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Anlage 2 FreisetzungsV 2005

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.5.2020

Anlage 2

ANLAGE 2

GRUNDSÄTZE UND KRITERIEN FÜR DIE SICHERHEITSBEWERTUNG GEMÄSS § 37 ABS. 2 Z 2 GTG (GRUNDPRINZIPIEN FÜR DIE UMWELTVERTRÄGLICHKEITSPRÜFUNG GEMÄSS ANHANG II DER RICHTLINIE 2001/18/EG )

In dieser Anlage werden allgemein das zu erreichende Ziel, die zu bedenkenden Faktoren sowie die zu befolgenden Grundprinzipien und die Methodik zur Durchführung einer Sicherheitsbewertung beschrieben.

Damit die Ausdrücke „direkte, indirekte, sofortige und spätere Folgen“ bei der Durchführung dieser Anlage – unbeschadet der Leitlinien gemäß der Entscheidung 2002/623/EG und insbesondere hinsichtlich des Umfangs, in dem indirekte Folgen berücksichtigt werden können und sollten – generell gleich verstanden werden, werden diese Ausdrücke wie folgt beschrieben:

  1. „Direkte Auswirkungen“ sind die primären Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, die sich durch die GVO selbst und nicht durch eine Kausalkette von Ereignissen ergeben.
  2. „Indirekte Auswirkungen“ sind die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, die durch eine Kausalkette von Ereignissen, z. B. durch Wechselwirkungen mit anderen Organismen, Übertragung von genetischem Material oder Änderungen der Verwendung oder der Handhabung, ausgelöst werden.
  1. „Sofortige Auswirkungen“ sind die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, die während des Zeitraums der Freisetzung der GVO beobachtet werden. Sofortige Auswirkungen können direkt oder indirekt sein.
  2. „Spätere Auswirkungen“ sind die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, die nicht während des Zeitraums der Freisetzung beobachtet werden, sondern als direkte oder indirekte Auswirkungen entweder in einer späteren Phase oder nach Abschluss der Freisetzung auftreten.

A. ZIEL

Das Ziel einer Sicherheitsbewertung besteht darin, von Fall zu Fall etwaige direkte, indirekte, sofortige oder spätere schädliche Auswirkungen von GVO auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die bei der absichtlichen Freisetzung oder dem Inverkehrbringen von GVO auftreten können, zu ermitteln und zu evaluieren. Die Sicherheitsbewertung ist durchzuführen, damit festgestellt werden kann, ob ein Risikomanagement notwendig ist und, wenn ja, welches die geeignetsten Methoden sind.

B. ALLGEMEINE PRINZIPIEN

Entsprechend dem Vorsorgeprinzip sind bei der Sicherheitsbewertung die folgenden allgemeinen Prinzipien zu befolgen:

  1. die etwaigen schädlichen Auswirkungen erkannter Merkmale von GVO und deren Verwendung sind mit den etwaigen schädlichen Auswirkungen der ihnen zugrunde liegenden, unveränderten Organismen und deren Verwendung in einer entsprechenden Situation zu vergleichen;
  2. die Sicherheitsbewertung ist in wissenschaftlich fundierter und transparenter Weise auf der Grundlage wissenschaftlicher und technischer Daten durchzuführen;
  3. die Sicherheitsbewertung ist Fall für Fall durchzuführen, d. h. dass die benötigten Informationen je nach Art der GVO, deren vorgesehene Verwendung und dem etwaigen Aufnahmemilieu variieren können, wobei unter anderem den sich bereits in diesem Milieu befindlichen GVO Rechnung zu tragen ist;
  4. wenn neue Informationen über den GVO und dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt vorliegen, muss die Sicherheitsbewertung gegebenenfalls wiederholt werden, damit
  5. festgestellt werden kann, ob sich das Risiko geändert hat;
  6. festgestellt werden kann, ob das Risikomanagement entsprechend geändert werden muss.

C. METHODIK

C.1. Allgemeine und besondere Erwägungen für die Sicherheitsbewertung

  1. 1. Beabsichtigte und unbeabsichtigte Änderungen:
  1. 2. Langfristige schädliche Auswirkungen und kumulative langfristige schädliche Auswirkungen in der Sicherheitsbewertung für Anträge gemäß § 55 Abs. 1 GTG:
  1. a) die langfristigen Wechselwirkungen zwischen GVO und Aufnahmemilieu;
  2. b) die Eigenschaften des GVO, die auf lange Sicht wichtig werden;
  3. c) Daten, die im Rahmen wiederholter absichtlicher Freisetzungen oder des wiederholten Inverkehrbringens des GVO über einen langen Zeitraum hinweg erhoben wurden.
  1. 3. Qualität der Daten:
  1. a) Falls in der Sicherheitsbewertung toxikologische Untersuchungen zur Bewertung von Risiken für die Gesundheit von Mensch oder Tier vorgelegt werden, hat der Antragsteller nachzuweisen, dass diese Untersuchungen in Einrichtungen durchgeführt wurden, die Folgendes erfüllen:
  1. i) die Anforderungen der Richtlinie 2004/10/EG oder
  2. ii) die OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis, sofern die Untersuchungen außerhalb der EU durchgeführt wurden;
  1. b) falls in der Sicherheitsbewertung Studien vorgelegt werden, bei denen es sich nicht um toxikologische Untersuchungen handelt, müssen diese Studien
  1. i) gegebenenfalls den in der Richtlinie 2004/10/EG festgelegten Grundsätzen der Guten Laborpraxis genügen oder
  2. ii) von Einrichtungen durchgeführt werden, die gemäß der einschlägigen ISO-Norm akkreditiert sind, oder
  3. iii) in Ermangelung einer einschlägigen ISO-Norm im Einklang mit international anerkannten Normen durchgeführt werden;
  1. c) die Angaben zu den Ergebnissen der Untersuchungen bzw. Studien nach den Buchstaben a und b sowie zu den verwendeten Untersuchungsprotokollen müssen zuverlässig und umfassend sein und die Rohdaten in einem für die Durchführung statistischer oder anderer Analysen geeigneten elektronischen Format enthalten;
  2. d) soweit möglich hat der Antragsteller anzugeben und zu begründen, welcher Auswirkungsumfang mit jeder einzelnen Untersuchung bzw. Studie erfasst werden soll;
  3. e) bei der Auswahl der Standorte für Feldversuche sind Aufnahmemilieus auszuwählen, die im Hinblick auf die potenzielle Exposition und Wirkung an den Orten, an denen der GVO freigesetzt werden könnte, relevant sind. Die Auswahl ist in der Sicherheitsbewertung zu begründen;
  4. f) das nicht gentechnisch veränderte Vergleichsprodukt muss für das relevante Aufnahmemilieu/die relevanten Aufnahmemilieus geeignet sein und über einen mit dem GVO vergleichbaren genetischen Hintergrund verfügen. Die Wahl des Vergleichsprodukts ist in der Sicherheitsbewertung zu begründen.
  1. 4. Kombinierte Transformationsereignisse in Anträgen gemäß § 55 Abs. 1 GTG:
  1. a) Der Antragsteller legt für jedes einzelne Transformationsereignis im GVO eine Sicherheitsbewertung vor oder verweist auf bereits eingereichte Anträge für diese einzelnen Transformationsereignisse.
  2. b) Der Antragsteller legt eine Bewertung der folgenden Aspekte vor:
  1. i) Stabilität der Transformationsereignisse;
  2. ii) Expression der Transformationsereignisse;
  3. iii) potenzielle additive, Synergie- oder Antagonismuseffekte, die sich aus der Kombination der Transformationsereignisse ergeben.
  1. c) Wenn die Nachkommen des GVO verschiedene Unterkombinationen der kombinierten Transformationsereignisse enthalten können, legt der Antragsteller entweder eine wissenschaftliche Begründung dafür vor, warum die Vorlage von Versuchsdaten für die betreffenden Unterkombinationen – unabhängig von deren Ursprung – nicht notwendig ist, oder er legt die entsprechenden Versuchsdaten vor, wenn keine solche Begründung vorliegt.

C.2. Eigenschaften von GVO und der Freisetzungen

  1. des/der Empfänger- oder Elternorganismus (-organismen);
  2. der gentechnische(n) Veränderung(en), sei es Insertion oder Deletion genetischen Materials, sowie der relevanten Informationen über den Vektor und den Spenderorganismus;
  3. der GVO;
  4. der vorgesehenen Freisetzung oder Verwendung einschließlich deren Umfang;
  5. des/der etwaigen Aufnahmemilieus, in das/die der GVO freigesetzt werden wird und in dem/denen sich das Transgen ausbreiten könnte und
  6. die Wechselwirkung(en) zwischen diesen Eigenschaften.

C.3. Schritte bei der Sicherheitsbewertung

Die Sicherheitsbewertung ist für jeden relevanten, in den Abschnitten D.1 oder D.2 genannten Risikobereich durchzuführen; hierbei ist nach den folgenden sechs Schritten vorzugehen:

  1. 1. Problemformulierung einschließlich Gefahrenbestimmung:

In der Problemformulierung sind

  1. a) alle mit der gentechnischen Veränderung verbundenen Veränderungen der Eigenschaften des Organismus zu nennen; hierzu werden die Eigenschaften des GVO denjenigen der gewählten nicht gentechnisch veränderten Vergleichsprodukte unter vergleichbaren Bedingungen für die Freisetzung oder Nutzung gegenübergestellt;
  2. b) etwaige schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt zu nennen, die mit den gemäß Buchstabe a benannten Veränderungen verbunden sind.
  1. Auswirkungen auf die Populationsdynamik von Arten im Aufnahmemilieu und auf die genetische Vielfalt jeder dieser Populationen, die einen Rückgang der biologischen Vielfalt zur Folge haben könnten;
  2. veränderte Empfänglichkeit für Pathogene, wodurch die Verbreitung von ansteckenden Krankheiten oder die Entstehung neuer Reservoirs oder Vektoren begünstigt wird;
  3. Gefährdung der Prophylaxe und Therapie in den Bereichen Medizin, Tiermedizin und Pflanzenschutz, z. B. durch die Übertragung von Genen, die eine Resistenz gegen in der Human- bzw. Tiermedizin verwendete Antibiotika verleihen;
  4. Auswirkungen auf die Biogeochemie (biogeochemische Zyklen), einschließlich des Abbaus von Kohlenstoff und Stickstoff infolge von Änderungen bei der Zersetzung organischer Stoffe im Boden;
  5. Krankheiten des Menschen, einschließlich allergener und toxischer Reaktionen;
  6. Krankheiten von Tieren und Pflanzen, einschließlich toxischer und gegebenenfalls – im Falle von Tieren – allergener Reaktionen.
  1. i) aus früheren Erfahrungen resultierende Ergebnisse;
  2. ii) verfügbare Datensätze und Literatur;
  3. iii) mathematische Modelle.
  1. c) relevante Bewertungsendpunkte zu nennen.
  1. d) die Expositionspfade oder anderen Mechanismen zu nennen und zu beschreiben, über die die schädlichen Auswirkungen auftreten könnten.
  1. Ausbreitung des/der GVO in die Umwelt;
  2. Übertragung des eingeführten genetischen Materials auf denselben Organismus oder andere Organismen, seien sie gentechnisch verändert oder nicht;
  3. phänotypische und genetische Instabilität;
  4. Wechselwirkungen mit anderen Organismen;
  5. Änderungen der Bewirtschaftung, gegebenenfalls einschließlich landwirtschaftlicher Praktiken.
  1. e) überprüfbare Hypothesen zu formulieren und relevante Messungsendpunkte zu definieren, um – soweit möglich – eine quantitative Bewertung der etwaigen schädlichen Auswirkung(en) zu ermöglichen;
  2. f) mögliche Unsicherheiten, einschließlich Wissenslücken und methodischer Grenzen, in Betracht zu ziehen.
  1. 2. Charakterisierung der Gefahren:
  1. 3. Charakterisierung der Exposition:
  1. 4. Risikocharakterisierung:
  1. 5. Risikomanagementstrategien:
  1. 6. Bewertung des Gesamtrisikos und Schlussfolgerungen:

D. Schlussfolgerungen der Sicherheitsbewertung zu den spezifischen Risikobereichen

Es sind Schlussfolgerungen zu den aus der Freisetzung oder dem Inverkehrbringen von GVO resultierenden möglichen Auswirkungen auf die Umwelt in relevanten Aufnahmemilieus zu ziehen, und zwar für jeden relevanten Risikobereich gemäß Abschnitt D.1 (für GVO, die keine höheren Pflanzen sind) bzw. Abschnitt D.2 (für gentechnisch veränderte höhere Pflanzen); dies geschieht auf der Grundlage einer Sicherheitsbewertung, die gemäß den Grundsätzen in Abschnitt B und der in Abschnitt C beschriebenen Methodik sowie auf Basis der gemäß Anlage 1 vorzulegenden Informationen durchgeführt wurde.

D.1. Bei GVO, die keine höheren Pflanzen sind

  1. 1. Wahrscheinlichkeit, dass der GVO in natürlichen Lebensräumen unter den Bedingungen der beabsichtigten Freisetzung(en) Persistenz und Invasivität entwickelt.
  2. 2. Auf den GVO übertragene Selektionsvor- oder -nachteile und die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie unter den Bedingungen der beabsichtigten Freisetzung(en) ihre Wirkung entfalten.
  3. 3. Möglichkeit eines Transfers von Genen auf andere Arten unter den Bedingungen der beabsichtigten Freisetzung von GVO und Selektionsvor- oder -nachteile, die auf diese Arten übergehen.
  4. 4. Mögliche sofortige und/oder spätere Auswirkungen der direkten und indirekten Wechselwirkungen zwischen den GVO und den Zielorganismen auf die Umwelt (falls zutreffend).
  5. 5. Mögliche sofortige und/oder spätere Auswirkungen der direkten und indirekten Wechselwirkungen zwischen den GVO und den Nichtzielorganismen auf die Umwelt einschließlich der Auswirkungen auf die Populationsniveaus der Konkurrenten, Beuteorganismen, Wirtsorganismen, Symbionten, Räuber, Parasiten und Pathogene.
  6. 6. Mögliche sofortige und/oder spätere Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit infolge potentieller direkter und indirekter Wechselwirkungen zwischen den GVO und Personen, die an der Freisetzung von GVO beteiligt sind, mit ihr in Kontakt oder in ihre Nähe kommen.
  7. 7. Mögliche sofortige und/oder spätere Auswirkungen auf die Gesundheit von Tieren und Auswirkungen auf die Futter- und Nahrungsmittelkette infolge des Verzehrs von GVO und aus ihnen gewonnenen Erzeugnissen, wenn die Nutzung der GVO als Futter beabsichtigt wird.
  8. 8. Mögliche sofortige und/oder spätere Auswirkungen auf biogeochemische Prozesse infolge potentieller direkter und indirekter Interaktionen zwischen GVO und Ziel- sowie Nichtzielorganismen in der Nähe von GVO-Freisetzungen.
  9. 9. Mögliche sofortige und/oder spätere sowie direkte und indirekte Auswirkungen der spezifischen Techniken, die bei der Bewirtschaftung der GVO zum Einsatz kommen, auf die Umwelt, soweit sie sich von den Techniken unterscheiden, die bei genetisch nicht veränderten Organismen zum Einsatz kommen.

D.2. Bei gentechnisch veränderten höheren Pflanzen

  1. 1. Persistenz und Invasivität der gentechnisch veränderten höheren Pflanze, einschließlich des Gentransfers von Pflanze zu Pflanze;
  2. 2. Gentransfer von Pflanzen zu Mikroorganismen;
  3. 3. Wechselwirkungen zwischen der gentechnisch veränderten höheren Pflanze und Zielorganismen;
  4. 4. Wechselwirkungen zwischen der gentechnisch veränderten höheren Pflanze und Nichtzielorganismen;
  5. 5. Auswirkungen der spezifischen Verfahren für Anbau, Bewirtschaftung und Ernte;
  6. 6. Auswirkungen auf biogeochemische Prozesse;
  7. 7. Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier.

Schlagworte

Empfängerorganismus, Selektionsnachteil

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020

Gesetzesnummer

20004253

Dokumentnummer

NOR40223028

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