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4. Risikoausschlusstatbestände

Sandic1. AuflJänner 2024

Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt zunächst durch die primäre Risikobegrenzung (primäre Risikoumschreibung). Durch sie wird festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahr für welchen Bedarf versichert sein sollen. Auf der zweiten Ebene kann durch einen Risikoausschluss ein Teil der primären Risikoabgrenzung vom Versicherungsschutz ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden (sekundäre Risikobegrenzung, Risikobeschränkung).11471147 RIS-Justiz RS0080166 (T10). Siehe auch Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 147. Mit dem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, womit ein bestimmter Gefahrenumstand von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen wird. Der Zweck besteht darin, dass eine sichere Prämienkalkulation gewährleistet wird, zumal ein für den Versicherer unüberschaubares und unkalkulierbares Teilrisiko von der Deckung ausgenommen wird.11481148OGH 29.01.2014, 7 Ob 208/13hecolex 2014, 604 = JusGuide 2014/13/12095 = RdW 2014, 289 =SZ 2014/7 = VersE 2496 = wbl 2014, 279 =Zak 2014, 102 =ZFR 2014, 230;OGH 02.09.2015, 7 Ob 132/15kecolex 2016, 300; 2016, 944 = EvBl‑LS 2016/46 = JusGuide 2015/45/14306 = r + s 2017, 93 = VR 2016, H 3, 23 (Palten) = VR 2016/985 = VersR 2016, 554 = ZFR 2016, 134. Die Übernahme dieser Teilrisiken würde eine wirtschaftlich vernünftige Prämienkalkulation erschweren oder gar unmöglich machen und überdies nicht mit dem berechtigten Interesse der Versicherer in Einklang zu bringen sein, Versicherungsschutz für möglichst viele Versicherungskunden zu möglichst geringen Versicherungsbeiträgen anbieten zu können.11491149 BGH 17.09.1975, IV ZR 17/75 BeckRS 1975 = BeckRS 2008, 19268 = BGHZ 65, 142 = IBRRS 1975, 0223 = JZ 1976, 25 = LSK 1975, 850550 = MDR 1976, 128 = NJW 1976, 106. Aus den die Deckung begrenzenden Klauseln der Unfallversicherungs-Bedingungen ist zu erkennen, dass der Versicherer prinzipiell nur die Haftung für das normale Unfallrisiko übernehmen will. Angesichts des sehr weit gefassten Unfallbegriffes ist der Versicherer angehalten, solche Risiken von der versicherungsrechtlichen Deckung auszunehmen, die mit einer irregulären und erhöhten Gefahrenlage einhergehen.11501150Wagner in Bruck/Möller, VVG8 Band VI/1 G 131. Die Bestimmungen des Art 17 AUVB bzw des Art 4 AUVB 2022 sind als Risikoausschlusstatbestände einzuordnen. Bei diesen wird von Anfang an ein bestimmter Gefahrenumstand von der versicherten Gefahr ausgenommen, ohne dass es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherten ankäme.11511151 Dagegen fordern Obliegenheiten gewisse Verhaltensweisen und sehen Rechtsfolgen für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung vor, vgl RIS-Justiz RS0080166. Zur Abgrenzung von Obliegenheiten und Risikoausschlüssen siehe Fenyves in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG (2023) § 6 Rz 25 ff und OGH 28.04.2003, 7 Ob 70/03zecolex 2005, 422 =RdW 2003, 571 = VersE 2008 = VersR 2004, 1159 = VR 2003, H12, 228; RIS-Justiz RS0080168 (T3): „Im Hinblick auf den materiellen Inhalt der Versicherungsklausel ist entscheidend, ob sie eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das (allein) der Versicherer Schutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes vorbeugendes Verhalten des Versicherungsnehmers verlangt, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert. Steht ein solches Verhalten im Vordergrund und tritt es nicht hinter objektive Voraussetzungen, (...) so liegt eine Obliegenheit vor. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handelt es sich um eine Risikobeschränkung“. Es handelt sich dabei nicht um Bestimmungen, die Verhaltensweisen vorschreiben, sondern um objektiv abgrenzbare und besonders gefahrerhebliche Umstände. Die Klauseln kommen ohne Rücksicht darauf zur Anwendung, ob der Versicherte den zum Ausschluss führenden Umstand zu vertreten hat oder nicht.11521152Grimm/Kloth, Unfallversicherung6 AUB 2014 Z 5 Rz 5. Somit liegen objektive Risikoausschlüsse vor, sodass die deckungsrechtliche Beurteilung lediglich von der Frage abhängig zu machen ist, ob der ausgenommene Sachverhalt im konkreten Fall auch tatsächlich vorliegt und der Ausschlusstatbestand damit erfüllt ist.11531153 Dazu Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht7 Rz 395.

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