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2.2. Sachlicher Geltungsbereich

Heid2. LfgSeptember 2024

Geltungsbereich, sachlicher

Krankentransportdiensten

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Das BVergG 2018 gilt für die Verfahren zur Beschaffung von Leistungen (Vergabeverfahren), mithin für die Vergabe von öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen, die Durchführung von Wettbewerben durch öffentliche Auftraggeber und die Vergabe von bestimmten Bau- und Dienstleistungsaufträgen, die nicht von öffentlichen Auftraggebern vergeben, aber von diesen subventioniert werden (§ 1 Z 1 BVergG 2018). Wesentlich ist, dass nur die Leistungsbeschaffung in Form entgeltlicher Verträge dem BVergG 2018 unterliegt, nicht aber einseitige Vorgänge wie die Beschaffung per Gesetz oder Verordnung bzw die Beschaffungen per individuellem Hoheitsakt (zB Bescheid).11Siehe ErläutRV 69 BlgNR 26. GP 5. Die Beschaffung von Kennzeichentafeln für Kraftfahrzeuge erfolgt im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung und nicht im Rahmen der hoheitlichen Beleihung von Versicherern zur Durchführung der Fahrzeugzulassung, siehe VwGH 8. 8. 2018, Ro 2015/04/0023 (RPA 2019, 10 Keisler). Unerheblich ist es hingegen, ob es sich um einen „privatrechtlichen“ oder „öffentlich-rechtlichen“ Vertrag handelt (zB „Erschließungsvertrag“).22EuGH 12. 7. 2001, C-399/98 , Ordine degli Architetti ua, ECLI:EU:C:2001:401 = RPA 2001, 162 und EuGH 18. 1. 2007, C-220/05 , Auroux ua, ECLI:EU:C:2007:31, Rn 47 = RPA 2007. Siehe auch Egger, Europäisches Vergaberecht (2008) 156. Vor diesem Hintergrund werden auch sogenannte „Inhouse-Vergaben“ (siehe Punkt 2.5.4.1.) vom vergaberechtlichen Vertragsbegriff ausgenommen, weil „die Voraussetzungfür die Anwendbarkeit der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge, dass nämlich ein Vertrag besteht, nicht erfüllt ist, wenn die in jener Rechtssache betroffene staatliche Gesellschaft […] weder im Hinblick auf die Ausführung eines von den zuständigen Behörden erteilten Auftrags noch im Hinblick auf die für ihre Leistungen geltenden Gebühren über irgendeinen Spielraum verfügt“.33EuGH 18. 12. 2007, C-220/06 , Asociación Profesional de Impresas de Reparto y Manipulado de Correspondencia, ECLI:EU:C:2007:815. Siehe auch EuGH 19. 4. 2007, C-295/05 , Asociación Nacional de Empresas Forestales, ECLI:EU:C:2007:227, sowie das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes/Verfassungsdienstes zu diesen beiden Urteilen des EuGH vom 15. 1. 2008 (BKA-VA.C-220/06/0010-V/7/2007). Auch die Erbringung von Rettungsdienstleistungen durch eine öffentliche Einrichtung in Wahrnehmung einer eigenen durch Gesetz verliehenen Zuständigkeit unterliegt nicht dem Vergaberecht, selbst wenn eine Finanzierung bzw Kostentragung durch eine andere öffentliche Einrichtung erfolgt.44EuGH 18. 12. 2007, C-532/03 , Kommission/Irland (Dublin City Council), ECLI:EU:C:2007:801 = ZVB 2008, 95 (Elsner/Oberzaucher); zur Ausnahme des qualifizierten Krankentransports siehe EuGH 21. 3. 2019, C-465/17 , Falck Rettungsdienste GmbH und Falck, ECLI:EU:C:2019:550 = RPA 2019, 243 (Wicho); zur Ausnahmeregelung betreffend die Vergabe von Notfallkrankentransportdiensten siehe EuGH 7. 7. 2022, C-213/21 und C-214/21 , Italy Emergenza, ECLI:EU:C:2022:532 = ZVB 2022, 415 (Pesendorfer/Jozic). Ausschreibungspflicht besteht hingegen, wenn die Vergütung der Leistung unmittelbar durch die beauftragte Gebietskörperschaft selbst erfolgt (sogenanntes „Submissionsmodell“).55EuGH 29. 4. 2010, C-460/08 , Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2009:774; siehe zum Submissionsmodell auch Kahl/Müller, Gemeinden und Länder im Binnenmarkt (2015) 126. Ausschreibungspflicht – nämlich in Form einer Dienstleistungskonzession – gilt auch dann, wenn die Vergütung des Rettungsdienstebetreibers vollumfänglich durch Dritte sichergestellt wird, die von dem öffentlichen Auftraggeber, der den Vertrag vergeben hat, verschieden sind, und dieser Betreiber insbesondere aufgrund des Umstands, dass die Höhe der Benutzungsentgelte für die betreffenden Dienstleistungen vom Ergebnis jährlicher Verhandlungen mit Dritten abhängt, keine Gewähr für die vollständige Deckung der im Rahmen seiner durchgeführten Tätigkeiten angefallenen Kosten hat.66EuGH 10. 3. 2011, C-274/09 , Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler, ECLI:EU:C:2011:130. Keine Ausschreibungspflicht nach Vergaberecht besteht wiederum dann, wenn die Erbringung von Krankentransportdiensten an Freiwilligenorganisationen vergeben wird, soweit der rechtliche und vertrag

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liche Rahmen, in dem diese Organisationen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt und ein reiner Kostenersatz erfolgt.77EuGH 28. 1. 2016, C-50/14 , CASTA ua, ECLI:EU:C:2016:56 = RPA 2016, 178 (Reisner). Diese Entscheidung, die noch zur RL 2004/18/EG ergangen ist, wird wohl auch im Anwendungsbereich der aktuell geltenden RL 2014/24/EU zu beachten sein, selbst wenn nach deren Art 10 lit h die „besondere Ausnahme für Dienstleistungen“ ausdrücklich nicht auch für „den Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung“ gilt.

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