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VIII. Steuern, Sozialversicherungsbeiträge

Rüffler/Koppensteiner3. AuflJuli 2007

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1. Steuern. a) Nach § 9 BAO (§ 80 BAO) haften die Vertreter, also auch Geschäftsführer, neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in der Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretenen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (dazu Ritz § 9 Rn 1 ff, Arnold, FS Krejci 443 ff, ders, FS Werilly 17 ff, Reich-Rohrwig I Rn 2/ 517 ff, Wünsch Rn 143 ff, Kostner/Umfahrer Rn 288 ff mN, ferner etwa Ellinger, FS Bauer 29 ff). Entsprechende Bestimmungen finden sich in den Landesabgabenordnungen (vgl zB VwGH GesRZ 2005, 150, GesRZ 2005, 94, ecolex 2004, 897, ÖStZB 2002, 1028, ÖStZB 2002, 68). Die Haftungsvoraussetzungen sind eine Abgabenforderung gegen die GmbH, die Stellung des Haftpflichtigen als Vertreter, die Pflichtverletzung des Vertreters, sein Verschulden, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl zB VwGH ÖStZB 1998, 742). Die ersten beiden Haftungsvoraussetzungen sind im Wesentlichen unproblematisch oder werfen keine gesellschaftsrechtlichen Fragen auf (zur Haftung der Geschäftsführer bei Betrauung Dritter, Ressortverteilung und Strohmanneigenschaft Rn 49a). Eine Pflichtverletzung liegt nur bei Verstoß gegen spezifisch abgabenrechtliche Pflichten vor (VwGH ÖJZ 1991, 684, AnwBl 1986, 258, 1982, 465), darunter auch die Bezahlung von Abgaben, die schon vor Amtsantritt fällig waren (VwGH JUS-E F 1132, vgl aber VwGH GesRZ 2007, 61). Die Verletzung der Konkursantragspflicht fällt nicht hierunter (VwGH AnwBl 1986, 258), ebenso wenig die Belassung einer vermögenslosen GmbH im Firmenbuch (VwGH JUS-E F 735, ÖStZB 1994, 422). Dagegen sind Geschäftsführer verpflichtet, den Fiskus im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft nicht schlechter zu behandeln. Steuerschulden müssen vielmehr anteilig wie andere beglichen werden (VwGH SWK 2005, R 90, ÖStZB 2002, 640, ÖStZB 2002, 549, ÖStZB 1999, 419, ÖStZB 1999, 363, ÖStZB 1999, 301, ÖStZB 1999, 131, ÖStZB 1998, 742, ÖStZB 1996, 626, Burgstaller, SWK 2005, S 816 ff). Das gilt entgegen früherer Rsp auch für die Umsatzsteuer (verst Senat VwGH ÖStZB 1996, 266, ÖSt-ZB 2000, 366, ÖStZB 2001, 19). Neben den maßgeblichen Vergleichszeiträumen ist für die Gleichbehandlungspflicht insbesondere fraglich, ob sie an den vorhandenen Mitteln der Gesellschaft („Mitteltheorie“) oder an den tatsächlich geleisteten Zahlungen („Zahlungstheorie“) zu messen ist. Der VwGH hat zu der vergleichbaren Bestimmung des § 25 Abs 7 BUAG (dazu Rn 50) mit überzeugender Begründung auf die „Zahlungstheorie“ abgestellt. Denn das Wohl der Gesellschaft könne es im Fall unklarer finanzieller Verhältnisse gebieten, Mittel zurückzuhalten. Nur die Zahlungstheorie ermögliche es, solche Situationen in der Weise zu bewältigen, dass der Geschäftsführer nicht vor der unzumutbaren Wahl steht, entweder der Gesellschaft oder den Gläubigern haftbar zu werden (VwGH RdW 2005, 444). Der Abschluss eines (globalen) Mantelzessionsvertrages zugunsten einer Bank ist mit der Gleichbehandlungspflicht nicht vereinbar (VwGH GesRZ 2006, 215, GesRZ 2006, 97, GesRZ 2006, 47, GesRZ 2004, 141, GesRZ 2003, 300, ÖStZB 2002, 640, ÖStZB 2002, 480, ÖStZB 2002, 356, ÖStZB 2002, 297, ÖStZB 2000, 220, SWK 1997, R 130, ÖStZB 1996, 626, Hristov/Mamut/Schneeweiss, GeS 2006, 228 ff). Auch ein bei Amtsantritt schon bestehender Mantelzessionsvertrag führt zur Haftung. Denn der Geschäftsführer darf eine solche Benachteiligung anderer Gläubiger nicht hinnehmen (VwGH ÖStZB 1999, 618). Zur Bevorzugung der Hausbank durch Zahlungseingänge am Kontokorrentkonto VwGH ÖStZB 2002, 176. Die Pflichten des Geschäftsführers gelten auch nach Auflösung der Gesellschaft, zB nach Ablehnung eines Konkursantrages mangels Masse (VwGH ÖStZB 1994, 99). Besondere Grundsätze gelten hinsichtlich der Abführung der von der Gesellschaft einzubehaltenden Lohnsteuer. Reicht die vorhandene Liquidität nicht aus, so sind die Arbeitslöhne entsprechend zu kürzen und daraus die gesamte Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen (§ 78 Abs 3 EStG; vgl VwGH SWK 2004, R 56, ÖStZB 2002, 297, ÖStZB 2000, 366, ÖStZB 2000, 288, ÖStZB 1999, 621, ÖStZB 1996, 626, ecolex 1996, 628). Für den Dienstgeberbeitrag (DB) und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) zum FLAG gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze, sodass der Geschäftsführer nicht haftet, wenn der Fiskus im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht benachteiligt wird (VwGH GesRZ 2007, 210, ÖStZB 2000, 288). Für die Kapitalertragsteuer gilt Gleiches wie für die Lohnsteuer (Ritz § 9 Rn 11, VwGH Slg 1004 (F) [dort auch zur Bedeutung von § 82 Abs 5 bei Steuerschulden], ÖStZB 2000, 366).

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