1. Einleitende Bemerkungen
Ist ein Schuldner insolvent und kann nicht mehr alle Forderungen seiner Gläubiger befriedigen, stellt die österreichische Rechtsordnung den Gläubigern das Insolvenzverfahren zur Verfügung, um ihre Forderungen zumindest teilweise noch einzubringen. Das Insolvenzrecht umfasst all jene Bestimmungen, die die geordnete Abwicklung der Vermögens- und Haftungsverhältnisse im Falle eines wirtschaftlichen Zusammenbruches des Schuldners regeln.17 Es bestimmt in der Insolvenz „was vom Privatrecht übrig bleibt“.18 Seit dem Inkrafttreten des IRÄG 2010 gilt in Österreich anstelle eines dualen Systems bestehend aus Konkursverfahren und Ausgleich ein einheitliches Insolvenzverfahren mit unterschiedlichen Eingangsphasen.19 Der bis zu diesem Zeitpunkt kaum genützte Ausgleich wurde abgeschafft und die ehemalige Konkursordnung (KO) in Insolvenzordnung (IO) umbenannt. Der Ausdruck „einheitliches Insolvenzverfahren“ umfasst dabei sowohl das Konkursverfahren als auch das Sanierungsverfahren. Das Konkurs- und das Sanierungsverfahren sind demnach keine eigenen Verfahrensarten, sondern lediglich unterschiedliche Erscheinungsformen des einheitlichen Insolvenzverfahrens, nach denen sich der weitere Verfahrensablauf richtet.20 Das Insolvenzverfahren erfasst das gesamte exekutionsunterworfene Vermögen des Schuldners. Gesprochen wird daher auch vom Insolvenzrecht als Gesamtvollstreckungsrecht. Die Einzelzwangsvollstreckung, die sich lediglich auf einzelne Vermögensgegenstände bezieht und in deren Rahmen die einzelnen Gläubiger nach ihrem Rang befriedigt werden, tritt mit Insolvenzeröffnung in den Hintergrund. Die IO gibt im Insolvenzverfahren der quotenmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger gegenüber dem ansonsten geltenden Prioritätsprinzips somit den Vorrang.21

