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COVID-19: Auswirkungen auf den Abschluss (UGB/IFRS) 2019

Coronavirus ÜbersichtCoronavirus - SteuerrechtEiter/StücklerApril 2020

Für Unternehmen mit Bilanzstichtag bis zum 31. 12. 2019 ist der Ausbruch von COVID-19 ein wertbegründendes Ereignis, dh, die Auswirkungen spiegeln sich nicht im Zahlenwerk der Bilanz und GuV wider, außer die Going Concern Annahme ist dadurch nicht mehr zulässig. Die Pandemie ist idR jedoch ein wesentliches Ereignis nach dem Bilanzstichtag, dessen Auswirkungen im Anhang zu erläutern sind. Besteht ein wesentliches Risiko einer negativen Abweichung von Prognosen und Zielen, ist darüber im Lagebericht zu berichten. Bestandsgefährende Risiken sind als solche in Anhang und Lagebericht darzustellen.

Einleitung

Der Ausbruch des Coronavirus (SARS-CoV-2) hat vielfach erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen (zB drastische Umsatzeinbrüche, Schließung von Verkaufsstätten, hohe Stornos, Leerkosten usw). Der Gesetzgeber reagierte darauf mit den COVID-Gesetzen, welche die gesetzliche Grundlage für weitreichende wirtschaftliche und finanzielle Hilfen für Unternehmen geschaffen hat bzw in Aussicht stellte.

Die mit COVID-19 verbundenen Auswirkungen wirken sich idR auf die Abschlüsse 2019 aus. Abhängig vom Tag, an dem der Abschluss aufgestellt wurde, können sich unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben, die in diesem Briefing dargestellt werden. Als wesentliche Grundlage für die nachfolgenden Ausführungen dienen insb die AFRAC-Fachinformation: COVID-19 und die fachlichen Hinweise des IDW zu den Auswirkungen der Ausbreitung von COVID auf Rechnungslegung und Prüfung (Teil 1 , Teil 2 ).

Zu den Auswirkungen von COVID-19 auf Abschlüsse mit Stichtag nach dem 31. 12. 2019 siehe Briefing von Eiter/Stückler, COVID-19: Auswirkungen auf den Abschluss (UGB/IFRS) 2019/2020.

Zweck

Im Rahmen der Aufstellung des Abschlusses mit Stichtagen bis zum 31.12.2019 stellt sich die Frage, ob bzw inwieweit die wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen von COVID-19 bereits in der Bilanz und in der GuV abzubilden sind und ob allenfalls dazu Erläuterungen im Anhang bzw Lagebericht erforderlich sind.

Bestehen am Tag der Aufstellung des Abschlusses Zweifel an der Aufrechterhaltung der Going Concern Annahme, stellt sich die Frage, ob eine Bilanzierung nach Going Concern Grundsätzen zulässig ist. Die Beurteilung dieser Frage ist „heikel“: Zum Bilanzstichtag 31. 12. 2019 gab es womöglich noch ein gut florierendes Unternehmen, welches jedoch am Tag der Aufstellung des Abschlusses aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus womöglich kurz vor der Insolvenz steht.

Fälle

Die wesentlichen bilanziellen Fragestellungen im Zusammenhang mit den Auswirkungen von COVID-19 auf den Abschluss 2019 werden anhand eines Beispiels erörtert:

Sachverhalt
Die X GmbH betreibt ein Textilhandelsunternehmen mit mehreren Filialen in Österreich und eine mittelgroße Boutique im Modezentrum Mailand. Bilanzstichtag ist der 31. 12. 2019. Das Jahr 2019 war ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr mit hohen Umsatzzuwächsen bei gleichzeitiger Kostensenkung. Zum Stichtag 31. 12. 2019 war der Ausblick positiv. Die Aufstellung des Abschlusses 2019 erfolgte 

  1. 1. am 31. 1. 2020: COVID-19 ist nach allgemeiner Wahrnehmung nur in Asien ein großes Thema, wenngleich die WHO schon am 30. 1. 2020 eine internationale Gesundheitsnotlage ausrief.
  2. 2. am 28. 2. 2020: In Österreich gab es bereits erste COVID-19 Patienten.11Die ersten zwei bestätigten Fälle gab es am 25. 2. 2020 (siehe https://www.medinlive.at/gesellschaft/tirol-bestaetigt-zwei-faelle [abgerufen am 1. 4. 2020]. Zum Stichtag 28. 2. 2020 gab es fünf bestätigte Fälle (siehe https://www.medinlive.at/gesundheitspolitik/fuenf-bestaetigte-faelle-oesterreich [abgerufen am 1. 4. 2020]. Schwerwiegende Auswirkungen durch COVID-19 auf die X GmbH sind denkmöglich, zumal in der Lombardei bereits die ersten behördlichen Maßnahmen gesetzt wurden und demnach auch die Boutique in Mailand geschlossen werden mussten.
  3. 3. am 31. 3. 2020: Seit 15. 3. 2020 sind die Filialen in Österreich bis mindestens 13.4.2020 geschlossen. Die X GmbH schickt die Mitarbeiter in Kurzarbeit und möchte staatliche Garantien und Notstandshilfe nach dem 1. COVID-19 Gesetz  in Anspruch nehmen.22BGBl I Nr 12/2020.

 

  1. 1. Sind die Auswirkungen von COVID-19 in Bilanz und GuV 2019 abzubilden?

Im UGB und in IFRS gilt das Stichtagsprinzip, dh nur zum Bilanzstichtag bereits eingetretene wertaufhellende Ereignisse dürfen in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigt werden; nach dem Bilanzstichtag eintretende wertbeeinflussende Ereignisse sind nicht im Zahlenwerk des Abschlusses abzubilden.

Nach Auffassung von AFRAC33AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020), Rz 10. und dem IDW44IDW, 4. 3. 2020, Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag 31.12.2019 und deren Prüfung (Teil 1), 2; IDW, 25. 3. 2020, Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag 31.12.2019 und deren Prüfung (Teil 2), 6. stellen die Auswirkungen von COVID-19 ein wertbegründendes Ereignis dar, die nicht im Zahlenwerk der Abschlüsse 2019 (Bilanz- und GuV) berücksichtigt werden dürfen. Im Einzelfall könnten bei Unternehmen mit Tochtergesellschaften in der Volksrepublik China die Auswirkungen von COVID-19 schon vor dem 31. 12. 2019 eingetreten sein.55AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 10. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn eine Bilanzierung nach Going Concern Grundsätzen nicht zulässig ist (siehe Punkt 2).66AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 11.

 

Fortsetzung Beispiel

Die X GmbH darf in Bilanz und GuV 2019, unabhängig davon, wann der Jahresabschluss in 2020 aufgestellt wird, die Auswirkungen von COVID-19 nicht in Bilanz und GuV 2019 abbilden. Zu den Angaben im Anhang und Lagebericht siehe Punkte 3 und 4.

 

  1. 2. Ist die Aufstellung des Abschlusses 2019 nach Going Concern-Grundsätzen zulässig?

Die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie können dazu führen, dass die Going Concern Annahme nicht mehr angemessen ist. Diese Beurteilung ist am Tag der Aufstellung des Abschlusses (!) vorzunehmen. Es sind sämtliche bis dorthin verfügbaren Informationen über die Zukunft heranzuziehen, dh auch alle durch COVID-19 möglichen Auswirkungen.

Es ist zu beurteilen, ob sich die Unternehmenssituation durch COVID-19 zu einer akuten Krise entwickelt hat oder entwickeln wird oder ob COVID-19 eine schon bestehende akute Krise verstärkt hat.77AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 12. Bei der Analyse sind folgende spezifischen Ereignisse und deren Auswirkungen auf Liquidität und Finanzierung besonders zu beachten:88AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 13.

  • Nachfrage- und Produktionseinschränkungen
  • Durchbrechungen der Liefer- und Wertschöpfungsketten
  • Produktionsunterbrechungen
  • Schließung von Verkaufsstätten
  • Möglichkeit der flexiblen Kapazitätsanpassung
  • Möglichkeit/Notwendigkeit der Umstellung von Geschäftsmodellen

Als Ergebnis dieser Analyse kann zur Untermauerung der Going Concern-Annahme die Erstellung von Unternehmensplänen (zB Planungsrechnungen, Finanzpläne usw) und Szenarien (zB unterschiedliche Zeiträume der behördlichen Einschränkungen) notwendig sein. Die öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen sind darin einzubeziehen (zB Inanspruchnahme von Kurzarbeit, Stundungen, Garantien und andere Liquiditätshilfen), wenn die Kriterien dafür von dem Unternehmen voraussichtlich erfüllt werden und das Management die ernsthafte Absicht hat, diese in Anspruch zu nehmen.99AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 14. Der Prognosezeitraum beträgt zumindest zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag bzw Abschlussaufstellungsstichtag.1010KFS/RL 28 Rz 23 iVm AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020), Rz 11.

Hinweis

Die Analyse kann die Erstellung einer Fortbestehensprognose erfordern: 1111AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020), Erläut zu Rz 15; Gemeinsame Stellungnahme von KSW, WKO und KMU Forschung Austria „Leitfaden Fortbestehensprognose“ (abrufbar unter https://news.wko.at/news/oesterreich/Fortbestehensprognose2016.pdf ; Stand 24. 3. 2020)

  • Bei einem negativen Eigenkapital im Jahresabschluss,
  • Bei Verlust des halben Nennkapitals bei anhaltend negativen Erwartungen
  • Bei Vorliegen von handfesten Krisensymptomen, die eine weitere Verschlechterung der Unternehmenssituation erwarten lassen müssen und bei anhaltend negativen Ergebnissen zu einem Aufzehren des Eigenkapitals im nächsten Jahr führen könnten oder sonst eine Bestandsgefährdung implizieren.

Fortsetzung Beispiel

Bei Aufstellung des Jahresabschlusses der X GmbH am

  • 31. 1. 2020 ist die Going Concern Annahme sicherlich noch angemessen.
  • 28. 2. 2020 wird die Going Concern Annahme auch noch angemessen sein, obwohl die mittelgroße Boutique in Mailand durch COVID-19 bereits geschlossen werden muss. Es ist aber zu beurteilen, ob sich daraus eine Unternehmenskrise entwickeln kann. Die Going Concern Annahme ist durch Planungsrechnungen zu untermauern.
  • 31. 3. 2020 sind alle Verkaufslokale geschlossen. Bei der Beurteilung, ob sich das Unternehmen in einer Krise befindet bzw ob die Going Concern Annahme noch angemessen ist, ist die Unternehmenssituation vor der COVID-19 Krise zu beachten.1212AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020), Erläut zu Rz 12. Verfügt die X GmbH über ausreichend hohe Liquiditätsreserven oder gute Finanzierungskennzahlen, kann sie die Situation aus eigener Kraft bewältigen oder leichter Unterstützungsmaßnahmen und Kredite erlangen. Ist die Finanzsituation der X GmbH jedoch bereits vor Ausbruch von COVID-19 prekär, erfüllt das Unternehmen ev. die Kriterien für notwendige staatliche Garantien und Unterstützungen nicht und ein Abgehen von Going Concern wird erforderlich.
  1. 3. Welche Angaben in Bezug auf COVID-19 sind im (Konzern-)Anhang der Abschlüsse 2019 erforderlich?

In Bilanz und GuV 2019 sind die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 grundsätzlich nicht abzubilden (siehe Punkt 1); Abweichendes gilt nur dann, wenn die Going Concern Annahme nicht aufrechterhalten werden kann (siehe Punkt 2).

Die Auswirkungen von COVID-19 sind idR als ein wesentliches Ereignis nach dem Bilanzstichtag anzusehen, das mittelgroße und große Gesellschaften iSd § 221 UGB im Anhang anzugeben haben (§ 238 Abs 1 Z 11 UGB). Gleiches gilt für den Konzernanhang (§ 251 Abs 1 UGB bzw IAS 10.21). Dabei ist eine Schätzung der finanziellen Auswirkungen anzugeben, wobei hier neben der Finanzlage auch die Vermögens- und Ertragslage zu beachten ist. Die Auswirkungen sind sowohl in Form von qualitativen Erläuterungen als auch – soweit möglich – durch quantitative Angaben darzustellen; können quantitative Angaben nicht getroffen werden, ist diese Tatsache anzugeben.1313AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 16 und Erläut zu Rz 16.

Hinweis

Unternehmen wie kleine Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften sind nicht von § 238 Abs 1 Z 11 UGB erfasst. Sofern Zweifel an der Unternehmensfortführung bestehen, sind die Auswirkungen von COVID-19 zur Erfüllung der Generalnorm im Anhang anzugeben (§ 222 Abs 2 UGB) bzw im Rahmen der Erläuterung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden unter Annahme der Unternehmensfortführung zu erläutern (§ 237 Abs 1 Z 1 UGB).1414AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 16 und Erläut zu Rz 17.

Wenn die Going Concern Annahme aufrecht bleibt, ist dies im Anhang aller Unternehmen anzugeben (§ 237 Abs 1 Z 1 UGB); allenfalls unter Angabe der dafür getroffenen Annahmen (zB Inanspruchnahme von Unterstützungsmaßnahmen usw).1515AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 17. Ergeben sich durch COVID-19 wesentliche Going-Concern Unsicherheiten, ist dies im Anhang anzugeben (§ 222 Abs 2 UGB bzw IAS 1.25 und IAS 10.16 (b)).1616AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 18. Anzugeben sind dabei:1717KFS/RL 28 Rz 27.

  • Wesentliche dem Going Concern möglicherweise entgegenstehende Gründe und seine Pläne, diese Gründe zu begegnen.
  • Wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit Gründen, die dem Going Concern möglicherweise entgegenstehen, und das Unternehmen daher möglicherweise nicht in der Lage ist, im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes seine Vermögenswerte zu realisieren und seine Schulden zu vergleichen.

Hinweis

Obwohl für Kleinstgesellschaften iSd § 221 UGB grundsätzlich keine Verpflichtung besteht, einen Anhang zu erstellen, empfiehlt AFRAC1818AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 19. bei wesentlichen Going Concern Unsicherheiten entsprechende Angaben in den Jahresabschluss aufzunehmen.

Fortsetzung Beispiel

Bei Aufstellung des Abschlusses 2019 am

  • 31. 1. 2020: Für die X GmbH sind noch keine COVID-19 Auswirkungen absehbar, weshalb noch keine Angabe im Anhang erforderlich ist.
  • 28. 2. 2020: Die X GmbH ist bereits von COVID-19 betroffen. Die Boutique-Schließung in Mailand und – soweit möglich – deren finanzielle Auswirkungen sind im Anhang anzugeben.
  • 31. 3. 2020: Es ist über die Schließung aller Verkaufslokale zu berichten. Darüber hinaus sind wesentliche Unsicherheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen, im Anhang anzugeben. Der Grund dafür liegt ebenfalls in der Schließung der Geschäftslokale, wobei die mögliche Dauer der Schließung als wesentliche Unsicherheit anzugeben ist. Pläne dem zu begegnen stellen alle möglichen Finanzierungsmaßnahmen einschließlich öffentlicher Unterstützungen dar.  Auch diesbezüglich können es wesentliche Unsicherheiten bestehen, die anzugeben sind.

 

  1. 4. Welche Angaben in Bezug auf COVID-19 sind im (Konzern-)Lagebericht erforderlich?

Besteht ein wesentliches Risiko, dass die Auswirkungen von COVID-19 zu einer negativen Abweichung von Prognosen und Zielen der Gesellschaft führen werden, ist darüber im (Konzern-)Lagebericht zu berichten.1919AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 20. Dies umfasst auch wesentliche Unsicherheiten zur Annahme der Unternehmensfortführung.

Die Risiken sind zumindest in qualitativer Form zu beschreiben; die zugrundeliegenden Annahmen und die Berechnungsweise bei Zahlenangaben sind zu erläutern.2020AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 20. Bestandsgefährdende Risiken sind als solche zu bezeichnen und gesondert zu erläutern (siehe Punkt 2). Die Angabe einer Absicherungsstrategie für vorhandene Risiken ist empfehlenswert.2121AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 20.

Hinweis

Aufgrund der Dynamik der Ausbreitung von COVID-19 ist eine Schätzung der Dauer und Auswirkungen schwierig. Der Schätzung sollten objektiv nachvollziehbare Informationen zugrunde gelegt werden, wie bspw Veröffentlichungen der Bundes- und Landesregierungen sowie diesen nachgeordneten Behörden oder wissenschaftliche Publikationen.2222AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 21 Ist eine verlässliche Schätzung nicht möglich, ist diese Tatsache anzugeben.2323AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 21.

Die Ausführungen zum (Konzern-)Lagebericht sind auch bei der Erstellung der nicht finanziellen Erklärung bzw des nicht finanziellen Berichts zu beachten (§ 243b UGB bzw § 267a UGB). Dabei ist insbesondere auf eine Konsistenz mit dem Jahres- bzw Konzernabschluss und den übrigen Aussagen im Lagebericht zu achten.2424AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Rz 23.

Fortsetzung Beispiel

Bei Aufstellung des (Konzern-)Lageberichts am

  • 31. 1. 2020: Mangels Erkennbarkeit sind noch keine Risiken oder Prognoseabweichungen anzugeben.
  • 28. 2. 2020: Es ist jedenfalls die Prognoseverschlechterung durch die Boutique-Schließung in Mailand – zumindest qualitativ – im Lagebericht zu erläutern.
  • 31. 3. 2020: Es ist entsprechend über die negativen Auswirkungen der Schließung aller Verkaufslokale zu berichten. Darüber hinaus ist das daraus resultierende Risiko der Bestandsgefährdung als solches im Lagebericht darzustellen. Diesbezügliche Unsicherheiten sind anzugeben (siehe Punkt 3).
  1. 5. Müssen zwischen Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses 2019 noch eintretende wertaufhellende und wertbegründende Ereignisse noch berücksichtigt werden?

Eine Verpflichtung, einen bereits aufgestellten Jahresabschluss oder Lagebericht trotz neu bekannt gewordener wesentlicher Informationen zu ändern, besteht nur für wertaufhellende Ereignisse, nicht für wertbegründende Ereignisse.2525AFRAC-Stellungnahme 16: Wertaufhellung und Wertbegründung (UGB) (Juni 2018).

Für den Jahresabschluss 2019 sind die Auswirkungen von COVID-19 ein wertbegründendes Ereignis (siehe Punkt 1). Eine Anpassung des Jahresabschlusses (Bilanz, GuV, Anhang) und des Lageberichts ist wegen den Auswirkung von COVID-19 nicht erforderlich.

Praxistipp

Organe, die mit der Feststellung des Abschlusses betraut sind, sollen in geeigneter Form (zB in einer Sitzung) darauf hingewiesen werden, dass wertbeeinflussende Ereignisse nach dem Bilanzstichtag im Abschluss keine Berücksichtigung gefunden haben. Den Organen steht es frei, zur Wahrung ihrer Verantwortung die Feststellung davon abhängig zu machen, dass der Abschluss geändert oder ergänzt wird.2626AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 24. Dabei ist auf das Erfordernis einer Nachtragsprüfung hinzuweisen. Für den Konzernabschluss gelten diese Ausführungen sinngemäß (statt der Feststellung tritt der Abschluss der Prüfung des Abschlusses).

Fortsetzung Beispiel

Angenommen, die X GmbH ist nun eine Aktiengesellschaft. Der Jahresabschluss 2019 der X AG wurde am 31. 1. 2020 aufgestellt. Im Anhang und Lagebericht wurden noch keine Angaben zu den Auswirkungen von COVID-19 getätigt. Der Jahresabschluss 2019 wird am 31. 3. 2020 festgestellt. Zuvor ist der Aufsichtsrat über wertbeeinflussende Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, im Fall der X AG über die Schließung aller Verkaufslokale, aufzuklären (zB mit Unternehmensplanungsrechnungen mit unterschiedlichen Szenarien usw). Nach Würdigung dieser Informationen durch den Aufsichtsrat kann dieser den Jahresabschluss feststellen, aber auch eine Änderung/Ergänzung des Abschlusses verlangen. Im Fall der X AG wären die unter Punkt 3 und 4 dargestellten Angaben, einschließlich der bestandsgefährdenden Risiken, aufzunehmen. Da es sich dabei um wesentliche Änderungen des Abschlusses handelt, ist eine Nachtragsprüfung durch den Abschlussprüfer erforderlich. Diese schließt die Prüfung der Going Concern Annahme zum 31.3.2020 mit ein.

 

  1. 6. Änderung des Vorschlags über die Gewinnverwendung, wenn nach Aufstellung des Jahresabschlusses die Ausschüttungspolitik geändert wird.

Die Auswirkungen von COVID-19 können dazu führen, dass nach Aufstellung des Jahres- oder Konzernabschlusses eine geplante Gewinnausschüttung nicht oder mit einem geringeren Betrag beschlossen wird. In dieser Hinsicht ist eine Änderung des bereits aufgestellten Abschlusses nicht erforderlich.2727AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 26.

Praxistipp

Gewinne sind bei der GmbH und nach verbreiteter Auffassung analog für die AG auf neue Rechnung vorzutragen, wenn nach dem Stichtag erhebliche und voraussichtlich nachhaltige Verluste/Wertminderungen eingetreten sind (§ 82 Abs 5 GmbHG). Dies ist in jedem Unternehmen individuell zu untersuchen. Im Zweifel sollte zunächst ein Gewinnvortrag beschlossen werden, zumal nach Besserung/Klärung der Situation die Möglichkeit besteht, im Wege eines Beschlusses den Gewinnvortag in einen ausschüttungsfähigen Gewinn „umzuwandeln“.2828AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (April 2020) Erläut zu Rz 26. Eine Änderung des Jahresabschlusses ist nicht erforderlich.

 

  1. 7. Bis wann muss der Jahresabschluss aufgestellt werden?

Die  gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben grundsätzlich in den ersten fünf Monate des Geschäftsjahres den Jahresabschluss aufzustellen und den Mitgliedern des Aufsichtsrates vorzulegen. Ist dies infolge der COVID-19-Pandemie nicht möglich, wird diese Frist um höchstens um 4 Monate verlängert. Bei einem Bilanzstichtag mit 31. 12.2019 ist der Abschluss daher spätestens am 30.9.2020 aufzustellen und dem Aufsichtsrat vorzulegen. Gleiches gilt auch für andere Unterlagen der Rechnungslegung (zB Lagebericht, Corporate Governance-Bericht, usw).

Übergangsregelung: Die Verlängerung der Frist für die Aufstellung gilt nur für Unterlagen, bei denen die 5-Monatsfrist für die Aufstellung am 16.3.2020 noch nicht abgelaufen war. Weiters tritt die Regelung mit 31.12.2020 wieder außer Kraft und ist letztmalig für Bilanzstichtag anzuwenden, die vor dem 1. August 2020 liegen.

  1. 8. Bis wann muss der Jahresabschluss festgestellt werden?

Bei der GmbH muss die Generalversammlung zur Feststellung des Jahresabschlusses gem § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG innerhalb der ersten 8 Monate des Geschäftsjahres der betreffenden Gesellschaft stattfinden. Durch das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz wurde diese Frist auf 12 Monate verlängert. Bei einem Bilanzstichtag 31.12.2019 somit spätestens am 31.12.2020.

Bei der Aktiengesellschaft stellt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss innerhalb von 2 Monaten nach der Aufstellung fest. Angenommen, bei einem Bilanzstichtag 31.12.2019 wird die 5-Monatsfrist, binnen der der Jahresabschluss aufgestellt werden muss, um weitere 4 Monate verlängert, dann müsste der Jahresabschluss spätestens am 30.11.2020 vom Aufsichtsrat festgestellt werden.

  1. 9. Bis wann muss der Jahresabschluss beim Firmenbuchgericht offengelegt werden?

Der Jahresabschluss und allenfalls weitere Berichte sind grundsätzlich innerhalb der ersten 9 Monate des Geschäftsjahres beim Firmenbuch offenzulegen. Bei einem Bilanzstichtag 31.12.2019 daher spätestens am 30.9.2020. Bei verspäteter Offenlegung werden Zwangsstrafen verhängt.

Aufgrund der Auswirkungen von COVID-19 wurde die 9-Monatsfrist auf 12 Monate verlängert, dh bei einem Bilanzstichtag 31.12.2019 müssen die Unterlagen spätestens am 31.12.2020 beim Firmenbuch offengelegt werden.

Typische Fehler

Bei Aufstellung des Jahresabschlusses 2019 wären typische Fehler:

  • Die Auswirkungen von COVID-19 werden im Jahresabschluss 2019 als wertaufhellendes Ereignis behandelt (Ausnahme: Im Einzelfall bei Tochterunternehmen in der Volksrepublik China). Es werden wegen COVID-19 bereits Rückstellungen gebildet und außerplanmäßige Abschreibungen auf Vermögensgegenstände/Vermögenswerte vorgenommen.
  • Im Anhang, Lagebericht sowie in der nicht finanziellen Erklärung oder im nicht finanziellen Bericht werden keine Angaben zu den Auswirkungen von COVID-19 getroffen, obwohl bei Aufstellung der Berichte COVID-19 bereits als wesentliches Ereignis nach dem Bilanzstichtag zu qualifizieren war bzw negative Abweichungen von Zielen und Trends vorlagen.
  • Obwohl durch COVID-19 am Tag der Abschlussaufstellung bestandsgefährdende Risiken vorliegen, wird ohne weitergehende Analyse (zB Unternehmensplanungsrechnung, Szenarien, usw) unzutreffenderweise an der Going Concern Annahme festgehalten oder die Risiken der Bestandsgefährdung nicht in Anhang und Lagebericht offengelegt.

Begriffe

WERTERHELLENDES EREIGNIS

Ereignisse, die vor dem Bilanzstichtag bereits eingetreten sind,  aber bis zur Aufstellung des Abschlusses noch bekannt werden. Werterhellende Ereignisse sind in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen.

WERTBEGRÜNDENDES EREIGNIS

Ereignisse, die nach dem Bilanzstichtag eintreten. Wertbegründende Ereignisse dürfen in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht berücksichtigt werden; bei Wesentlichkeit sind sie im Anhang und Lagebericht entsprechend zu erläutern.

GOING CONCERN-ANNAHME

Nach dem Going Concern-Annahme ist bei der Bewertung von Bilanzpositionen von der Fortführung des Unternehmens auszugehen, wenn nicht aufgrund von tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten davon ausgegangen werden muss, dass das Unternehmen nicht fortgeführt wird.

FORTBESTEHENSPROGNOSE

Die Fortbestehensprognose ist ein Instrument zur Überschuldungsprüfung. Hierbei wird die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens innerhalb eines Planungszeitraums ermittelt und die darüber hinausgehende Überlebensfähigkeit des Unternehmens prognostiziert.

 

 

 

 



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