Inkrafttreten | 9.6.2022 |
Stand des Gesetzgebungsverfahrens | Gesetz |
Letzte Änderung | 8.6.2022 |
Betroffene Normen | |
Betroffene Rechtsgebiete | Wertpapierrecht |
Quelle | BGBl I 2022/69, 2, AB 1459 , RV 1441 BlgNR 27. GP , 176/ME |
Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 2018, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Kapitalmarktgesetz 2019 geändert werden sollen (BGBl I 2022/69, AB 1459 , RV 1441 BlgNR 27. GP , 176/ME)
Die Covid-19-Krise hat auch die Kapitalmärkte der Mitgliedstaaten stark beeinträchtigt. Die Europäische Kommission hat daher am 16. 2.2021 ein Maßnahmenpaket (Capital Markets Recovery Package – CMRP) zur wirtschaftlichen Erholung der Kapitalmärkte veröffentlicht. Die zielgerichteten Bestimmungen enthalten va Erleichterungen für professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen durch ihre regelmäßige Tätigkeit auf den Finanzmärkten ein geringeres Schutzniveau benötigen. Der durch MiFID II etablierte hohe Anlegerschutz für Privatkunden wird dadurch nicht herabgesetzt.
Mit den vorliegenden Änderungen werden die nationalen Bestimmungen an die Maßnahmen des CMRP angepasst, die sich aus der RL (EU) 2021/338 zur Änderung der RL 2014/65/EU im Hinblick auf die Informationspflichten, die Produktüberwachung und die Positionslimits ergeben. Die Flankierung der VO (EU) 2021/337 zur Änderung der VO (EU) 2017/1129 im Hinblick auf den EU-Wiederaufbauprospekt und gezielte Anpassungen für Finanzintermediäre bezweckt eine Verweisanpassung im nationalen Recht im Hinblick auf Prospektnachträge.
Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:
- Konkret werden vor allem Informationspflichten für Geschäfte mit professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien gelockert, so etwa in Bezug auf standardisierte Kosteninformationen und obligatorischen Serviceberichten.
- Die standardmäßige Kommunikation zwischen Wertpapierfirma und Kunde soll in elektronischer Form erfolgen, wobei Kleinanleger auf Wunsch Informationen weiterhin in Papierform erhalten können.
- Die Produktüberwachungspflichten für die Emission von Anleihen wird insofern gelockert, als Anleihen mit einer sog „Make-Whole-Klausel“ davon ausgenommen werden. Mit einer solchen Klausel wird sichergestellt, dass den Anlegern ein Betrag in Höhe des gesamten Nettogegenwartswerts der verbleibenden Kupon-Zahlungen und des Hauptbetrages der Anleihe gezahlt wird, den sie erhalten hätten, wenn die Anleihe nicht frühzeitig aufgekündigt worden wäre. Dadurch werden diese Anleihen zu sicheren und einfachen Produkten, die insbesondere auch für Kleinanleger attraktiv werden.
- Die Anwendung des Positionslimits-Regime beim Handel mit Derivaten wird auf signifikante und kritische Warenderivate eingeschränkt. Diese sind dann gegeben, wenn offene Positionen von durchschnittlich mindestens 300.000 handelbaren Einheiten in einem Einjahreszeitraum gegeben sind. Für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse gilt jedoch weiterhin das bisherige Positionslimits-Regime.
- Die generelle Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit und damit der Anwendungsbereich der MiFID II-Regelungen wird klarer gefasst. Es wird nunmehr eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Elementen herangezogen, wobei die konkreten Schwellenwertkriterien noch in einem delegierten Rechtsakt spezifiziert werden.
- Wertpapierfirmen dürfen für die Bereitstellung von Analysen und für die Erbringung von Ausführungsleistungen gemeinsam zahlen, sofern die Marktkapitalisierung von 1 Mrd EUR in den letzten 36 Monaten vor Bereitstellung der Analyse nicht überschritten wurde. Davon werden sowohl börsenotierte als auch nicht börsenotierte Unternehmen umfasst.
Die Neuregelungen treten mit dem Tag nach Kundmachung im BGBl in Kraft (9. 6. 2022).