ratio legis
teleologische
Sofern eine Vorschrift Fälle umfasst oder Folgen herbeiführt, die vom Gesetzgeber nicht erkannt oder bedacht worden sind und, wenn er sie erkannt oder bedacht hätte, vernünftigerweise nicht in dieser Weise angeordnet hätte, ist der Rechtsanwender berechtigt, das Gesetz nach seinen eigenen Grundgedanken und Zwecken unter Berücksichtigung der anerkannten Grundsätze richterlicher Rechtsfindung fortzuentwickeln, es sei denn, dass das Erfordernis der Rechtssicherheit entscheidend dagegen spricht.122 Diese Technik wird teleologische Reduktion genannt. Sie stellt bei zu weit geratenen gesetzlichen Tatbeständen das Gegenstück zur Analogie dar und verschafft der ratio legis gegen einen überschießend weiten (nicht aber zu engen) Gesetzeswortlaut Durchsetzung, indem sich die (letztlich den Gesetzeswortlaut korrigierende, weil einschränkende) Auslegung am Gesetzeszweck orientiert,123 der allerdings klar nachzuweisen ist.124 Zu verlangen ist der klare Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den „eigentlich gemeinten“ Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre.125
