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Artikel 11 Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten – 2. Protokoll

Aktuelle FassungIn Kraft seit 09.3.2004

Artikel 11

Gewährung des verstärkten Schutzes

(1) Jede Vertragspartei soll dem Ausschuß eine Liste des Kulturguts vorlegen, für das sie die Gewährung des verstärkten Schutzes zu beantragen beabsichtigt.

(2) Die Vertragspartei, unter deren Hoheitsgewalt oder Kontrolle sich das Kulturgut befindet, kann beantragen, daß es in die nach Artikel 27 Absatz 1 lit. b zu erstellende Liste aufgenommen wird. Dieser Antrag hat alle notwendigen Angaben zu den in Artikel 10 genannten Kriterien zu enthalten. Der Ausschuß kann eine Vertragspartei auffordern, die Aufnahme eines Kulturguts in die Liste zu beantragen.

(3) Andere Vertragsparteien, das Internationale Komitee vom Blauen Schild und andere nichtstaatliche Organisationen mit einschlägiger Erfahrung können dem Ausschuß ein bestimmtes Kulturgut vorschlagen. In diesen Fällen kann der Ausschuß beschließen, eine Vertragspartei aufzufordern, die Aufnahme dieses Kulturguts in die Liste zu beantragen.

(4) Weder der Antrag auf Aufnahme eines Kulturguts, das sich in einem Gebiet befindet, über das von mehr als einem Staat Souveränität oder Hoheitsgewalt beansprucht wird, in die Liste noch seine Aufnahme berühren die Rechte der Streitparteien.

(5) Hat der Ausschuß einen Antrag auf Aufnahme in die Liste erhalten, so unterrichtet er alle Vertragsparteien davon. Die Vertragsparteien können dem Ausschuß innerhalb von sechzig Tagen ihre Einwände gegen diesen Antrag zuleiten. Diese Einwände dürfen nur auf der Grundlage der Kriterien des Artikels 10 erhoben werden. Sie müssen bestimmt sein und sich auf Tatsachen beziehen. Der Ausschuß prüft die Einwände, wobei er der die Aufnahme beantragenden Vertragspartei ausreichend Gelegenheit zur Antwort gibt, bevor er einen Entschluß faßt. Liegen dem Ausschuß solche Einwände vor, so bedürfen Beschlüsse über die Aufnahme in die Liste unbeschadet des Artikels 26 der Vierfünftelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Mitglieder.

(6) Bei der Beschlußfassung über einen Antrag soll der Ausschuß den Rat von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen sowie von einzelnen Sachverständigen einholen.

(7) Ein Beschluß über die Gewährung oder Ablehnung des verstärkten Schutzes darf nur auf der Grundlage der Kriterien des Artikels 10 gefaßt werden.

(8) Kam der Ausschuß zu der Schlußfolgerung, daß die die Aufnahme in die Liste beantragende Vertragspartei die Kriterien des Artikels 10 lit. b nicht erfüllen kann, so kann der Ausschuß in Ausnahmefällen beschließen, den verstärkten Schutz zu gewähren, sofern die beantragende Vertragspartei einen Antrag auf internationale Unterstützung nach Artikel 32 stellt.

(9) Mit Beginn der Feindseligkeiten kann eine an dem Konflikt beteiligte Vertragspartei auf Grund einer Notlage für Kulturgut unter ihrer Hoheitsgewalt oder Kontrolle den verstärkten Schutz beantragen, indem sie den Antrag dem Ausschuß zuleitet. Der Ausschuß übermittelt diesen Antrag unverzüglich allen an dem Konflikt beteiligten Vertragsparteien. In diesem Fall wird der Ausschuß die Einwände der betroffenen Vertragsparteien in einem beschleunigten Verfahren prüfen. Der Beschluß über die vorläufige Gewährung des verstärkten Schutzes wird so bald wie möglich gefaßt; er bedarf unbeschadet des Artikels 26 der Vierfünftelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Mitglieder. Der vorläufige verstärkte Schutz kann vom Ausschuß gewährt werden, bevor das Ergebnis des normalen Verfahrens zur Gewährung des verstärkten Schutzes feststeht, sofern

Artikel 10 lit. a und c eingehalten wird.

(10) Kulturgut wird vom Ausschuß der verstärkte Schutz gewährt, sobald es in die Liste aufgenommen worden ist.

(11) Der Generaldirektor notifiziert dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und allen Vertragsparteien unverzüglich jeden Beschluß des Ausschusses über die Aufnahme von Kulturgut in die Liste.

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