Änderung des WTBG 2017

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrApril 2023

Digitalisierung des Prüfungswesens der Wirtschaftstreuhandberufe (Schaffung der Voraussetzungen zur Durchführung der mündlichen und schriftlichen Fachprüfung auf elektronischem Weg)

Inkrafttreten

21.4.2023

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

25.4.2023

Betroffene Normen

WTBG

Betroffene Rechtsgebiete

 

Quelle

BGBl I 2023/42

Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 geändert wird, BGBl I 2023/42 vom 20. 4. 2023 (NR 722/BNR 27. GP , AB 1961 BlgNR 27. GP RV 1947 BlgNR 27. GP 237/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Die Arbeitswelt der Berufsangehörigen der Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater)  hat sich durch die fortschreitende Digitalisierung entscheidend geändert. Dieser Entwicklung soll durch die Digitalisierung der mündlichen und schriftlichen Fachprüfungen Rechnung getragen werden. Die Prüfungen können dadurch praxisrelevanter und an die Anforderungen des Arbeitsalltags angepasster gestaltet werden. Mit der gegenständlichen Gesetzesänderung werden daher die Voraussetzungen zur Durchführung der mündlichen und schriftlichen Fachprüfung auf elektronischem Weg geschaffen und zudem die dafür erforderlichen Mindeststandards festlegen. Weitere Details werden in der Prüfungsordnung geregelt.

2. Digitalisierung der Klausuren mit ortsunabhängiger Abhaltung

Der schriftliche Prüfungsteil der Klausuren hat grundsätzlich auf elektronischem Weg unter Verwendung von informationstechnischen Werkzeugen zu erfolgen. Die Kandidaten werden die Klausuren künftig ortsunabhängig von ihrem eigenen Laptop bzw PC durchführen können. Diese Vorgehensweise stellt auf den Universitäten bereits seit fast zwei Jahren die gängige Praxis dar. Durch die ortsunabhängige Abhaltung entfallen lange Anfahrtswege und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird erleichtert.

Um die Sicherheit der Prüfung zu gewährleisten, setzt die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer umfangreiche Begleitmaßnahmen, die in der Prüfungsordnung geregelt sind. Neben den üblichen technischen Sicherungsmaßnahmen wie ein Lock-down Browser werden Bild- und Tonaufzeichnungen während der Klausur durchgeführt. Zusätzlich wird ein Plagiatscheck durchgeführt und stichprobenartig nach der Klausur mündlich nachgefragt werden, um sicherzugehen, dass die Leistung eigenständig vom Kandidaten erbracht wurde. Bei Verwendung unerlaubter Hilfsmittel wird die Arbeit nicht beurteilt. Zusätzlich ist der Kandidat laut Prüfungsordnung für dasselbe Prüfungsfach für 12 Monate und für alle anderen Prüfungsfächer 6 Monate gesperrt.

Um den Kandidaten die Umstellung auf den neuen Prüfungsmodus zu erleichtern, wird es von der Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein breites Angebot an Vorbereitungsmaßnahmen geben. Während der Klausur stellt die KSW einen Ansprechpartner für technische Fragen zur Verfügung. Die Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur auf Kandidatenseite trägt allerdings der Kandidat selbst.

Den Bedenken, dass bei den digitalen Klausuren eher geschummelt werden könnte, soll dadurch begegnet werden, dass das Schummeln als Berufsvergehen definiert wird – sowohl für die Berufsanwärter als auch für daran beteiligte Berufsangehörigen. Das Berufsvergehen wird gleich mit der für schwere Vergehen vorgesehenen Strafdrohung versehen (Geldbuße von € 2.000,- bis zu € 30.000,-) - das hat vor allem generalpräventive Funktion und soll zum Ausdruck bringen, dass für einen Berufsstand, der auf das Vertrauen von Mandanten und Öffentlichkeit angewiesen ist, unlautere Mittel beim Erwerb der Berufsbefugnis ein schweres Vergehen darstellen.

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat dem Bewerber für das nächstfolgende Kalenderjahr neben den Prüfungsterminen auch eine Durchführung auf elektronischem Weg oder den Prüfungsort bekannt zu geben und auf der Website der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bis zum 30. Juni eines Jahres zu verlautbaren. Bis einen Monat vor einem schriftlichen Prüfungsteil kann eine Durchführung auf elektronischem Weg bzw der Prüfungsort abgeändert werden. Diese Änderung muss ebenfalls auf der Website der Kammer der Wirtschaftstreuhänder verlautbart werden.

3. Abhaltung der mündlichen Prüfungen per Videokonferenz

Eine Sonderregelung zu der Abhaltung der mündlichen Prüfungen per Videokonferenz wurde im Zuge der COVID-19 Krise eingeführt. Da sich diese Maßnahme sehr bewährt hat, wurde die Bestimmung ins Dauerrecht übergeleitet. Mündliche Wirtschaftsprüfer-Fachprüfungen, die vor der Sonderregelung nur in Wien abgehalten wurden, konnten mit dieser Maßnahme in allen Bundesländern abgehalten werden. Um die Eigenständigkeit der Leistung des Kandidaten zu gewährleisten, muss der Kandidat in die jeweilige Landesstelle kommen und ein Mitglied des Prüfungsausschusses beaufsichtigt den Kandidaten während der gesamten mündlichen Prüfung, die vor Ort durchgeführt wird. Die restlichen Kommissionsmitglieder werden per Videokonferenz dazu geschaltet.

In diesem Zusmamenhang wird auch die Rücktrittfrist bei den mündlichen Prüfungsteilen auf 7 Tage erhöht, da bei der Organisation der mündlichen Fachprüfung durch Zusammenstellung einer Kommission ein erheblicher Verwaltungsaufwand pro Kandidaten entsteht (die Rücktrittfrist bei den schriftlichen Prüfungsteilen soll weiterhin bei 3 Arbeitstagen bleiben).



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