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I. Das Phänomen Stalking (Wehinger)

Wehinger1. AuflApril 2023

Kapitel 8 Stalking: bedroht, belästigt und verfolgt

Angelika Wehinger

Stalking als beharrliches Verfolgen, Belästigen, Nachstellen und Bedrohen einer Person ist an sich kein neues Phänomen. Auch in früheren Zeiten gab es schon Verhaltensweisen, die als belästigend, aufdringlich und nachstellend empfunden wurden. Eine einheitliche Benennung dafür gab es jedoch nicht. Bei Trennungsabsichten in Partnerschaften galt es lange Zeit gesellschaftlich als akzeptabel, solche durch beharrliches Verhalten und Bedrängen hintan halten zu wollen. In das Bewusstsein der Öffentlichkeit drang das Phänomen Stalking Ende der 80er Jahre vor allem durch das obsessive Verfolgen von Personen des öffentlichen Lebens durch aufdringliche Fans.11Vgl Dreßing, Aktueller Forschungsstand zu Stalking, in Dreßing/Gass (Hrsg), Stalking! Verfolgung, Bedrohung, Belästigung (2005) 11. Anlass für die Erlassung des ersten Anti-Stalking-Gesetzes im Jahr 1990 in Kalifornien war das Tötungsdelikt an einer jungen Schauspielerin, die vom Täter schon im Vorfeld belästigt und bedroht wurde.22 Albrecht, Stalking: Wissenschaftliche Perspektiven, in Weiß/Winterer (Hrsg), Stalking und häusliche Gewalt: Interdisziplinäre Aspekte und Interventionsmöglichkeiten (2008) 17. Zutreffend wird Stalking an mehreren Stellen als „an old behavior, a new crime“33Vgl Ortiz-Müller, Stalking verstehen: Eine Annäherung an ein sozialpsychologisches Phänomen, in Ortiz-Müller (Hrsg), Stalking – das Praxishandbuch: Opferhilfe, Täterintervention, Strafverfolgung (2017) 26. bezeichnet. Gesellschaftliche Veränderungen etwa durch die Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts der Frau sowie die Infragestellung der patriarchalen Strukturen haben dazu geführt, dass Stalking als soziales Problem erkannt wurde und auch das obsessive Nachstellen von Privatpersonen in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. Der Begriff der Privatsphäre als jenen Raum, der jedem Menschen zusteht und in welchen Eingriffe nicht ohne weiters zu akzeptieren sind, hat zunehmend an

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Bedeutung gewonnen.44Vgl Ortiz-Müller in Ortiz-Müller 25. Auf gesetzlicher Ebene führten diese Entwicklungen dazu, dass auch in Österreich am 1.7.2006 das „Anti-Stalking-Gesetz55BGBl I 2006/56. in Kraft getreten ist, um dem gestiegenen Respekt vor der Persönlichkeit des Menschen und seinem Recht auf Selbstbestimmung Rechnung zu tragen.66ErläutRV 1316 BlgNR 22. GP 1. Ziel dieses Gesetzes ist es, ein rechtliches Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, das vor Eingriffen in die Privatsphäre schützt und dadurch zum Schutz der Opfer beiträgt.

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