Sog. "Großmutterzuschuss" zur Vorbereitung der Einbringung eines Teilbetriebes unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des UmgrStG
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7101534.2013
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache der X - Y PRODUKT Trading GmbH, ADR, vertreten durch STB Steuerberatungs GmbH, ADR2, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 30.04.2013, ErfNr***, StNr.*** betreffend Gesellschaftsteuer zu Recht erkannt:
Die Bescheidbeschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensablauf
1. erstinstanzliches Verfahren vor dem Finanzamt
1.1. Anzeige der Einbringung eines Teilbetriebes in die Bf.
Am 11.2.2009 reichte die X – Y PRODUKT Trading GmbH (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) elektronisch eine Abgabenerklärung beim (damaligen) Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (nunmehr Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel – kurz Finanzamt) ein, in der ein am 23.12.2008 verwirklichter Rechtsvorgang, bezeichnet als "Einbringung des Teilbetriebes PRODUKT zum 31.05.2008", erklärt wurde.
1.2. Ermittlungen des Finanzamtes
Über Aufforderung übersandte die steuerliche Vertreterin der Bf. dem Finanzamt am 3.6.2009 eine Kopie des Einbringungsvertrages samt Beilagen und der Einbringungsbilanz zum 31.5.2008.
Punkt I. des Einbringungsvertrages hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"1. Die X *** Holding GmbH ist Alleingesellschafterin der X – Y PRODUKT Trading GmbH mit einer voll einbezahlten Stammeinlage von Euro 35.000,00 (…) entsprechenden Geschäftsanteil. Festgehalten wird, daß die X PRODUKT GmbH, FN***1 einen indirekten Gesellschafterzuschuß in der Höhe von EURO 1.965.000,00 (…) an die X – Y PRODUKT Trading GmbH geleistet hat und diese bereits über diesen Betrag verfügt.
2. Mit diesem Vertrag wird der Teilbetrieb PRODUKT der Y & Co GmbH, wie er in den nachstehend angeführten, einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Anlage, nämlich … dargestellt ist, nach den Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes in die X – Y PRODUKT Trading GmbH eingebracht und von dieser durch diese Vertragsannahme übernommen und fortgeführt.
3. Als Gegenleistung tritt die X *** Holding GmbH von ihrem Geschäftsanteil an der X – Y PRODUKT Trading GmbH, einen Teil, welcher einer voll einbezahlten Stammeinlage von EURO 17.500,00 (…), sohin 50% des Stammkapitals, entspricht, an die Y & Co GmbH ab, und diese erklärt die Vertragsannahme."
Weiters tätigte das Finanzamt Abfragen im Firmenbuch zu FN***2, FN***3 und nahm Einsicht in den Jahresabschluss der Bf. zum 28.2.2009.
Im Anhang zum Jahresabschluss finden sich unter Punkt 3.5.1.1. folgende Ausführungen:
"Die nicht gebundene Kapitalrücklage beträgt EUR 1.965.000,00 und stellt den indirekten Gesellschaftezuschuss nach Gründung der X – Y PRODUKT Trading GmbH und vor Einbringung des Teilbetriebes PRODUKT der Y & Co GmbH (siehe Punkt 2.1.) dar, welcher als vorbereitenden Maßnahme zur Sicherstellung des verkehrswertäquivalenten Ausgleichs der abzutretenden Anteile (Verkehrswert (Equity Value) EUR 2 Mio) im Verhältnis zum einzubringenden Teilbetrieb (Verkehrswert (Equity Value) EUR 2 Mio) (siehe Punkt 2.2.) geleistet wurde."
1.3. Gesellschaftsteuerbescheid vom 30.4.2013
Mit Bescheid vom 30.4.2013 setzte das Finanzamt gegenüber der Bf. für den Rechtsvorgang „Zuschuss laut Anhang zum Jahresabschluss 28.02.2009 und Einbringungsvertrag vom 23. Dezember 2008“ Gesellschaftsteuer in Höhe von € 19.650,00 (1 % vom Wert der Leistung iHv € 1.965.000,00) mit folgender Begründung fest:
"Laut Anhang zur Bilanz 2009 wurde noch vor Einbringung des Teilbetriebes und nach Gründung der X Y PRODUKT Trading GmbH an die X Y PRODUKT Trading GmbH ein Großmutterzuschuss in Höhe von € 1.965.000,00 geleistet, welcher als vorbereitende Maßnahme zur Sicherstellung des verkehrswertäquivalenten Ausgleichs der abzutretenden Anteile im Verhältnis zum einzubringenden Teilbetrieb geleistet wurde.
Auch mittelbare Zuschüsse können zu einer Gesellschaftsteuerpflicht führen, nämlich dann, wenn nach Beurteilung des Einzelfalles bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der eigentliche Kapitalgeber der Leistung nicht die Großmuttergesellschaft, sondern die dazwischen geschaltete Muttergesellschaft ist. Der gegenständliche Zuschuss diente der Herbeiführung der Voraussetzungen für die geplante Einbringung und erfolgte insofern im Interesse des Gesellschafters. Da der Zuschuss von der Großmuttergesellschaft an die Enkelgesellschaft gezahlt worden war, um den Wert der Geschäftsanteile an dieser zu erhöhen, und diese Erhöhung vor allem dem Gesellschafter zugute kommt, ist festzustellen, dass der genannte Betrag diesem zuzurechnen ist.
Es handelt sich daher um eine Leistung eines Gesellschafters im Sinne des § 2 Z 4 KVG."
2. Rechtsmittelverfahren
1. Berufung
Gegen den oben angeführten Bescheid erhob die Bf. Berufung und beantragte den bekämpften Bescheid aufzuheben und den Zuschuss lt Anhang zum Jahresabschluss 28.02.2009 und Einbringungsvertrag vom 23.12.2008 als „klassischen“ nicht steuerbaren Großmutterzuschuss gemäß noch immer gültigem BMF-Erlass vom 07.05.2008 (BMF-010206/0050-VI/5/2008) zu beurteilen und die Gesellschaftsteuer somit mit EUR 0,00 festzusetzen. Die weitere Begründung lautet wie Folgt:
Vorweg darf festgehalten werden, dass sowohl der Unabhängige Finanzsenat (UFS) als auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) trotz der jüngst ergangenen Entscheidungen iZm umgründungsnahen Gesellschafterzuschüssen mit Ausnahme von Missbrauchsfällen an der traditionellen Auffassung festhalten, wonach nur Zuschüsse eines direkten (dh eines unmittelbar beteiligten) zivilrechtlichen Gesellschafters der Gesellschaftsteuerpflicht unterliegen (siehe BMF- Erlass vom 07.05.2008 (BMF- 010206/0050-VI/5/2008)).
Voraussetzung für die Nichtsteuerbarkeit des Gesellschafterzuschusses war nach früherer Ansicht des VwGH (19.9.2001, 2000/16/0628), dass die Großmuttergesellschaft nicht unmittelbar an der zuschussempfangenden Gesellschaft beteiligt ist, wobei auch eine geringfügige Beteiligung die Steuerpflicht begründet.
Der VwGH unterstellt einen Zuschuss seitens des unmittelbaren Gesellschafters, wenn die Großmuttergesellschaft einen Zuschuss an die Enkelgesellschaft leistet und zwei Tage danach die Muttergesellschaft in die Großmuttergesellschaft verschmolzen wird. Diesbezüglich nahm der VwGH (19.12.2002, 2001/16/0448) planmäßiges Vorgehen an und sah in wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Vorliegen einer direkten Leistung des unmittelbaren Gesellschafters als gerechtfertigt an. Dieses Urteil erging im fortgesetzten Verfahren zu EuGH Rs Develop.
Seit dem EuGH-Urteil vom 17.10.2002, Rs. C- 339/99, ESTAG, ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft des Zuschusses abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung von - der Gesellschaftsteuer unterliegenden - Zuschüssen tatsächlich zuzurechnen ist.
Nach Ansicht des BMF ist durch die EuGH-Judikatur ein Abgehen vom Grundsatz, dass Gesellschafter iSd KapAnsRL nur die unmittelbar an der Gesellschaft Beteiligten sind, nicht zu erkennen. Mittelbar Beteiligte sind demnach nach wie vor nicht Gesellschafter iSd KapAnsRL.
Hätte der EuGH auch mittelbare Gesellschafter als Gesellschafter iSd KapAnsRL ansehen wollen, hätte er nicht die Frage der Zurechnung aufwerfen müssen. Gerade die Begründung, dass die Leistungen aufgrund der Umstände des anhängig gewesenen Falles einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter zuzurechnen sind, spricht für die Rechtsansicht, dass nur unmittelbar Beteiligte Gesellschafter iSd KapAnsRL sind (KVG-Kommentar Thunshirn, Himmelsberger, Hohenecker).
Wie Dr. Triendl vom UFS Innsbruck am Ende seines Artikels im UFSjournal 2013 ausführt, lässt sich aus dem aktuell letzten VwGH-Erkenntnis vom 24.1.2013 für ähnlich gelagerte Fälle von „Großmutterzuschüssen“ folgern, dass die Frage der tatsächlichen Zurechnung anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu beurteilen ist, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob die „Großmutter“ den - der Gesellschaftsteuer unterliegenden - Zuschuss an die „Enkelgesellschaft“ vor allem im Interesse des direkten Gesellschafters geleistet/erbracht hat („Interessentheorie“ als Unterform der „Zurechnungstheorie“ - UFSjournal 2013 - Dr. Ferdinand Triendl, UFS Innsbruck iZm VwGH 24.1.2013, 2012/16/0104; UFS 3.4.2012, RV/0182-I/11).
Davon ist lt Dr. Triendl schlüssig dann auszugehen, wenn die „Großmutter“ mit befreiender Wirkung für den unmittelbaren Gesellschafter eine Leistungsverpflichtung des unmittelbaren Gesellschafters erfüllt.
Am Bestehen dieser Interessenlage ändert sich nichts, mag auch die „Großmutter“ ein etwaiges eigenständiges Interesse an der Zuschussleistung gehabt haben. Abstellend auf die lnteressentheorie, ist folglich eine solche Leistung der „Großmutter“ dem unmittelbaren Gesellschafter zuzurechnen und stellt damit einen Zuschuss des unmittelbaren Gesellschafters dar. Ein solcher (Großmutter-)Zuschuss unterliegt, wenn die übrigen geforderten Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, als Leistung „eines Gesellschafters“ gemäß § 2 Z 4 lit. a KVG der Gesellschaftsteuer.
Im Anwendungsbereich des KVG ist „anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise“ zu entscheiden. Nach Ansicht des BMF tritt jedoch die wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 Abs. 1 BAO zwar im Bereich des KVG in den Hintergrund, doch kommt sie auch im Verkehrssteuerrecht immer dann zur Anwendung, wenn sich den Abgabenbehörden ein Sachverhalt bietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würden (BMF 14.3.2003, 10 5004/1-lV/10/03 unter Hinweis auf VwGH 29.1.1975, 603-633/74, sowie 14.5.1975, 531, 532/74; ebenso VwGH 19.12.2002, 2001/16/0273; 6.11.2002, 2002/16/0240).
Ein Kriterium für die Beurteilung der wirtschaftlichen Zurechnung stellt die Rolle der Muttergesellschaft dar. Maßgeblich ist dabei, ob dieser Gesellschaft im „Geschehensablauf eine aktive Rolle“ zukommt. Wenn erst die Muttergesellschaft die entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse fasst und in ihrer Bilanz die Geldmittel als Eigenmittel ausweist, dann liegt nach ständiger Rechtsprechung des UFS jedenfalls kein (steuerfreier) Großmutterzuschuss mehr vor.
Ist dies aber nicht der Fall so ist die Finanzverwaltung gem. telefonischer Auskunft ex Juli 2009 von Herrn Dr. **** , an die noch immer gültigen Erlässe des BMF iZm klassischen Großmutterschüssen gebunden und darf nur dann davon abgehen, wenn in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die darin beschriebenen nicht steuerbaren Sachverhalte nicht vorliegen.
Lt Dr. **** liegt ein klassischer Großmutterzuschuss vor, welcher nach damaliger (und auch noch heute gültiger) Rechtslage keine Gesellschaftsteuerpflicht auslöst, wenn eine Großmuttergesellschaft ohne Einbindung der Muttergesellschaft der Enkelgesellschaft einen unwiderruflichen, nicht rückzahlbaren Gesellschafterzuschuss gewährt.
Im VwGH-Erkenntnis vom 24.1.2013 haben sich die vier unmittelbaren Gesellschafter der beklagten Gesellschaften mit Gesellschafterbeschluss verpflichtet, die Zuschüsse „entweder selbst oder im Wege über verbundene Unternehmen“ zu leisten, weshalb in diesem Fall eindeutig die Einbindung der Muttergesellschaften und deshalb Gesellschaftsteuerpflicht vorliegt.
Zur Interessenstheorie ist gem. Fachartikel von Frau Dr. Michaela Petritz-Klar (SWK 12/2013 bzw. 26/2012) der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass diese nicht zu einer automatischen reflexartigen Zurechnung jeglichen Großmutterzuschusses an die zwischengeschaltete Muttergesellschaft (und damit zur Gesellschaftsteuerpflicht) führt, zumal ja jede zuschussbedingte Steigerung des Werts der Anteile an der Tochtergesellschaft im Interesse der Muttergesellschaft gelegen ist.
Eine solche Zurechnung kann vielmehr nur bei Vorliegen eines evidenten, fast ausschließlichen Interesses des unmittelbaren Gesellschafters, das sich im jeweiligen Sachverhalt entsprechend manifestiert, erfolgen (BMF 28.3.2006, AÖFV Nr 134/2006, Ergänzung der Richtlinie zur Durchführung des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 14.3.2013, Z 10 5004/1-IV/10/03).
Aus der bislang ergangenen, doch sehr restriktiven - wohl auch teilweise dem EuGH widersprechenden - Rechtsprechung automatisch den Schluss zu ziehen, dass sämtliche (vor allem aus außersteuerlichen Gründen getätigten) Großmutterzuschüsse, die eine zeitliche Nähe zu einer Umgründungsmaßnahme aufweisen, der Gesellschaftsteuer unterliegen, ist zu weitgehend. Liegt kein überwiegendes Interesse der direkten Gesellschafterin an der Zuschussgewährung vor, so sollte im Sinne der vom EuGH geprägten Interessentheorie gerade keine abweichende Zurechnung zum unmittelbaren Gesellschafter, die zur Gesellschaftsteuerpflicht führt, erfolgen.
Im Rahmen einer Ergänzung zu der anlässlich der EuGH-Urteile in den Rs. ESTAG, Solida und Develop veröffentlichten Durchführungsrichtlinie zum KVG hielt das BMF in Reaktion auf das Urteil des EuGH in der Rs. Senior Engineering fest, dass diese Entscheidung keinen Anlass biete, von der bisherigen Verwaltungspraxis zur gesellschaftsteuerlichen Beurteilung von Großmutterzuschüssen abzugehen.
Das BMF begründete diese Auffassung damit, dass das Interesse der Muttergesellschaft an einer im Fall eines Großmutterzuschusses automatisch eintretenden Werterhöhung des Anteils an der Tochtergesellschaft allein nicht für die wirtschaftliche Zurechnung dieses Zuschusses an die Muttergesellschaft ausreiche.
Wäre dies der Fall, d.h. würde jede zuschussbedingte Steigerung im Wert der Gesellschaftsanteile ein besonderes Interesse des unmittelbaren Gesellschafters darstellen, hätte der EuGH Großmutterzuschüsse per se als geselIschaftsteuerpflichtig beurteilen müssen.
In der Literatur werden als Beispiele für das Nichtvorliegen eines fast ausschließlichen Interesses des unmittelbaren Gesellschafters an der Zuschussgewährung etwa eine reine Beteiligungsholding als Zwischengesellschaft oder konzernstrategische Interessen, die von der Großmuttergesellschaft vorangetrieben werden, angeführt. (Fraberger, Zöchling, SWK 6/2006).
Jedenfalls ist - wie auch aus den jüngsten Entscheidungen ableitbar - bei einer zeitlich nahegelagerten Abfolge von Zuschussleistung und Umgründung auf das Vorliegen (und die entsprechende Dokumentation) stichhaltiger außersteuerlicher Gründe zu achten, die eindeutig ein überwiegendes Interesse etwa der zuschussgewährenden Gesellschaft (und damit keinesfalls der zwischengeschalteten Muttergesellschaft) an dieser Maßnahme belegen.
Gegen eine automatische Zurechnung von Großmutterzuschüssen zur Muttergesellschaft spricht vor allem die Tatsache, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt wohl nicht verallgemeinerungsfähig ist, sondern vielmehr - wie in nachfolgenden Entscheidungen ausgeführt - besonders gelagert war.
Für die Zurechnung der Zuschüsse an die Muttergesellschaft zogen der VwGH bzw. der UFS folgende Umstände heran:
1) VwGH 19.12.2002. 2001/16/0448 bzw. UFS 16.10.2012, RV/2434-W08 und UFS 21.3.2012, RV/3174-W/07
- Zuschussleistung an die Enkelgesellschaft mit anschließender (2 bzw. 3 Tage später!) Verschmelzung der Muttergesellschaft in die Großmutterqesellschaft bzw. Verschmelzung der Enkelgesellschaft in die Muttergesellschaft wegen planmäßigem Vorgehen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (kausaler Zusammenhang zwischen der Zuschussleistung und der Umgründung) direkte Leistung des unmittelbaren Gesellschafters.
2) VwGH 21.11.2012. 2010/16/0136
- Die ausdrückliche (beabsichtigte) Kapitalausstattung der Muttergesellschaft wurde durch den im ÜberweisungsbeIeg genannten Grund bekräftigt.
- Fehlender Kapitalbedarf auf Ebene der Enkelgesellschaft, die auch unabhängig vom Zuschuss einen Gewinn erzielt hätte.
3) VwGH 24.1.2013. 2012/16/0104
- Verpflichtung mittels Gesellschafterbeschlusses der Muttergesellschaften, der Enkelgesellschaft Zuschüsse „entweder selbst oder im Wege über verbundene Unternehmen“ zu leisten.
4) UFS 30.10.2012, RV/0674-W08
- Zweck der Zuschussleistung der Großmutter an die Enkelgesellschaft war die Kompensation des mit der Einbringung der Geschäftsanteile an den Urenkelgesellschaften in eine Schwesterenkelgesellschaft verbundenen Vermögensabgangs bei der zuschussempfangenden Enkelgesellschaft, damit es zu keiner verdeckten Einlagenrückgewähr an die Muttergesellschaft kommt.
Die zeitliche Komponente allein ist somit nicht ausreichend, um einen kausalen Zusammenhang zwischen Zuschuss und nachfolgender Umgründung und infolgedessen eine von der formalen Abfolge abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise zu rechtfertigen.
So müssen im konkreten Einzelfall wohl weitere Umstände vorliegen, die eine Zurechnung der Leistung der Großmutter - an die zwischengeschaltete Muttergesellschaft, die formal nicht Empfänger bzw. Leistender des Zuschusses ist, begründen.
Exemplarisch wäre hierfür entsprechend obiger Entscheidungen zB ein evidenter Kapitalbedarf auf Ebene der zwischengeschalteten Gesellschaft und die darauffolgende Umgründung, mit der der Zuschuss im Ergebnis bei der Zwischengesellschaft landet, bereits von Anfang an Teil eines gemeinsamen Plans sind und sich dies auch durch entsprechende Anhaltspunkte im konkreten Einzelfall manifestiert.
In einer jüngst ergangenen UFS-Entscheidung vom 12.2.2013, RV/0190-W11, wurde der Berufung Folge gegeben, da die Zuschussleistung unmittelbar durch die zwingenden Bestimmungen nach 55 82 und 83 GmbHG iZm verbotener Einlagenrückgewähr veranlasst war und somit nicht freiwillig erfolgte, weshalb kein steuerbarer Tatbestand gem. § 2 Z 4 KVG vorlag.
Nachdem aus den lhnen vorliegenden Unterlagen (Einbringungsvertrag vom 23.12.2008 bzw. Jahresabschluss vom 28.02.2009) der genaue berufungsgegenständliche Sachverhalt nicht ersichtlich ist, dieser wie beschrieben aber für die Beurteilung iSd der Interessenstheorie maßgeblich und gänzlich anders als jene aus den jüngst ergangenen Rechtsprechungen (siehe Entscheidungen 1) bis 4)) ist, wird nachfolgend der wirtschaftliche Sachverhalt iZm dem Großmutterzuschuss dargelegt.
Sachverhalt:
Unmittelbar nach Gründung der Y & Co GmbH Ende 1992 begann bereits im Jahr 1993 die Zusammenarbeit der Y & Co GmbH mit der X PRODUKT GmbH, FN***5, (Großmuttergesellschaft der X - Y PRODUKT Trading GmbH).
Die Y & Co GmbH war seitdem für die X PRODUKT GmbH (operative Gesellschaft im X-Konzern im Segment „PRODUKT“) aufgrund der exzellenten Marktposition der Y & Co GmbH auf deren wichtigsten Absatzmärkten im REGION Hauptabnehmer für Zucker lieferungen außerhalb der EU.
Angesichts der bisherigen Kooperation zwischen der X PRODUKT GmbH und der Y & Co GmbH hat sich im Jahr 2007 die X PRODUKT GmbH verpflichtet, sich mit 50 % an dem von der Y-Gruppe - zu welcher Gesellschaften in Österreich (Y & Co GmbH), ...... gehören - betriebenen Geschäft zu beteiligen und gemeinsam eine ***** in ORT ( LAND ) zu errichten.
Die Vertragspartner verpflichteten sich in der REGION Region, sämtliche Aktivitäten ausschließlich gemeinsam zu betreiben und hierfür Jointventure-Gesellschaften zu gründen, welche entsprechend mit Kapital (seitens X PRODUKT GmbH) sowie Know-How bzw. Betriebsstruktur (seitens Y & Co GmbH) ausgestattet werden.
Die langjährige Zusammenarbeit der X PRODUKT GmbH mit der Y & Co GmbH ist auf diese Weise in eine strategische Zusammenarbeit im Bereich der Zuckerherstellung und -verkauf für den südosteuropäischen und Weltmarkt verbunden.
Die Ausstattung der Enkelgesellschaft X — Y PRODUKT Trading mit dem gegenständlichen indirekten Gesellschafterzuschuss ist somit im überwiegenden Interesse der operativen Großmuttergesellschaft X PRODUKT GmbH, damit diese in ihrem operativen Geschäftsfeld „PRODUKT“ über die Enkelgesellschaft X - Y PRODUKT Trading GmbH die im Jahr 2007 vereinbarte Zusammenarbeit im Rahmen eines Joint-Ventures mit der Y-Gruppe erfüllen und so neue Absatzmärkte außerhalb der EU für ihre Geschäfte erschließen kann.
Nachdem alle Entscheidungen iZm dem Zuschuss sowie den Umgründungsmaßnahmen auf Großmutterebene gefasst wurden und die Muttergesellschaft X *** Holding GmbH lediglich eine Zwischenholdinggesellschaft im X-Großmutter2-Konzern ist, welche zum Zweck des gemeinsamen Haltens sämtlicher „PRODUKT“-Beteiligungen in der Region REGION von der X PRODUKT GmbH (75% Anteile) und der Großmutter2 AG LAND2 (25% Anteile) gegründet wurde, hat die Muttergesellschaft keine aktive Rolle iZm dem Zuschuss übernommen, weshalb ein „klassischer Großmutterzuschuss“ vorliegt, welcher gem. aktueller Gesetzeslage und Rechtsprechung bzw. BMF-Erlässe nicht der Gesellschaftsteuer unterliegt.
Zusammenfassend nochmals die Gründe für das Vorliegen eines „klassischen“, nicht steuerbaren Großmutterzuschusses im gegenständlichen Fall:
1) Zuschuss erfolgte durch die Großmutter ohne Einbindung - ohne aktiver Rolle - der Muttergesellschaft!
2) Zuschuss erfolgte im alleinigen Interesse der Großmuttergesellschaft!
3) Keine Leistungsverpflichtung durch die Muttergesellschaft!
4) Kapitalbedarf bestand bei zuschussempfangender Enkelgesellschaft und nicht bei bei der Muttergesellschaft!
5) Keine nachgelagerte Verschmelzung der Enkelgesellschaft mit Muttergesellschaft bzw. Muttergesellschaft mit der Großmuttergesellschaft!
Wir ersuchen deshalb nochmals den GeselIschaftsteuerbescheid vom 30.04.2013 aufzuheben und die Gesellschaftsteuer mit EUR 0,00 festzusetzen.“
2. Vorlage der Rechtssache an den UFS
Bei der Vorlage der Rechtssache an den UFS ohne zuvor eine BVE zu erlassen oder weitere Ermittlungen zu tätigen beantragte das Finanzamt die Abweisung der Berufung unter Hinweis auf die abgabenrechtliche Würdigung der Prüferin mit folgender Begründung:
"Gemäß den Durchführungsrichtlinien zum Kapitalverkehrsteuergesetz können auch mittelbare Zuschüsse zu einer Gesellschaftsteuerpflicht führen, nämlich dann, wenn nach der Beurteilung des Einzelfalles in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Kapitalgeber der Leistung nicht die Großmuttergesellschaft, sondern die dazwischengeschaltene Muttergesellschaft ist. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würden. So ist auch nach der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung tatsächlich zuzurechnen ist.
Um ein gleichteiliges Beteiligungsverhältnis nach Einbringung herstellen zu können, hat man die Kapitalausstattung der X Y PRODUKT Trading GmbH vor Einbringung so gestaltet, dass das Kapital der Gesellschaft dem Verkehrswert des eingebrachten Vermögens (€2.000.000,00) entspricht. Der Zuschuss diente der Herbeiführung der Voraussetzungen für die geplante Einbringung und erfolgte insofern im Interesse des Gesellschafters. Da der Zuschuss von der Großmuttergesellschaft an die Enkelgesellschaft gezahlt worden ist, u m den Wert der Gesellschaftsanteile an dieser zu erhöhen, und diese Erhöhung vor allem im Interesse des Gesellschafters lag, ist festzustellen, dass der genannte Betrag diesem zuzurechnen ist. Es handelt sich daher um eine Leistung eines Gesellschafters im Sinne des § 2 Z 4 KVG."
3. Übergang der Zuständigkeit auf das BFG
Am 31. Dezember 2013 war die Berufung beim unabhängigen Finanzsenat anhängig und ist daher die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist diese Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
4. Ermittlungen seitens des BFG
Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den vom Finanzamt vorgelegten Bemessungsakt ErfNr***, durch Firmenbuchabfragen zu FN***2, FN***3, FN***4, FN***5, FN***6, FN***7, FN***8, FN***9 samt Einsicht in die in der elektronischen Urkundensammlung des Firmenbuches enthaltene Erklärung über die Errichtung der Bf., Gesellschaftsvertrag der Bf. und Jahresabschluss der Bf. zum 28.2.2009.
5. weitere Urkundenvorlage der Bf. über Anforderung des BFG
Mit Verfügung vom 9. Februar 2016 forderte das BFG die Bf. auf, den Zahlungsbeleg und den Beschluss über die Gewährung eines Zuschusses iHv € 1.965.000,00 sowie die in der Berufung (nunmehr Beschwerde) angesprochene Vereinbarung aus dem Jahr 2007 über die die gemeinsame Gründung von Jointventure-Gesellschaften und die Errichtung einer Rohzuckerfabrik in ORT, LAND durch die X PRODUKT GmbH und die Y & Co GmbH in Kopie zu übermitteln.
In der Folge überreichte der steuerliche Vertreter der Bf. am 16. März 2016 persönlich dem BFG folgende Unterlagen (tw. in Kopie):
- Darstellung übertitelt mit "Zeitablauf Großmutterzuschuss" mit folgendem Inhalt:
07.06.2007 | Absichtserklärung zwischen Urgroßmutter und A, B Y u. C D iZm Errichtung Produktionsanlage für PRODUKT in ORT sowie Beteiligung zu 50% an dem von der Y Gruppe betriebenen Geschäft in der REGION Region |
03.08.2007 | Umstrukturierungskonzept STB |
27.02.2008 | Protokoll Aufsichtsratsbeschluss der Urgroßmutter über Erwerb von 50% am Teilbetrieb PRODUKT der österr. Y & Co GmbH durch die X *** Holding. |
01.12.2008 | Erklärung über die Errichtung der X - Y PRODUKT Trading GmbH |
10.12.2008 | Großmutterzuschüsse: X PRODUKT GmbH 1.473.750,00Großmutter2 AG 491.250,001.965.000,00 |
23.12.2008 | Einbringungsvertrag |
- Absichtserklärung vom 7.6.2007 samt Sideletter
- Umstrukturierungskonzept "Einbringung Teilbetrieb PRODUKT" STB Steuerberater mit auszugsweise folgendem Inhalt:
1. Schritt | Gründung GmbH: X *** Holding gründet die X Y PRODUKT Trading GmbH mit einem voll einbezahlten Stammkapital iHv TEUR 35 |
2. Schritt | indirekter Ges.zuschuss: Überweisung iHv TEUR 1.965 Mio. (= Equity Value 100 % Teilbetrieb PRODUKT der Y & Co GmbH iHv TEUR 2.000 abzgl. einbez. Stammkapital iHv TEUR 35) durch Gesellschafter der X *** Holding ohne Einbindung der X *** Holding an die X Y PRODUKT Trading GmbH als Vorbereitung für die Einbringung Teilbetrieb PRODUKT durch die Y & Co GmbH (freiwilliger Großmutterzuschuss)=> Mit dem Zuschuss können künftige *-Lieferungen von X PRODUKT GmbH bezahlt werden => Zuschuss somit im Interesse von X PRODUKT GmbH! => Einbringung gegen Abtretung von alten Anteilen |
3. Schritt: | Einbringung Teilbetrieb PRODUKT (Buchwert TEUR -1,665 / Equity Value TEUR 2.000 durch die Y & Co GmbH gegen Abtretung von 50 % der Anteile der X Y PRODUKT Trading GmbH (Equity Value TEUR 2.000)Anteilsabtretung und Einbringung Teilbetrieb müssen verkehrswertäquivalent erfolgen, dh der Equity Value der abzutretenden Kapitalanteile muss gleich hoch sein wie 50 % des Equity Values des einzubringenden Teilbetriebes!X *** Holding tritt 50 % an der X Y PRODUKT Trading GmbH im Wert von TEUR 1.000 an die Y & Co GmbH ab.Y & Co GmbH überträgt 50% vom Teilbetrieb PRODUKT im Wert von TEUR 1.000 an die X *** Holding (über die neue gemeinsame X Y PRODUKT Trading GmbH). Nach Einbringung beträgt der Equity Value der X Y PRODUKT Trading GmbH TEUR 4.000Wert der 50%igen Anteile der X *** Holding an der X Y PRODUKT Trading GmbH TEUR 2.000Wert der 50%igen Anteile der Y & Co GmbH an der X Y PRODUKT Trading GmbH TEUR 2.000Somit Verkehrswertäquivalenz der Anteilsabtretung und Teilbetriebseinbringung erfüllt! |
- Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 27.2.2008
- Errichtungserklärung vom 1.12.2008
- Neufassung der Errichtungserklärung vom 16.12.2008
- Kontoauszug vom 9.12.2008
- Einbringungsvertrag vom 23.12.2008
- Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 2.1.2009 und vom 26.2.2009
- Ausdruck des Kontos Nr. 533000 ("X PRODUKT GmbH") aus der Buchhaltung der Bf.
II. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt samt Beweiswürdigung
Auf Grund der eingesehen Unterlagen und dem damit im Einklang stehenden Vorbringen der Bf. gelangte das BFG zu folgenden Sachverhaltsfeststellungen:
Mit Erklärung vom 1.2.2008, neugefasst am 16.12.2008, errichtete die X *** Holding GmbH (FN***4) eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Firma X – Y PRODUKT Trading GmbH lautet (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) mit einem zur Gänze bar eingezahlten Stammkapital von € 35.000,00. Die Ersteintragung der Bf. im Firmenbuch erfolgte am 03.01.2009 unter FN***2 und wurden sämtliche Gesellschaftsrechte durch die X *** Holding GmbH als Alleingesellschafterin übernommen.
Gesellschafterin der X *** Holding GmbH ist zu 75% die X PRODUKT GmbH (FN***5) und zu 25% die Großmutter2 AG, mit Sitz in LAND2. Die X *** Holding GmbH ist eine Zwischenholdinggesellschaft im X-Großmutter2-Konzern, welche 2006 zum Zweck des gemeinsamen Haltens sämtlicher „PRODUKT“-Beteiligungen in der Region REGION von der X PRODUKT GmbH und der Großmutter2 AG LAND2 gegründet wurde. Die X *** Holding GmbH übt keine operative Geschäftstätigkeit aus.
Am 23. Dezember 2008 und somit noch im Stadium ihrer Gründung schloss die Bf. (vertreten durch die künftigen Geschäftsführer der Bf.) den Einbringungsvertrag über die Einbringung des Teilbetriebes PRODUKT von der Y & Co GmbH (FN***3) ab. Gesellschafter der Y & Co GmbH waren im maßgeblichen Zeitraum die Herren Ilija Y, B Y und C D. Für die Einbringung des Teilbetriebes wurden die umgründungssteuerlichen Begünstigungen des Art. III UmgrStG in Anspruch genommen. Einbringungsstichtag ist der 31. Mai 2008. Als Gegenleistung für die Einbringung des Teilbetriebes mit einem Verkehrswert von € 2.000.000,00 (und einem negativen Buchwert von – € 1.664.825,47) trat die X *** Holding GmbH der Y & Co GmbH 50% der Geschäftsanteile an der Bf. ab. Die Gleichwertigkeit der Gegenleistung wurde dadurch erreicht, dass als vorbereitende Maßnahme für die nachfolgende Einbringung das Gesellschaftsvermögen der Bf. durch Zuführung von Kapital iHv von € 2.000.000,00, davon € 35.000,00 durch die bar von der X *** Holding GmbH geleistete Stammeinlage und € 1.965.000,000,00 durch den sog. „Großmutterzuschuss“ der X PRODUKT GmbH auch auf einen Verkehrswert von € 2.000.000,00 gebracht wurde.
Die Leistung des sog. "Großmutterzuschusses" an die Bf. erfolgte durch eine Überweisung X PRODUKT GmbH unter Angabe des Zahlungszweckes:
für X PRODUKT GmbH | EUR 1.473.750,-- |
für Großmutter2 AG | EUR 491.250,-- |
Gesellschafterzuschuss X PRODUKT GmbH |
|
und wurde dem Bankkonto der Bf. (in Gründung) mit Valuta 10.12.2008 ein Betrag iHv € 1.965.000,00 gutgeschrieben.
Der Gründung der Bf. samt Einbringung des Teilbetriebes "PRODUKT" gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist eine langjährige Zusammenarbeit der X PRODUKT GmbH und der Y & Co GmbH vorausgegangen. Die Y & Co GmbH ist seit 1992 für die X PRODUKT GmbH (die operative Gesellschaft im X-Großmutter2-Konzern im Segment „PRODUKT“) aufgrund der exzellenten Marktposition der Y & Co GmbH auf deren wichtigsten Absatzmärkten im REGION Hauptabnehmer für *-Lieferungen außerhalb der EU. Angesichts der bisherigen Kooperationen zwischen der X PRODUKT GmbH und der Y & Co GmbH hat sich im Jahr 2007 die X PRODUKT GmbH verpflichtet, sich mit 50 % an dem von der Y-Gruppe - zu welcher Gesellschaften in Österreich (Y & Co GmbH), ...... gehören - betriebenen Geschäft zu beteiligen und gemeinsam eine ***** in ORT (LAND) zu errichten.
Die Vertragspartner verpflichtete sich in der REGION Region, sämtliche Zuckeraktivitäten ausschließlich gemeinsam zu betreiben und hierfür Jointventure-Gesellschaften zu gründen, welche entsprechend mit Kapital (seitens X PRODUKT GmbH9 sowie Know-How bzw, Betriebsstruktur (seitens Y & Co GmbH) ausgestattet werden).
Am 7. Juni 2007 schlossen die X Beteiligungs-Aktiengesellschaft (FN 99 489 h, "Urgroßmutter" der Bf. im folgenden („X“) und die Herrn Ilija Y, B Y und C D (die Gesellschafter der Y & Co GmbH), im folgenden zusammen („Verkäufer“) eine Absichtserklärung mit auszugsweise folgendem Inhalt ab:
"Eine Tochtergesellschaft der X Beteiligungs Aktiengesellschaft, die X PRODUKT GmbH, … eingetragen in das Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN****5 und die den Verkäufern gehörende Y & Co Holding GmbH, … , eingetragen in das Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN***8 haben am 13. Juli 2006 eine Joint Venture Gesellschaft unter der Firma "X - Y Beteiligungs GmbH", …, eingetragen in das Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN***7 gegründet, und zwar zur Errichtung und dem Betrieb einer Produktionsanlage für PRODUKT in ORT. Zu diesem Zweck gründete die X - Y Beteiligungs GmbH die Gesellschaft "Y - X PRODUKT Refinery limited liability Company ORT mit dem Sitz in ORT, …, LAND.
Die Y Gruppe (siehe unten Punkt 1., erster Absatz) handelt derzeit mit …. Die Y Gruppe vertreibt auf bestimmten Märkten auch Produkte der X Gruppe (…).
Nach weiteren Gesprächen sind die Parteien überein gekommen, diese Absichtserklärung zu vereinbaren.
1. Beteiligungsstruktur - Vertragsgegenstand
X beabsichtigt, sich zu 50 % an dem von der Y Gruppe - zu welcher Tochtergesellschaften in Österreich ‚ ......... gehören – betriebenen Geschäft zu beteiligen (im folgenden „Transaktion“ genannt). Der genaue Umfang der zur betroffenen Y Gruppe gehörenden Gesellschaften und Standorte, welche das Geschäft betreiben, ist in Beilage ./1a dargestellt.
Die Verkäufer beabsichtigen durch die Transaktion die exklusive Bündelung des Zuckergeschäfts in der geographischen Region Europas in einer gemeinsamen Gesellschaft, im folgenden kurz "Zielgesellschaft" genannt ….
2. Kaufpreis
2.1 Nach X derzeit vorliegenden Informationen, jedoch vorbehaltlich Punkt 8 bietet X folgenden Kaufpreis für die Transaktion auf Basis einer "'cash and debt free Situation", umfassend 50% der Anteile an der als Zielgesellschaft zu schaffenden NN Holding Wien, in der sämtliche PRODUKT-Handelsaktivitäten der Y Gruppe (siehe oben Punkt 1., erster Absatz) gebündelt sind (siehe aber auch unten, 2.4. und 2.5.):
€ 3.650.000
Drei Millionen sechs hundert fünfzig tausend EUR
2.2 Die Vertragsparteien vereinbaren, dass die Jahresüberschüsse (das Jahresergebnis 2007) der NN Holding Wien für das am 31.12. endende Geschäftsjahr 2007 bis zum Bilanzstichtag 31.12. den Verkäufern zustehen und auch an die Verkäufer ausgeschüttet werden.
2.3 Hinsichtlich der Behandlung (=Bewertung) von noch nicht realisierten Kursschwankungen und offener Lieferkontrakte zum Stichtag 31.12.2007 muss nach Durchführung der Due Dilligence noch eine Einigung erzielt werden.
2.4 Vorbehaltlich steuerlicher und rechtlicher Prüfung ist geplant, dass sich die X PRODUKT GmbH oder die X *** Holding direkt an der NN Holding Wien beteiligt.
2.5 Nach Prüfung unter rechtlichen, steuerlichen Gesichtspunkten wird die Transaktionsstruktur durch die Vertragspartner gemeinsam festgelegt. Diese kann die Gründung einer neuen GmbH genauso beinhalten, wie die Einbringung der PRODUKT relevanten Gesellschaften in die bestehende X Y Beteiligung GmbH.
...
7. Konzerngesellschaften
7.1 Die Vertragsparteien werden dafür Sorge tragen, dass die Konzerngesellschaften der X und der Y - Gruppe diese Absichtserklärung so einhalten, als ob sie selbst Parteien dieser Vereinbarung wären.
7.2 X ist berechtigt eine ihrer Tochtergesellschaften z.B. die X PRODUKT GmbH für die Vorbereitung der Transaktion oder für die Übernahme der Beteiligung zu nominieren.
8. Aufschiebende Bedingungen
Diese Absichtserklärung sowie der Kaufvertrag stehen nach derzeitigem Wissenstand unter folgenden aufschiebenden Bedingungen:
8.1 Im Rahmen der Due Diligence werden keine materiellen, schweren Mängel aufgedeckt, die nicht durch vertragliche Gewährleistungsbestimmungen und Garantien abgesichert werden können, wozu insbesondere auch zählt, daß die NN Holding Wien als Holding für die PRODUKT Handelsgeschäfte in für beide Parteien zufriedenstellender Weise gegründet wurde.
8.2 Die jeweiligen Aufsichtsratsgremien und Beiräte der Vertragsparteien stimmen der Transaktion zu.
8.3 Die Geschäfte der NN Holding Wien werden bis zum Vollzug des Kaufvertrages im bisherigen, üblichen Rahmen („ordinary course of business“) unter dem Grundsatz der Unternehmensfortführung betrieben.
8.4 Es gibt keine materiellen wesentlichen Änderungen in der Geschäftspraxis, sowie in der steuerlichen und finanziellen Gebarung der zur NN Gruppe gehörenden Gesellschaften zwischen dem Abschluss dieser Absichtserklärung und dem Vollzug des Kaufvertrages.
8.5 X bekommt die Bemühenszusage, dass die bisherigen Gesellschafter der NN Holding Wien und deren leitende Mitarbeiter, darunter: …. in ihren jeweiligen Funktionen im Unternehmen bleiben werden.
8.6 Es werden alle erforderlichen Zustimmungen und Genehmigungen von Dritten und/oder von in- und ausländischen Behörden, erteilt, insb. die kartellrechtliche Genehmigung eines Wettbewerbsverbots folgenden Inhalts:
Die Vertragspartner verpflichten sich selbst und verpflichteten sich, dafür zu sorgen, dass die mit ihnen verbundenen Personen und/oder Gesellschaften für die Dauer von 5 Jahren nichts unternehmen, womit sie unmittelbar oder mittelbar im Wettbewerb zur Zielgesellschaft stehen.
…
11. Bindungswirkung dieses Vertrages
11.1 Diese Absichtserklärung schafft keine verbindlichen Verpflichtungen für die Parteien außer es wäre dies in diesem Vertragspunkt ausdrücklich vorgesehen. Insbesondere verpflichtet diese Vereinbarung die Parteien nicht in konkrete Verhandlungen einzutreten bzw. Verträge abzuschließen. Die Vertragsparteien haben jederzeit die Möglichkeit die Transaktion abzubrechen. Die Parteien verzichten ausdrücklich auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund dieser Vereinbarung.
11.2 Diese Vereinbarung ersetzt jegliche frühere Vereinbarung oder Angebote zwischen den Parteien.
Wien, am 07.06.2007
In einem SIDELETTER ZUR ABSICHTSERKLÄRUNG vom 07.06.2007 gaben die Verkäufer noch folgende ergänzende Erklärung ab:
1. Dem in Punkt 2. der Absichtserklärung angeführten Kaufpreis kommt keine Verbindlichkeit zu. Der endgültige Kauf- bzw. Abtretungspreis wird vielmehr erst nach Abschluß der Due Diligence zu vereinbaren sein.
Wien, am 07.06.2007"
In der Folge wurde durch die STB Steuerberatungs GmbH ein Umstrukturierungskonzept ausgearbeitet, das am 27. Februar 2008 dem Aufsichtsrat der Urgroßmutter präsentiert wurde. Unter Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrates der Großmutter2 AG stimmte der Aufsichtsrat der Urgroßmutter dem Erwerb des Teilbetriebes PRODUKT der Y & Co GmbH zu 50% zu einem Kaufpreis von 4,5 Mio EUR zu.
Das Umstrukturierungskonzept sah letztendlich vor, dass das gewünschte Ziel - Beteiligung einer Gesellschaft des X Konzerns mit 50% am Teilbetrieb "PRODUKT" der Y & Co GmbH - in folgenden 3 Schritten herbeigeführt wird:
1. Neugründung der Bf. alleine durch die X *** Holding GmbH mit einem Nennkapital von € 35.000,00,
2. Zufuhr von weiterem Eigenkapital an die Bf. durch einen sog. "Großmutterzuschuss", damit das Gesellschaftsvermögen der Bf. € 2 Mio. beträgt
3. Einbringung des Teilbetriebes PRODUKT durch die Y & Co GmbH in die Bf. gegen Abtretung von 50 % der Anteile an der Bf. durch die X *** Holding GmbH.
Diese Vorgehensweise wurde gewählt damit die X *** Holding GmbH für die Einbringung des Teilbetriebes "PRODUKT" in die neu gegründete Gesellschaft eine verkehrswertäquivalente Gegenleitung erbringen kann und die Begünstigungen des Art III des UmgrStG in Anspruch genommen werden können.
III. rechtliche Beurteilung
Gemäß § 2 Z 4 lit. a KVG unterliegen Zuschüsse die geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, wenn es sich um freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft handelt, der Gesellschaftsteuer.
Als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften gelten nach § 5 Abs. 1 Z. 1 KVG Aktien und sonstige Anteile, ausgenommen die Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft.
Als Gesellschafter gelten nach § 5 Abs. 2 KVG die Personen, denen die in § 5 Abs. 1 KVG bezeichneten Gesellschaftsrechte zustehen.
Leistungen sind dann freiwillig, wenn sie weder auf einer im Gesellschaftsvertrag noch auf einer im Gesetz begründeten Verpflichtung, sondern auf einem anderen Rechtsgrund beruhen. Als freiwillig sind vor allem alle Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (vgl. VwGH 28.9.1998, 95/16/0302).
Neben den Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes sind seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 auch die Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 69/335/EWG (in Folgenden kurz RL 69/335/EWG ), neugefasst durch die Richtlinie des Rates vom 12. Februar 2008 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 2008/7/EG (kurz RL 2008/7/EG ) unmittelbar anzuwenden.
Nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der RL 69/335/EWG (entspricht Artikel 3 Buchstabe h der RL 2008/7/EG ) kann die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, soweit sie am 1. Juli 1984 der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen, weiterhin der Gesellschaftsteuer unterworfen werden.
Diese Kapitalansammlungsrichtlinie einschließlich der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH sind bei der Auslegung des KVG zu beachten (siehe Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz Kurzkommentar², Pkt. I.1. zu § 2).
Die richtlinienkonforme Interpretation umfasst das gesamte nationale Recht. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle Bereiche des nationalen Rechts, die auf EGRichtlinien (wenn auch nur teilweise) basieren, richtlinienkonform auszulegen.
Lässt die staatliche Umsetzung mehrere Interpretationen zu, so ist jene zu wählen, die den Vorgaben der Richtlinie entspricht; gleichzeitig sind diejenigen Interpretationen zu verwerfen, die gegen die Richtlinie verstoßen würden (Ehrke-Rabel, Gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation und Anwendungsvorrang im Steuerrecht, ÖStZ 2009, S 189).
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass es sich bei der fraglichen Kapitalzufuhr um eine freiwillige Leistung an eine inländische Kapitalgesellschaft handelt, die geeignet war, den Wert der Gesellschaftsrechte an ihr zu erhöhen.
Strittig ist lediglich, wem dieser Zuschuss als Leistendem zuzurechnen ist, ob dieser also von einem Gesellschafter im Sinne der oben angeführten Normen erfolgte. Sowohl im Sinne der Kapitalansammlungsrichtlinie als auch im Sinne des KVG ist Gesellschafter der unmittelbar an der Kapitalgesellschaft Beteiligte und begründet eine mittelbare Beteiligung keine Gesellschafterstellung.
Die Feststellung, ob ein Vorgang in den Anwendungsbereich von Artikel 4 der Richtlinie 69/335/EWG fällt, ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu treffen, indem untersucht wird, wem die Zahlung der Einlagen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. dazu ua EuGH 17.10.2002, Rs C-339/99 "ESTAG", RNr 37 und 38, und EuGH C-71/00 , "Develop" RNr 25).
Da ansonsten die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 69/335 beeinträchtigt wäre genügt es bei Gesellschaften, die zu einem Konzern gehören, nicht allein die formelle Herkunft einer Einlage festzustellen (vgl. dazu EuGH 17.10.2002, Rs C-339/99 ESTAG, Randnummer 40; UFS 21.3.2012, RV/3174-W/07 und UFS 09.10.2013, RV/2691-W/09).
Urteilen des EuGH ist eine Wirkung erga-omnes beizumessen und ist daher das Urteil des EuGH vom 17. Oktober 2002, Rs C-339/99 ("ESTAG") nicht bloß auf den Anwendungsfall beschränkt (vgl. VwGH 23.11.2005, 2005/16/0040).
Auch vor der Entscheidung des EuGH wurde im Bereich der Gesellschaftsteuer bereits die wirtschaftliche Betrachtungsweise herangezogen. Es war bereits ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 29.1.1975, 607-633/74, VwGH 14.5.1975, 531,532/74 und VwGH 19.12.2002, 2001/16/0273), dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 Abs. 1 BAO zwar im Bereich des Kapitalverkehrsteuergesetzes in den Hintergrund tritt, weil das Gesetz an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpft. Stets wurde aber dem aber angefügt, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise auch im Bereich der Verkehrsteuern immer dann gilt, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formalrechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gebietet etwa bei Treuhandverhältnissen der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine von der zivilrechtlichen Betrachtung abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise (vgl. VwGH 23.11.2005, 2005/16/0040).
Auch wenn die Anteile an der begünstigen Kapitalgesellschaft von einer Beteiligungsholding gehalten werden, die Kapitalausstattung zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes aber aus dem Vermögen der die Beteiligungsholding beherrschenden Konzernmutter bestritten wird, gebietet es der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung von einer Gesellschafterleistung auszugehen. Dieser Fall ist durchaus mit einer Treuhandkonstellation vergleichbar ist, in welcher ein Treuhänder zivilrechtlich über das Gesellschaftsrecht verfügt, die Kapitalausstattung aber durch freiwillige Leistungen, die den Wert der Gesellschaftsrechte erhöhen, unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers erfolgt (vgl. UFS 11.05.2010, RV/1459-W/05 unter Hinweis auf VwGH vom 23.11.2005, 2005/16/0040 sowie UFS 24.2.2010, RV/0215-S/08).
In seinem Urteil vom 12. 1. 2006, C-494/03 , Senior Engineering Investments BV hat der EuGH zu einer freiwilligen Leistung einer Großmuttergesellschaft an ihre Enkelgesellschaft ohne Einbindung der Muttergesellschaft ua. Folgendes ausgeführt:
"39. Drittens stellt sich der fragliche Beitrag als "Leistung eines Gesellschafters" dar. Er wurde zwar nicht vom Gesellschafter der Senior GmbH (Senior BV), sondern von deren Muttergesellschaft (Senior Ltd) geleistet, also vom Gesellschafter des Gesellschafters. Der Gerichtshof folgt jedoch hinsichtlich der Herkunft einer Kapitalzuführung nicht einem förmlichen Ansatz, sondern fragt nach der tatsächlichen Zurechnung (vgl. in diesem Sinne Urteile Weber Haus, Randnrn. 11 und 13, ESTAG, Randnrn. 37 bis 39 und 41, sowie Urteil vom 17. Oktober 2002 in der Rechtssache C-71/00 , Develop, Slg. 2002, I-8877, Randnrn. 25 bis 29). Da der fragliche Beitrag von der Großmuttergesellschaft (Senior Ltd) an die Enkelgesellschaft (Senior GmbH) gezahlt worden war, um den Wert der Gesellschaftsanteile an dieser zu erhöhen, und diese Erhöhung vor allem im Interesse des einzigen Gesellschafters Senior BV lag, ist festzustellen, dass der genannte Beitrag dieser zuzurechnen ist. Es handelt sich daher um eine "Leistung eines Gesellschafters" im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 ."
Der EuGH hat damit ausgesprochen, dass eine Erhöhung des Wertes von Gesellschaftsanteilen vor allem im Interesse der Gesellschafter liegt. Dass neben der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens und damit des Wertes der Geschäftsanteile ein zusätzliches Interesse der Gesellschafter gegeben sein müsste, um einen Großmutterzuschuss diesen als Leistende zuzurechnen, kann der obigen Aussage des EuGH, wie auch dem Urteil insgesamt, nicht entkommen werden (vgl. UFS 09.10.2013, RV/2691-W/09 [Anmerkung: Die Behandlung der gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss VwGH 28.3.2014, 2013/16/0214 abgelehnt]; BFG 28.12.2015, RV/7102461/2012).
In der Entscheidung des EuGH vom 8.11.2007, C-251/06 (Rechtssache "Ing. Auer", RN 47) wurde ausgesprochen, dass durch die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes nicht Verhaltensweisen begünstigt werden dürfen, die durch die Errichtung künstlicher Konstruktionen mit dem alleinigen Ziel der Erlangung eines Steuervorteils gekennzeichnet sind. Damit wurde vom EuGH erstmals klargestellt, dass missbräuchliche Konstruktionen zur Umgehung einer Kapitalverkehrssteuerpflicht nicht beachtlich sind, sondern der dahinter stehende wahre Sachverhalt zu besteuern ist (vgl. UFS 07.05.2008, RV/0296-L/06 sowie UFS 03.02.2010, RV/0652-L/06).
Es steht jedermann frei, seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten und zu ordnen, dass der günstigste Effekt, nämlich der bestmögliche Erfolg bei geringster der gesetzlich vorgesehenen Abgabenbelastung erreicht wird. Die Grenzen dieser dem Abgabepflichtigen eingeräumten Gestaltungsfreiheit sind im Abgabenrecht grundsätzlich durch die Bestimmungen der §§ 21 bis 24 BAO gezogen. Im Bereich der in diesen Gesetzesbestimmungen im Einzelnen umschriebenen Tatbestände ist die Abgabenbehörde berechtigt und verpflichtet, bei der Erhebung der Abgaben von der Gestaltung der Vertragsparteien abzugehen (UFS 3.02.2010, RV/0652-L/06).
Ein 3 Tage vor Abschluss eines Verschmelzungsvertrages geleisteter "Großmutterzuschuss", der zur Herbeiführung eines positiven Verkehrswertes der übertragenden Gesellschaft diente, wurde vom Unabhängigen Finanzsenat unter Hinweis auf das Erkenntnis VwGH 19.12.2002, 2001/16/0448 als im Interesse der aufnehmenden Gesellschaft liegend beurteilt und in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der aufnehmenden Gesellschaft als Leistende (= unmittelbare Gesellschafterin der Leistungsempfängerin) zugerechnet (vgl. UFS 21.3.2012, RV/3174-W/07). Ebenso wurde ein knapp vor Abschluss eines Verschmelzungsvertrages geleisteter "Großmutterzuschuss", der dazu diente die Fremdmittelquote auf unter 50% zu senken, als im Interesse der aufnehmenden Gesellschaft gelegen betrachtet (vgl. UFS 16.10.2012, RV/2434-W/08).
Auch im gegenständlichen Fall besteht nicht bloß eine zeitliche Nähe zwischen Leistung und Umgründungsvorgang, sondern liegt auch ein kausaler Zusammenhang zwischen Leistung und Einbringung des Teilbetriebes vor. Der Zusammenhang wird hier nicht nur durch den Einbringungsvertrag deutlich, im dem ausdrücklich auf den bereits erfolgten Zuschuss hingewiesen wurde, sondern auch durch das Umstrukturierungskonzept.
Eine Einbringung nach Artikel III UmgrStG liegt gemäß § 12 Abs. 1, 1. Satz, UmgrStG vor, wenn Vermögen (Abs 2) auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) und einer Einbringungsbilanz (§ 15) nach Maßgabe des § 19 einer übernehmenden Körperschaft tatsächlich übertragen wird.
Nach § 19 Abs. 1 UmgrStG muss die Einbringung ausschließlich gegen Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Körperschaft erfolgen. Die Gewährung von neuen Anteilen kann ua. auf Grund des § 19 Abs. 2 UmgrStG unterbleiben,
1. soweit die übernehmende Körperschaft den Einbringenden mit eigenen Anteilen abfindet,
2. soweit die Anteilsinhaber der übernehmenden Körperschaft den Einbringenden mit bestehenden Anteilen an dieser abfinden,
3. soweit die übernehmende Körperschaft zum Zwecke der Rundung auf volle Beteiligungsprozentsätze bare Zuzahlungen leistet, sofern diese 10% des Gesamtnennbetrages der neuen Anteile nicht übersteigen,...
Im gegenständlichen Fall erfolgte die Einbringung des Teilbetriebes in die Bf. nicht gegen Gewährung von neuen Anteilen, sondern erhielt die Y & Co GmbH als Gegenleistung Anteile vom Anteilsinhaber der übernehmenden Körperschaft – der X *** Holding GmbH – abgetreten. Erst durch den sog. "Großmutterzuschuss" wurde das Gesellschaftsvermögen der Bf. auf einen Wert von € 2 Mio gebracht und entsprach damit der Verkehrswert der Gesellschaftsanteile der X *** Holding GmbH an der Bf. dem Verkehrswert des Teilbetriebes "PRODUKT". Ohne die Zuschussleistung hätte die unmittelbare Gesellschafterin der Bf. keine äquivalente Gegenleistung für die Einbringung des Teilbetriebes erbringen können und wäre somit die von Anfang an geplante Einbringung des Teilbetriebes "PRODUKT" in die Bf. unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Umgründungssteuergesetzes nicht möglich gewesen. Dem Finanzamt ist daher beizupflichten, dass hier ein besonderes Interesse der unmittelbaren Gesellschafterin der Bf. an der Zuschussleistung vorlag. Bei der unmittelbaren Gesellschafterin der Bf. handelt es sich überdies um eine Holdinggesellschaft, deren Zweck das Halten von Beteiligungen ist. Die Bf. übt keine operative Tätigkeit aus und erfolgt daher die Kapitalausstattung der Beteiligungsgesellschaften durch die hinter der unmittelbaren Gesellschafterin stehende "Großmutter" (Muttergesellschaft der Gesellschafterin der Bf.) und ist insofern die Lage hier der Situation bei Treuhandgesellschaften vergleichbar. Der Ansicht des Finanzamtes, dass die von der "Großmutter" an die Bf. erfolgte Leistung der unmittelbaren Gesellschafterin als Leistende zuzurechnen ist, ist daher insbesondere auch wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zuzustimmen. Der sog. "Großmutterzuschuss" unterliegt daher als freiwillige Leistung des Gesellschafters an eine Kapitalgesellschaft iSd § 2 Z 4 KVG der Gesellschaftsteuer.
Die Bescheidbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
IV. Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes, dass anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft des Zuschusses abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen ist, wem die Zahlung von - der Gesellschaftsteuer unterliegenden - Zuschüssen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. VwGH 11.9.2014, 2013/16/0025 mit weiteren Judikatur Hinweisen).
Wien, am 18. April 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 2 Z 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 |
Verweise: | EuGH 17.10.2002, C-339/99 |