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Daseinsvorsorge und Beihilfen für sozial- und umweltpolitische Ziele (Jaeger/Haslinger/Dargatz/Schiestl)

Jaeger/Haslinger/Dargatz/Schiestl1. AuflFebruar 2024

DOI: https://doi.org/10.37942/9783708342122-105

Thomas JAEGER/Birgit HASLINGER/Isabel DARGATZ/Julia Melanie SCHIESTL

I. Urteile und anhängige Rechtssachen

1. Liberalisierung des Energiemarktes; erneuerbare Energiequellen; De Minimis-Beihilfen: DOBELES HES (C-702/20 )11Rs C-702/20 , Dobeles Hes, ECLI:EU:C:2023:1.

Sachverhalt: 22Rs C-702/20 , Dobeles Hes, ECLI:EU:C:2023:1, Rn 20 ff. Die Gesellschaften „DOBELES HES“ SIA und „GM“ SIA (betroffene Erzeuger) betreiben in Lettland Wasserkraftwerke, mit denen sie Strom aus

Seite 221

erneuerbaren Energiequellen erzeugen. Bis zum 7. Juni 2005 sah eine Bestimmung des lettischen Energiegesetzes vor, dass die Stromerzeuger unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt waren, ihren überschüssigen Strom an das zugelassene Stromversorgungsunternehmen zu einem Vorzugspreis in Höhe des doppelten von der nationalen Regulierungsbehörde festgelegten durchschnittlichen Stromverkaufstarifs zu verkaufen. Am 8. Juni 2005 traten neue Bestimmungen über den Verkauf von überschüssigem Strom durch dessen Erzeuger zu einem Vorzugstarif in Kraft; eine Bestimmung ermöglichte es den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, die ihre Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt bereits aufgenommen hatten, weiterhin die frühere Regelung in Anspruch zu nehmen. Die Regulierungsbehörde legte diese Bestimmung dahin aus, dass mit ihr der am 7. Juni 2005 geltende Vorzugstarif für diese Erzeuger eingefroren worden sei, und aktualisierte ihn daher nicht mehr. Ab diesem Zeitpunkt verkauften die beiden betroffenen Erzeuger ihren Produktionsüberschuss somit zu einem Preis in Höhe des doppelten damals geltenden durchschnittlichen Stromverkaufstarifs. Am 20. Januar 2010 entschied die Latvijas Republikas Satversmes tiesa (Verfassungsgericht, Lettland) jedoch, dass die Auslegung der Regulierungsbehörde, wonach der in der fraglichen Bestimmung verwendete Begriff „Preis“ als Festpreis und nicht als Mechanismus der Preisfestsetzung zu verstehen sei, falsch sei, so dass auch ihre Annahme, sie sei ab dem 8. Juni 2005 nicht mehr für die Festlegung des durchschnittlichen Stromverkaufstarifs zuständig gewesen, nicht zutreffe. Unter diesen Umständen verlangten die betroffenen Erzeuger von der Regulierungsbehörde Schadensersatz für die Verluste, die ihnen dadurch entstanden sein sollen, dass der betreffende Durchschnittstarif ab dem 8. Juni 2005 nicht mehr festgesetzt wurde. Da sich die Regulierungsbehörde weigerte, ihren Begehren nachzukommen, erhoben die betroffenen Erzeuger im Jahr 2011 Klagen beim Verwaltungsgericht, das ihren jeweiligen Anträgen mit Urteilen vom 31. Mai 2019 und vom 10. Juli 2019 teilweise stattgab, wobei es die der Regulierungsbehörde auferlegten Beträge als staatliche Beihilfen einstufte und ihre Zahlung vom Erlass einer Entscheidung der Europäischen Kommission über die Genehmigung solcher Beihilfen abhängig machte. Die Regulierungsbehörde hat gegen diese Urteile Kassationsbeschwerde bei der Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) eingelegt. Dieses Gericht möchte insbesondere wissen, wie die streitigen Entschädigungen im Hinblick auf den Begriff „staatliche Beihilfe“ einzustufen sind und welche Anforderungen angesichts der Befugnisse der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen gegebenenfalls erfüllt sein müssen, damit sie gezahlt werden können; es hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die in beiden Rechtssachen gleichlautend formuliert sind.

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