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II. Rechtliche Wirkungen der Ehe – Persönliche Rechte und Pflichten der Ehegatten (Deixler-Hübner)

Deixler-Hübner1. AuflApril 2023

Seit 1975 basiert das Eherecht auf dem partnerschaftlichen Prinzip, sodass die persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten im Verhältnis zueinander gleich sind (§ 89 ABGB). Ein Teil der Rechte und Pflichten wird vom Gesetz

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zwingend geregelt – etwa die Beistandspflicht und die Pflicht zur anständigen Begegnung; teilweise unterliegen diese Rechte und Pflichten aber der Disposition der Ehegatten. Diese gegenseitigen Rechte und Pflichten sind vor allem in §§ 90 ff ABGB geregelt, wonach die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind. Dies beinhaltet insb die Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen, zur anständigen Begegnung, zur Treue und zu gegenseitigem Beistand. Im Wesentlichen sollen aber die Ehegatten zu Beginn der Ehe darüber Einvernehmen erzielen, welches Ehemodell sie leben wollen – einerseits Haushaltsführung durch einen Ehegatten und Erwerbstätigkeit durch den anderen, andererseits die Vereinbarung über eine „Doppelverdienerehe“. Diese Gestaltung muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch konkludent erfolgen, indem die Eheleute eben diese Rollenverteilung für einen längeren Zeitraum tatsächlich leben. Gem § 91 Abs 2 ABGB ist es aber auch zulässig, von dieser Vereinbarung abzugehen und andere Gestaltungen zu treffen. Gem § 91 Abs 2 ABGB kann sogar einseitig von der getroffenen einvernehmlichen Lebensgestaltung abgegangen werden, wenn keine wichtigen Anliegen des anderen oder der Kinder entgegenstehen.22Vgl Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft14 (2023) 6 ff mwN. Im Gesetz selbst wird besonders der „Wunsch nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit“ als wichtiges Anliegen erwähnt (§ 91 Abs 2 ABGB). Als weitere wichtige Gründe für ein einseitiges Abgehen von der gemeinsamen Vereinbarung sieht die Rsp etwa folgende Konstellationen an: Erhebliche Verbesserung bzw Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Familie, Arbeitsunfähigkeit, dauernde Arbeitslosigkeit, Geburt eines Kindes oder der Wunsch nach Aufnahme einer Berufstätigkeit.

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