Steuersatz für die Betreuung von Jugendlichen durch eine natürliche Person
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101273.2009
Beachte:
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2016/15/0014. Mit Erk. v. 22.11.2018 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom 27.12.2018 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Thomas Krumenacker in der Beschwerdesache BF, gegen die Bescheide des FA Linz vom 16.09.2009 betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2007 und 2008 sowie vom 15.06.2012 betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2009 und 2010 zu Recht erkannt:
Die Bescheide werden abgeändert.
Umsatzsteuer 2007:
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen: 46.772,37 €
Dieser ist mit 10% zu versteuern. Die Umsatzsteuer beträgt daher 4.677,24 €
Gesamtbetrag der Vorsteuern: -841,90 €
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit 3.835,33 €
Umsatzsteuer 2008:
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen: 45.959,31 €
Dieser ist mit 10% zu versteuern. Die Umsatzsteuer beträgt daher 4.595,93 €
Gesamtbetrag der Vorsteuern: -827,27 €
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit 3.768,66 €
Umsatzsteuer 2009:
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen: 50.621,96 €
Dieser ist mit 10% zu versteuern. Die Umsatzsteuer beträgt daher 5.062,20 €
Gesamtbetrag der Vorsteuern: -911,20 €
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit 4.151,00 €
Umsatzsteuer 2010:
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen: 38.473,96 €
Dieser ist mit 10% zu versteuern. Die Umsatzsteuer beträgt daher 3.847,40 €
Gesamtbetrag der Vorsteuern: -692,53 €
Die Umsatzsteuer wird daher festgesetzt mit 3.154,87 €
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer hat das Studium der Sozialarbeit absolviert. Er war im gesamten Beschwerdezeitraum als Sozialpädagoge im Rahmen eines freien Dienstvertrages für den Verein XY tätig und übernahm dabei die stundenweise Einzelbetreuung von Jugendlichen (Personen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben). Nach außen hin (gegenüber Behörden, insbesondere den Jugendwohlfahrtsbehörden) ist nur der Verein XY aufgetreten.
Nach den Beschwerdeausführungen hat der Verein XY folgende Leistungen angeboten:
Einzelbetreuung als „Betreutes Wohnen“, quasi als letzte Stufe vor der Selbständigkeit der stationär betreuten Jugendlichen
Einzelbetreuung für sonstige förderungsbedürftige Minderjährige in eigenen Wohnungen, in der Ursprungsfamilie oder als Sondermaßnahme in stationären Einrichtungen
Sozialpädagogische Familienhilfe
Die sozialpädagogische Einzelbetreuung ist eine stundenweise Betreuungsform für Kinder und Jugendliche, die in ihrer Ursprungsfamilie leben, oder bereits in einer eigenen Wohnung. Das Ausmaß der Betreuung wird mit der zuständigen Behörde je nach Notwendigkeit geregelt, sollte aber 10 Stunden / Woche nicht unterschreiten.
Die sozialpädagogische Einzelbetreuung ist auf das individuelle Verhaltensbild des Jugendlichen abgestimmt. Wenn der/die Betreuer/in, das Team und die einweisende Behörde zu dem Schluss kommen, dass ein Kind/Jugendlicher gewisse Lernziele erreicht hat, so wird die Gesamtstruktur der neuen Situation entsprechend umgestaltet (mehr oder weniger Betreuungszeit, Wohnortwechsel, Arbeitsplatz, Umfeld, …).
Um eine den Problemen und Verhaltensweisen eines Jugendlichen entsprechende, zusätzliche Förderung zu ermöglichen, können Ressourcen wie Erlebnispädagogik, Psychotherapie, Soziotherapie, Sensibilisierungs- und Wahrnehmungsübungen, Übungen zur Körpererfahrung, Trauer und Ablösearbeit, usw. nach Absprache mit dem zuständigen Jugendhilfeträger in Form eines begleitenden Angebotes hinzugefügt werden.
Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist in zwei Produktgruppen unterteilt.
Erstens....
....als begleitende Unterstützung für Familien, deren Kinder sich in stationärer Betreuung befinden:
Zur Mitarbeit bereite Eltern werden nach Möglichkeit in den pädagogischen Prozess einbezogen und von unseren Betreuern unterstützt. Probleme im Familiensystem werden nach Wunsch in systemischen Familienberatungen aufgearbeitet um eine Rückführung des Jugendlichen in die Ursprungsfamilie möglich zu machen.
Familienarbeit als Zugang zum Ursprungssystem
Die Familienarbeit dient auch dazu, das Kind/den Jugendlichen in seinem Ursprungsumfeld kennen zu lernen, um Verhaltensweisen besser verstehen und gezielt an bestehenden “Believes“ und eingefleischten Regelsystemen arbeiten zu können. Zu diesem Zweck werden im Zuge der Wochenendprogramme Besuchsfahrten zu den einzelnen Familien unternommen.
Familienarbeit zur Verankerung von Veränderungen
Die Familienarbeit gewinnt immer mehr an Wichtigkeit, da es eine Sache ist, mit dem Kind bzw. Jugendlichen ein neues Verhaltensbild zu erarbeiten, und eine völlig andere, allerdings essentiell wichtige, die Anerkennung der durch die Veränderung entstehenden neuen Rolle.
Um diesen Prozess zu ermöglichen wird durch gezielte Kontakte die neue Rolle des Jugendlichen im Ursprungssystem verankert.
Zweitens....
Familienarbeit und -beratung für überforderte Familiensysteme
Familien, die auf Grund diverser Umstände in der Erziehung der Kinder überfordert sind bzw. sich in problematische Situationen gebracht haben wird entsprechende präventive Hilfe gewährt, um eventuelle weiter reichende Hilfen nicht nötig machen. Die beratende Arbeit mit dem gesamten Familiensystem kann auch noch durch eine Einzelbetreuung für gefährdete Kinder und Jugendliche ergänzt werden. Dabei arbeiten ein Einzelbetreuer und ein Familienbetreuer eng zusammen, aber mit klar unterschiedlich definierten Aufgabenstellungen und Zuständigkeiten.
Der Beschwerdeführer betreute die Jugendlichen „vor Ort“, also in ihrer Ursprungsfamilie, im Heim, im Gefängnis oä.. Gegenstand der Einzelbetreuung ist daher die individuelle Lebensbegleitung für verhaltensauffällige Jugendliche vor Ort. Unter anderem wird auch mit dem Jugendlichen das Kino besucht, es wird auswärts gegessen usw.
Infolge der „Vor-Ort-Betreuung“ der Jugendlichen unterhielt der Beschwerdeführer keine entsprechende Infrastruktur wie in Jugendheimen üblich (Schlafräume, Speisesäle, Spiel-, Lern- oder Erholungsräume, Spiel- und Sportplätze). Der Beschwerdeführer stellt auch keine sonstige Infrastruktur für die Betreuung der Jugendlichen, wie Spielsachen, Spiel- oder Sportgeräte zur Verfügung.
Der Beschwerdeführer erklärte seine diesbezüglichen Umsätze als mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Das Finanzamt versteuerte diese Umsätze jedoch (für das Jahr 2007 nach einer Wiederaufnahme) mit dem Normalsteuersatz.
In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass nach § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994 Leistungen der Jugend-, Erziehungs-, Ausbildungs-, Fortbildungs- und Erholungsheime an Personen, die das 27. Lebensjahr nicht vollendet haben, soweit diese Leistungen in deren Betreuung, Beherbergung, Verköstigung und den hiebei üblichen Nebenleistungen bestehen, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Auf die Bezeichnung komme es nicht an. Auch Kinderheime, Kindergärten, Kinderhorte, Schülerheime, Jugendherbergen und Studentenheime fallen unter die Ermäßigung. Dies treffe daher auch für Einrichtungen zu, in denen die Kinder bzw. die Jugendlichen nur über Tag betreut werden, zB Kindergärten, Tagesheime Halbinternate usw. (Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 10 Abs. 2 Z 14, Tz 6 und 7).
Nicht erforderlich sei daher, dass sämtliche begünstigte Leistungen erbracht werden.
Der Begriff "Betreuung" gehe sehr weit und umfasse daher jede Förderung des geistigen und körperlichen Wohlbefindens des Menschen.
Nach dem Urteil des EuGH vom 07.09.1999, C-216/97 , Gregg, können auch natürliche Personen Einrichtungen sein.
Das Finanzamt führte dazu aus, dass unstrittig sei, dass der Beschwerdeführer sozialpädagogische Betreuungsleistungen in Form von stundenweiser Einzelbetreuung Jugendlicher erbringt.
.......(Die Ausführungen des Finanzamtes zur Steuerbefreiung werden nicht wiedergegeben, weil es nicht um die Steuerbefreiung geht.)
Fraglich sei jedoch, ob der Beschwerdeführer ein „Jugend-, Erziehungs-, Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Erholungsheim“ im Sinne des § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994 ist.
Untergliedert man den Gesetzestext näher, so müssen folgende Umstände kumulativ vorliegen:
Es muss ein Jugendheim vorliegen,
welches Leistungen an Personen erbringt, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit
diese Leistungen in der Betreuung, Beherbergung, Verköstigung und den hierbei üblichen Nebenleistungen bestehen.
Der Begriff „Jugendheim“ sei im österreichischen UStG nicht legaldefiniert. Nach dem herrschenden Sprachgebrauch definiert man Jugendheim als Einrichtung bzw. Heim, das der Erziehung, Freizeitgestaltung und Erholung Jugendlicher dient (Duden). Nach Ruppe/Achatz 4 , § 6 Tz. 424 sei unter Heim nach der Verkehrsauffassung eine Einrichtung zu verstehen, zu deren wesentlichen Leistungen die nicht nur vorübergehende Betreuung und wohl auch die Beherbergung zählt. Schon die frühere Verwaltungspraxis bezog jedoch auch Einrichtungen ein, die nur der Betreuung über Tage dienen bzw. bei denen ein dauernder Wechsel stattfindet und erstreckte damit die Begünstigung auch auf Kindergärten, Kinderhorte und Jugendherbergen. Auf die Bezeichnung des Heimes kommt es ebenfalls nicht an. Auch Kinderheime, Kindergärten, Kinderhorte, Schülerheime, Jugendherbergen und Studentenheime fallen darunter. Es sind auch Einrichtungen erfasst, in denen die Kinder bzw. Jugendlichen nur über Tag betreut werden, wie zB Kindergarten, Tagesheim, Halbinternat, usw (vgl. Kommentar zur Mehrwertsteuer/UStG 1994 von Scheiner/Kolacny/Caganek, § 10 Abs. 2 Z 14, Tz. 7)....
Der Beschwerdeführer hat aber keine feste Einrichtung bzw. ein Gebäude oder auch nur einzelne Räumlichkeiten, wo sich die Jugendlichen zur Betreuung aufhalten. Der Beschwerdeführer ist ausschließlich als Subunternehmer für den Verein XY tätig. Es findet ausschließlich eine „Vor-Ort-Betreuung“ in der Familie, im Heim (wo der Jugendliche bereits untergebracht ist) oder im Gefängnis statt. Daneben findet noch eine gewisse Freizeitgestaltung mit dem Jugendlichen (Kino, Essen gehen) statt. Neben der sozialpädagogischen Einzelbetreuung durch den Beschwerdeführer wird keine weitere Leistung angeboten wie in Heimen üblich (Beherbergung, Verköstigung sowie übliche Nebenleistungen wie das Zurverfügungstellung von Spielplätzen, Sportplätzen oder Spielzeug). Üblicherweise wird in jedem Heim – selbst wenn dieses nur der Tagesbetreuung dient (wie Kindergarten oder Tagesinternat) – ein gewisses Leistungsbündel (wie Betreuung und Verköstigung und Nebenleistungen wie Nutzung von Spielplätzen) angeboten. Der Beschwerdeführer bietet jedoch lediglich die stundenweise sozialpädagogische Betreuung vor Ort ohne weitere Leistungen wie in Jugendheimen üblich.
Die strittigen Leistungen unterliegen daher nicht dem ermäßigten Steuersatz.
.......(Die Ausführungen des Finanzamtes zur Judikatur des EuGH betreffend Steuerbefreiung werden nicht wiedergegeben, weil es nicht um die Steuerbefreiung geht.)
Seitens des Finanzamtes werde auch nicht bestritten, dass eine Einrichtung mit sozialem Charakter auch eine natürliche Person umfassen könne (wie auch richtig in der Beschwerde zur Rs Gregg formuliert). Die Entscheidung Gregg hebe hervor, dass der Gerichtshof in Randnummer 18 des Urteils Gregg davon ausgegangen ist, dass der Begriff der Einrichtung eine abgegrenzte Einheit bezeichnet, die eine bestimmte Funktion erfüllt. Dabei handle es sich um ein Merkmal, das ebenso gut auf juristische Personen wie auch auf eine oder mehrere natürliche Personen zutreffen könne, die ein Unternehmen betreiben. Allerdings lag der Rs. Gregg unstrittig ein anderer Sachverhalt zugrunde, nämlich der, wonach die beiden Personen Gregg selbst ein Heim betrieben haben und nicht bloß als Subunternehmer tätig wurden.
Die Sichtweise, dass ein bloßer Subunternehmer keine Einrichtung mit sozialem Charakter ist, wurde im Übrigen auch durch das deutsche BFG in seiner richtungsweisenden Entscheidung BFH, Urteil v. 08.11.2007, Az. V R 2/06 geteilt.
Auch in der neueren deutschen Rechtsprechung des FG Köln am 22.10.2014 zu 4 K 2056/11 hat das Gericht entschieden, es reiche für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter nicht aus, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine vom Mitgliedstaat ausdrücklich oder zumindest aufgrund unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zu dem örtlichen Träger der Sozialversicherung anerkannte Einrichtung tätig wird.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
Nach § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994 unterliegen Leistungen der Jugend-, Erziehungs-, Ausbildungs-, Fortbildungs- und Erholungsheime an Personen, die das 27. Lebensjahr nicht vollendet haben, soweit diese Leistungen in deren Betreuung, Beherbergung, Verköstigung und den hiebei üblichen Nebenleistungen bestehen, dem ermäßigten Steuersatz.
Nach Art. 98 Abs. 1 und 2 RL 2006/112/EG dürfen die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden, jedoch nur auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen der im Anhang III genannten Kategorien.
Nach Z 15. des Anhanges sind dies die Lieferung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht gemäß den Artikeln 132, 135 und 136 von der Steuer befreit sind.
Wenn diese Ziffer so auszulegen wäre, dass nur Leistungen von gemeinnützigen Einrichtungen steuersatzermäßigt werden dürfen, soweit diese wohltätigen Zwecken dienen oder (wohl nicht "und") soweit diese im Bereich der sozialen Sicherheit liegen, hätte Österreich den Ermäßigungstatbestand zu weit gefasst. Der innerstaatliche Tatbestand darf aber deswegen nicht enger, also zulasten des Steuerpflichtigen, ausgelegt werden.
Wenn besagte Ziffer hingegen so auszulegen wäre, dass die Erbringung von Leistungen von gemeinnützigen Einrichtungen, die wohltätigen Zwecken dienen, die erste Alternative und die Erbringung von Leistungen, die im Bereich der sozialen Sicherheit liegen, zweite Alternative darstellt, fielen die strittigen Leistungen möglicherweise darunter. Weil aber die Normierung von Steuersatzermäßigung nur auf einer Ermächtigung an die Mitgliedstaaten beruht, könnte sich der Steuerpflichtige nicht mit Erfolg auf die für ihn günstigere Richtlinienbestimmung berufen.
Maßgeblich ist daher ausschließlich das innerstaatliche Recht, das allerdings unionsrechtskonform auszulegen ist.
Unstrittig erbringt der Beschwerdeführer Betreuungsleistungen und müssen die im § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994 genannten Leistungen nicht kumulativ vorliegen. Das Finanzamt meint aber, weil der Beschwerdeführer nur einen (kleinen) Teil der von Heimen üblicherweise erbrachten Leistungen erbringt, sei seine Tätigkeit nicht mit der eines Heimes vergleichbar und falle daher nicht unter die Steuersatzermäßigung.
Im Urteil vom 07.09.1999, C-216/97 , Gregg, hat der EuGH betreffend die Steuerbefreiung ausgeführt, dass der Begriff der Einrichtung zwar die Existenz einer abgrenzbaren Einheit, die eine bestimmte Funktion erfülle, nahelege. Dieses Merkmal treffe aber nicht nur auf juristische Personen zu, sondern auch auf eine oder mehrere Personen, die ein Unternehmen betreiben. Diese Auslegung, nach der der Begriff der "Einrichtung" nicht nur juristische Personen bezeichne, stehe insbesondere im Einklang mit dem dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Besagter Grundsatz verbiete es nämlich, dass Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Umsätze bewirken, bei deren Besteuerung unterschiedlich behandelt werden.
Dass das Ehepaar Gregg selbst ein Heim betrieb (und keine steuerbefreite Einrichtung sein wollte), also nicht bloß als Subunternehmer tätig wurde, ändert an obiger generellen Aussage des EuGH nichts.
Da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität generell gilt, ist dieser auch auf Steuersatzermäßigungen anzuwenden. Dies hat auch der VwGH im Erkenntnis vom 27.11.2014, 2011/15/0079 bestätigt. Er hat darin ua. ausgeführt, dass im Bereich der Umsatzsteuer im Grundsatz der steuerlichen Neutralität das Gebot der Gleichbehandlung konkurrierender Unternehmer zum Ausdruck kommt, welches es verbietet, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln.
Wie bereits ausgeführt müssen nicht alle der im § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994 genannten Leistungen kumulativ vorliegen. Auch isoliert betrachtet ist die Betreuung daher steuersatzermäßigt. Erbringt ein Heim gegenüber einem bestimmten Jugendlichen nur eine "Vor-Ort-Betreuung", unterliegt diese Leistung (sofern sie nicht steuerbefreit ist) dem ermäßigten Steuersatz. Dies auch dann, wenn im jeweiligen Fall nicht alle sonst üblichen Nebenleistungen erbracht werden. Genau dieser Fall liegt aber vor, weil ja letztlich der Verein (das Heim) die "Vor-Ort-Betreuung" unter Verwendung der an ihn vom Beschwerdeführer erbrachten Leistung erbringt.
Die vom Finanzamt ins Treffen geführten Urteile des BFG und des FG Köln sind nicht einschlägig, weil es darin um die Frage der Steuerbefreiung ging.
Die strittigen Leistungen sind daher neutralitätskonform unter § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994 zu subsumieren.
Linz, am 30. Dezember 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 10 Abs. 2 Z 14 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise: |