Änderung des ASVG

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJänner 2019

Dienstgebereigenschaft bei überlassenen Geschäftsführern im Konzern; Klarstellung, dass die sogenannte Telerehabilitation eine Maßnahme der ambulanten Rehabilitation ist; Fälligkeit von SV-Beiträgen; ab 1. 7. 2019: SV-Pflicht von Zeitungszustellern

Inkrafttreten

1.1.2019

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

23.1.2019

Betroffene Normen

ASVG

Betroffene Rechtsgebiete

Sozialversicherungsrecht

Quelle

BGBl I 2019/8

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, BGBl I 2019/8 vom 9. 1. 2019 (AA-63 BlgNR 26. GP AB 415 BlgNR 26. GP ; RV 338 BlgNR 26. GP 71/ME BlgNR 26. GP ).

Überblick

Das ursprünglich nur eine Klarstellung Telerehabilitation umfassende Gesetzesvorhaben wurde im Zuge des Gesetzgebungsprozesses durch Abänderungsanträge im Ausschuss und im Plenum noch erweitert und umfasst letztlich folgende Maßnahmen:

  • Klarstellung zur sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebereigenschaft bei überlassenen Geschäftsführern im Konzern
  • Anpassung der Fälligkeit von SV-Beiträgen an die gesetzliche Meldefrist für die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung
  • SV-Pflicht von Zeitungszustellern
  • Klarstellung, dass die sogenannte Telerehabilitation eine Maßnahme der ambulanten Rehabilitation ist

Drittanstellung von Geschäftsführern

Die Überlassung von Arbeitskräften zur Ausübung einer Organfunktion, wie insbesondere im Unternehmensverbund üblich, ist nach herrschender Lehre arbeitsrechtlich, steuerrechtlich und gesellschaftsrechtlich zulässig. Auch sozialversicherungsrechtlich wurde dies in jahrelanger Praxis anerkannt.

Der VwGH hat jedoch in seiner neueren Rechtsprechung bei Drittanstellungen von Geschäftsführern im Konzern jeweils zusätzliche sozialversicherungsrechtliche Dienstverhältnisse zum Beschäftiger für die Geschäftsführerfunktionen unterstellt (vgl VwGH 7. 9. 2017, Ro 2014/08/0046, ARD 6577/14/2017, betreffend Arbeitskräfteüberlassung des Dienstnehmers einer Stadt an eine im Eigentum der Stadt stehende GmbH als Geschäftsführer).

Durch eine Ergänzung des § 35 Abs 2 ASVG wurde nun mit Wirksamkeit ab 10. 1. 2019 entsprechend § 5 AÜG klargestellt, dass bei der Überlassung von Arbeitskräften zur Übernahme einer Organfunktion innerhalb eines Zusammenschlusses rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung nicht der Beschäftiger als sv-rechtlicher Dienstgeber gilt, sondern nur die überlassende Gesellschaft.

Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Überlassungen und vergleichbare Vereinbarungen durch öffentlich-rechtliche Körperschaften, sodass auch für diesen Bereich klargestellt ist, dass die Gesellschaft, bei der die Organfunktion ausgeübt wird, nicht als Dienstgeberin gilt.

Fälligkeit der SV-Beiträge

Ab 1. 1. 2019 müssen die monatlichen Beitragsgrundlagen der Dienstnehmer grundsätzlich bis zum 15. des Folgemonats der Sozialversicherung gemeldet werden. Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2018-2019, BGBl I 2018/30, wurde der Ausnahmefall geregelt, dass die Beitragsgrundlagen für den Eintrittsmonat erst bis zum 15. des übernächsten Monats gemeldet werden müssen, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 15. des Eintrittsmonats beginnt. Dies gilt auch bei Wiedereintritt des Entgeltanspruchs nach dem 15. des Wiedereintrittsmonats (§ 34 Abs 2 ASVG).

Nach dieser Rechtslage ist es bei Vorliegen der Voraussetzungen ausdrücklich zulässig, dass die Beitragsgrundlagenmeldung erst im übernächsten Monat erfolgt. Zur Vermeidung der Vorschreibung von Verzugszinsen für den Eintrittsmonat bzw den Wiedereintrittsmonat wurde nun die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge an die gesetzliche Meldefrist für die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung nach § 34 Abs 2 ASVG angepasst (§ 58 Abs 1a ASVG). Abweichend vom Regelfall sind die allgemeinen Beiträge in den Fällen des § 34 Abs 2 zweiter und dritter Satz ASVG am letzten Tag des Kalendermonates fällig, der auf den Eintritts- oder Wiedereintrittsmonat folgt. Danach fallen für den Zeitraum des Eintrittsmonats bzw des Wiedereintrittsmonats keine Verzugszinsen an, wenn im übernächsten Monat die Beitragsgrundlagen gemeldet und die Beiträge entrichtet werden.

SV-Pflicht von Zeitungszustellern

Zeitungszusteller sind weit überwiegend als neue Selbstständige nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG versichert bzw – sofern ua die Umsatzschwelle nach § 4 Abs 1 Z 5 GSVG nicht überschritten wird – von der GSVG-Pflichtversicherung ausgenommen. Der VwGH hat in einer Reihe von Entscheidungen Vertragsverhältnisse von Zeitungszustellern mit ihren Auftraggebern als arbeitnehmerähnlich beurteilt (vgl ua VwGH 14. 10. 2015, 2013/08/0226, ARD 6510/12/2016). Die Frage, ob es sich dabei um arbeitnehmerähnliche Werkverträge oder arbeitnehmerähnliche freie Dienstverträge handelt, wurde überwiegend offen gelassen bzw in unterschiedlichen Anlassfällen unterschiedlich beurteilt.

Um künftig Rechtssicherheit zu schaffen und da das Modell der Pflichtversicherung von Zeitungszustellern nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG schon jetzt besteht, werden „Zusteller von Zeitungen und sonstigen Druckwerken“ ab 1. 7. 2019 aus der Vollversicherung nach dem ASVG ausgenommen; sie sollen nach dem Willen des Gesetzgebers zukünftig nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein (Ergänzung des § 5 Abs 1 ASVG). Von der Ausnahme sind Hauszusteller, Selbstbedienungsaufsteller sowie Kolporteure erfasst. Die perlamentarischen Materialien begründen diese Ausnahme va damit, dass Hauszusteller und Selbstbedienungsaufsteller lediglich einen Zustellerfolg schulden, den sie nach eigenem Ermessen während der Nachstunden erbringen können. Sie arbeiten mit eigenen Fortbewegungsmitteln und müssen die Zustellung insbesondere auch nicht persönlich erbringen und können sich nach eigenem Ermessen vertreten lassen (AA-63 BlgNR 26. GP ).

Unter sonstigen Druckwerken sind nach den Materialien insbesondere Zeitschriften, Plakate und sonstige Printprodukte aller Art inklusive Werbesendungen und Werbematerialien sowie artverwandte bzw mit dem Vertrieb von Printprodukten in Zusammenhang stehende Waren zu verstehen.

Telerehabilitation

Derzeit ist im ASVG die ambulante Rehabilitation als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation angeführt, jedoch nicht ausdrücklich die Telerehabilitation. Rückwirkend mit 1. 1. 2019 wurde nun klargestellt, dass im Sinne einer modernen Gesundheitspolitik auch die Telerehabilitation im Rahmen der ambulanten medizinischen Rehabilitation zum Einsatz gelangen soll.

Telerehabilitation ist eine universell einsetzbare Möglichkeit, längerfristige Rehabilitationserfolge durch digital unterstützte Systeme zu erzielen und die Ergebnisse zu dokumentieren. Neben der herkömmlichen Form der Rehabilitation steht technisch eine telematisch assistierte Rehabilitations-Nachsorge zur Verfügung. Telerehabilitation hat nicht die Aufgabe, eine ganztägige Rehabilitationsleistung zu ersetzen. Sie kommt vielmehr im Anschluss an eine stationäre oder ganztägig ambulante Leistung der medizinischen Rehabilitation in Betracht und festigt so den eingetretenen Rehabilitationserfolg. Die Patienten sollen durch die Telerehabilitation das in der (herkömmlichen) Rehabilitation Erlernte in den Alltag übertragen, stabilisieren und weiterentwickeln. Damit haben sie die Möglichkeit, die positiven Effekte einer stationären oder ganztägig ambulanten medizinischen Maßnahme der Rehabilitation nach deren Ende im Alltag nachhaltig zu verankern, wobei auch ihre Selbstverantwortung gestärkt wird.

Vorteile der Telerehabilitation liegen neben der gezielten Ausfüllung von Behandlungslücken im Anschluss an die Spitalsbehandlung vor allem in der Erhöhung der Therapietreue und der längerfristigen Möglichkeit, die Patienten zur weiteren Durchführung der erlernten Rehabilitationsmaßnahmen zu motivieren. Dies führt zur Verbesserung und zum Erhalt von Rehabilitationsresultaten sowie zur Kostenreduktion durch längerfristigen Erhalt der Gesundheit. Für die Patienten ist die Zeitersparnis durch die entfallende Anreise von Vorteil sowie die Möglichkeit, mit den Therapeuten online zu trainieren. Damit kann auch die Versorgung in geographisch ungünstigen Regionen sichergestellt werden. Auch kann dadurch kontrolliert werden, ob die Patienten die einschlägigen Übungen regelmäßig und korrekt durchführen.

Hinweis

Mit BGBl I 2019/7 wurde die Telerehabilitation auch im Bereich des GSVG, BSVG und B-KUVG verankert.



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