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15. Gesetzlicher Forderungsübergang (Art 19 Rom II) (Lurger/Melcher)

Lurger/Melcher2. AuflJänner 2021

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Leistet ein Dritter anstelle des Schädigers an den Geschädigten aufgrund einer eigenen Verpflichtung (zB Haftpflichtversicherer273273Siehe OGH 21.10.2015, 2 Ob 35/15h., Kaskoversicherer274274Siehe OGH 25.5.2016, 2 Ob 65/16x.), so bestimmt Art 19 Rom II welches Recht auf eine mögliche Legalzession der außervertraglichen Forderung des Geschädigten (= Zedent) gegenüber dem Schädiger auf den Dritten (= Zessionar) anzuwenden ist. Demnach ist das Recht, welchem die vertragliche oder gesetzliche, jedenfalls aber subsidiäre, Verpflichtung des Dritten gegenüber dem Geschädigten unterliegt (zB Versicherungs- oder Arbeitsvertrag), maßgeblich (Zessionsgrundstatut),275275Siehe auch EuGH 21.1.2016, Rs C-359/14 und C-475/14 (ERGO Insurance). Handelt es sich bei dem Dritten um einen Sozialversicherungsträger (zB Krankenversicherungsträger), so ist Art 85 Abs 1 lit a der VO Nr 883/2004 v 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl 2004 L 166/1 (idF 465/2012) gem Art 27 Rom II-VO als lex specialis zu beachten. Diese Bestimmung stellt jedoch ebenso auf das Zessionsgrundstatut ab. Sie bewirkt, dass sich Haftungsbefreiungen in ihrem Anwendungsbereich ebenso nur aus dem Zessionsgrundstatut ergeben können; eine Einordnung des § 333 ASVG (Dienstgeberhaftungsprivileg) als Eingriffsnorm und damit verbundene Anwendung unabhängig vom maßgeblichen Zessionsgrundstatut ist daher unzulässig. Ausführlich dazu OGH 19.9.2019, 2 Ob 9/19s. der Bestand der zedierten Forderung (einschließlich Verjährungsfragen) unterliegt hingegen dem Forderungsstatut (zB Recht am Erfolgsort gem Art 4 Abs 1 Rom II).276276Siehe auch OGH 29.1.2019, 4 Ob 175/18s. Im Falle einer Leistung aufgrund eines Versicherungsvertrags ist daher beispielsweise das auf den Versicherungsvertrag anzuwendende Recht (Versicherungsstatut, Art 7 Rom I) auch für die Bestimmung des Bestehens, der Voraussetzungen und des Umfangs der Legalzession relevant.277277Zur Problematik des Quotenvorrechts des Geschädigten: Gebauer, Legalzession zwischen Vertrags- und Deliktsstatut – Zum Quotenvorrecht des Geschädigten gegenüber dem inländischen Vollkaskoversicherer bei Klage gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer im Inland, IPRax 2015, 331 ff. Bei einer sozialversicherungsrechtlichen subsidiären

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Leistungspflicht gilt jenes Sachrecht, dem das Sozialversicherungsverhältnis unterliegt.278278OGH 19.9.2019, 2 Ob 9/19s. Befriedigt der Dritte die Forderung des Gläubigers im Interesse des Schuldners ohne hierzu verpflichtet zu sein, so richtet sich die Bestimmung des anzuwendenden Rechts idR nach Art 11 Rom II (Geschäftsführung ohne Auftrag). Bei fehlendem Fremdgeschäftsführungswillen ist idR Art 10 Rom II (Bereicherung) einschlägig.

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