Grundbuchs-Novelle 2024

GesetzgebungZivilrechtKolmaschJuli 2024

Beschränkung der Einsicht und der Aufnahme in die Urkundensammlung zum Schutz des Privat- und Familienlebens

Inkrafttreten

1.9.2024

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

18.7.2024

Betroffene Normen

AußStrG, GUG, RpflG

Betroffene Rechtsgebiete

Sachenrecht, Familienrecht

Quelle

BGBl I 2024/91

Bundesgesetz, mit dem das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Rechtspflegergesetz und das Außerstreitgesetz geändert werden (Grundbuchs-Novelle 2024 – GB-Nov 2024), BGBl I 2024/91 vom 18. 7. 2024 (AB 2617 BlgNR 27. GP ; RV 2606 BlgNR 27. GP ).

Einleitung

In 5434/17, Liebscher/Österreich = Zak 2021/183, 103 hat der EGMR eine Verletzung des aus Art 8 EMRK ableitbaren Grundrechts auf den Schutz persönlicher Daten festgestellt, nachdem die österreichischen Gerichte für die Verbücherung der in einem Scheidungsfolgenvergleich enthaltenen Liegenschaftsübertragung die Vorlage des vollständigen Vergleichs und nicht nur eines Auszugs verlangt hatten.11Siehe 5 Ob 125/16t = Zak 2016/672, 355. In seiner ersten Reaktion auf diese Entscheidung hielt der OGH daran fest, dass dem Grundbuchgericht der gesamte Vergleich vorzulegen ist. Er bejahte jedoch die Möglichkeit, nur eine Teilausfertigung in der Urkundensammlung zu veröffentlichen.228 Ob 3/22g = Zak 2022/308, 174.

Die Grundbuchs-Novelle 2024 (GB-Nov 2024) dient dazu, die EGMR-Entscheidung durch eine allgemeine gesetzliche Regelung im österreichischen Recht umzusetzen.33ErlRV 2606 BlgNR 27. GP 1. Einerseits wird für betroffene Personen die Möglichkeit geschaffen, über Antrag die öffentliche Einsicht in Urkunden, die Daten ihres Privat- und Familienlebens enthalten, zu beschränken. Auf der anderen Seite soll in bestimmten Fällen die Aufnahme solcher Daten in die Urkundensammlung von vornherein vermieden werden.

Die GB-Nov 2024 tritt am 1. 9. 2024 in Kraft. Die Antragsmöglichkeit besteht auch bei Urkunden, die bereits in die Urkundensammlung aufgenommen wurden.44ErlRV 2606 BlgNR 27. GP 5.

Inhalt

Die wesentlichen Regelungen:

  • Wenn eine Urkunde, die in die Urkundensammlung des Grundbuchs aufgenommen wurde oder werden soll, Daten des Privat- und Familienlebens einer Person enthält, kann diese Person eine Einsichtsbeschränkung in der Form beantragen, dass grundsätzlich nur in eine um diese Daten bereinigte Fassung der Urkunde Einsicht genommen werden kann (§ 6b Abs 1 GUG). Die gewünschte bereinigte Fassung ist dem Antrag anzuschließen (§ 6b Abs 3 GUG). Unter Bereinigung verstehen die Materialien im Regelfall die Schwärzung der Daten.55ErlRV 2606 BlgNR 27. GP 3. Im Antrag muss ein berechtigtes Interesse dargelegt werden (§ 6b Abs 2 GUG).
  • Der Antrag ist gebührenfrei (§ 6b Abs 1 GUG).
  • Für die Dauer des Verfahrens über den Antrag wird die nicht bereinigte Urkunde vorübergehend für die öffentliche Einsicht gesperrt (§ 6b Abs 4 GUG).
  • Das Gericht hat dem Antrag stattzugeben, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Antragstellers das Interesse an der Richtigkeit, Genauigkeit und Überprüfbarkeit der Grundbuchseintragungen überwiegt (§ 6b Abs 5 GUG). Daten, die für öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsverhältnisse in Zusammenhang mit der Liegenschaft relevant sind, müssen im Allgemeinen einsehbar bleiben.66ErlRV 2606 BlgNR 27. GP 4. Eine Teilstattgebung des Antrags ist möglich (§ 6b Abs 6 GUG).
  • Wurde dem Antrag stattgegeben, ist die Einsicht grundsätzlich nur noch in die bereinigte Urkunde zulässig. Die Einsicht in die unbereinigte Urkunde ist über Antrag möglich, wenn ein das Geheimhaltungsinteresse überwiegendes rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. Vor der Entscheidung ist die Person, welche die Einsichtsbeschränkung beantragt hat, zu hören (§ 6b Abs 7 GUG).
  • Über den Antrag auf Einsichtsbeschränkung entscheidet das Bezirksgericht, in dessen Sprengel sich die Liegenschaft befindet, im Außerstreitverfahren. Parteistellung haben der Antragsteller und die zum Antrag auf Verbücherung der betroffenen Urkunde berechtigten Personen (§ 6b Abs 2 GUG). Die Entscheidung ist dem Richter vorbehalten (§ 21 Abs 3 RpflG).
  • Die auf bücherliche Eintragungen bezogenen Teile von Scheidungsfolgenvereinbarungen, Entscheidungen in Eheangelegenheiten und Einantwortungsbeschlüssen sind gesondert auszufertigen (§ 93 Abs 4 und § 178 Abs 4 AußStrG). In die Urkundensammlung sind ausschließlich diese gesonderten Ausfertigungen aufzunehmen (§ 6c Abs 2 GUG).
  • Im Fall der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung ist nur die Exekutionsbewilligung, nicht aber der Titel in die Urkundensammlung aufzunehmen (§ 6c Abs 2 GUG).
  • Klargestellt wird, dass bloße Bewilligungsurkunden (zB Pass- oder Personalausweisdaten, Personenstandsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweise) von vornherein nicht in die Urkundensammlung aufzunehmen sind (§ 6c Abs 2 GUG).

 

 

 

 



Stichworte