EAS 1103
Ein französisches Unternehmen wird gemäß Artikel 5 Abs. 6 DBA-Frankreich nicht schon deshalb so behandelt, als habe es eine Betriebstätte in Österreich, weil es hier seine Tätigkeit durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter ausübt, sofern diese Personen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln.
Schließt daher ein französisches Produktionsunternehmen mit einem österreichischen Handelsvertreter eine als "Agenturvertrag" bezeichnete Vereinbarung ab, auf Grund der der österreichische Handelsvertreter das Exklusivrecht erhält, im Vertragsgebiet Österreich Verkaufsgeschäfte für das französische Unternehmen zu vermitteln oder abzuschließen, dann wird hiedurch für das französische Unternehmen keine inländische Betriebstätte begründet. Auch weitere Aktivitätsgestaltungen, wie Prüfung der Bonität der österreichischen Kunden, Entgegennahme von Kundenzahlungen, Rabatt- und Bonusgewährungen im Einvernehmen mit dem französischen Unternehmen, Einschaltung von Substituten und Gehilfen, Entscheidungsbefugnis über Werbe- und andere Marketingmaßnahmen auf Grund eines zur Verfügung gestellten Marketingbudgets, Anerkennung von Gewährleistungs- und Garantieansprüchen bewirken nach Auffassung des BM für Finanzen nicht, dass hiedurch die ordentliche Geschäftstätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters in Österreich in einer Weise überschritten wird, dass für das französische Unternehmen das Vorhandensein einer "Vertreterbetriebstätte" anzunehmen ist.
Nach Auffassung des BM für Finanzen liegt selbst dann keine "Vertreterbetriebstätte" vor, wenn der selbständige Handelsvertreter ein Auslieferungslager für das französische Unternehmen betreibt und von dort aus die bei ihm bestellte Ware ausliefert; eine solche Beurteilung ist seinerzeit mit der deutschen Steuerverwaltung abgestimmt worden (EAS 800).
Fraglich mag sein, ob der Handelsvertreter durch den Betrieb einer Reparaturwerkstätte, in der - gegen Verrechnung mit dem französischen Unternehmen - Gewährleistungs- und Garantiemängel behoben sowie - gegen Verrechnung mit den Kunden - Service- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden, den Rahmen seiner "ordentlichen Geschäftstätigkeit" als Handelsvertreter überschreitet. Nach Auffassung des BM für Finanzen wird in dieser Frage dann keine zu enge Interpretation angezeigt sein, wenn nachgewiesen wird, dass auf französischer Seite eine korrespondierende Beurteilung besteht; d.h. wenn das französische Unternehmen keine Gewinnteile aus seinen Österreich-Geschäften auf Grund des österreichisch-französischen Doppelbesteuerungsabkommens auf französischer Seite von der Besteuerung entlastet.
Eine andere Rechtslage gilt hingegen, wenn der österreichische Vertragspartner des "Agenturvertrages" nicht das Gewerbe eines selbständigen Handelsvertreters ausübt und wenn er außerdem infolge seiner Bindungen an das französische Unternehmen als dessen abhängiger Vertreter zu werten wäre. In diesem Fall würde gemäß Artikel 5 Abs. 5 DBA-Frankreich infolge der bestehenden Abschlussvollmacht eine "Vertreterbetriebstätte" für das französische Unternehmen in Österreich begründet werden.
10. Juli 1997 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 5 Abs. 6 DBA F (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 613/1994 |
Schlagworte: | Betriebstätte, Inlandsbetriebstätte, Vermittler, Vertreterbetriebstätte, Auslieferungslager, Steuerentlastung, Reparaturannahmestelle, abhängiger Vertreter, Abschlussvollmacht |
Verweise: |