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Europäisches Auslieferungsübereinkommen – 4. Zusatzprotokoll

Aktuelle FassungIn Kraft seit 25.7.2023

§ 0

Europäisches Auslieferungsübereinkommen – 4. Zusatzprotokoll

Kurztitel

Europäisches Auslieferungsübereinkommen – 4. Zusatzprotokoll

Kundmachungsorgan

BGBl. III Nr. 42/2016

Typ

Vertrag – Multilateral

§/Artikel/Anlage

§ 0

Inkrafttretensdatum

25.07.2023

Unterzeichnungsdatum

20.09.2012

Index

29/09 Auslieferung, Rechtshilfe in Strafsachen

Langtitel

(Übersetzung)

Viertes Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen

StF: BGBl. III Nr. 42/2016 (NR: GP XXV RV 785 VV S. 102. BR: AB 9483 S. 847.)

Änderung

etwaige idF-Liste siehe Stammvertrag, BGBl. Nr. 320/1969

Sprachen

Englisch, Französisch

Vertragsparteien

Vertragsparteien siehe Stammvertrag, BGBl. Nr. 320/1969

Sonstige Textteile

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Ratifikationstext

(Anm.: letzte Anpassung durch Kundmachung BGBl. III Nr. 124/2023)

Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 1. Februar 2016 beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt; das Vierte Zusatzprotokoll tritt gemäß seinem Art. 9 Abs. 3 für Österreich mit 1. Juni 2016 in Kraft.

Anlässlich der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde hat die Republik Österreich nachstehende Erklärungen abgegeben:

„Zu Art. 1:

Österreich erklärt gemäß Art. 10 Abs. 3, dass es sich das Recht vorbehält, Art. 10 Abs. 2 nicht anzuwenden, wenn dem Auslieferungsersuchen strafbare Handlungen zugrunde liegen, für die nach österreichischem Recht Gerichtsbarkeit besteht, sofern die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach seinen Rechtsvorschriften verjährt wäre.

Zu Art. 3:

Österreich erklärt gemäß Art. 14 Abs. 3, dass – abweichend von Abs. 1 – eine ersuchende Vertragspartei, die dieselbe Erklärung abgegeben hat, die persönliche Freiheit der ausgelieferten Person unter den in Abs. 3 lit. a und b angeführten Voraussetzungen beschränken kann, wenn sie ein Ersuchen um Zustimmung nach Abs. 1 lit. a gestellt hat.“

Nach Mitteilungen des Generalsekretärs des Europarats haben folgende weitere Staaten das Vierte Zusatzprotokoll ratifiziert:

Albanien, Lettland, Serbien, Slowenien, Vereinigtes Königreich.

Anlässlich der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde haben nachstehende Staaten Vorbehalte erklärt bzw. Erklärungen abgegeben:

Vorbehalte und Erklärungen sind in englischer und französischer Sprache auf der Website des Europarats unter http://conventions.coe.int/ abrufbar [SEV Nr. 212] :

Österreich, Türkei, Ukraine

Aserbaidschan:

Die Republik Aserbaidschan behält sich das Recht vor, die Bestimmungen des Art. 10 Abs. 2 des durch das Protokoll geänderten Europäischen Auslieferungsübereinkommens in den in Art. 10 Abs. 3 lit. a und b des Übereinkommens beschriebenen Fällen nicht anzuwenden.

Gemäß Art. 6 Abs. 3 des Vierten Zusatzprotokolls zum Auslieferungsübereinkommen behält sich die Republik Aserbaidschan das Recht vor, das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Ersuchens und der in Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 lit. a genannten Unterlagen anzufordern.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Vierten Zusatzprotokolls zum Auslieferungsübereinkommen erklärt die Republik Aserbaidschan, dass die zuständigen Behörden, die gemäß Art. 12 Abs. 1 des durch das Protokoll geänderten Übereinkommens zu benennen sind, das Justizministerium der Republik Aserbaidschan und die Generalstaatsanwaltschaft der Republik Aserbaidschan sind.

Die Republik Aserbaidschan erklärt, dass die Bestimmungen des Vierten Zusatzprotokolls zum Auslieferungsübereinkommen im Verhältnis zur Republik Armenien nicht angewendet werden bis die Folgen des Konflikts zur Gänze beseitigt wurden und sich die Beziehungen zwischen der Republik Armenien und der Republik Aserbaidschan normalisiert haben.

Frankreich:

Die Regierung der Französischen Republik erklärt gemäß Art. 1 Abs. 3 lit. a des Vierten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen, dass sie Art. 1 Abs. 2 nicht anwenden wird, wenn dem Auslieferungsersuchen strafbare Handlungen zugrunde liegen, für die nach französischem Recht französische Gerichte zuständig wären.

Die in der am 10. Februar 1986 hinterlegten Ratifikationsurkunde [des Europäischen Auslieferungsübereinkommens] enthaltene Erklärung ersetzend, erklärt die Regierung der Französischen Republik, dass, hinsichtlich Frankreichs, das Übereinkommen sowie dessen Zweites, Drittes und Viertes Zusatzprotokoll auf dem gesamten Gebiet der Republik zur Anwendung kommen.

Italien:

Gemäß Art. 10 Abs. 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens in der Fassung des Art. 1 des Vierten Zusatzprotokolls behält sich die Italienische Republik das Recht vor, Art. 10 Abs. 2 nicht anzuwenden, wenn dem Auslieferungsersuchen strafbare Handlungen zugrunde liegen, für die Italien nach seinem eigenen Strafrecht Gerichtsbarkeit hat.

Gemäß Art. 21 Abs. 5 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens in der Fassung des Art. 5 des Protokolls behält sich die Italienische Republik das Recht vor, die Durchlieferung einer Person nur unter denselben Bedingungen zu bewilligen, unter denen es die Auslieferung bewilligt.

Lettland:

Erklärung

Lettland erklärt gemäß Art. 3 des Vierten Zusatzprotokolls und Art. 14 Abs. 3 des durch das Vierte Zusatzprotokoll geänderten Übereinkommens, dass die ersuchende Vertragspartei, die dieselbe Erklärung abgegeben hat, die persönliche Freiheit der ausgelieferten Person für eine andere vor der Übergabe begangene Handlung als diejenige, die der Auslieferung zugrunde liegt, beschränken kann, wenn die ersuchende Vertragspartei ein Ersuchen um Zustimmung nach Art. 14 Abs. 1 lit. a des durch das Vierte Zusatzprotokoll geänderten Übereinkommens und gemäß der Bestimmungen des Art. 14 Abs. 3 lit. a und b des durch das Vierte Zusatzprotokoll geänderten Übereinkommens gestellt hat.

Vorbehalt

Lettland behält sich gemäß Art. 1 des Vierten Zusatzprotokolls und Art. 10 Abs. 3 des durch das Vierte Zusatzprotokoll geänderten Übereinkommens das Recht vor, Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens in den Fällen des Art. 10 Abs. 3 lit. b des durch Art. 1 des Vierten Zusatzprotokolls geänderten Übereinkommens nicht anzuwenden.

Russische Föderation:

Die Russische Föderation behält sich das Recht vor, die Bestimmungen des Art. 10 Abs. 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens, abgeändert durch Art. 1 des Protokolls, in jenen Fällen, die in Art. 10 Abs. 3 lit. a und b des Übereinkommens beschrieben sind, nicht anzuwenden.

Gemäß Art. 6 Abs. 3 des Protokolls, für die Zwecke des Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 lit. a des Europäischen Auslieferungsübereinkommens, abgeändert durch Art. 2 und 3 des Protokolls, behält sich die Russische Föderation das Recht vor, das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Auslieferungsersuchens und der Unterlagen anzufordern.

Gemäß Art. 21 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens, abgeändert durch Art. 5 des Protokolls, behält sich die Russische Föderation das Recht vor, die Durchlieferung einer ausgelieferten Person unter einigen oder unter allen Bedingungen, die durch die Gesetzgebung der Russischen Föderation über die Auslieferung festgelegt sind, zu gestatten.

Schweiz:

Vorbehalt gemäß Art. 6 Abs. 3:

Die Schweiz behält sich das Recht vor, in Bezug auf Mitteilungen nach den Art. 12 und 14 Abs.1 lit. a des Übereinkommens das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Ersuchens und der Unterlagen anzufordern.

Erklärung gemäß Art. 3 Abs. 3:

In Abweichung von Art. 14 des Übereinkommens kann eine ersuchende Vertragspartei, welche dieselbe Erklärung abgegeben hat, die Freiheit einer ausgelieferten Person beschränken, wenn sie zeitgleich mit der Anordnung des Freiheitsentzugs gegen die ausgelieferte Person oder später ein Nachtragsersuchen nach Abs. 1 lit. a an die Schweiz stellt und die Schweiz dessen Eingang ausdrücklich bestätigt hat.

Slowenien:

Erklärung

Slowenien erklärt gemäß des durch Art. 3 des Vierten Zusatzprotokolls ersetzten Art. 14 Abs. 3 des Übereinkommens, Art. 14 Abs. 3 des ersetzten Übereinkommens in Beziehung zu anderen Vertragsstaaten, die dieselbe Erklärung abgegeben haben, anzuwenden.

Türkei:

In Bezug auf Art. 1 des Vierten Zusatzprotokolls wird die Türkei, wenn sie die ersuchte Vertragspartei für eine Auslieferung ist, keine Auslieferungsersuchen akzeptieren, die nach den türkischen Rechtsvorschriften wegen Verjährung ausgeschlossen sind.

Ukraine:

„Gemäß Art. 21 Abs. 5 des Übereinkommens, wie durch Art. 5 des Vierten Zusatzprotokolls abgeändert, bewilligt die Ukraine die Durchlieferung von auszuliefernden Personen durch ihr Staatsgebiet unter denselben Bedingungen wie jenen, unter denen die Auslieferung bewilligt wird.

Gemäß Art. 6 Abs. 3 des Vierten Zusatzprotokolls erklärt die Ukraine, dass für die Zwecke von Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 lit. a des Übereinkommens, wie durch das vorliegende Protokoll abgeändert, sich die Ukraine das Recht vorbehält, das ursprüngliche Ersuchen sowie beglaubigte Abschriften der begleitenden Unterlagen anzufordern.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Vierten Zusatzprotokolls erklärt die Ukraine, dass die zuständigen Behörden, die gemäß Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens, wie durch das Protokoll abgeändert, zu bezeichnen sind, das Justizministerium der Ukraine (im Fall der Auslieferung einer Person während gerichtlicher Verfahren oder der Strafvollstreckung) und die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine (im Fall der Auslieferung einer Person während der Voruntersuchung) sind.“

Die Ukraine hat am 19. April 2022 eine Erklärung hinsichtlich der Unmöglichkeit der vollen Erfüllung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen aus diesem Zusatzprotokoll aufgrund der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine abgegeben.

Vereinigtes Königreich:

Vorbehalt

Die Regierung des Vereinigten Königreichs erklärt gemäß Art. 6 Abs. 3 des Vierten Zusatzprotokolls, dass sie sich für die Zwecke der Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 lit. a des Übereinkommens das Recht vorbehält, das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Ersuchens und der Unterlagen anzufordern.

Erklärung

Die Regierung des Vereinigten Königreichs benennt gemäß des durch Art. 2 Abs. 1 des Vierten Zusatzprotokolls ersetzten Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens das Home Office (Innenministerium) als zuständige Behörde für die Übermittlung und Entgegennahme von Auslieferungsersuchen.

Erklärung

Die Regierung des Vereinigten Königreichs erklärt gemäß des durch Art. 3 des Vierten Zusatzprotokolls ersetzten Art. 14 Abs. 3 des Übereinkommens, dass die ersuchende Vertragspartei die persönliche Freiheit der ausgelieferten Person in den Fällen des ersetzten Art. 14 Abs. 3, beschränken kann.

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dehnt den Anwendungsbereich dieses Übereinkommens auf Gibraltar, für dessen internationale Beziehungen das Vereinigte Königreich verantwortlich ist, aus.

Präambel/Promulgationsklausel

Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll unterzeichnen, –

in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen;

von dem Wunsch geleitet, ihre individuelle und gemeinsame Fähigkeit zu stärken, der Kriminalität entgegenzutreten;

gestützt auf das am 13. Dezember 1957 in Paris zur Unterzeichnung aufgelegte Europäische Auslieferungsübereinkommen1 (SEV Nr. 24) (im Folgenden als „Übereinkommen“ bezeichnet) sowie die drei in Straßburg am 15. Oktober 1975, 17. März 19782 beziehungsweise 10. November 20103 beschlossenen Zusatzprotokolle (SEV Nr. 86, 98 beziehungsweise 209);

in der Erwägung, dass es angesichts der Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen seit Inkrafttreten des Übereinkommens und seiner Zusatzprotokolle zweckmäßig ist, einige Bestimmungen des Übereinkommens zu aktualisieren und dieses in bestimmten Punkten zu ergänzen –

sind wie folgt übereingekommen:

_______________

1 Kundgemacht in BGBl. Nr. 320/1969.

2 Kundgemacht in BGBl. Nr. 297/1983.

3 Kundgemacht in BGBl. III Nr. 70/2015.

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2023

Gesetzesnummer

20009489

Dokumentnummer

NOR40254970

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