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Gedanken zu den Subsidiaritätsklauseln in § 22 FinStrG (Tipold)

1. AuflDezember 2018

I. Die Regelung in ihrem Zusammenhang

§ 22 FinStrG enthält zum einen in Abs 1 die Besonderheit, dass bei echtem idealen oder realen Zusammentreffen11Zu den Begriffen Kahl in Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 991 ff; Birklbauer, Das Zusammentreffen von Finanzvergehen und StGB-Delikten, in Leitner (Hrsg), Finanzstrafrecht 2004 (2005) 30; Ratz in Höpfel/Ratz, WK2 StGB Vorbemerkungen zu §§ 28-31 Rz 11 ff; Eder-Rieder, SbgK § 28 Rz 8 ff; grundlegend Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 393 und 459. von Finanzvergehen einerseits und strafbaren Handlungen anderer Art andererseits die Strafen für die Finanzvergehen nach Maßgabe des § 21 FinStrG gesondert von den Strafen für die anderen strafbaren Handlungen zu verhängen sind („Strafenkumulation“).22 Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 22 Rz 2; Kahl in Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 1031 ff; Seiler/Seiler, FinStrG5 § 22 Rz 1. Die EBRV 295 BlgNR VIII. GP 60 sprechen hier von gewollter „Doppelbestrafung“. Zur Strafzumessung siehe etwa OGH 13 Os 55/13g = SSt 2014/17; RS0086229; RS0086221; RS0086070. In

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diesem Bereich greift somit nicht das sonst für das gerichtliche Strafrecht übliche Absorptionsprinzip.33Siehe Ratz in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 28 Rz 2; Eder-Rieder, SbgK § 28 Rz 131. Kritisch diesbezüglich jüngst Schmoller, Dringender Reformbedarf bei § 22 FinStrG, ZWF 2018, 247 f. Zum anderen finden sich in den Absätzen 2 bis 4 Subsidiaritätsklauseln.44Zu Abs 2 Birklbauer, Das Zusammentreffen von Finanzvergehen und StGB-Delikten, in Leitner (Hrsg), Finanzstrafrecht 2004 (2005) 32 und 44 mwN; Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 22 Rz 6 mit Ablehnung jener Meinungen, die für Exklusivität plädieren, Rz 10 zu Abs 3 und Rz 11 zu Abs 4; Kert, SbgK § 146 Rz 430; Seiler/Seiler, FinStrG5 § 22 Rz 8, 15. Nach Abs 2 ist für den Fall der Idealkonkurrenz55 Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 22 Rz 5; Birklbauer, Das Zusammentreffen von Finanzvergehen und StGB-Delikten, in Leitner (Hrsg), Finanzstrafrecht 2004 (2005) 44 f; Kahl in Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 1035; Kert, SbgK § 146 Rz 431; OGH 14 Os 53/03 = RZ 2004, 88 = SSt 2003/79 und RS0118271. die Tat ausschließlich nach dem FinStrG zu ahnden, wenn ein Finanzvergehen66Zu diesem Begriff und der Frage, ob auch Finanzordnungswidrigkeiten gemeint sind, siehe bejahend Birklbauer, Das Zusammentreffen von Finanzvergehen und StGB-Delikten, in Leitner (Hrsg), Finanzstrafrecht 2004 (2005) 45 f mwN; Kahl in Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 1034, 1036; Seiler/Seiler, FinStrG5 § 22 Rz 14; Kert, SbgK § 146 Rz 431. Die Frage ist im bejahenden Sinn mittlerweile längst (BGBl I 161/2005) durch den zweiten Satz des § 1 Abs 1 FinStrG klargestellt, vgl Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 22 Rz 7. auf betrügerische Weise oder durch Täuschung begangen worden ist. Nach Abs 3 ist für den Fall der Realkonkurrenz77 Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 22 Rz 10; Kahl in Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 1045. Nur Idealkonkurrenz anführend Seiler/Seiler, FinStrG5 § 22 Rz 15. ausschließlich nach dem FinStrG vorzugehen, wenn ein Täter im Zusammenhang mit Finanzvergehen auch strafbare Handlungen nach § 223 StGB oder § 293 StGB begangen hat. Schließlich ist nach Abs 4 (auch) im Fall der Realkonkurrenz88 Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 22 Rz 11; Kahl in Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 1048. der Täter nur wegen des Finanzvergehens nach dem FinStrG zu bestrafen, wenn er strafbare Handlungen nach §§ 163a oder 163b StGB ausschließlich im Zusammenhang mit einer Abgabenhinterziehung (§ 33 FinStrG) begangen hat, indem er eine wesentliche Information wirtschaftlich nachteilig falsch oder unvollständig dargestellt hat. Die Absätze 2 bis 4 sind recht unterschiedlich gestaltet, was bei Subsidiaritätsklauseln an sich nicht besonders auffällt, werden sie doch lediglich im Einzelfall aufgrund ganz spezifischer gesetzgeberischer Überlegungen gesetzt.

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