu bemerken:

- Bei Darlehen in gegenständlicher Höhe ist es fremdüblich, dass diese durch werthaltige Sicher­heiten bzw. Bürgschafts- und Haftungserklärungen abgedeckt werden. Die Argumen­tation der GmbH, wonach die Darlehensgewährung überwiegend auch deshalb gewährt wurde, da der Darlehensnehmer in der Vergangenheit stets gut verdient hat, ist unerheblich. Es wurden nämlich keinerlei Bonitätsprüfungen durchgeführt, ob das künftige Einkommen geeignet ist, ein Darlehen über € 1,500.000,00 nur annähernd tilgen zu können.

- Es wurden keinerlei geeignete Maßnahmen gesetzt, die einer Einbringlichkeit förderlich sind.

- Für eine Darlehensgewährung in dieser Höhe ist besonderes Augenmerk darauf zu lenken, ob das Darlehen tatsächlich zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt durch den Darlehensnehmer rückzahlbar ist.

- Der laut Vorhaltsbeantwortung vorgebrachte Hinweis, dass Herr G über ein entspre­chen­des Einkommen für die Darlehensrückzahlung verfügt, kann nicht gefolgt werden, da

 – der Darlehensgeberin zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung bekannt sein musste, dass der Darlehensnehmer per Ende 2009 in Pension geht und somit sich die Einkünfte aus nicht­selb­ständiger Arbeit in Höhe von rund € 128.000,00 jährlich auf rund € 35.000,00 (ASVG-Pension) reduzieren werden.

 – Neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hat Herr G kein Einkommen.

 – Auch jährliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von rund € 128.000,00 würden nicht ausreichen, um ein Darlehen in Höhe von € 1,500.000‚00 zu tilgen.

Zusammenfassend kommt das Finanzamt zum Ergebnis, die GmbH hätte fremden Personen ein solches Darlehen nicht gewährt. Der Grund für die Darlehensgewährung ist nach Ansicht der Finanz­verwaltung im Gesellschaftsverhältnis zu finden. Das Rechtsgeschäft ist so unangemessen, dass auf Vorteilsgewährung geschlossen werden muss.

Weiters gab es im Zeitpunkt der Einräumung der Kontokorrentvereinbarung weder eine fremdübliche Bonitätsprüfung, noch wurden fremdübliche Sicherheiten konkret vereinbart, was bei einer derart hohen Kontokorrentkredithöhe jedenfalls zu erwarten ist. Eine Nicht­rück­zahlung des Darlehens wurde somit von der GmbH in Kauf genommen.

Bei Zusammenschau aller Umstände ist die Darlehensrückzahlung von vornherein jedenfalls nicht beabsichtigt gewesen bzw. bereits sogar bei Zuzählung (z.B. wegen mangelnder Bonität des Gesellschafters, hier jedenfalls keine fremdübliche Bonitätsprüfung) wohl auch praktisch unmöglich gewesen, weshalb vom Finanzamt eine verdeckte Ausschüttung festzustellen war (vgl. Achatz/Kirchmayr, KStG Kommentar 2011, zu § 8 Tz 382, 383)."

Aufgrund dieser Prüfungs­feststellungen wurden die von der GmbH erklärten Zins­erträge seitens der Betriebs­prüfung wieder storniert. Der um die Zinsen berichtigte Saldo des Verrechnungs­kontos wurde in den Jahren 2009, 2010 und 2011 als verdeckte Gewinn­ausschüttung an den Gesellschafter G gewertet.

Die auf die verdeckten Ausschüttungen entfallende Kapital­ertrag­steuer in Höhe von 25 % (2009: € 47.731,26, d.s. 25 % von € 190.925,05; 2010: € 101.374,96, d.s. 25 % von € 405.499,95; 2011: € 85.092,32, d.s. 25 % von € 340.369,27) wurde der Gesellschaft mit drei Haftungs­bescheiden vom 7.10.2013 für die Zeiträume 2009, 2010 und 2011 vorgeschrieben.

Gegen die Haftungs­bescheide vom 7.10.2013 erhob die Bf. Berufungen (nunmehr: Beschwerden), in welchen Folgendes ausgeführt ist:

"Im o.g. Prüfungsbericht vom 7.10.2013 wurde die Fremdüblichkeit des Darlehens aus folgenden Gründen verneint:

1. Es entspreche nicht einer Fremdüblichkeit, wenn keine konkreten Angaben betreffend der Verzinsung gemacht werden. Aus der Angabe "marktüblicher Zinssatz" lasse sich nicht erkennen, an welchen Indikator (z.B. Euribor) der Zinssatz geknüpft ist.

2. Das Verrechnungskonto weist per 31.12.2009 einen Saldo iHv € 190.925,05 aus. Eine Verzinsung wurde jedoch nicht vorgenommen.

3. In den Jahren 2010 und 2011 wurden zwar Zinsen verrechnet, jedoch habe keine tatsächliche Zinstilgung stattgefunden, sondern die verrechneten Zinsen erhöhten lediglich den Forderungsbestand der GmbH gegenüber dem Gesellschafter.

4. Bei Darlehen in gegenständlicher Höhe sei es fremdüblich, dass diese durch werthaltige Sicherheiten bzw. Bürgschafts- und Haftungserklärungen aufgedeckt werden. Die Argumentation der GmbH, wonach das Darlehen auch deshalb gewährt wurde, da der Darlehensnehmer in der Vergangenheit stets gut verdient hat, sei unerheblich.

5. Es sei keine Bonitätsprüfung durchgeführt worden, ob das künftige Einkommen geeignet sei, ein Darlehen über € 1.500.000,00 tilgen zu können.

6. Es wurden keinerlei geeignete Maßnahmen gesetzt, die der Einbringlichkeit förderlich sind.

7. Dem Hinweis, wonach Herr G über ein entsprechendes Einkommen für die Darlehens­gewährung verfüge könne nicht gefolgt werden, da der GmbH zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung bekannt sein musste, dass der Darlehensgeber per Ende 2009 in Pension geht und somit die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv rund € 128.000,00 auf rund € 35.000,00 (ASVG-Pension) reduziert werden. Auch jährliche Einkünfte aus nicht­selb­ständiger Arbeit iHv rund € 128.000,00 würden nicht ausreichen, um ein Darlehen iHv € 1.500.000,00 zu tilgen.

Der Haftungsbescheid zu Lasten der GmbH wird hinsichtlich der soeben genannten Erläuterungen aus dem Prüfungsbericht aus folgenden Gründen angefochten:

Zu Punkt 1:

Der Umstand, dass im Darlehensvertrag keine konkreten Angaben betreffend der Verzinsung gemacht wurden, begründet keinesfalls eine fehlende Fremdüblichkeit. Wenn überhaupt, liegt ein Formmangel vor. Bei einem solchen sind für die steuerliche Beurteilung nicht die schrift­lichen Vereinbarungen per se, sondern die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (vgl. Kotschnigg, Ausgewählte Fragen zur verdeckten Gewinnausschüttung, SWK 2002, 766).

So wurden in den Jahren 2010 und 2011 jeweils 4 % bzw. 3 % an Zinsen vom bis zum jeweiligen Bilanzstichtag kumulierten Entnahmebetrag verrechnet. Dies entspricht einer fremdüblichen Verzinsung.

Zu Punkt 2:

Die Aussetzung einer Zinsverrechnung betrifft hierbei lediglich das erste Halbjahr der Darlehens­laufzeit. Daraus lässt sich jedoch noch nicht schließen, dass die Gegenleistung für das Darlehen über dessen Gesamtlaufzeit gesehen unangemessen niedrig sei. Hinsichtlich der Angemessenheit ist hierbei auf die Gesamtausstattung des Darlehens Bedacht zu nehmen. Neben laufenden Zinsen sind u.a. auch Vereinbarungen über ein Damnum, Sicher­heiten und Laufzeit zu beachten (vgl. Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/ Vock, Die Körperschaftsteuer 21 [2012] § 8 Anhang Stichwort "Zinsen").

Sollte sich gegen Ende der Laufzeit für die GmbH herausstellen, dass die Gegenleistung doch zu niedrig war, so besteht für sie immer noch die Möglichkeit, dies durch ein entsprechendes Aufgeld auszugleichen bzw. nachzuverrechnen.

Zu Punkt 3:

Ebenso wie im Hinblick auf eine Darlehenssumme (vgl. Twardosz, Hohes Verrechnungs­konto eines Gesellschafters, SWK 2009, 516; VwGH 4.2.2009, 2008/15/0167) stellt unseres Erachtens auch das noch Nichtbezahlen von Zinsen bzw. das noch Nichtvorhandensein von diesbezüglichen Einbringungsmaßnahmen für sich alleine noch kein Indiz dafür dar, dass die GmbH auf die Zinsen verzichten würde.

Zu Punkt 4:

Entgegen der Auffassung des Prüfers ist das Argument der GmbH, wonach Herr G in der Vergangenheit stets gut verdient hat, sehr wohl erheblich. Durch die Verdienste von Herrn G kann auf entsprechendes Barvermögen geschlossen werden. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass Sicherheiten bei Kontokorrentverhältnissen zwischen Körperschaft und Anteilsinhaber nicht zwingend erforderlich sind, da dies auch im allgemeinen Geschäfts­leben in solch einem Fall eine unübliche Vorgehensweise darstellt (vgl. Renner in Quantschnigg/Renner/ScheIlmann/Stöger/Vock, Die Körperschaftsteuer 21 [2012] § 8 Anhang Stichwort "Darlehen"; Achatz/Kirchmayr, Körperschaftsteuergesetz [2011] § 8 Tz 380).

Zu Punkt 5:

In Anbetracht dessen, dass es sich bei Herrn G zum Zeitpunkt der Erstellung des Darlehens­vertrages sowohl um den Alleingesellschafter als auch um die alleinig vertretungs­befugte Person der GmbH handelte, konnte die GmbH - wie schon in der Stellungnahme vom 9.8.2013 erläutert - die Bonität von Herrn G weitaus besser bewerten als z.B. ein Kreditinstitut. Als Beleg für eine ausreichende Bonität dienten dabei u.a. die bereits bei der Erläuterung zu Punkt 4 erwähnten Nachweise.

Zu Punkt 6:

Wie aus dem Darlehensvertrag hervorgeht, endet dessen Laufzeit erst mit 31.12.2018. Da keine vorzeitigen Rückzahlungsverpflichtungen vereinbart wurden, sind eventuelle Einbrin­gungs­maßnahmen erst ab diesem Zeitpunkt notwendig. Des Weiteren sei, wie schon in den Ausführungen zu Punkt 4, anzumerken, dass das Nichtvorhandensein von Einbringungs­maßnahmen für sich alleine noch kein Indiz dafür ist, dass die GmbH auf die Darlehens­forderung verzichtet (vgl. Twardosz, Hohes Verrechnungskonto eines Gesellschafters, SWK 2009, 516; VwGH 4.2.2009, 2008/15/0167).

Zu Punkt 7:

Hier verweisen wir auf unsere Antwort zu Punkt 4.

In Anbetracht dieser Tatsachen ist beim Darlehen zwischen der GmbH und Herrn G sehr wohl von einem fremdüblichen Vertragsverhältnis auszugehen, weshalb hier der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung unseres Erachtens nicht gegeben ist."

Am 5.1.2016 erging an die Bf. ein Schreiben des Bundesfinanzgerichtes mit folgendem Inhalt:

"Bezugnehmend auf die oben angeführten Beschwerden wird um Bekanntgabe und Nachweis der Vermögens­verhältnisse des Herrn G zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung (30.6.2009) ersucht:

1. Bekanntgabe und Nachweis der Höhe und Zusammen­setzung des Kapital­vermögens des Herrn G zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung (Kopien ausreichend)

2. Bekanntgabe des Wertes der Eigentums­wohnung im 11. Bezirk in Wien, über die Herr  G zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung verfügt hat (falls nicht genau bekannt: Bekanntgabe des ungefähren Wertes).

Um Vorlage der oben angeführten Beweis­mittel an das Bundesfinanzgericht innerhalb von vier Wochen wird ersucht."

Mit Schreiben vom 8.2.2016 wurde seitens der Bf. zum Schreiben des Bundes­finanz­gerichtes vom 5.1.2016 wie folgt Stellung genommen:

"Hinsichtlich der Eigentumswohnung im 11. Bezirk in Wien liegt kein Sach­verständigen­gutachten vor, der Wert zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung (30.6.2009) wird mit € 300.000 geschätzt.

Leider verfügt Herr G über keinen Nachweis mehr hinsichtlich der Höhe und Zusammen­setzung seines Kapitalvermögens zum 30.6.2009. Allerdings wurden zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung (am 30.6.2009), wie auch bei Finanzierungen bei Banken üblich, Einkommens­nachwelse vom Kreditnehmer, Herrn G , abverlangt und geprüft. Als Nachweis hierfür dienten die zum damaligen Zeitpunkt letzten drei verfügbaren Einkommen­steuer­bescheide: der Einkommen­steuer­bescheid für das Jahr 2006 vom 11.5.2007, der Einkommen­steuer­bescheid 2007 vom 24.6.2008 sowie der Einkommen­steuer­bescheid 2008 vom 9.4.2009. Wie Sie den betreffenden Einkommen­steuer­bescheiden für die Jahre 2006 - 2008 in der Anlage entnehmen können, erzielte Herr G in den betreffenden Jahren jeweils ein steuerliches Einkommen von über € 100.000 pro Jahr. Dieses Einkommen erzielte Herr G fast ausschließlich aufgrund seines Dienstverhältnisses als leitender Angestellter bei der B-Bank . Nach Prüfung der Unterlagen zum Zeitpunkt der Darlehens­vergabe am 30.6.2009 kam der Kreditgeber zu dem Schluss, dass Herr G über aus­reichende Bonität und Sicherheiten verfügt, um das entsprechende Darlehen zu vergeben."

Aus den Bilanzen der Bf. ist folgende Entwicklung der Höhe der Forderungen der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter ersichtlich:

 

31.12.2009:

190.925,05

31.12.2010:

620.281,90

31.12.2011:

989.278,57

31.12.2012:

1,237.619,46

31.12.2013:

1,277.890,80

31.12.2014:

1,379.766,52

 

 

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 leg. cit. gehören.

Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

§ 93 Abs. 2 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Inländische Kapitalerträge liegen vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat und es sich um folgende Kapitalerträge handelt:

1.a) Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung."

Zu den "sonstigen Bezügen" im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zählen ins­besondere die verdeckten Ausschüttungen; verdeckte Ausschüttungen gehören somit zu den kapital­ertrag­steuer­pflichtigen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 (vgl. VwGH 4.2.2009, 2008/15/0167).

Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögens­vorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommens­verteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache wird an Hand eines Fremdvergleiches ermittelt (vgl. VwGH 4.2.2009, 2008/15/0167; VwGH 26.2.2014, 2009/13/0112; VwGH 22.5.2014, 2011/15/0003).

Ist davon auszugehen, dass auf Grund des zwischen dem Gesellschafter und der Gesell­schaft bestehenden Naheverhältnisses Zahlungen erfolgten, die an einen Außen­stehenden nicht unter den gleichen Bedingungen geleistet worden wären, so bedarf es der Prüfung, worin der dem Gesellschafter dadurch zugewendete Vorteil besteht. Ein wesent­liches Element dieser Prüfung ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Rückzahlung der auf dem Verrechnungs­konto verbuchten Beträge von vornherein nicht gewollt oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten ist. Diesfalls lägen verdeckte Ausschüttungen der von der belangten Behörde angenommenen, nicht nur die Konditionen der Zurverfügung­stellung zurück­zu­zahlender Beträge betreffenden Art vor (vgl. VwGH 28.4.2009, 2004/13/0059; VwGH 17.12.2014, 2011/13/0115; VwGH 26.2.2015, 2012/15/0177). Entscheidend ist das Gesamtbild der jeweils im Einzelfall gegebenen Verhältnisse (vgl. zB VwGH 4.3.2009, 2004/15/0135).

Der gegenständliche Darlehensvertrag (Kontokorrentvereinbarung) hält aus folgenden Gründen keinem Fremdvergleich stand:

- Unter Fremden wäre kein "marktüblicher Zinssatz" vereinbart worden, ohne konkrete Angabe der Höhe der Verzinsung bzw. Angabe, an welchen Indikator der Zinssatz geknüpft ist.

- Für das Jahr 2009 ist keine Verzinsung erfolgt. Für die Jahre 2010 und 2011 ist zwar eine Verzinsung erfolgt, jedoch wurden keine Zins­zahlungen geleistet. Die verrechneten Zinsen haben lediglich den Forderungs­stand der GmbH gegenüber dem Gesellschafter erhöht.

- Es wurden keine konkreten Sicherheiten vereinbart. Der Passus "als Sicherheiten fungieren die Vermögenswerte im Privatbesitz von Herrn G", ohne Angabe von Art und Höhe dieser Vermögenswerte, kann in Anbetracht der Höhe des Darlehens (€ 1,500.000) nicht als ausreichend angesehen werden.

Auch wenn die Vereinbarung von Sicherheiten bei Kontokorrentverhältnissen im allgemeinen Geschäfts­leben keine übliche Vorgehensweise darstellt, erscheint jedenfalls bei einem Kredit­rahmen in Höhe von € 1,500.000 die Vereinbarung von Sicherheiten als erforderlich.

- Kein fremder Darlehens­geber hätte Herrn G Mitte des Jahres 2009 angesichts der Tatsache, dass Herr G das Pensions­alter erreicht hat und ab dem Jahr 2010 nur mehr die ASVG-Pension (rund € 25.000 netto jährlich) bezieht, ohne ausreichende Sicher­heiten einen Kontokorrent­kredit in Höhe von € 1,500.000 gewährt.

Neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit verfügt Herr G über kein weiteres Einkommen.

Seitens der Bf. wurde im Zuge der Betriebs­prüfung (in der Vorhalts­beantwortung vom 9.8.2013) bzw. in den Beschwerden vorgebracht, Herr G habe in der Vergangenheit stets gut verdient. Er habe im Zeitraum 2001 bis 2008 ein steuerpflichtiges Einkommen in Höhe von € 2.218.274,94 erzielt und dafür Einkommen­steuer in Höhe von € 1.045.886,14 entrichtet. Daraus könne auf entsprechendes Kapital­vermögen geschlossen werden. Von der Bf. konnte jedoch auf Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes (Vorhalt vom 5.1.2016) die Höhe und Zusammen­setzung des Kapital­vermögens des Herrn G zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung (30.6.2009) weder bekannt­ge­geben noch nach­ge­wiesen werden. Bekannt­ge­geben wurde in der Vorhalts­beantwortung vom 8.2.2016 lediglich der Wert der Eigentumswohnung, über die Herr G zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung verfügt hat (€ 300.000).

Da die Bf. in der Vorhalts­beantwortung vom 8.2.2016 die Höhe und Zusammen­setzung des Kapital­vermögens nicht einmal bekannt­ge­geben hat, ist davon auszugehen, dass Herr G über kein Kapital­vermögen in für die Rück­zahlung des Darlehens relevanter Höhe verfügt hat. Zum Zeitpunkt der Darlehens­gewährung war somit die Einbringlichkeit des Darlehens in Höhe von € 1,500.000 keineswegs gewährleistet.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, dass eine ernst gemeinte Rückzahlungs­verpflichtung besteht. Aufgrund der nicht fremd­üblichen Zins­vereinbarung, der nicht ausreichenden Sicherheiten, des kontinuierlichen Anwachsens der Forderung und der absehbaren Uneinbringlichkeit des Darlehens infolge der nicht hinreichenden Bonität des Gesellschafters sind im vorliegenden Fall verdeckte Ausschüttungen gegeben.

Die auf die verdeckten Ausschüttungen entfallende Kapital­ertrag­steuer in Höhe von 25 % (2009: € 47.731,26, d.s. 25 % von € 190.925,05; 2010: € 101.374,96, d.s. 25 % von € 405.499,95; 2011: € 85.092,32, d.s. 25 % von € 340.369,27) wurde der Gesellschaft somit zu Recht vorgeschrieben.

Die Beschwerden gegen die Haftungs­bescheide vom 7.10.2013 waren daher abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da es zur Frage, ob die Darlehens­gewährung einer GmbH an ihren Gesellschafter eine verdeckte Ausschüttung darstellt, eine umfassende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. zB VwGH 28.4.2009, 2004/13/0059; VwGH 17.12.2014, 2011/13/0115; VwGH 26.2.2015, 2012/15/0177). Die Entscheidung des Bundes­finanz­gerichtes folgt dieser Rechtsprechung.

 

 

Wien, am 6. April 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 04.02.2009, 2008/15/0167
VwGH 04.03.2009, 2004/15/0135
VwGH 22.05.2014, 2011/15/0003
VwGH 28.04.2009, 2004/13/0059
VwGH 17.12.2014, 2011/13/0115
VwGH 26.02.2015, 2012/15/0177
VwGH 26.02.2014, 2009/13/0112

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