2.1. Österreichisches Recht
2.1.1. Überblick über die österreichische Entwicklung
Während Jherings Entdeckung der culpa in contrahendo in Deutschland nach anfänglicher Ablehnung auf fruchtbaren Boden fiel,34 setzten sich die österreichische Lehre und Rechtsprechung lange Zeit kaum mit der culpa in contrahendo auseinander.35 Nur Gschnitzer befürwortete bereits 1934 in seiner Kommentierung zu § 878 eine vorsichtige analoge Ausdehnung des Prinzips der culpa in contrahendo.36 Erst über dreißig Jahre später wurde die culpa in contrahendo wieder von Frotz37 und Welser38 aufgegriffen.39 Vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses wurden mittels einer Rechtsanalogie zu den §§ 866 aF, 874, 875, 878, 932 Abs 1 aF begründet. Diese Ausführungen von Frotz und Welser nahmen schließlich auch Einfluss auf die Rechtsprechung.40 Welser konstatierte, dass der Paukenschlag zu einer allgemeinen Anerkennung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses durch die Judikatur 1975 in der Grundsatzentscheidung zu 1 Ob 191/7541 fiel.42 In dem Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde lag, kaufte der Kläger eine Datenverarbeitungsanlage. Da diese Anlage die dem Kläger zugesicherten Eigenschaften nicht aufwies, focht der Kläger den Kaufvertrag wegen Irrtums erfolgreich an. Darüber hinaus begehrte er von der Beklagten den Ersatz jener Aufwendungen, die er im Hinblick auf den Vertragsabschluss getätigt hatte. Der OGH bejahte daraufhin Schadenersatzansprüche des irrenden Käufers gemäß § 1295 gegenüber dem beklagten Verkäufer, der den Irrtum schuldhaft veranlasst hatte. Dieser hatte nämlich gegen vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten verstoßen.

