Das IPRG sieht keine ausdrückliche Regelung zur Bestimmung des auf rein faktische Lebensgemeinschaften anzuwendenden Rechts vor. Deshalb hat die Anknüpfung nach der stärksten Beziehung gem § 1 Abs 1 IPRG zu erfolgen. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer Einordnung im internationalen Familienrecht oder im internationalen Schuldrecht. Eine familienrechtliche Einordnung scheint sachgerechter, sofern es sich nicht bloß um Gemeinschaften hinsichtlich einzelner vermögensrechtlicher Aspekte handelt, die auch außerhalb familienrechtlicher Bande eingegangen werden. Bis vor kurzem wurde bei familienrechtlicher Qualifikation dieser Rechtsverhältnisse eine analoge Anknüpfung an die Regeln des internationalen Eherechts (§§ 18–20 IPRG) vertreten.91 Diese Lösung muss seit der Schaffung eigener Verweisungsnormen für registrierte Partnerschaften (§§ 27a ff IPRG) überdacht werden. Im Ergebnis scheint eine analoge Anwendung des § 27b IPRG angebrachter, da der gewöhnliche Aufenthalt des Paares aufgrund der Faktizität der Lebensgemeinschaft eher dem Grundsatz der stärksten Beziehung entspricht als das Personalstatut.92 Mangels formeller Begründung einer faktischen Lebensgemeinschaft gilt es primär die geeignetste Anknüpfung für die Wirkungen zu finden. Die Frage nach dem Bestehen einer faktischen Lebensgemeinschaft wird idR unselbständig nach dem Sachrecht der Hauptfrage bestimmt.93 Ist eine familienrechtliche Einordnung der Lebensgemeinschaft nicht möglich, hat die vermögensrechtliche Einordnung im Rahmen des internationalen Schuld- bzw Gesellschaftsrechts zu erfolgen.94
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