Um Geschäftspraktiken von Internetplattformen kartellrechtlich zu beurteilen, ist es zunächst erforderlich, ein Verständnis für das Funktionieren und die Besonderheiten der digitalen Wirtschaft zu entwickeln. In den Folgekapiteln werden daher die grundlegenden ökonomischen Charakteristika der Internetwirtschaft dargestellt, die traditionelle rechtliche und wettbewerbsökonomische Konzepte vor neue Herausforderungen stellen und erhebliche Konsequenzen für die kartellrechtliche Analyse von digitalen Märkten haben.72 Dies gilt neben der Definition des relevanten Marktes (s Kapitel V.D.1) und dem Vorliegen von Marktmacht (s Kapitel V.D.2) insb auch für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Verhaltensweise (s Kapitel VI).73 Der neueren Entscheidungspraxis ist zu entnehmen, dass sich Gerichte und Kartellbehörden zunehmend mit den ökonomischen Besonderheiten der Internetwirtschaft beschäftigen.74 Darüber hinaus bilden sie den Gegenstand zahlreicher kartellrechtlicher Diskussionen und Initiativen75 und haben vereinzelt bereits Eingang in kartellrechtliche Gesetzgebung der MS gefunden. In Österreich hat man mit dem Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2021 (KaWeRÄG 2021)76 auf die Besonderheiten der digitalen Wirtschaft reagiert. Ähnliche Entwicklungen sind neben Deutschland (10.GWB-Novelle) auch auf europäischer Ebene mit den beiden Verordnungen zum Digital Markets Act77 sowie dem Digital Services Act78 zu beobachten (für eine Übersicht der wichtigsten Neuerungen sowie einen Vergleich der verschiedenen Bestimmungen s Kapitel VII).

