Auch die schuldhafte Übertretung eines Schutzgesetzes führt nicht notwendig zu einer Haftung. Wer ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, ohne eine Lenkerberechtigung zu besitzen, handelt rechtswidrig und schuldhaft. Eine schadenersatzrechtliche Verantwortung trifft ihn dennoch nicht, wenn er fehlerfrei gefahren ist. In diesem Fall hat sich der
Zweck des Verbots – das Fahren durch
<i>Wagner</i> in <i>Schwimann/Kodek</i> (Hrsg), ABGB Praxiskommentar<sup>Aufl. 4</sup> (2016) zu § 1311 ABGB - D. V., Seite 511 Seite 511
ungeschulte Personen zu verhindern – nicht verwirklicht. Der Schaden, der auf keine Fehlleistung zurückgeführt werden kann, liegt außerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm. Es fehlt maW der „Rechtswidrigkeitszusammenhang“. Das KFG schützt die öffentliche Verkehrssicherheit. Der Typenschein (§ 30 Abs 1 KFG) bestätigt, dass ein bestimmtes Fahrzeug der genehmigten Type entspricht. Auch eine Neuausstellung eines Typenscheins (§ 30 Abs 5 KFG) dient öffentlichen Interessen. Diese Bestimmungen sollen jenen Gefahren entgegenwirken, die durch den Betrieb nicht typengerechter Fahrzeuge im Straßenverkehr hervorgerufen werden können. Außerhalb des Normzwecks liegen hingegen jene Nachteile, die ein Darlehensgeber erleidet, der den Typenschein betreffend ein Fahrzeug des Schuldners in Verwahrung genommen hat, wenn die Behörde einen neuen Typenschein ausstellt. Die wiederkehrende Begutachtung nach § 57a Abs 1 KFG soll ganz allgemein Schäden aus einer allenfalls fehlenden Verkehrs- und Betriebssicherheit des Kraftfahrzeugs verhindern. Bescheinigt ein nach § 57a KFG erstelltes Gutachten einem Kfz schuldhaft unrichtig die Betriebs- und Verkehrssicherheit, so sind im Rahmen der Amtshaftung grundsätzlich alle Unfallschäden aufgrund der mangelnden Betriebs- und Verkehrssicherheit zu ersetzen. Vermögensdispositionen über ein Fahrzeug im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens sind vom Schutzzweck der Bestimmung hingegen nicht umfasst. – Nach § 79 Abs 2 StVO dürfen Reiter nur die Fahrbahn benutzen. Die Benutzung des Gehsteiges erfolgt daher rechtswidrig. Der Normzweck besteht darin, eine Gefährdung von Fußgängern auf Gehsteigen hintanzuhalten, nicht jedoch darin, Autolenker vor Kollisionen mit Pferden zu schützen. Ein Verstoß gegen § 79 Abs 2 StVO begründet daher keine Haftung für die Schäden, die dem Kraftfahrer entstanden sind. Ein Kraftfahrer, der eine Geschwindigkeitsbeschränkung übertreten hat, haftet dennoch nicht, wenn der Schaden auch bei Einhaltung der zulässigen Fahrgeschwindigkeit eingetreten wäre. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt freilich auch, wenn eine Geschwindigkeitsbeschränkung im Ortsgebiet vorliegt und die Kollision auf der anschließenden Freilandstraße stattfand oder wenn eine über die Sichtmöglichkeit bei Abblendlicht liegende Geschwindigkeit gewählt wurde, die beteiligten Lenker aber die Pkw aufgrund der eingeschalteten Fahrzeugbeleuchtung ohnehin bereits von Weitem sehen hätten können. Das Gebot „Schneeketten vorgeschrieben“ dient dem Zweck, eine bessere Haftung zumindest der Antriebsräder zu gewährleisten. Ein mit Schneeketten ausgerüstetes Fahrzeug kann mit Rücksicht auf die technischen Möglichkeiten grds nur eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 40 km/h erreichen. Dieser gleichsam indirekte Effekt ist jedoch nicht Schutzzweck der Norm. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt daher, wenn ein Kraftfahrer (gebotswidrig) Schneeketten nicht montiert und eine Geschwindigkeit einhält, die ein mit Schneeketten ausgestatteter Pkw nicht erreichen könnte. Wer Bauarbeiten im Bereich des öffentlichen Verkehrs vornimmt, ist verpflichtet, entsprechende Warnzeichen aufzustellen. Der Bauunternehmer haftet grds, wenn er dieses Gebot übertreten hat. Die Haftung entfällt jedoch, wenn der Rahmenträger eines Fahrzeugs schon zuvor einen Riss aufwies, der auch beim Überfahren eines Schlagloches zum Bruch des Fahrgestells geführt hätte. Das Aufstellen eines Verkaufsständers
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vor einem Geschäftslokal bedarf einer Genehmigung nach § 82 StVO. Maßgeblicher Zweck von §§ 82 f StVO ist der Schutz der „Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit“ des Verkehrs. Die Prüfung der Gefahren, die sich im Falle eines Umstürzens des Verkaufsständers ergeben können, liegt hingegen nicht im Schutzbereich der Norm. Nicht vom Schutzzweck des § 32 Abs 6 StVO erfasst und damit für den Bauführer nicht haftungsbegründend sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass ein Verkehrsteilnehmer von einem umstürzenden Verkehrszeichen getroffen wird. § 102 Abs 1a KFG iVm § 24 Abs 2 KFG bgzl Fahrtschreiber sind keine Schutznormen iSd § 1311 ABGB und die Bestimmungen über den Fahrtschreiber waren auch vom Schutzzweck des § 102 Abs 1 KFG aF nicht erfasst.