Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJänner 2024

ua Förderung der Freiwilligenarbeit durch Einführung eines steuerfreien Freiwilligenpauschales; Neuregelung und Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf weitere gemeinnützige Zwecke

Inkrafttreten

1.1.2024

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

1.1.2024

Betroffene Normen

BAO, EStG, FHG, GebG, IST-Austria-Gesetz, KStG, PrivHG

Betroffene Rechtsgebiete

Einkommensteuer

Quelle

BGBl I 2023/188

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebührengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden sollen (Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023); BGBl I 2023/188 vom 31. 12. 2023 (AA-361 B,gNR 27. GP; AB 2380 BlgNR 27. GP ; RV 2319 BlgNR 27. GP 299/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Mit dem Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 soll ua die Freiwilligenarbeit gefördert werden. Zahlungen von gemeinnützigen Organisationen an ihre Freiwilligen sollen demnach einkommensteuerfrei sein, sofern diese von der Körperschaft freiwillig geleistet werden. Darüber hinaus kommt es auch zu einer Neuregelung und Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf die Bereiche Bildung, Sport sowie Kunst und Kultur durch generelle Anknüpfung an gemeinnützige Zwecke iSd BAO. Weiters werden das Meldeverfahren für Vereine, die keiner Abschlussprüfungspflicht unterliegen, vereinfacht und eine einkommensteuerbefreite Freiwilligenpauschale eingeführt.

Eine Änderung im GebG bewirkt, dass Gebührenbefreiung für Strafregisterbescheinigungen auf freiwilliges Engagement bei spendenbegünstigten Einrichtungen und gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie deren Einrichtungen ausgeweitet wird.

Im Folgenden werden die wichtigsten Änderungen unter Berücksichtigung eines im Nationalrat angenommen Abänderungsantrags kompakt zusammengefasst.

2. Steuerfreies Freiwilligenpauschale

Um die Arbeit von ehrenamtlich Tätigen steuerlich zu unterstützen, wird ab 2024 eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für Zahlungen von gemeinnützigen Organisationen an ihre Freiwilligen geschaffen („Freiwilligenpauschale“). Von der Steuerbefreiung erfasst sind Zahlungen von Körperschaften, die „der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen.“

Es sind nur Zahlungen als Freiwilligenpauschale steuerfrei, die von der Körperschaft freiwillig geleistet werden, die also insbesondere nicht aufgrund eines Dienstverhältnisses, einer kollektivvertraglichen oder sonstigen arbeitsrechtlichen Regelung zustehen.

Beim kleinen Freiwilligenpauschale sind Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit bis zu € 30,- pro Kalendertag, höchstens aber € 1.000,- im Kalenderjahr steuerfrei. Im Sportbereich kann das Freiwilligenpauschale von der gleichen Körperschaft oder einer mit ihr verbundenen Körperschaft allerdings nur alternativ zu pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen für Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer gemäß § 3 Abs 1 Z 16c EStG 1988 gewährt werden.

Beispiele:

  • Ein Musikverein zahlt allen Musikern, die beim großen Sommerkonzert gespielt haben, € 50,- aus. € 30,- davon sind steuerfrei.
  • Ein Verein zahlt seiner Obfrau und dem Kassier für ihre Tätigkeiten für den Verein jeweils € 200,- pro Jahr. Der Betrag kann steuerfrei belassen werden, wenn mindestens 7 Einsatztage vorliegen.
  • Ein Verein zahlt seinen Mitgliedern, die beim Vereinsfest mithelfen, € 50,-. Auch bei einem entbehrlichen Hilfsbetrieb oder einem begünstigungsschädlichen Geschäftsbetrieb kann die Steuerbefreiung dem Grunde nach in Anspruch genommen werden.

Wenn folgende Tätigkeiten ausgeübt werden, kann das Freiwilligenpauschale in einer höheren Gesamtsumme von € 50,- pro Kalendertag bzw € 3.000,- pro Kalenderjahr steuerfrei belassen werden (großes Freiwilligenpauschale):

  • für Sozialdienste, das sind Körperschaften, die mildtätigen Zwecken, der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- oder Altenfürsorge, oder
  • der Hilfestellung in Katastrophenfällen (insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden) dienen,
  • sowie für Funktionen als Ausbildner oder Übungsleiter (zB Tätigkeiten als Chorleiter, Kapellmeister, Wissensvermittler im kulturellen und künstlerischen Bereich), durch die die Entwicklung geistiger und körperlicher Fähigkeiten anderer Menschen durch Ausbildung vorhandener Anlagen oder Anleitung zur Entwicklung und Erprobung von Fähigkeiten gefördert werden.

Um das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu belegen, müssen Aufzeichnungen geführt werden (insbesondere Zahl der Einsatztage, Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 42 lit a oder lit b EStG 1988 sowie zugewendetes Freiwilligenpauschale).

(§ 3 Abs 1 Z 42, § 124b Z 442 EStG 1988; anzuwenden für freiwillige Leistungen, die nach dem 31. 12. 2023 erbracht werden)

3. Spendenbegünstigung

Mit dem Ziel, das bestehende System der Spendensammelvereine und Mittelbeschaffungskörperschaften zu vereinfachen, werden diese beiden Formen von Spendeneinrichtungen zu einer einzigen Form zusammengeführt. Die zentrale Bestimmung des § 4a EStG 1988 wurde gestrafft und neu strukturiert.

Hinsichtlich der spendenbegünstigten Empfänger sind zwei Gruppen zu unterscheiden: Empfänger, die einen begünstigten Zweck verfolgen und beim zuständigen Finanzamt Österreich einen Antrag auf Erteilung der Spendenbegünstigung stellen müssen, sowie Empfänger, die bereits aufgrund des Gesetzes begünstigt sind.

Weiters wurde die Spendenabsetzbarkeit auf weitere gemeinnützige Organisationen ausgeweitet. Spendenbegünstigte Zwecke sind nunmehr alle Zwecke, die als gemeinnützig oder mildtätig iSd §§ 35 oder 37 BAO anzusehen sind. Dadurch sollen insbesondere Bildung und Sport begünstigt werden. Die bestehende Begünstigung insbesondere im Wissenschaftsbereich wurde aktualisiert.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird der Zugang zur Spendenbegünstigung bereits nach einjährigem Bestand ermöglicht und statt der erforderlichen Wirtschaftsprüferbestätigung gilt für kleinere Einrichtungen künftig ein vereinfachtes Verfahren.

Droht eine Aberkennung der Spendenbegünstigung wegen Wegfalls der entsprechenden Voraussetzungen, kommt einer dagegen gerichteten Beschwerde auf Antrag aufschiebende Wirkung zu. Somit bleibt die Spendenbegünstigung während des Rechtsmittelverfahrens aufrecht und die Einrichtung wird weiterhin auf der Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen ausgewiesen.

(§ 4a, § 18 Abs 1 Z 7, § 124b Z 441 EStG 1988; erstmalig für freigebige Zuwendungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2023 erfolgen)

4. Zuwendungen zur Vermögensausstattung

Die bisher befristete Abzugsfähigkeit von Zuwendungen zur Vermögensausstattung gemeinnütziger Stiftungen, die spendenbegünstigte Zwecke verfolgen, wurde ins Dauerrecht überführt. Um die Errichtung solcher Stiftungen attraktiver zu machen, wurde auch die doppelte Deckelung der steuerwirksamen Berücksichtigung der Vermögensstockzuwendungen beseitigt. Die Deckelung der Abzugsfähigkeit von Vermögensstockzuwendungen knüpft künftig nur mehr an eine Relation zum Gewinn bzw zum Gesamtbetrag der Einkünfte an. Zudem wurde die Mittelverwendung flexibler gestaltet. (§ 4b, § 18 Abs 1 Z 8, § 124b Z 274 und Z 443 EStG 1988; erstmalig für freigebige Zuwendungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2023 erfolgen)

5. Änderung der BAO

Modernisiert wurden die Regelungen, die die Voraussetzungen für abgabenrechtliche Begünstigungen für Körperschaften festlegen, die nach ihrer Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördern; dies soll mehr Rechtssicherheit bringen. So wurde die Möglichkeit einer rückwirkenden Satzungssanierung und einer rückwirkenden Ausnahmegenehmigung für ansonsten begünstigungsschädliche Tätigkeiten eingeführt und das in der Praxis immer wichtigere Thema der Kooperationen geregelt. Ebenso wurden Ausgliederungen, Dachverbände und Holdings neu geregelt.

(§ 39, § 40 Abs 2 und 3, § 40a Z 1, § 40b, § 41 Abs 1, 2, 4 und 5, § 42, § 43, § 44 Abs 2, § 45a, § 126 Abs 4 und § 323 Abs 80 BAO; treten mit 1. 1. 2024 in Kraft)



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