I. Der EU-Rahmenbeschluss vom 15.3.2001
1. Bedeutung für das deutsche Recht
Die Zeiten, in denen Deutschland und andere europäische Staaten die Rechtstellung der Opfer von Straftaten regeln konnten, wie es ihnen passte, sind vorbei. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union über die Stellung des Opfers im Strafverfahren vom 15.3.2001 1 gibt den nationalen Gesetzgebern der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Art 34 Abs 2 Satz 2 lit b EUV einen Rahmen vor, der sie hinsichtlich der zu erreichenden Ziele, wenn auch nicht hinsichtlich der Form und der Mittel bindet2. Das nationale Recht ist, wie der EuGH in der Sache Maria Pupino festgestellt hat3, rahmenbeschlusskonform auszulegen. In Deutschland hatte der Rahmenbeschluss zur Folge, dass der Bundesgesetzgeber im Opferrechtsreformgesetz vom 24.6.20044 bei den Rechten des Opfers im Strafverfahren, nicht zuletzt bei den Informationsrechten, nachgebessert hat. Die Begründung des Regierungsentwurfs sagte dazu, das Gesetz „nehme Impulse auf“, die der Rahmenbeschluss „entwickelt“ habe5. Auch der Reformgesetzgeber in Österreich handelte. Das Strafprozessreformgesetz von 20046 macht es sich zur Aufgabe, die Vorgaben des Rahmenbeschlusses innerstaatlich umzusetzen, wie es in den Erläuterungen des Entwurfs durch das Bundesministerium für Justiz hieß7. Es macht deshalb Sinn, diese kleine Betrachtung zum Recht des Opfers auf den Erhalt von Informationen im deutschen Strafprozess mit einem Blick auf die europäischen Vorgaben zu beginnen.
