Inkrafttreten | 1.11.2025 |
Stand des Gesetzgebungsverfahrens | Vorschlag |
Letzte Änderung | 14.7.2025 |
Betroffene Normen | ARHG, EU-JZG, EUStA-DG, INÜG, StrafregisterG, Strafregistergesetz, StRegG, TilgG, VbVG |
Betroffene Rechtsgebiete | Strafrecht |
Quelle | BGBl I 2025/65, 75/BNR, AB 215, 416/A, 48/BNR, AB 145, RV 80 Blg NR 28. GP, 2/ME |
Bundesgesetz, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung der Europäischen Staatsanwaltschaft, das Island-Norwegen-Übergabegesetz, das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (Strafrechtliches EU-Anpassungsgesetz 2025 – StrEU-AG 2025) (BGBl I 2025/65, 75/BNR, AB 215, 416/A, 48/BNR, AB 145, RV 80 Blg NR 28. GP, 2/ME)
1. ECRIS-TCN:
Hauptziel ist die Durchführung der VO (EU) 2019/816 [zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems ...]
Die Bestimmungen der ECRIS-TCN VO gelten mit Ausnahme der Verarbeitung von Fingerabdrücken nach Art 5 Abs 1 lit b ECRIS-TCN VO auch für Drittstaatsangehörige, die gleichzeitig Unionsbürger sind (Art 2 ECRIS-TCN VO).
Zusammen mit der Durchführung der ECRIS-TCN VO wird auch die RL (EU) 2019/884 [zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates im Hinblick auf den Austausch von Informationen über Drittstaatsangehörige und auf das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS), sowie zur Ersetzung des Beschlusses 2009/316/JI] umgesetzt.
Die Durchführung bzw Umsetzung erfolgt vorwiegend im StRegG und zu einem geringen Anteil im Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG). Im EU-JZG sind va Vorkehrungen für die Nutzung des ECRIS-TCN durch Drittstaaten zu treffen (§ 76a).
Durch die Einrichtung einer zentralen Datenbank durch die ECRIS-TCN VO, in die jede Verurteilung einzutragen ist, die durch ein Gericht eines EU-Mitgliedstaats ergangen ist, wird es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, schneller und effizienter Informationen darüber zu erlangen, in welchem Mitgliedstaat der betroffene Drittstaatsangehöriger bereits verurteilt wurde.
Darüber hinaus wird auch die eindeutige Identifizierung sichergestellt, weil gerade bei Drittstaatsangehörigen oft keine verlässlichen Identitätsdokumente vorliegen. Die ECRIS-TCN VO sieht zu diesem Zweck die verpflichtende Speicherung von Fingerabdrücken im Zentralsystem vor. Die Speicherung von Gesichtsbildern ist zwar möglich, aber nach der ECRIS-TCN VO nicht verpflichtend (Art 5 Abs 3 ECRIS-TCN VO). Es wird vorgeschlagen, von der Möglichkeit der Speicherung von Gesichtsbildern keinen Gebrauch zu machen.
Auf nationaler Ebene sind dafür datenschutzrechtliche Rechtsgrundlagen für Verarbeitung bzw Zugriff auf Fingerabdruckdaten erforderlich. Darüber hinaus müssen legistische Anpassungen vorgenommen werden, um eine reibungslose Abwicklung von Anfragen und Beauskunftungen durch das Strafregisteramt sicherstellen zu können.
2. Abkommen für Handel und Zusammenarbeit (EU - Vereinigtes Königreich)
Die weiteren Änderungen im StRegG und im TilgG dienen der Umsetzung des Abkommens für Handel und Zusammenarbeit. Ziel des Abkommens ist, dass der Austausch von Auskünften und Informationen aus dem Strafregister weiterhin gewährleistet wird.
3. Änderungen im EU-JZG
Die Änderungen dienen dazu, Entscheidungen des EuGH Rechnung zu tragen, etwa indem der Ablehnungsgrund bei Verletzung von Grundrechten überarbeitet, das Verbot der Doppelverfolgung bzw Doppelbestrafung (ne bis in idem) neu geregelt (§§ 8 und 8a EU-JZG), § 5a EU-JZG (Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls gegen Unionsbürger) auch auf Drittstaatsangehörige ausgedehnt oder der Vorrang eines Europäischen Haftbefehls gegenüber einem Auslieferungsersuchen eines Drittstaats für jene Fälle ex lege verankert wird, in denen sich der Haftbefehl und die Auslieferung auf dieselben Straftaten oder auf Straftaten beziehen, die miteinander in untrennbarem Zusammenhang stehen. Damit soll auch einem ergänzenden Mahnschreiben der Europäischen Kommission im Vertragsverletzungsverfahren Nr 2020/2307 betreffend die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI [über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten; RB EHB] begegnet werden. In diesem Vertragsverletzungsverfahren hat die Kommission auch die nicht ausreichende Umsetzung von Art 20 RB EHB über Vorrechte und Immunitäten bemängelt; Änderungen in §§ 16 und 21 EU-JZG greifen diese Kritik auf. Weitere Änderungen dienen dem Ziel, die praktische Zusammenarbeit zwischen den Behörden zu verbessern, etwa im Bereich der grenzüberschreitenden Überwachung von Fahrzeugen.
Außerdem werden Erklärungen der Mitgliedstaaten, die nach den Maßnahmen der gegenseitigen Anerkennung zB betreffend akzeptierte Sprachen, zuständige Behörden usw vorgesehen sind, nicht mehr in der EU-JZV kundgemacht (diese wird aufgehoben), sondern es wird auf die Homepage des EJN verwiesen werden, auf der sämtliche Erklärungen veröffentlicht werden.
Letztlich werden auch Durchführungsbestimmungen für die VO (EU) 2023/2131 [zur Änderung der VO (EU) 2018/1727 sowie des Beschlusses 2005/671/JI in Hinblick auf digitalen Informationsaustausch in Terrorismusfällen] und für die VO (EU) 2023/2844 [über die Digitalisierung der justiziellen Zusammenarbeit und des Zugangs zur Justiz in grenzüberschreitenden Zivil-, Handels- und Strafsachen und zur Änderung bestimmter Rechtsakte im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit; e-justice VO] geschaffen; letztere verpflichtet, Rechtsmittel im Fall von Verstößen gegen Vorschriften der e-justice VO betreffend Vernehmungen im Wege einer Videokonferenz vorzusehen
4. Änderungen im ARHG
Auch die zum ARHG vorgeschlagenen Änderungen greifen Entscheidungen des EuGH auf: Durch die Neuregelung von § 17 ARHG wird durch Einführung eines absoluten Ablehnungsgrundes ausdrücklich klargestellt, dass im Verhältnis zu Drittstaaten, die sich zur gegenseitigen Anerkennung von Aburteilungen verpflichtet haben, diese Aburteilungen auch im Zusammenhang mit Auslieferungsverfahren umfangreicher zu berücksichtigen sind, als dies im Verhältnis zu anderen Drittstaaten der Fall ist. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, bei den übrigen Drittstaaten einen fakultativen Ablehnungsgrund vorzusehen.
Weiters findet eine mündliche Verhandlung im Rechtsmittelverfahren über eine Auslieferung nur noch statt, wenn dies das OLG für erforderlich hält; eine solche ist schon in erster Instanz bisher nicht zwingend vorgesehen.
5. Änderungen des EUStA-DG
Die gerichtlichen Zuständigkeiten für Maßnahmen nach Art 31 der EUStA-VO (grenzüberschreitende Ermittlungen innerhalb der EUStA) werden beim LG für Strafsachen Wien zusammengeführt und damit effizienter gestaltet.
Das Gericht hat der EUStA auf deren Antrag die Teilnahme an einer Verhandlung oder einer gerichtlichen Beweisaufnahme (§ 104 StPO) im Ermittlungsverfahren unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zu ermöglichen, wenn der Dienstort des zuständigen Delegierten Europäischen Staatsanwalts außerhalb des Sprengels des zuständigen Gerichts liegt. Die Kostentragung für Reisegebühren, die den Delegierten Europäischen Staatsanwält*innen bei österreichweiten Dienstreisen entstehen und ausschließlich durch das Ermittlungsverfahren bedingt sind, wird klargestellt: Ein Delegierter Europäischer Staatsanwalt hat nach Maßgabe der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl 1955/133, Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes, der ihm durch eine Dienstreise oder durch eine Dienstverrichtung im Dienstort entsteht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Dienstreise oder Dienstverrichtung lediglich der internen Funktionsweise der EUStA dient.
Die Berichtspflichten des Rechtsschutzbeauftragten gegenüber der BMJ entfallen.
6. Änderungen im INÜG
Das Abkommen für Handel und Zusammenarbeit sieht für die Auslieferung ein Verfahren vor, das an den Europäischen Haftbefehl angenähert ist. Politische Aspekte, wie sie im ARHG vorgesehen sind, können daher im Auslieferungsverkehr mit dem Vereinigten Königreich nicht angewendet werden. Das für den Europäischen Haftbefehl im EU-JZG vorgesehene Verfahren ist allerdings nur auf Übergabeverfahren zwischen EU-Mitgliedstaaten anwendbar. Das INÜG sieht bereits vor, dass das für den Europäischen Haftbefehl vorgesehene Verfahren auf bestimmte Drittstaaten, gegenwärtig Island und Norwegen anzuwenden ist. Es wird daher auf das Vereinigte Königreich ausgeweitet.
8. Änderungen im StAG und der StPO
Die Änderung im StAG und in der StPO sind ausschließlich redaktioneller Natur.
