EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 (ehemals: EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz)

GesetzgebungSteuerrechtBleyerJuli 2019

Festlegung eines Verfahrens zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten, die durch die Auslegung und Anwendung von Abkommen und Übereinkommen entstehen, die die Beseitigung der Doppelbesteuerung vorsehen; Strafverschärfung bei Steuer- und Zolldelikten; Sanktionierung von grenzüberschreitendem Umsatzsteuerkarussellbetrug

Inkrafttreten

1.9.2019

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

22.7.2019

Betroffene Normen

BAO, BFGG, EU-BStbG, FinStrG

Betroffene Rechtsgebiete

Verfahrensrecht, Internationales Steuerrecht, Finanzstrafrecht

Quelle

BGBl I 2019/62; RL 2017/1852/EU ; RL 2017/1371/EU

Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union und das Bundesgesetz über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen erlassen werden sowie die BAO, das FinStrG, das BFGG, das Börsegesetz 2018, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Immo-InvFG, das InvFG 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018, das BMSVG, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, das GlSpG und das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert werden (EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 – EU-FinAnpG 2019)
 BGBl I 2019/62214/BNR 26. GP ; § 27-Antrag des FA 644 BlgNR 26. GP   (ehemals: 116/ME 26. GP und – bzgl FinStrG – 150/ME 26. GP )

1. Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der EU

Die unterschiedliche Auslegung oder Anwendung von Bestimmungen bilateraler Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Doppelbesteuerungsabkommen) oder des EU-Schiedsübereinkommens (Übereinkommen 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, ABl Nr L 225 vom 20. 8. 1990 S 10) durch Mitgliedstaaten der Europäischen Union führt für grenzüberschreitend tätige natürliche oder juristische Personen zu Streitigkeiten wegen Doppel- oder Mehrfachbesteuerungen. Diese Streitigkeiten werden im internationalen Kontext über Verständigungsverfahren gelöst.

Das EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz sieht nun vor, dass einer betroffenen Person (natürliche oder juristische Person), die einer derartigen Doppel- oder Mehrfachbesteuerung unterliegt, die Möglichkeit der Einbringung einer Streitbeilegungsbeschwerde gegeben wird (§§ 8 bis 13 EU-BStbG). In einem ersten Schritt sollen die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten mit dem Fall befasst werden, damit sie die Streitigkeit in einem Verständigungsverfahren beilegen können. 

Ein solches Verständigungsverfahren ist innerhalb einer Frist von 2 Jahren durch Einigung zu erledigen. Die Frist kann mit Begründung um maximal um 1 Jahr auf 3 Jahre verlängert werden (vgl § 24 EU-BStbG ). Ist während dieser Frist klar, dass eine Einigung innerhalb dieser Frist nicht möglich sein wird, kann das Verständigungsverfahren abgebrochen und ein Schiedsgericht angerufen werden (vgl §§ 32 ff EU-BStbG ). Die Verfahren enden mit einer für die betroffene Person verbindlichen und durchsetzbaren, abschließenden Entscheidung.

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. September 2019 in Kraft und ist auf Streitbeilegungsbeschwerden hinsichtlich Streitfragen in einem Zusammenhang mit Einkommen oder Vermögen anwendbar, das in einem Steuerjahr, das am oder nach dem 1. Jänner 2018 beginnt, erwirtschaftet wird (§ 82  EU-BStbG).

2. FinStrG

2.1. Umsatzsteuer-Karussellbetrug

Im Rahmen sogenannter „Karussell-Geschäfte“ kommt es in Kombination mit den Umsatzsteuersystemen innerhalb der Mitgliedstaaten immer wieder zum Missbrauch der innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerbefreiung.

Künftig soll daher die Nichtabfuhr von Umsatzsteuer im neuen § 40 FinStrG jedenfalls unter Strafe gestellt werden, sofern von Vornherein der Vorsatz besteht, keine Umsatzsteuer abzuführen. Für grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug mit einem Einnahmenausfall im Gemeinschaftsgebiet von mindestens 10 Mio € wird eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorgesehen bzw die Kombination einer Freiheitsstrafe von weniger als 8 Jahren mit einer Geldstrafe bis zu € 2,5 Mio. Für Verbände wird eine Verbandsgeldbuße bis zu € 8 Mio normiert. Insbesondere sollen in § 40 Abs 1 lit c FinStrG auch jene Betrugsfälle („Defaulter“) erfasst werden, in denen zwar dem UStG entsprechende Abgabenerklärungen eingereicht werden, jedoch von Vornherein der Vorsatz besteht, diese Abgaben nicht zu entrichten.

Weiters soll der grenzüberschreitende Umsatzsteuerbetrug, sofern ein Inlandsbezug besteht, nunmehr in Österreich bestraft werden können, auch wenn die Umsatzsteuerverkürzung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eingetreten ist. Ein Inlandsbezug besteht zB, wenn eine in Österreich ansässige Person in den Betrug involviert ist.

Diese Änderungen dienen der Umsetzung der RL (EU) 2017/1371  über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (PIF-RL). (§ 2 Abs 1 lit d, § 40 und § 53 Abs 1a FinStrG; tritt am 23. 7. 2019 in Kraft)

2.2. Strafverschärfung bei Steuer- und Zolldelikten

Um groben Steuer- und Zolldelikten künftig effektiver entgegentreten zu können, wird bei Abgabenhinterziehung, Schmuggel oder Abgabenhehlerei von mehr als € 100.000,- neben einer Geldstrafe die maximal mögliche Freiheitsstrafe von zwei auf vier Jahre verdoppelt. (§ 33 Abs 5, § 35 Abs 4, § 37 Abs 2; tritt am 23. 7. 2019 in Kraft)

In Anbetracht der Erhöhung des Strafrahmens der angedrohten Freiheitsstrafe auf vier Jahre soll die Bestimmung des § 38 FinStrG (Gewerbsmäßige Tatbegehung) entfallen. Die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wird stattdessen als Erschwerungsgrund in § 23 Abs 2 FinStrG aufgenommen. (§ 23 Abs 2 und § 38 FinStrG; tritt am 23. 7. 2019 in Kraft)

Nachdem die Fahrlässigkeit im FinStrG bereits weitgehend auf grobe Fahrlässigkeit begrenzt wurde, soll auch Abgabenhehlerei – neben der vorsätzlichen Tatbegehung – nur mehr bei grober Fahrlässigkeit strafbar sein. Aus systematischen Gründen sollen fahrlässige Eingriffe in Monopolrechte und die Monopolhehlerei ebenfalls nur mehr bei grober Fahrlässigkeit strafbar sein. (§ 37 Abs 3, § 45 Abs 1 und Abs 2, § 46 Abs 3 FinStrG; tritt am 23. 7. 2019 in Kraft)

Der Abgabenbetrug soll angepasst werden, um die Konsistenz der Strafdrohungen mit dem jeweiligen Grunddelikt zu wahren. Wer einen Abgabenbetrug begeht, soll mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (bisher: 3 Jahre) zu bestrafen sein. Wer einen Abgabenbetrug mit einem € 500 000,- übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag begeht, soll mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren (bislang: von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) zu bestrafen sein. (§ 39 Abs 3 FinStrG; tritt am 23. 7. 2019 in Kraft)

Die bestehenden Sonderbestimmungen des X. Hauptstückes betreffend das Verfahren gegen Jugendliche sind zum Zweck der Umsetzung der RL (EU) 2016/800 anzupassen, mit welcher Mindestvorschriften in Bezug auf Verfahrensgarantien für Jugendliche (Personen, die das 14. aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben), die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, festgelegt werden. (§ 180 Abs 1 und Abs 2, § 181, § 182 Abs 1, Abs 2, Abs 3 und Abs 5 FinStrG; tritt am 23. 7. 2019 in Kraft)



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